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Datenschutz & Sicherheit

Staatstrojaner gegen Journalisten in Europa


Nicht alle Europaabgeordneten haben sich mit dem gefährlichen Zustand in Sachen Staatstrojaner abgefunden. Die sozialdemokratische Parlamentarierin Birgit Sippel und Krzysztof Brejza von der christdemokratischen EVP-Fraktion, dessen Smartphone mit Pegasus gehackt worden war, wollen das Thema nicht zu den Akten legen. Sie informierten bei einer Veranstaltung in Brüssel über die jüngsten Entwicklungen.

Den Regierungen von Polen, Ungarn, Griechenland, Zypern und Spanien war das Ausspionieren von Journalisten, Juristen und Oppositionellen mit dem Staatstrojaner Pegasus nachgewiesen worden. Die Nutzung von Hacking-Werkzeugen in Europa ist seit den Untersuchungen des Pegasus-Ausschusses des EU-Parlaments nicht weniger geworden, im Gegenteil.

Denn in den vergangenen Monaten haben abermals Untersuchungen ergeben, dass innerhalb Europas weitere Staatstrojaner eingesetzt wurden, um Smartphones zu hacken. Unter den Opfern sind Journalisten, Politiker und auch Menschenrechtsaktivisten wie beispielsweise Giuseppe Caccia und Luca Casarini, beide aktiv bei der Seenothilfe Mediterranea.

Eine Analyse von CitizenLab brachte Einblicke und Nachweise dazu, wie mehr als neunzig Menschen, auch aus EU-Mitgliedstaaten, mit einer kommerziellen Hacking-Software von Paragon Solutions ausspioniert wurden. Im Februar 2025 waren Betroffene, allesamt WhatsApp-Nutzer, vom US-Konzern Meta über den Paragon-Staatstrojaner-Hack benachrichtigt worden.

Angesichts dieser Situation fragen die EU-Abgeordneten: Was machen die EU-Institutionen eigentlich? Schließlich ist ja auch die Regierung von Georgia Meloni in den aktuellen Paragon-Skandal verwickelt.

Die kurze Antwort ist: Sie ducken sich weg. Und wo sie sich positionieren, haben sie keine Lösungen. Das zeigen die Einlassungen von Audrius Perkauskas, der auf der Veranstaltung für die EU-Kommission sprach, aber besonders die Wortmeldungen des polnischen Konservativen Kazimierz Ujazdowski, der die gerade beendete polnische EU-Ratspräsidentschaft repräsentierte. Die Wortmeldungen und Stellungnahmen mitsamt Diskussion sind aufgezeichnet worden: Securing Democracy & Media Freedom – EU Action on Spyware and Surveillance.

Spionage bei drei Journalisten

Zu Wort kommen zuerst Opfer der Hacking-Werkzeuge der NSO Group (Pegasus) und Paragon (Graphite). Eingeladen ist zu den aktuellen Fällen Francesco Cancellato, ein Journalist aus Italien, der ein Hacking-Opfer im Paragon-Skandal der Meloni-Regierung ist. Er fasst zusammen, was in den Monaten nach dem Auffliegen des Paragon-Staatstrojaners auf seinem Telefon geschehen ist und vor allem, was nicht.

Denn die italienische Regierung bestreitet eine direkte Involvierung am Hacking des Investigativjournalisten Cancellato ebenso wie seiner Journalistenkollegen Ciro Pellegrino und Roberto Dagostino. In einer Pressemitteilung vom Februar, die unverändert online ist, heißt es seitens der Meloni-Regierung nur, dass rechtlich geschützte Personen wie Journalisten grundsätzlich nicht von italienischen Geheimdiensten ausspioniert würden. Ansonsten werde man dem parlamentarischen Geheimdienst-Kontrollgremium Copasir Bericht erstatten, welches geheim tagt.

Staatstrojaner sind eine Bedrohung für Datenschutz, Sicherheit und Menschenrechte, aber auch für die Pressefreiheit. Die Rechtslage in Europa schütze Journalisten nach wie vor zu wenig, konstatiert Rand Hammoud, Überwachungsexpertin von Access Now. Auch nach Inkrafttreten des europäischen Medienfreiheitsgesetzes (EMFA) im August könnten Staatstrojaner gegen Medienvertreter benutzt werden, wenn nämlich die „Nationale Sicherheit“-Karte gezogen würde. Der EMFA ließe hier ein Scheunentor offen.

