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40 Jahre Schengen: Mehr Überwachung als Ausgleich für entfallene Grenzkontrollen


Vor politischer Prominenz eröffneten Großherzog Henri und seine Gemahlin Maria Teresa von Luxemburg am Samstag die Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Unterzeichnung des Schengen-Abkommens. In dem Winzerort an der Mosel, der der Übereinkunft zum Reisen ohne Grenzen den Namen gab, öffneten sie symbolisch einen Schlagbaum. Doch nur wenige hundert Meter am früheren Grenzübergang in Perl bot sich ein anderes Bild: Hier stehen Bundespolizisten, denn momentan gibt es hier wieder Grenzkontrollen.

Im Sommer 1985 trafen sich Vertreter aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Deutschland und Luxemburg in der kleinen Stadt Schengen. Sie hatten das Ziel, die Grenzen zwischen den Nachbarländern schrittweise abzuschaffen, um den freien Personenverkehr zu erleichtern und den Handel zu fördern. Zudem wollten sie die europäische Integration stärken und die Zusammenarbeit bei Sicherheit und Asyl verbessern.

So unterzeichneten fünf Staatssekretäre am 14. Juni vor vier Jahrzehnten die Schengener Übereinkunft auf dem Fahrgastschiff Princess Marie Astrid, das generalüberholt mit neuem E-Motor wieder über die Mosel schippert. Über die Jahre haben sich immer mehr Länder dem Schengen-Raum angeschlossen. Aktuell umfasst er 29 Mitgliedsstaaten aus ganz Europa mit insgesamt rund 450 Millionen Einwohnern. Jenseits der EU sind Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dabei. Das Bündnis steht prinzipiell für das grenzenlose Europa. Der EU-Kommissar für Migration, Magnus Brunner, sieht Schengen als „eine der größten Errungenschaften“ der EU. Doch das Abkommen müsse sich angesichts neuer Bedrohungen weiterentwickeln.

Was vielen unbewusst ist: Der Schengen-Raum geht mit einer zunehmenden, aber andersartigen Überwachung einher. Anstatt physischer Ausweisprüfungen verlagert sich die Kontrolle auf immaterielle Bereiche. Sie ist datenbasiert und technologisch intensiver. Die Grenzen sind nicht verschwunden, sondern haben sich in die digitale Sphäre verlagert. Im Rahmen des „Smart Borders“-Programm werden Informationen über Personen und ihre Bewegungen im großen Stil gesammelt und ausgetauscht, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Zugleich verstärkten die beteiligten Staaten den Schutz der Schengen-Außengrenzen massiv. Das geschieht durch mehr Personal – allein die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll bis 2027 auf 10.000 Einsatzbeamte wachsen –, technische Ausrüstung und intensive Verfolgung von Migrationsströmen.

Zentrales Instrument der digitalen Überwachung ist das Schengener Informationssystem (SIS). Dabei handelt es sich um einen europaweiten Datenbankverbund, der den Austausch von Informationen zwischen nationalen Behörden wie Polizei, Justiz und Ausländerämtern ermöglicht. Das SIS enthält Ausschreibungen zu Personen und Sachen wie gestohlenen Fahrzeugen, Waffen, Wertpapieren und Zahlungsmitteln. Die Daten umfassen Personen, denen die Einreise verweigert werden soll, und Gesuchte oder Vermisste, die etwa zur Festnahme bei Haftbefehl oder zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben werden können. Dazu kommen Personen, gegen die eine Abschiebeentscheidung vorliegt. Das ist eine 2023 neu eingeführte, stark gefragte Kategorie.

Das Schengen-Informationssystem der ersten Generation (SIS I) war vor 40 Jahren das wichtigste IT-Verbundprojekt, dank dem die fünf Erstunterzeichner auf Kontrollen an den Binnengrenzen verzichten konnten. Sie fingen an, ihre Fahndungsbestände in einer gemeinsamen Datenbank zu speichern. Nach rund sechs Jahren Verzögerung vor allem aufgrund technischer Probleme ging 2013 das SIS II zunächst testweise in Betrieb. Darin konnten die Beamten zu einer gesuchten Person auch biometrische Daten wie Gesichtsbilder, Fingerabdrucke und DNA-Proben speichern.

