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Wo war die Empörung, bevor es Deepfakes gab?


Viele Jahre lang haben Betroffene und Verbände vor bildbasierter Gewalt gewarnt. So nennt man es, wenn Menschen sexualisierte Aufnahmen ohne Einverständnis der Gezeigten verbreiten. Viele Jahre lang haben Journalist*innen immer wieder alarmierende Fälle bildbasierter Gewalt enthüllt. Nun hat auch die große Politik das Thema für sich entdeckt. Endlich.

Bildbasierte Gewalt hat es in eine EU-Richtlinie geschafft, in den schwarz-roten Koalitionsvertrag, und auch der Bundesrat und die Justizminister*innen der Länder machen inzwischen Druck.

Ein entscheidender Faktor für die neue Aufmerksamkeit dürfte der KI-Hype sein, genauer gesagt: die Sorge vor sexualisierten Deepfakes, also künstlich generierten Nacktaufnahmen. Sie sind die neuste Erscheinungsform bildbasierter Gewalt. „Deepfake“ ist ein massenkompatibler, geradezu modischer Begriff. Er klingt nach Zukunft, Cyber und technologischem Fortschritt. Kurzum, das Wort ist attraktiv für Massenmedien und Politik.

Vor Jahren war vermehrt von „Rachepornos“ die Rede. Gemeint waren damit oftmals intime Aufnahmen, die während einer Beziehung entstanden sind und danach von Ex-Partner*innen verbreitet wurden. Viele Betroffene lehnen diesen Begriff aber ab. Sie wollen ihre Aufnahmen nicht als „Porno“ verstanden wissen; und das Wort „Rache“ kann den Anschein erwecken, die Täter*innen hätten ein legitimes Motiv. So etablierte sich stattdessen der Begriff bildbasierte, sexualisierte Gewalt.

Deepfakes machen Kampf gegen bildbasierte Gewalt attraktiv

Anscheinend war es jedoch schwer, mit diesem Begriff größere politische Aufmerksamkeit zu bekommen. Wahrscheinlich war (und ist) er für manche zu nüchtern-technisch oder zu feministisch. Immerhin geht es um die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen, denn bildbasierte Gewalt ist oftmals geschlechtsspezifisch. In einer nach wie vor patriarchal geprägten Welt dürften manche allein schon deshalb einen Bogen um das Thema machen.

Mit Deepfakes hat sich die Situation verändert. Nicht-einvernehmliche Nacktfotos lassen sich inzwischen kostenlos im Browser generieren; als Vorlage genügt ein Foto aus sozialen Medien. Das ändert nicht nur die Verfügbarkeit bildbasierter Gewalt, sondern auch ihr Image. Auf einmal ist bildbasierte Gewalt eine der vielen Gefahren durch sogenannte generative Künstliche Intelligenz. Und KI ist das internationale Hype-Thema, befeuert durch Milliarden-Investitionen der reichsten Konzerne der Welt.

Es gibt noch einen Faktor, der den Kampf gegen Deepfakes für Politik und Medien attraktiv macht: Zum Ziel von nicht-einvernehmlichen, sexualisierten Deepfakes werden auch Promis wie Taylor Swift. Solche Fälle lösen Wellen an Solidarität aus. Zwar verdienen unbekannte Menschen ebenso Schutz wie weltbekannte Stars; dennoch dürfte dieser Promi-Faktor dazu beitragen, das Bewusstsein dafür zu pushen. Selbst die rechtsradikale Trump-Regierung, die für ein feministisch gelesenes Thema niemals den Finger rühren würde, setzt sich gegen nicht-einvernehmliche Deepfakes ein.

Die Gefahr von Trend-Politik

Nun könnte man sagen: Egal, wie oberflächlich die Gründe sind – Hauptsache, bildbasierte Gewalt bekommt endlich mehr Aufmerksamkeit. Da ist auch etwas dran. Andererseits tritt dabei auf verstörende Weise zutage, wie sehr sich politisches Momentum an Hypes orientiert statt an den tatsächlichen Bedürfnissen von Menschen.

