Netzwerk des Bundestags am Montag stundenlang ausgefallen
Ab 14:30 Uhr ging am Montagmittag erst einmal nichts mehr im Deutschen Bundestag – das Netzwerk, E-Mail, gemeinsame Laufwerke und die Drucker waren offline. Die bestätigte ein Sprecher auf Anfrage von heise online.
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Parallel zu den Waffenstillstands-Verhandlungen, die wenige Meter weiter im Bundeskanzleramt mit dem ukrainisichen Präsidenten Wolodimir Selenskyj, Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und dem US-Sondergesandten Steve Witkoff stattfinden, ein gezielter Angriff auf die Bundestags-IT? Und das, nachdem erst am vergangenen Freitag das Auswärtige Amt die Bundesregierung den russischen Botschafter einbestellt hatte – wegen Desinfomations- und IT-Sicherheitsvorfällen, welche die Nachrichtendienste der Bundesrepublik klar russischen Akteuren zuschreiben? Sollte es sich um eine Machtdemonstration, etwa der Fancy Bear getauften, und auch als Advanced Persistent Threat 28 (APT28) identifizierten Einheit des russischen Militärgeheimdienstes GRU handeln? Der sich schon in der Vergangenheit im Bundestagsnetzwerk zu schaffen gemacht haben soll?
Systeme laufen wieder, Ausfallursache unklar
Die Aufregung jedenfalls war unter Abgeordneten, Mitarbeitern und Medien am Montagnachmittag ausgesprochen groß. Erst nach mehreren Stunden kamen die Netze wieder ans Laufen. Was genau passiert ist, darüber herrscht derzeit noch keine Klarheit, betont ein Sprecher der Verwaltung des Bundestags. „Routinemäßig“ sei das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hinzugezogen worden – was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war, da das BSI als Exekutivbehörde eigentlich nicht für die gesetzgebende Gewalt, das Parlament, zuständig ist. Am frühen Abend, so der Sprecher, seien die Systeme nach und nach wieder in Betrieb genommen worden. Er betonte: „Die Ursache für die Störung ist aktuell weiter offen.“ Allerdings spricht die schnelle Wiederinbetriebnahme gegen den Verdacht, dass diese nachhaltig kompromittiert sein könnten.
Der Bundestag steht immer wieder im Fokus von Angriffen. Das Parlament verfügt dabei über gleich mehrere, voneinander teilweise unabhängige IT-Infrastrukturen. Die Methoden schwanken dabei von manipulierten USB-Sticks über gestreute Attacken auf Office-Produkt bis hin zu gezieltem Spearphishing gegen einzeln Akteure. Der Bundestag selbst betreibt ein Netzwerk für die Arbeitsplatzrechner und Drucker der Abgeordneten und Mitarbeiter sowie der Parlamentsverwaltung. Die Bundestagsfraktionen wiederum nutzen teils eigene IT-Infrastruktur. Dazu kommt ein WLAN im Bundestag, das weitgehend vom Rest der Netze separiert ist – und auch vom heutigen Ausfall nicht betroffen gewesen sein soll.
Wie Festplattenfunde Datenschutzprobleme in einer Gemeinde offenbaren
Etwas mehr als 6000 Einwohner zählt die Gemeinde Markt Kipfenberg, die laut Homepage „der geografische Mittelpunkt Bayerns im Herzen des Naturparks Altmühltal“ ist. Bekannt ist der Ort Kipfenberg unter anderem dafür, dass vor rund 2000 Jahren der Limes mitten durch den Ort verlaufen war, der die Grenze des Imperium Romanum zum freien Germanien markiert hatte. Dass die Gemeinde auch antiquierte Methoden zur Datenträger-Aufbewahrung pflegt, zeigt ein aktueller Fall.