Seit März 2023 läuft mit dem SIS III die dritte Stufe. Damit können etwa auch Handflächenabdrücke verwendet werden. Möglich sind zudem neue Ausschreibungen für Rückkehrentscheide von illegal eingereisten Drittstaatsangehörigen sowie der Einsatz zusätzlicher Instrumente zum Schutz vermisster und schutzbedürftiger Personen. Europol, nationale Einwanderungsbehörden sowie operative Teams von Frontex haben seitdem Zugang zu allen Ausschreibungskategorien.

Einträge ins und Abfragen im SIS stiegen 2024 erneut deutlich an. Laut dem aktuellen Jahresbericht der für den Betrieb von IT-Großsystemen im Sicherheitsbereich zuständigen EU-Agentur EU-Lisa suchten Behörden der Schengen-Staaten täglich über 41 Millionen Mal in der Datenbank. Dabei erzielten sie fast 1100 Treffer pro Tag. Markant ist vor allem das Plus bei Personenfahndungen: 2022 waren hier noch rund 960.000 Einträge registriert, 2024 stieg diese Zahl auf fast 1,7 Millionen. Insgesamt mündete die Nutzung des Verbunds durch Grenzbehörden voriges Jahr in 948 tatsächlich durchgeführte Abschiebungen.

Weitere IT-Grundpfeiler des Schengen-Raums sind das Visa-Informationssystem (VIS), das Ein- und Ausreisesystem (EES), das wie SIS II aufgrund technischer Herausforderungen deutlich verspätet und schrittweise seine Arbeit aufnehmen soll, sowie das Reisegenehmigungssystem ETIAS.

Im EES müssen sich Bürger aus Drittstaaten mit vier Fingerabdrücken und biometrischem Gesichtsbild in der EU registrieren lassen. Die Datenbank soll eine „intelligente Grenzkontrolle“ nach US-Vorbild ermöglichen. Personen, die visumfrei einreisen können, werden mithilfe von ETIAS vorab durchleuchtet. Die im Schengen-Raum erhobenen Daten sollen künftig automatisch mit zahlreichen europäischen IT-Systemen in Form einer virtuellen Biometrie-Superdatenbank sowie Registern von Interpol abgeglichen werden.

Mehr für Unmut als die ständig ausgebaute Überwachung sorgen die wiedereingeführten Kontrollen an der deutschen Grenze. Die Freizügigkeit werde damit „teilweise mit Füßen“ getreten, moniert der Bürgermeister von Schengen, Michel Gloden. Die Bundesregierung beruft sich auf Ausnahmefälle, die temporäre Grenzkontrollen rechtfertigten. Angesichts der hohen Zahl irregulärer Migration stießen die Kommunen an Belastungsgrenzen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hob hervor: Für einen Binnenmarkt ohne Einschränkungen brauche es „sichere Außengrenzen, Umsetzung der neuen Migrationsregeln und effektive Zusammenarbeit“.


(nen)



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Adobe veröffentlicht Firefly-App für iOS und Android


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It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Adobe hat eine Firefly-App veröffentlicht, die ab sofort außer als Web-App auch für Android und iOS zur Verfügung stehen soll. Mit Firefly entstehen nach Prompteingabe unter anderem Fotos und Videos. Dafür nutzt der Dienst eigens von Adobe entwickelte Modelle, aber mittlerweile auch Technik von Fremdanbietern. Mit dem Update kommen einige Partner hinzu.

Seit April dieses Jahres integriert der Firefly-Dienst Bildgeneratoren der Drittanbieter OpenAI, Google und Black Forest Labs. Nun hat Adobe KI-Modelle von Ideogram, Luma AI, Pika und Runway hinzugefügt, die vor allem beim Generieren von Videos helfen sollen.

Als bildgebende KI stehen unter dem Firefly-Dach Googles Text-zu-Bild-Modelle Imagen 3 und 4 zur Verfügung, Flux 1.1 Pro und Flux.1 Kontext von Black Forest Lab, Ideogram 3.0, ein OpenAI-Bildgenerator sowie Runways Bildmodell Gen-4.

