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Vom Staat zur Marke. Die Geschichte des Nation Branding
Die Idee der „Nation Brand“ ist nicht neu – auch wenn der Begriff erst seit Ende der 1990er-Jahre populär wurde. Spätestens seit dem Ersten Weltkrieg nutzen Staaten gezielt und systematisch Image-Kampagnen, um ihre Kultur, Geschichte und Bevölkerung international in Szene zu setzen. Jessica Gienow-Hecht, Autorin und Professorin am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien der Freien Universität Berlin, beleuchtet in ihrem Buch „Vom Staat zur Marke. Die Geschichte des Nation Branding“ die Entstehung der damit verbundenen Strategien.
„Nation Brand ist ein altes Konzept mit einer langen Geschichte und einem neuen Namen. Schon seit Jahrhunderten sorgen sich Regierungen um ihre Fremdwahrnehmung. Waren es vom Zeitalter der Revolutionen bis zum Ersten Weltkrieg im Wesentlichen Menschen und Gruppen, die mit der Regierung wenig zu tun hatten, die großen Einfluss auf das Ansehen eines Staates hatten, mutierte der Staat, ganz gleich ob liberal oder autoritär, zwischen 1920 und 1990 zur prinzipiellen Werbeagentur der Nation und mischte sich nun federführend in die kulturelle Selbstdarstellung der Marke der Nation ein“, wie Jessica Gienow-Hecht in ihrem Buch ausführt.
Jessica Gienow-Hecht zeigt erstmals umfassend, wie Demokratien und Diktaturen ihre Selbstdarstellung einsetzen, um internationale Wertschätzung, politische Allianzen, Investitionen, Fachkräfte und Touristen zu gewinnen – und auch die eigene Bevölkerung zu beeinflussen. Das Spektrum der Staaten reicht dabei von großen Ländern wie die „Marke USA“ oder China über bekannte Brands wie Großbritannien und Thailand bis hin zu kleinen oder weniger bekannten Ländern wie z. B. Tuvalu, Kasachstan oder Simbabwe.
„Nation Brand ist viel mehr als eine bloße Markenbotschaft für ein Konsumprodukt.“ – Jessica Gienow-Hecht
In ihrem Buch schildert Gienow-Hecht, dabei kultur-, medien- und emotionsgeschichtliche Ansätze verbindend, wie Staaten in der Neuzeit versucht haben und versuchen, sich anhand von kultureller nationaler Selbstdarstellung zwang- und gewaltlos relevant, vielleicht sogar einflussreich zu machen, und welche Rolle Regierungen dabei gespielt haben und noch spielen. Staat und Nation sind keinesfalls das Gleiche. Auch darum geht es in diesem Buch. Es zeigt, welche Strategien Staaten nutzen, um die Marke der Nation zu bewerben – und vor allen Dingen: welche Risiken und Nebenwirkungen dabei entstehen und schon entstanden sind.
Basisdaten zum Buch
- Titel: Vom Staat zur Marke. Die Geschichte des Nation Branding
Wie Staaten sich selbst vermarkten und was sie damit bezwecken - Autorin:
- Reclam
- 192 Seiten
- Abmessung: 215 mm x 135 mm
- Produktart, Ausstattung: Hardcover, Schutzumschlag
- Erschienen: 14.05.2025
- ISBN: 978-3-15-011526-8
Mein persönlicher Eindruck
„Marke“ ist, mehr noch als„Staat“, ein vielsagender, erklärungsbedürftiger Begriff. Im Kontext Nation Brand meint „Marke“ die gesamte Wahrnehmung, das Image und die Reputation eines Staates auf internationaler Ebene. Gezielt steuern lässt sich ein Image nicht, höchstens beeinflussen, in die eine wie die andere Richtung. Zum besseren Verständnis sei daher gesagt, dass Markendesign und visuelle Gestaltung, wie sie im dt im Kontext Nation Branding thematisiert werden, nicht Inhalt des Buches sind.
Im Buch werden Einflüsse benannt, die auf das Image-Konto eines Staates respektive Landes einzahlen. Angesichts der vielen von Gienow-Hecht aufgeführten Faktoren, Handlungen, Initiativen, Entscheidungen, Aktivitäten wie auch Personen und Gruppen, stelle ich mir die Frage (als jemand, der sich mit der Wirkung von Markendesign tagtäglich auseinandersetzt), inwieweit eine Bündelung all dieser Einflüsse unter einem gemeinsamen Markendach überhaupt möglich ist. Ob der mit der Bündelung verbundene Aufwand nicht doch letzten Endes einfach verpufft?
Wenige Tage nach der medienwirksamen Präsentation der neuen Nation Brand Syrien bekriegen sich im Land Beduinen und Drusen. Die Kämpfe fügen der noch jungen Nation Brand, welche die Einheit des Landes als Anspruch formuliert und als Ziel ausgibt, einen schweren Schaden zu. Im Buch werden Hindernisse und Konflikte aufgezeigt, die die Markenbildung als Nation, oder als supranationale Organisation (z.B. EU), erschweren.
Die Handlungen einzelner Gruppen und Personen, dies wird in „Vom Staat zur Marke. Die Geschichte des Nation Branding“ anhand unzähliger Beispiele deutlich, können das Ansehen eines Staates nachhaltig beeinflussen, im positiven wie im negativen. Im Buch werden Russland, China, Israel, die Ukraine, die USA, Südkorea, Deutschland, skandinavische Staaten und viele andere Staaten im Hinblick auf ihre Selbstdarstellung unter die Lupe genommen.