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Paul Müller (Name geändert) ist seit 1980 Einwohner Kipfenbergs. Seit 2022 wohnt er in einem Mehrfamilienhaus zur Miete, das der Gemeinde Markt Kipfenberg gehört. Im August 2023 suchte Müller nach Zustimmung des Hausmeisters den Versorgungsraum im Keller auf, um dort den Stromzähler abzulesen. Seiner Schilderung zufolge befanden sich unter dem Zählerschrank, achtlos auf dem Boden abgestellt, drei Pappkisten, die mit 30 bis 40 Festplatten und einer ebenso großen Anzahl Sicherungsbändern befüllt waren. Eines der Bänder sei mit der Abkürzung „EWO“ versehen gewesen. Müller vermutet, dies steht für „Einwohnermeldeamt“.
Zu diesem Zeitpunkt habe am Versorgungsraum ein Türschloss gefehlt. Der Weg von außerhalb dorthin sei für jeden seit drei Wochen frei zugänglich gewesen, weil wegen Bauarbeiten das Tiefgaragentor ebenfalls offengestanden habe. Auf dem Weg sei ihm außerdem ein offener Karton mit anderen Dingen aufgefallen, in dem sich augenscheinlich auch eine Festplatte aus dem Fundus befunden habe. Seine Vermutung: Einer der Bauarbeiter habe sich bereits bedient und etwas zur Seite geschafft. Müller legte seinen Angaben zufolge die Platte wieder in eine der drei Kisten zurück. Er erzählte einem Nachbarn von dem Fund. Dieser habe den Bürgermeister von Markt Kipfenberg informiert, der dann auch vor Ort erschienen sei. Der Bürgermeister habe damals versichert, die Datenträger seien bereits zuvor „sicherheitsgelöscht“ worden.
Man könnte meinen, dieser Vorfall habe nun dafür gesorgt, dass die Gemeinde ihr mangelhaftes Entsorgungskonzept für gebrauchte Datenträger geändert hat. Doch am 29. September 2025 sind offensichtlich dieselben Datenträger wieder im Haus aufgetaucht, dieses Mal fand ein Nachbar Müllers sie im unverschlossenen Heizungskeller hinter Wasserboilern. Müller berichtete uns, dass dieser Heizungskeller „unverschlossen war und in der Regel ständig wechselnden Reinigungskräften, Servicekräften der Heizungsfirma und Mitarbeitern der Gemeinde“ zugänglich gewesen sei. Er habe wie beim ersten Vorfall die Datenträger fotografiert und festgestellt, dass es sich um dieselben wie beim Fund zwei Jahre zuvor gehandelt habe, außer, dass einige gefehlt hätten.
Diesmal habe er zwei Festplatten herausgegriffen, mit in die Wohnung genommen und gemeinsam mit seinem Nachbarn als Zeugen an seinen PC angeschlossen. Er habe nun wissen wollen, ob sie wirklich sicherheitsgelöscht seien. Keine sei verschlüsselt oder gelöscht gewesen. Auf einer Platte fand er seinen Angaben zufolge eine Verzeichnisstruktur, deren Ordner „Personalwesen, Bescheide, Bauverwaltung oder Standesamt“ hießen. Außerdem habe er Protokolle von nicht öffentlichen Gemeinderatssitzungen von 1992 bis 2015 gesehen. Er habe Screenshots von der Verzeichnisstruktur gefertigt, keine Daten gespeichert, die Platte wieder abgezogen und in die Kiste zurückgelegt. Die andere habe er behalten, die Polizei über den Fund und sein Vorgehen informiert und die Platte „zur Beweissicherung“ dort abgegeben.
Müller ging seinen Worten zufolge und wohl mit einiger Berechtigung davon aus, dass das Band mit der Aufschrift „EWO“ hoch vertrauliche Daten des Einwohnermeldeamtes enthält. Deshalb habe er „umgehend eine Gemeindemitarbeiterin, die in der Nachbarschaft wohnt und einen ‚Dienstschlüssel‘ besitzt, aufgefordert, den Kellerraum unverzüglich abzuschließen“. Dies geschah dann auch.