Neben dem Firefly-Videomodell stehen Googles Videogeneratoren Veo 2 und 3 zur Auswahl, die sowohl Text als auch Bilder als Eingabe akzeptieren. Dazu gesellen sich Ray2 von Luma AI und der Text-zu-Video-Generator von Pika.

Die Mobil-App für Android und iOS generiert Bilder und Videos nach Eingabe von Textprompts, bei Letzteren auch aus Bildprompts. Außerdem enthält sie die Photoshop-Werkzeuge Generative Füllung zur KI-Retusche und Generatives Erweitern zum Verlängern der Bildfläche.

Adobe synchronisiert alle Inhalte, die in der Firefly-App erstellt wurden, mit dem Creative Cloud-Konto des Nutzers.



Bisher stand Adobe Firefly nur als Web-App zur Verfügung. Ab sofort soll sie auch als Android- und iOS-App auf Mobilgeräten bereitstehen.

Adobe hat Firefly Boards kürzlich in öffentlicher Beta-Phase als Oberfläche zur Ideenfindung mit generativer KI eingeführt. Neben dem Bildgenerator unterstützt Board nun auch die Video-KI.

Auf dem Board soll man Bilder iterativ bearbeiten können. Dafür integriert Adobe die KI-Bildbearbeitung Flux.1 Kontext von Black Forest Labs und Bilderzeugung von OpenAI.

Auf dem Board lassen sich auch Adobe-Dokumente verknüpfen. Änderungen synchronisiert es selbstständig. Eine Aufräumfunktion ordnet alle visuellen Elemente in einem präsentierfähigen Layout an.

Adobe hat Firefly ist in seine Content Authenticity Initiative (CAI) eingebunden. Der Dienst versieht generierte Inhalte im Rahmen der Firefly-App automatisch mit Metadaten, sogenannten „Content Credentials“ die sie als KI ausweisen, so dass der Nutzer weiß, ob sie mit einem Firefly-Modell oder einem Partnermodell erstellt wurden.

Adobe hat Firefly mit Daten aus seinem Agenturdienst Adobe Stock trainiert sowie mit Public-Domain-Inhalten und solchen, bei denen das Urheberrecht bereits erloschen ist. Das soll das Risiko von Urheberrechtsverletzungen minimieren.

Adobe rechnet die Firefly-Nutzung über ein nicht ganz einfach zu verstehendes Credit-Modell ab. Abonnenten der Adobe Creative Cloud erhalten monatlich 1000 Credits, um Bilder zu genieren. Bei Abos einzelner Anwendungen gibt es je nach Typ 25 Credits (InCopy, Substance 3D, Acrobat Pro), 100 Credits (Lightroom), 250 Credits (Express Premium) oder 500 Credits (Illustrator, InDesign, Photoshop, Premiere Pro, After Effects).

Nutzer, die nur die App, Web-App oder das Videomodell nutzen wollen, können Adobe Firefly ab 10,98 Euro monatlich abonnieren. Firefly-Abonnenten erhalten Credits zur Nutzung des Videogenerators und uneingeschränkten Zugriff auf den Bildgenerator.


(akr)



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Cookie-Einwilligung: Deutsche Datenschützer wegen „Untätigkeit“ verklagt


Die Pay-or-Consent-Angebote (auch „Pur“-Abo) von Verlagen im Internet sind erneut ein Fall für deutsche Gerichte. Im Namen eines ungenannten Beschwerdeführers hat die österreichische Datenschutzorganisation Noyb die Datenschutzbehörden von Hessen und Nordrhein-Westfalen verklagt, weil die bisher nicht auf zwei vorangegangene Beschwerden reagiert haben.

Schon im August 2021 hatte Noyb Beschwerden gegen „Pay or OK“-Banner auf verschiedenen deutschen Nachrichtenportalen eingelegt, darunter auch heise.de. In zwei Fällen – faz.net und t-online.de – haben die zuständigen Aufsichtsbehörden von Hessen und Nordrhein-Westfalen (NRW) dazu noch immer nicht entschieden.