Hinzu kommt eine weitere Gefahr: Der aktuelle Fokus auf Deepfakes kann andere Formen bildbasierter Gewalt in den Hintergrund drängen und damit die Anliegen der Betroffenen unsichtbar machen. Die Kopplung an den KI-Trend birgt zudem das Risiko, dass politische Bemühungen versanden, sobald der Hype verklingt.

Justizminister*innen fordern mehr Schutz gegen bildbasierte Gewalt

In ihrem jüngsten Beschluss schreiben die Justizminister*innen der Länder, bildbasierte Gewalt sei „nicht zuletzt durch den Einsatz künstlicher Intelligenz zu einem zunehmend relevanten Phänomen geworden“. Die Relevanz ist jedoch kein Ergebnis von KI-Einsatz. Bildbasierte Gewalt, bei der Täter*innen oftmals systematisch intime Aufnahmen ohne Einverständnis verbreiten, gibt es seit Jahren im Netz.

Während mit Pornhub und xHamster zwei der weltgrößten Pornoseiten inzwischen umfassend gegen anonyme Uploads vorgehen und das Problem auf ihren Seiten eindämmen, weichen Täter*innen auf weniger bekannte Plattformen aus.

Der Fall „D.“

Wie das konkret aussehen kann, zeigt das Beispiel von „D.“. Er war einer der besonders aktiven Nutzer auf einer Pornoseite, die laut Impressum auf Zypern registriert ist. Dort hat er rund 10 Millionen Bilder veröffentlicht, bevor sein Account eines Tages offline ging. In seiner öffentlichen Account-Beschreibung schrieb er auf Englisch, keine der Aufnahmen gehöre ihm. „Fühlt euch frei, JEGLICHE meiner Inhalte zu teilen“, schrieb er.


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– für digitale Freiheitsrechte!



Euro für digitale Freiheitsrechte!

 

Die inzwischen gelöschten Uploads erweckten nicht den Anschein, aus professionellen Shootings zu stammen, sondern eher aus privater Quelle. Das ist typisch für online zur Schau gestellte Sammlungen bildbasierter Gewalt. Die Aufnahmen können etwa von gehackten Fotodiensten kommen; von versteckten Kameras aus Umkleidekabinen und öffentlichen Toiletten – oder von Ex-Partner*innen, die Fotos aus der ehemaligen Beziehung ins Netz gestellt haben.

D. hatte die Aufnahmen in durchnummerierten Ordnern sortiert:  45.465, 45.466 und so weiter. Auf Anfrage erklärte D., er habe alles händisch hochgeladen, es sei „eine Menge Arbeit“. Warum das alles? „Ich denke, es ist etwas, das mit der Zeit gewachsen ist, und man könnte sagen, es ist wirklich eine Herzensangelegenheit“. Unrechtsbewusstsein ließ er nicht erkennen, weitere Fragen beantwortete er nicht.

Untypisch am Fall D. ist allein die hohe Anzahl seiner Uploads. Abgesehen davon ist er nur einer von unzähligen Männern im Netz, die Nacktfotos als Beute und Sammelware betrachten; sie massenhaft horten und verbreiten. Für Betroffene lässt sich kaum nachverfolgen, wo ihre Aufnahmen kursieren.

KI-Fokus wird Problem nicht gerecht

Beispiele wie der Fall D. rücken die aktuellen Debatten um bildbasierte Gewalt in ein anderes Licht. Deepfakes verstärken bildbasierte Gewalt, aber auch ohne Deepfakes ist das Ausmaß bildbasierter Gewalt enorm. Der Fokus auf das Hype-Thema KI wird dem Problem nicht gerecht. Wer nahelegt, dass bildbasierte Gewalt erst durch Deepfakes ein alarmierendes Ausmaß annehme, könnte ungewollt die Marginalisierung der Betroffenen verstärken.

Strengere und passende Gesetze, wie sie derzeit diskutiert werden, können Betroffenen lange erwartete juristische Werkzeuge an die Hand geben. Die Flut an bildbasierter Gewalt können diese Gesetze aber auch nicht stoppen. Die Wurzel des Problems dürfte weitaus tiefer liegen, und zwar in der offenkundigen Entmenschlichung von Frauen durch oftmals männliche Täter. Und damit kommen wir zu einem Begriff, der leider nicht so massenkompatibel ist wie Deepfakes. Es ist der nach wie vor bitternötige Kampf gegen: Sexismus.