Obwohl im Fall von Cancellato sogar der Anbieter Paragon sage, dass er mithelfen würde, die Spionagefälle der Journalisten aufzuklären, komme man nicht weiter. Denn die italienische Regierung stelle sich auf den Standpunkt, dass der Journalist Cancellato quasi nur Spionage-Beifang bei Ermittlungen in Sachen „Nationaler Sicherheit“ sei. Leider lege sie aber überhaupt nicht dar, um welche Bedrohungen „Nationaler Sicherheit“ es ginge.

Für die EU-Kommission widerspricht der Referatsleiter Telekommunikation und Technologie (DG Connect), Audrius Perkauskas, dieser Darstellung. Er erklärt, das Medienfreiheitsgesetz schütze Journalisten, denn eine generelle Ausnahme für Ermittlungen in Fragen der „Nationalen Sicherheit“ gäbe es nicht. Eine Ausnahme gäbe es lediglich für „essential state functions“ (Kernaufgaben des Staates), die unterschiedlich definiert seien. Alle Staaten müssten nach Inkrafttreten des Medienfreiheitsgesetzes im August ihre nationalen Gesetze abklopfen.

Wenn es nach Inkrafttreten neue Staatstrojanerfälle gäbe, könne sich zeigen, wie gut der EMFA schütze, sagte Perkauskas. Ein irgendwie geartetes Scheunentor für Staatstrojanereinsätze gegen Journalisten weist er zurück.

Keine Lösungen, nirgendwo

Während sich Perkauskas noch inhaltlich einlässt, bleibt Kazimierz Ujazdowski so vage es nur irgend geht. Man müsse verstehen, dass er den EU-Rat vertrete, der nun mal in Sachen Staatstrojaner nicht mit einer Stimme spreche. Immerhin räumt er ein, dass die Eingriffstiefe der Hacking-Werkzeuge die bisher vorgesehenen Kontrollinstrumente auf eine harte Probe stelle. Sie seien wohl nicht ausreichend, wenn durch das Hacking „in nur einer Sekunde“ das ganze Leben eines Opfers offenläge.

Eine Lösung des Problems kenne er nicht. Er verweist nur auf den noch laufenden sogenannten Pall-Mall-Prozess. Im Rahmen dieses Prozesses entstehen Verhaltensvorschläge, denen sich einige europäische Staaten wie Frankreich, Polen und die Niederlande unterwerfen wollen.

Als die Diskussion eröffnet wird, erweitert sich sogleich der Problemkreis, über den bei Staatstrojanern gesprochen werden muss. Denn es geht ja nicht nur um ein internes Problem des Rechtsschutzes innerhalb der EU, sondern auch um ein erhebliches Sicherheitsproblem von außen. Böswillige Dritte könnten beispielsweise EU-Institutionen angreifen, auch mit Hacking-Software, die von Unternehmen innerhalb der EU stammt.

Staatshacker

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Ujazdowski sagt dazu, dass es „zynisch und einfach falsch“ sei, wenn Europa vom Handel mit IT-Sicherheitslücken und Staatstrojanern profitieren würde. Doch der aktuelle Paragon-Skandal zeigt ja gerade, dass dies der Fall ist.

Ausgang offen

Es bleibt die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten dem Journalisten Cancellato bleiben. Er erklärt, dass er mit Hilfe der italienischen Journalistengewerkschaft Federazione Nazionale Stampa Italiana (FNSI) versucht, seinen Fall vor Gericht durchzufechten. Zwei Gerichtsverfahren seien nun in Rom zusammengelegt worden. Der Ausgang sei aber offen.

Rand Hammoud von Access Now gibt aber zu Bedenken, dass Cancellato die Ausnahme sei. Denn selten brächten Hacking-Opfer ihre Fälle vor Gericht. Die Vertragsstaaten der Staatstrojaner-Anbieter würden die Nutzung von Überwachungs- und Hackingtechnologien in der Regel schlicht nicht zugeben. Zudem seien solche Staatstrojanerverfahren immer nur reaktiv.