Die betroffenen Banner stellten Nutzer vor die Wahl, den Verlagsangeboten entweder die Verarbeitung und Weitergabe von persönlichen Daten zu Werbezwecken zu erlauben oder ein kostenpflichtiges Abo abzuschließen.

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) besage ausdrücklich, dass eine Einwilligung freiwillig erteilt werden müsse, begründet Noyb den Gang vor Gericht. Doch 99 Prozent der Nutzer, die sich mit Pay-or-OK-Bannern konfrontiert sähen, stimmten der damit verknüpften gezielten Werbung zu. Dabei wollten nur drei bis zehn Prozent der Online-User tatsächlich getrackt werden. In einem Verfahren gegen die Facebook- und Instagram-Mutter Meta habe daher mittlerweile sogar die EU-Kommission diesen Ansatz für rechtswidrig erklärt.

Die Beschwerde bei der NRW-Datenschutzbehörde sei über ein Jahr verschollen gewesen, moniert Noyb. Die hessische Aufsicht wiederum verwies demnach auf die Komplexität des Falls und die laufende Ausarbeitung neuer Richtlinien dazu.

Die Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern erklärte „Pur-Abo-Ansätze“ 2023 grundsätzlich für zulässig. Demnach müssen für Tracking aber alle Anforderungen an eine informierte, wirksame Zustimmung nach der DSGVO erfüllt sein. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat dazu bereits Leitlinien aufgestellt. Das Gremium sieht Pay-or-Consent kritisch und brütet über einen dritten Weg, gegen den Verlegerverbände Sturm laufen.

Jonas Breyer, Anwalt des Beschwerdeführers, bezeichnete die Verzögerung als „äußerst bedauerlich“. Leider sei das kein Einzelfall. Der Jurist fragt sich, „was die Behörden mit dem Geld der Steuerzahlenden eigentlich tun“. Noyb verklagte auch schon die Hamburgische Datenschutzbehörde, weil sie das Pay-or-OK-Modell vom Spiegel nicht beanstandete. Viele relevante Tatsachen seien in dem Fall nie untersucht worden.

Transparenzhinweis: heise online bietet selbst ein Pur-Abo an. Nach Beanstandung wurde das Consent-Banner in Rücksprache mit der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen überarbeitet.


(dahe)



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c’t-Story: Sphärenklänge | heise online


Fasziniert starrte ich auf den von der fahlen Sonne schwach beleuchteten größten Planeten des Sonnensystems. Das Kaleidoskop aus verschiedenfarbigen Bändern und Wirbeln von Wolken in Rot-, Braun-, Gelb- und Blautönen weckte in mir einen Hauch von Verständnis für die mir angetragene Aufgabe. Einen zugegebenermaßen kleinen Hauch. Tatsächlich hatten mich ausschließlich der mangelnde Auftragseingang meiner Agentur für interplanetare Privatermittlungen und der traurige Anblick meines Kontostands dazu bewogen, als Security Commander für dieses in meinen Augen sinnfreie Projekt anzuheuern.

SpecA-7-Verdi startklar.“ Neds trockene Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Das Radar verzeichnete neben den sechs bereits in Jupiters Umlaufbahn abgesetzten spektroskopischen Audiowandlern keine künstlichen Objekte. Im Gegensatz zu den anderen sollte Nummer sieben keine Wolkenbänder, sondern die Wirbel des roten Flecks in Töne wandeln, was ein paar knifflige Anforderungen an Umlaufbahn, Startzeitpunkt und Geschwindigkeit der Sonde mit sich brachte. Aus den Augenwinkeln musterte ich meinen Astronavigator. Entspannt schwebten die Finger seiner linken Hand über der Sensorfläche des Schaltpults. Mit der rechten hielt er seinen obligatorischen Becher Synthkaffee an die von Bartstoppeln umsäumten Lippen.

„Dann lass uns das Schätzchen auf die Reise schicken, Nerd!“ Mein jovialer Tonfall prallte an ihm ab wie mein letzter Anbaggerversuch bei Eva, der Bardame vom Blauen Frosch.


Das war die Leseprobe unseres heise-Plus-Artikels „c’t-Story: Sphärenklänge“.
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