Rat und Hilfe für Betroffene sexualisierter Gewalt gibt es in Deutschland bei bundesweiten Frauenberatungsstellen und Frauennotrufen, in der Schweiz bei der Frauenberatung, in Österreich beim Frauennotruf.



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Die Woche, in der wir ordentlich gewachsen sind


Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

zu Beginn dieser Woche hab ich zufällig ein kurzes Video über Bambus angeschaut. Wusstet ihr, dass einige Arten pro Tag fast einen Meter in die Höhe schießen? Man kann ihnen buchstäblich beim Wachsen zusehen.

Ich bin dann in ein Wurmloch gefallen und hab erfahren, dass Bambus es bei der Zugkraft mit Stahl aufnehmen kann. Dass er weit mehr Sauerstoff freisetzt als Bäume. Und natürlich essen ihn süße Pandabären.

Ein weit weniger erbauliches Bild zeigt die zurückliegende (netz-)politische Woche. Vorratsdatenspeicherung, Daten-Rasterfahndung, biometrische Live-Videoüberwachung – die ungeheuerlichsten Überwachungspläne sprießen gerade so aus dem Boden. Gleichzeitig will die Bundesregierung die Zivilgesellschaft unter Extremismus-Generalverdacht stellen, um ihr die Mittel und Rechte zu beschneiden. Und daneben fällt ihr nichts Besseres ein, als den Druck auf marginalisierte Menschen einmal mehr zu erhöhen – mit weiteren Streichungen und noch härteren Sanktionen.

Mir war klar, dass die Bäume mit Schwarz-Rot nicht in den Himmel wachsen werden. Dass die Regierung aber so rasch und beherzt Richtung Autoritarismus und Überwachungsstaat marschiert – wie auch Lena Rohrbach und Philipp Krüger von Amnesty International mit Blick aufs geplante Bundespolizeigesetz konstatieren –, habe ich dann doch nicht erwartet.

Zurück zum Bambus. Auch wir sind diese Woche ordentlich gewachsen. Drei neue Menschen gehören seit dem 1. September unserem Team an. Timur ist unser erster Volontär und macht nebenher noch Beiträge für KiKA. Bahn-Nerd Ben ist für die nächsten 12 Monate unser Bundesfreiwilliger. Und Fio unterstützt uns ab sofort bei der Social-Media-Arbeit. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!

Verabschieden mussten wir uns von Lilly, die uns ein Jahr lang tatkräftig als Bundesfreiwillige unterstützt hat. Wie sie auf ihre Zeit bei uns zurückblickt, erzählt sie in der aktuellen Folge unseres Podcasts Off/On. Hört gerne rein. Und vielen Dank für alles, Lilly!

Habt ein schönes Wochenende

Daniel

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Seit Monaten protestieren Microsoft-Mitarbeitende in den USA dagegen, dass ihr Unternehmen Geschäftsbeziehungen zum israelischen Militär und der israelischen Regierung unterhält. Microsoft hat einige demonstrierende Angestellte entlassen. Zugleich will das Unternehmen prüfen, ob israelische Streitkräfte die Azure-Plattform zur Überwachung von Palästinenser:innen nutzen.

Lesen Sie diesen Artikel: Microsoft entlässt Mitarbeitende nach Protesten



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Wie unsere jüngsten Team-Mitglieder auf unsere Arbeit und Soziale Medien blicken


Drei Menschen mit großen Kopfhörern lächeln in die Kamera
Ingo, Karoline und Lilly bei der Arbeit


Karoline ist seit zwei Monaten Praktikantin bei uns. Lilly war seit September 2024 unsere Bundesfreiwillige im Rahmen eines „Freiwilligenjahres Beteiligung“. In der neuen Ausgabe Off The Record erzählen die beiden, was sie bei uns erlebt haben. Welche Tätigkeiten haben sie übernommen? Was haben sie gelernt? Und wie ist das so als junger Mensch in einem älteren Team?

Außerdem gibt’s eine kleine Meme-Nachhilfestunde. Wir sprechen nämlich auch über ihre Erfahrungen mit unserer Community und über die Rolle Sozialer Medien. Lilly hat im letzten Jahr unseren Instagram-Account betreut, Karoline hat sich im Studium intensiv mit Social Media beschäftigt. Was denken die beiden: Sollten wir den Insta-Account unserer Redaktion dichtmachen?