Francesco Cancellato fordert zumindest ein Register für Anbieter kommerzieller Hacking-Werkzeuge. Er setzt sich außerdem für mehr staatliche Transparenz ein, wenn Hacking-Fälle ans Licht gekommen sind. In seinem eigenen Fall aber schweige Georgia Meloni seit nun sechs Monaten. Sie hätte gesagt, dass sie nur auf wichtige Fragen antworte, sein Fall des Hackings sei also wohl keiner.



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Datenschutz & Sicherheit

Die Woche, in der wir ordentlich gewachsen sind


Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

zu Beginn dieser Woche hab ich zufällig ein kurzes Video über Bambus angeschaut. Wusstet ihr, dass einige Arten pro Tag fast einen Meter in die Höhe schießen? Man kann ihnen buchstäblich beim Wachsen zusehen.

Ich bin dann in ein Wurmloch gefallen und hab erfahren, dass Bambus es bei der Zugkraft mit Stahl aufnehmen kann. Dass er weit mehr Sauerstoff freisetzt als Bäume. Und natürlich essen ihn süße Pandabären.

Ein weit weniger erbauliches Bild zeigt die zurückliegende (netz-)politische Woche. Vorratsdatenspeicherung, Daten-Rasterfahndung, biometrische Live-Videoüberwachung – die ungeheuerlichsten Überwachungspläne sprießen gerade so aus dem Boden. Gleichzeitig will die Bundesregierung die Zivilgesellschaft unter Extremismus-Generalverdacht stellen, um ihr die Mittel und Rechte zu beschneiden. Und daneben fällt ihr nichts Besseres ein, als den Druck auf marginalisierte Menschen einmal mehr zu erhöhen – mit weiteren Streichungen und noch härteren Sanktionen.

Mir war klar, dass die Bäume mit Schwarz-Rot nicht in den Himmel wachsen werden. Dass die Regierung aber so rasch und beherzt Richtung Autoritarismus und Überwachungsstaat marschiert – wie auch Lena Rohrbach und Philipp Krüger von Amnesty International mit Blick aufs geplante Bundespolizeigesetz konstatieren –, habe ich dann doch nicht erwartet.

Zurück zum Bambus. Auch wir sind diese Woche ordentlich gewachsen. Drei neue Menschen gehören seit dem 1. September unserem Team an. Timur ist unser erster Volontär und macht nebenher noch Beiträge für KiKA. Bahn-Nerd Ben ist für die nächsten 12 Monate unser Bundesfreiwilliger. Und Fio unterstützt uns ab sofort bei der Social-Media-Arbeit. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!

Verabschieden mussten wir uns von Lilly, die uns ein Jahr lang tatkräftig als Bundesfreiwillige unterstützt hat. Wie sie auf ihre Zeit bei uns zurückblickt, erzählt sie in der aktuellen Folge unseres Podcasts Off/On. Hört gerne rein. Und vielen Dank für alles, Lilly!

Habt ein schönes Wochenende

Daniel

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Seit Monaten protestieren Microsoft-Mitarbeitende in den USA dagegen, dass ihr Unternehmen Geschäftsbeziehungen zum israelischen Militär und der israelischen Regierung unterhält. Microsoft hat einige demonstrierende Angestellte entlassen. Zugleich will das Unternehmen prüfen, ob israelische Streitkräfte die Azure-Plattform zur Überwachung von Palästinenser:innen nutzen.

Lesen Sie diesen Artikel: Microsoft entlässt Mitarbeitende nach Protesten



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Datenschutz & Sicherheit

Wie unsere jüngsten Team-Mitglieder auf unsere Arbeit und Soziale Medien blicken


Drei Menschen mit großen Kopfhörern lächeln in die Kamera
Ingo, Karoline und Lilly bei der Arbeit


Karoline ist seit zwei Monaten Praktikantin bei uns. Lilly war seit September 2024 unsere Bundesfreiwillige im Rahmen eines „Freiwilligenjahres Beteiligung“. In der neuen Ausgabe Off The Record erzählen die beiden, was sie bei uns erlebt haben. Welche Tätigkeiten haben sie übernommen? Was haben sie gelernt? Und wie ist das so als junger Mensch in einem älteren Team?