Zwischenablage, abseits des Fundorts: Ein Bauarbeiter könnte sich bereits am Datenträgerfundus der Gemeinde bedient haben.(Bild: Paul Müller)
Anschließend habe er die Gemeinde mangels Vertrauen nicht mehr informiert, sondern die Geschehnisse direkt der zuständigen Datenschutz-Aufsichtsbehörde gemeldet. In Bayern ist die Datenschutzaufsicht zweigeteilt: Für den nicht-öffentlichen Bereich, also die Unternehmen, zeichnet das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) in Ansbach verantwortlich. Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz (BayLfD) sitzt in München und beaufsichtigt öffentliche Stellen, also etwa Behörden und Gemeinden. Genau dorthin versandte Müller seine Meldung. Außerdem informierte er c’t über die Vorfälle.
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Vororttermin geplant
Wir haben beim BayLfD angefragt, ob die Behörde in der Sache ein Verfahren eingeleitet hat. Man behandele die Frage, „ob und mit welchem Inhalt ihm Beschwerden oder Kontrollanregungen vorliegen und Verfahren durchgeführt werden, grundsätzlich vertraulich“, teilte uns Regierungsdirektor Patrick Veigel vom BayLfD am 8. Dezember mit. Er könne daher „lediglich allgemein bestätigen, dass in der KW 50 eine Vor-Ort-Prüfung bei der Gemeinde Kipfenberg durchgeführt wird“.
Dies hatte uns indirekt zuvor bereits Silvia Obermeier, Geschäftsleiterin der Gemeinde Markt Kipfenberg, bestätigt. Es sei ein Vororttermin geplant, teilte sie uns Ende November mit. Unsere Fragen zu den Vorfällen beantwortete Obermeier so: Man werde „bis zur Klärung mit dem Landesdatenschutzbeauftragen keine Angaben hierzu machen können. Danach sind wir gerne bereit, eine Stellungnahme abzugeben“. Die Gemeinde nehme „die Angelegenheit sehr ernst“ und unternehme alles, damit so etwas nicht mehr vorkommt. Und: „Die Datenträger sind sicher verwahrt, sodass Folgeschäden ausgeschlossen sind.“
Eigentlich wollten wir von der Gemeinde wissen, wer Zugriff auf die mutmaßlich teils sensiblen Daten von Einwohnern und Mitarbeitern gehabt haben könnte. Außerdem interessierte uns, wieso die Datenträger laut Hausbewohner Müller nach zwei Jahren erneut in einem ungesicherten Raum aufbewahrt wurden, und was dazwischen alles damit geschah. Immerhin scheint es zumindest möglich, dass Daten in fremde Hände gelangten.
Google bietet uns seine Dienste kostenlos an und lässt uns unbemerkt mit unseren Daten zahlen. Wer bei Metas Social-Media-Portalen Reichweite bekommt und wer untergeht, bestimmen undurchsichtige Empfehlungssysteme. Tech-Konzerne wenden Unsummen dafür auf, gesetzliche Regulierung in ihrem Sinne mit Lobbyarbeit zu beeinflussen.
Doch es gibt Alternativen zu den großen monopolistischen Strukturen – für den privaten Chat unter Freund:innen, die Datenspeicherung auf Arbeit oder auch für die Infrastruktur unseres Staates. Wir machen diese Lösungen sichtbar und geben auch denen eine Stimme, die keine millionenschweren Lobbyabteilungen hinter sich haben.
Datenschutzkonferenz kritisiert Pläne der EU-Kommission
Eine große Zahl von Vereinen und Politiker:innen hat das geplante Digitalpaket der EU-Kommission bereits scharf kritisiert. Nun meldet sich auch die Konferenz der Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) zu Wort – und reiht sich in die Liste der Kritiker:innen des sogenannten „Digitalen Omnibus“ ein. Vergangene Woche hatte die Konferenz in Berlin die geplanten Änderungen an mehreren EU-Digitalgesetzen diskutiert und zwei eigene Reformvorschläge gemacht.