In dieser Folge: Ingo Dachwitz, Karoline Tanck und Lilly Pursch.
Produktion: Serafin Dinges.
Titelmusik: Trummerschlunk.


Hier ist die MP3 zum Download. Wie gewohnt gibt es den Podcast auch im offenen ogg-Format. Ein maschinell erstelltes Transkript gibt es im txt-Format.


Unseren Podcast könnt ihr auf vielen Wegen hören. Der einfachste: in dem Player hier auf der Seite auf Play drücken. Ihr findet uns aber ebenso bei Apple Podcasts, Spotify und Deezer oder mit dem Podcatcher eures Vertrauens, die URL lautet dann netzpolitik.org/podcast.


Wir freuen uns über Kritik, Lob, Ideen und Fragen entweder hier in den Kommentaren oder per E-Mail an podcast@netzpolitik.org.


Links und Infos

    Blattkritik

    • Karolines Text über verschwundene Porno-Games
    • Ingos Text über den Wasserverbrauch von Rechenzentren: Immer noch nicht erschienen…

    Hausmitteilungen

    Aus dem Maschinenraum

    Postfach



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Familienministerin will Demokratieprojekte mit Verfassungsschutz durchleuchten


Während die AfD in aktuellen Umfragen neue Höchstwerte verzeichnet, schießt sich die Bundesregierung ausgerechnet auf jenen Teil der Zivilgesellschaft ein, der für demokratische Werte und gegen den Rechtsruck kämpft. In einem Brief an die „Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag“ versichert Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU), dass sich im Programm „Demokratie leben“ nun „Grundlegendes ändern“ werde. Unter anderem sollen NGOs einer „breit angelegten Verfassungsschutzprüfung“ unterzogen werden. Den Brief veröffentlichen wir als PDF-Dokument.

Die Familienministerin stellt sich damit in ein unselige Tradition. Nicht nur die rechtsextreme AfD versucht seit Jahren, die demokratische Zivilgesellschaft unter Generalverdacht zu stellen. Auch Hetzportale wie Nius und rechte Medien wie Cicero, NZZ, Welt oder Focus kolportieren seit Langem, dass Deutschland von linken Nichtregierungsorganisationen quasi unterwandert sei und der Staat diese auch noch alimentiere.

Mit Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat diese Erzählung inzwischen einen Vertreter in der Regierung gefunden. Weimer treibt die Debatte kulturkämpferisch voran und hat bereits erste Maßnahmen gegen vermeintlich linke Medienprojekte ergriffen.

Attacken auf demokratische Zivilgesellschaft

Die Debatte um die Zivilgesellschaft geht inzwischen so weit, dass sich jüngst auch die als liberal geltende Wochenzeitung „Die Zeit“ zu der reißerischen Überschrift „Der Staat päppelt die Linken“ hinreißen ließ – nur um im Artikel Rechtsaußen-Rechtsanwalt Joachim „Natürlich bin ich ein Arschloch“ Steinhöfel zu Wort kommen zu lassen und im Verlauf des Textes die These der Überschrift halbwegs zu revidieren.

Auch die Union selbst hatte bereits zu Jahresbeginn ins gleiche Horn gestoßen. Ende Januar hatten CDU und CSU einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik in den Bundestag eingebracht und dabei mindestens billigend eine Mehrheit durch Stimmen der AfD in Kauf genommen. Daraufhin riefen zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen zu Protesten auf.

Offenbar als Reaktion darauf reichte die Union nur wenige Wochen später eine Kleine Anfrage im Bundestag ein. In einem umfangreichen Fragenkatalog erkundigte sie sich nach unter anderem nach der staatlicher Förderung für gemeinnützige NGOs. Die Anfrage wurde innerhalb der Zivilgesellschaft als Einschüchterungsversuch verstanden. Wissenschaftler:innen und Organisationen zeigten sich zutiefst beunruhigt durch das Vorgehen der Unionsfraktion, mehr als 500.000 Menschen unterzeichneten einen Appell an die Bundesregierung.