Außerdem gibt’s eine kleine Meme-Nachhilfestunde. Wir sprechen nämlich auch über ihre Erfahrungen mit unserer Community und über die Rolle Sozialer Medien. Lilly hat im letzten Jahr unseren Instagram-Account betreut, Karoline hat sich im Studium intensiv mit Social Media beschäftigt. Was denken die beiden: Sollten wir den Insta-Account unserer Redaktion dichtmachen?


In dieser Folge: Ingo Dachwitz, Karoline Tanck und Lilly Pursch.
Produktion: Serafin Dinges.
Titelmusik: Trummerschlunk.


Hier ist die MP3 zum Download. Wie gewohnt gibt es den Podcast auch im offenen ogg-Format. Ein maschinell erstelltes Transkript gibt es im txt-Format.


Unseren Podcast könnt ihr auf vielen Wegen hören. Der einfachste: in dem Player hier auf der Seite auf Play drücken. Ihr findet uns aber ebenso bei Apple Podcasts, Spotify und Deezer oder mit dem Podcatcher eures Vertrauens, die URL lautet dann netzpolitik.org/podcast.


Wir freuen uns über Kritik, Lob, Ideen und Fragen entweder hier in den Kommentaren oder per E-Mail an podcast@netzpolitik.org.


Links und Infos

    Blattkritik

    • Karolines Text über verschwundene Porno-Games
    • Ingos Text über den Wasserverbrauch von Rechenzentren: Immer noch nicht erschienen…

    Hausmitteilungen

    Aus dem Maschinenraum

    Postfach



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Familienministerin will Demokratieprojekte mit Verfassungsschutz durchleuchten


Während die AfD in aktuellen Umfragen neue Höchstwerte verzeichnet, schießt sich die Bundesregierung ausgerechnet auf jenen Teil der Zivilgesellschaft ein, der für demokratische Werte und gegen den Rechtsruck kämpft. In einem Brief an die „Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag“ versichert Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU), dass sich im Programm „Demokratie leben“ nun „Grundlegendes ändern“ werde. Unter anderem sollen NGOs einer „breit angelegten Verfassungsschutzprüfung“ unterzogen werden. Den Brief veröffentlichen wir als PDF-Dokument.

Die Familienministerin stellt sich damit in ein unselige Tradition. Nicht nur die rechtsextreme AfD versucht seit Jahren, die demokratische Zivilgesellschaft unter Generalverdacht zu stellen. Auch Hetzportale wie Nius und rechte Medien wie Cicero, NZZ, Welt oder Focus kolportieren seit Langem, dass Deutschland von linken Nichtregierungsorganisationen quasi unterwandert sei und der Staat diese auch noch alimentiere.

Mit Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat diese Erzählung inzwischen einen Vertreter in der Regierung gefunden. Weimer treibt die Debatte kulturkämpferisch voran und hat bereits erste Maßnahmen gegen vermeintlich linke Medienprojekte ergriffen.

Attacken auf demokratische Zivilgesellschaft

Die Debatte um die Zivilgesellschaft geht inzwischen so weit, dass sich jüngst auch die als liberal geltende Wochenzeitung „Die Zeit“ zu der reißerischen Überschrift „Der Staat päppelt die Linken“ hinreißen ließ – nur um im Artikel Rechtsaußen-Rechtsanwalt Joachim „Natürlich bin ich ein Arschloch“ Steinhöfel zu Wort kommen zu lassen und im Verlauf des Textes die These der Überschrift halbwegs zu revidieren.

Auch die Union selbst hatte bereits zu Jahresbeginn ins gleiche Horn gestoßen. Ende Januar hatten CDU und CSU einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik in den Bundestag eingebracht und dabei mindestens billigend eine Mehrheit durch Stimmen der AfD in Kauf genommen. Daraufhin riefen zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen zu Protesten auf.

Offenbar als Reaktion darauf reichte die Union nur wenige Wochen später eine Kleine Anfrage im Bundestag ein. In einem umfangreichen Fragenkatalog erkundigte sie sich nach unter anderem nach der staatlicher Förderung für gemeinnützige NGOs. Die Anfrage wurde innerhalb der Zivilgesellschaft als Einschüchterungsversuch verstanden. Wissenschaftler:innen und Organisationen zeigten sich zutiefst beunruhigt durch das Vorgehen der Unionsfraktion, mehr als 500.000 Menschen unterzeichneten einen Appell an die Bundesregierung.