Es geht dabei um Stereotype, um den Versuch diese aufzubrechen und zu widerlegen, um Propaganda und politische Massenbeeinflussung, ebenso um die Bedeutung von Weltausstellungen und Sport-Mega-Events wie Olympischen Spielen, auch welchen Effekt Konzerte und Filme in diesem Zusammenhang haben – kleiner Spoiler: „Borat“ (2006) war für Kasachstan offenbar weniger Image-schädigend als man zunächst vermuten könnte.
Gienow-Hecht verbindet Kulturgeschichte, Politik und Kommunikation in unterhaltsamer gleichsam lehrreicher erzählerischer Weise. Aufmachung und Gestaltung entsprechen der eines Romans. Ein Hauch jener Spannung, die das Design des Umschlags transportiert, hätte ich gerne auch innen wiedergesehen. Anderseits lenkt die Gestaltung auch in keiner Weise vom Inhalt ab. Auch so kann das Buch zu einem erweiterten Markenverständnis entscheidend beitragen. Wie aktuell und bedeutsam das Thema Nation Branding ist, zeigt sich auch am Beispiel Syriens. Mit ihrem Buch trifft Jessica Gienow-Hecht den Nerv der Zeit.
Verlosung
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US-Bundesstaat Massachusetts steht vor Einführung einer neuen Flagge
Im US-Bundesstaat Massachusetts wurden von der durch die Landesregierung eingesetzten Flaggenkommission drei potenzielle Entwürfe ausgewählt – diese sollen in den kommenden Wochen innerhalb der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden.
Massachusetts steht vor der Einführung einer neuen Flagge. Die derzeitige Flagge, bei der ein Native American unter einem kolonialen Schwert abgebildet ist, wird von vielen Menschen, insbesondere indigenen Gruppen, als unpassend, veraltet und beleidigend angesehen wird. Eine neue Flagge, so das Ziel, soll die Geschichte besser widerspiegeln und keinen Bezug mehr zu kolonialer Gewalt beinhalten.
Auf Grundlage eines Gesetzes („Chapter 140 of the Acts of 2024“) wurde eine Kommission eingesetzt (The Seal, Flag and Motto Advisory Committee), welche seit Anfang des Jahres die Aktualisierung sowohl der Flagge, des Staatssiegels und des Landesmottos koordiniert. In der ersten Phase wurde die Bevölkerung aufgerufen Entwürfe einzureichen. Die insgesamt 1.150 Einreichungen wurden zunächst von der Kommission auf 48 Flaggen eingegrenzt. Anschließend wurden drei Entwürfe jeweils für Flagge und Siegel ausgewählt, die nach Ansicht der zehn Kommissionsmitglieder über die größte Qualität verfügen. Und so sehen die Entwürfe aus.
In der dritten Phase sollen landesweit nun öffentliche Anhörungen abgehalten werden, um die Meinung der Bevölkerung einzuholen. Diese Entwürfe sind laut Co-Vorsitzende der Kommission, Kate Fox, noch nicht endgültig. Es sind vielmehr jene Entwürfe, die die höchste Punktzahl erhalten haben. „Das öffentliche Feedback kann die Vorschläge weiter prägen und verfeinern, sodass das Endergebnis die Meinung der Menschen widerspiegelt, die wir betreuen“, so Fox gegenüber der lokalen Presse.
Nach der Auswahl des endgültigen Entwurfs für ein neues Siegel, eine neue Flagge und ein neues Motto wird die Flaggenkommission Gouverneurin Maura Healey ihre endgültigen Empfehlungen vorlegen.
Mehrere US-Bundesstaaten, darunter Mississippi, Utah und Minnesota, hatten sich in den letzten Jahren neue Landesflaggen gegeben. In Maine scheiterte das Vorhaben eine neue Landesflagge einzuführen ebenso wie zuletzt in Illinois.
Kommentar
1.150 Einreichungen klingt nach einer großen Auswahl. Allerdings scheiden, wie der Blick in das von der Landesregierung bereitgestellte PDF verdeutlicht, gefühlt etwa die Hälfte bis drei Viertel der Einreichungen aufgrund unzureichender Gestaltungsqualität und fehlender Ernsthaftigkeit aus. Zum Vergleich: In Minnesota wurden mehr als doppelt so viele Entwürfe eingereicht, und zwar ausschließlich Flaggendesigns. In Illinois waren es gar 4.800 Flaggendesigns. Geringe Quantität bedeutet in solch einem Wettbewerb nicht zwangsläufig geringe Gestaltungsqualität – doch es bedeutet weniger Vielfalt, eine geringere Auswahl an Ideen.
Lediglich die rotbraunen Entwürfe von Flagge und Siegel stammen vom gleichen Gestalter. Die anderen Entwürfe stammen jeweils von unterschiedlichen Personen. Ob es klug ist, mit derlei semantisch gemischten und zudem gestalterisch stark divergenten Entwürfen in eine Phase der öffentlichen Diskussion zu treten, möchte ich in Frage stellen. Denn Ziel der neuen Designs für Flagge, Siegel und Motto müsste und sollte unter anderem ja sein, dass sich diese sowohl inhaltlich wie auch gestalterisch auf einander beziehen. Im rotbraunen Entwurfskonzept ist dieser Bezug gegeben – in den anderen Entwürfe fehlt dieser.
Meines Erachtens wäre es besser gewesen, die vorgestellte Entwürfe, wie in Minnesota der Fall, durch Fachleute (professionelle Gestalter und Agenturen) einer Revision unterziehen zu lassen. Auch um so semantisch gleichwertige Entwürfe zu entwickeln, die dann im Rahmen der öffentlichen Anhörungen als Entwurfspaare (Flagge + Siegel) einer breiten Debatte ausgesetzt werden können.
Noch die Anmerkung: Einen klaren beruflichen Design-Hintergrund hat keiner der zehn Kommissionsmitglieder. Drei Personen haben jedoch einen künstlerischen Hintergrund (Maler, Silberschmied, Zeichner).
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