Grundlegende Änderungen angekündigt

Die Debatte ist nun wieder erstarkt. Und nachdem das Kabinett Ende August die Gelder für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ bewilligt hatte, sah sich Familienministerin Karin Prien offenbar genötigt, sich für diese Entscheidung zu rechtfertigen und gleichzeitig anzukündigen, dass sich nun „Grundlegendes ändern“ werde.

In dem Brief von Prien an die CDU/CSU-Fraktion heißt es:

Wir stärken die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden und der wissenschaftlichen Extremismusforschung und berücksichtigen deren Erkenntnisse in der Programmsteuerung besser. Wer Zuwendungen des Bundes zum Schutz unserer Demokratie erhält, muss selbst Vorbild sein! Es gibt mehr als 400 direkte Partner und mehr als 3000 Projekte als Letztempfänger der Bundesmittel. Wir werden durch klare Strukturen und Verfahren sicherstellen, dass das Ziel, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung zu schützen, von allen angestrebt und auch erreicht wird. In einem ersten Schritt – nach wochenlanger Arbeit und mit dem Bundesministerium des Innern abgesprochen – wurde bereits eine breit angelegte Verfassungsschutzprüfung im sogenannten „Haber-Verfahren“ eingeleitet.

„Breit angelegte Verfassungsschutzprüfung“

Das Haber-Verfahren sieht vor, dass die jeweiligen Ressorts zunächst aus ihnen zugänglichen Quellen, wie etwa die jährlichen Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder, jene Organisationen prüfen, die sie mit dem Programm fördern. „Soweit hiernach eine Klärung nicht möglich sein sollte, können die Ressorts ihre Anfragen zu möglichen verfassungsschutzrelevanten Erkenntnissen über Organisationen, Personen und Veranstaltungen, über deren materielle bzw. immaterielle Förderung das Ressort zu entscheiden hat, unmittelbar an das BfV und nachrichtlich an das BMI richten“, heißt es in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.

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Der Wunsch aus der Union, Initiativen der demokratischen Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus unter Generalverdacht zu stellen, ist keineswegs neu. Im Jahr 2011 führte die damalige CDU-Familienministerin Kristina Schröder die sogenannte „Extremismusklausel“ bei Demokratieförderungsprogrammen ein. Diese Klausel sah vor, dass sich Initiativen zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichten mussten. Diese Verpflichtung erschwerte unter anderem eine zivilgesellschaftliche Bündnisarbeit etwa bei Protesten gegen Rechtsextremismus, weil geförderte Organisationen für ihre Bündnispartner in Mithaftung genommen wurden. Anfang 2014 wurde die Klausel wieder abgeschafft.

In Vergangenheit hunderte NGOs vom Verfassungsschutz überprüft

Die Durchleuchtung aber ging weiter. Zwischen den Jahren 2015 und 2018 wurden zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte vom Verfassungsschutz geprüft. Bei insgesamt 51 Projekten leitete das Familienministerium damals Daten an den Inlandsgeheimdienst weiter, dem damals noch Hans-Georg Maaßen als Präsident vorstand. Maaßen wird heute selbst vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremer geführt und beobachtet.

In den Jahren 2018 und 2019 soll der Verfassungsschutz dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages zufolge im Rahmen des Haber-Verfahrens ebenfalls „hunderte Nichtregierungsorganisationen“ durchleuchtet haben.

Familienministerium mauert

Wir haben beim Bundesfamilienministerium nachgefragt, was hinter der Ankündigung der Ministerin steckt – und ob dies „eine Änderung der bisherigen Überprüfungspraxis“ darstellt. Außerdem wollten wir wissen, wie viele Überprüfungen durch den Verfassungsschutz im laufenden Jahr sowie in den vergangenen fünf Jahren erfolgt seien.

Nach drei Tagen und mit wiederholter Fristverlängerung schickte uns eine Sprecherin des Ministeriums folgende Antwort, die keine unserer Fragen beantwortet:

Über das allgemein Zugängliche hinaus können keine näheren Informationen zum Prüfverfahren mitgeteilt werden. Die Wirkung des Verfahrens könnte ansonsten beeinträchtigt werden. Im Übrigen wurde und wird keine statistische Erhebung im BMBFSFJ zu Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden geführt.



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