Grundlegende Änderungen angekündigt

Die Debatte ist nun wieder erstarkt. Und nachdem das Kabinett Ende August die Gelder für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ bewilligt hatte, sah sich Familienministerin Karin Prien offenbar genötigt, sich für diese Entscheidung zu rechtfertigen und gleichzeitig anzukündigen, dass sich nun „Grundlegendes ändern“ werde.

In dem Brief von Prien an die CDU/CSU-Fraktion heißt es:

Wir stärken die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden und der wissenschaftlichen Extremismusforschung und berücksichtigen deren Erkenntnisse in der Programmsteuerung besser. Wer Zuwendungen des Bundes zum Schutz unserer Demokratie erhält, muss selbst Vorbild sein! Es gibt mehr als 400 direkte Partner und mehr als 3000 Projekte als Letztempfänger der Bundesmittel. Wir werden durch klare Strukturen und Verfahren sicherstellen, dass das Ziel, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu schützen, von allen angestrebt und auch erreicht wird. In einem ersten Schritt – nach wochenlanger Arbeit und mit dem Bundesministerium des Innern abgesprochen – wurde bereits eine breit angelegte Verfassungsschutzprüfung im sogenannten „Haber-Verfahren“ eingeleitet.

„Breit angelegte Verfassungsschutzprüfung“

Das Haber-Verfahren sieht vor, dass die jeweiligen Ressorts zunächst aus ihnen zugänglichen Quellen, wie etwa die jährlichen Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder, jene Organisationen prüfen, die sie mit dem Programm fördern. „Soweit hiernach eine Klärung nicht möglich sein sollte, können die Ressorts ihre Anfragen zu möglichen verfassungsschutzrelevanten Erkenntnissen über Organisationen, Personen und Veranstaltungen, über deren materielle bzw. immaterielle Förderung das Ressort zu entscheiden hat, unmittelbar an das BfV und nachrichtlich an das BMI richten“, heißt es in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.

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Der Wunsch aus der Union, Initiativen der demokratischen Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus unter Generalverdacht zu stellen, ist keineswegs neu. Im Jahr 2011 führte die damalige CDU-Familienministerin Kristina Schröder die sogenannte „Extremismusklausel“ bei Demokratieförderungsprogrammen ein. Diese Klausel sah vor, dass sich Initiativen zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichten mussten. Diese Verpflichtung erschwerte unter anderem eine zivilgesellschaftliche Bündnisarbeit etwa bei Protesten gegen Rechtsextremismus, weil geförderte Organisationen für ihre Bündnispartner in Mithaftung genommen wurden. Anfang 2014 wurde die Klausel wieder abgeschafft.

In Vergangenheit hunderte NGOs vom Verfassungsschutz überprüft

Die Durchleuchtung aber ging weiter. Zwischen den Jahren 2015 und 2018 wurden zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte vom Verfassungsschutz geprüft. Bei insgesamt 51 Projekten leitete das Familienministerium damals Daten an den Inlandsgeheimdienst weiter, dem damals noch Hans-Georg Maaßen als Präsident vorstand. Maaßen wird heute selbst vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremer geführt und beobachtet.

In den Jahren 2018 und 2019 soll der Verfassungsschutz dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages zufolge im Rahmen des Haber-Verfahrens ebenfalls „hunderte Nichtregierungsorganisationen“ durchleuchtet haben.

Familienministerium mauert

Wir haben beim Bundesfamilienministerium nachgefragt, was hinter der Ankündigung der Ministerin steckt – und ob dies „eine Änderung der bisherigen Überprüfungspraxis“ darstellt. Außerdem wollten wir wissen, wie viele Überprüfungen durch den Verfassungsschutz im laufenden Jahr sowie in den vergangenen fünf Jahren erfolgt seien.

Nach drei Tagen und mit wiederholter Fristverlängerung schickte uns eine Sprecherin des Ministeriums folgende Antwort, die keine unserer Fragen beantwortet:

Über das allgemein Zugängliche hinaus können keine näheren Informationen zum Prüfverfahren mitgeteilt werden. Die Wirkung des Verfahrens könnte ansonsten beeinträchtigt werden. Im Übrigen wurde und wird keine statistische Erhebung im BMBFSFJ zu Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden geführt.



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