Die Berliner Datenschutzbeauftragte und amtierende DSK-Vorsitzende Meike Kamp bezeichnet die Änderungsvorschläge als „an vielen Stellen nicht bis zu Ende gedacht“. Mit dem Sammelgesetz drohten neue Unklarheiten im Datenschutzrecht. Einfache Änderungen, die kleine und mittlere Unternehmen tatsächlich entlasten würden, lasse die Kommission liegen, so der Vorwurf. „Das selbst gesetzte Ziel des Bürokratieabbaus erfüllt die EU-Kommission damit nicht“, so Kamp weiter.
Anders als von der Kommission dargestellt, handelt es sich nach Ansicht der DSK bei den Vorschlägen nicht nur um kleinere oder technische Anpassungen. Die Änderung der Definition von personenbezogenen Daten gehe beispielsweise an das Fundament der DSGVO.
„Unangemessener“ Zeitdruck
Entsprechend kritisch sehen die Behörden das gewählte Omnibusverfahren, das auf schnelle Gesetzesänderungen abzielt. Der Zeitdruck sei „unangemessen“, warnen sie. Reformen dieser Tragweite müssten sorgfältig durchdacht und auch mit den Aufsichtsbehörden abgestimmt werden.
Die DSK bringt daher eigene Reformideen als Alternative zu den Kommissionsplänen ein, so etwa zu Datenschutz und sogenannter KI (PDF). Mit Blick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten brauche es spezifische Rechtsgrundlagen für Entwicklung, Training und Betrieb von KI-Modellen und KI-Systemen. Diese sollen einerseits zeigen, unter welchen Voraussetzungen die Daten verarbeitet werden dürfen, und andererseits, was klar verboten ist.
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Außerdem fordert die DSK die Europäische Union dazu auf, die Betroffenenrechte beim KI-Einsatz in der DSGVO verankern. Das heißt konkret: Die betroffenen Personen müssen darüber informiert werden, wenn ihre personenbezogenen Daten in einem KI-System verarbeitet werden. Außerdem sollen sie Auskunft darüber erhalten können, ob und wie ein KI-System ihre Daten verarbeitet. Hier gebe es bislang eine Regelungslücke.
Gleichzeitig betont die DSK, dass es in der Praxis Schwierigkeiten bei der Verwirklichung von Betroffenenrechten gebe. Für Fälle, in denen die Rechte nur mit „unverhältnismäßigem Aufwand“ umgesetzt werden können, brauche es daher alternative, gleichwertige Schutzmechanismen.
Mehr Verantwortung für Hersteller und Anbieter
Zudem will die DSK die Hersteller und Anbieter von IT-Produkten und -Diensten stärker in die datenschutzrechtliche Verantwortung nehmen (PDF). Diese sollen künftig darauf achten, dass der Datenschutz bereits bei der Gestaltung ihrer Produkte berücksichtigt wird. Aktuell liegt die rechtliche Verantwortung allein bei denjenigen, die die Produkte nutzen. Kamp zufolge seien insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oft nicht dazu in der Lage, gegenüber großen Herstellern datenschutzkonforme Prozesse durchzusetzen. Eine Haftung der Hersteller würde sie entlasten.
Damit unterstützt die DSK nach eigenen Aussagen ein Ziel des Bundeskanzlers und der Regierungschefs der Länder aus der föderalen Modernisierungsagenda. Doch die Idee der Herstellerhaftung ist nicht neu. Bereits in ihrer ersten Evaluation der DSGVO vor sechs Jahren hatte die DSK einen solchen Vorschlag gemacht (PDF).
In den kommenden Wochen will die Datenschutzkonferenz den Vorschlag der Kommission weiter im Detail analysieren und eine ausführlichere Stellungnahme abgeben, kündigt Kamp an. Dazu werde sie mit anderen europäischen Datenschutzbehörden zusammenarbeiten.