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Kein Mikroplastik mehr: Pflanzenbasierter Kunststoff zersetzt sich im Meer


Ein Wissenschaftsteam des japanischen RIKEN Center for Emergent Matter Science (CEMS) hat einen auf pflanzlicher Zellulose basierenden Kunststoff entwickelt, der sich in salzhaltigem Meerwasser zersetzt, ohne dass Mikroplastik zurückbleibt. Bei globaler Anwendung könnte das eine Option sein, die stark zunehmende Meeresverschmutzung durch Mikroplastik zu reduzieren.

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Mikroplastik ist für Menschen und Umwelt gefährlich. Es kommt im Boden, Meer, in Tieren und Pflanzen vor. Auch der Mensch kann die kleinen, oft um die ein Mikrometer großen Kunststoffpartikel aufnehmen. Sie können sich im Gewebe festsetzen und in den Blutkreislauf gelangen, sich im Herzen, Atemwegen und Nieren ablagern. Dies kann schädliche Auswirkungen haben. Das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes bis hin zum Tod erhöht sich, heißt es in verschiedenen Studien, wie das Ärzteblatt schreibt.

Der von dem japanischen Forschungsteam entwickelte supramolekulare Kunststoff besteht aus zwei Polymeren, die durch reversible Wechselwirkungen zusammengehalten werden, schreiben die Forscher in der Studie „Supramolecular Ionic Polymerization: Cellulose-Based Supramolecular Plastics with Broadly Tunable Mechanical Properties“, die im Journal of the American Chemical Society erschienen ist.

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Das Video zeigt, wie sich eine Kunststofftüte unter Salzwassereinfluss zersetzt.

Eines der beiden Polymere besteht aus einem biologisch abbaubaren Holzzellulosederivat mit der Bezeichnung Carboxymethylcellulose (CMC), das bereits handelsüblich erhältlich ist. Das Zweite dazu kompatible Polymer mussten die Forscher in mehreren Versuchen erst noch finden. Sie fanden es in einem Versetzungsmittel aus positiv geladenen Polyethylenimin-Guanidinium-Ionen. Zur Herstellung des Kunststoffs mischten sie die Zellulose und die Guanidinium-Ionen bei Zimmertemperatur in Wasser. Die negativ und positiv geladenen Ionen zogen sich dabei stark an und bildeten einen festen Kunststoff.

Unter Einfluss von Salzwasser brechen die Salzbrücken auf und der Kunststoff zersetzt sich. Um den unbeabsichtigten Zerfall zu verhindern, kann der Kunststoff mit einer dünnen Schutzschicht überzogen werden, die temporär wirkt.

Der transparente und extrem harte Kunststoff wies zunächst aber ein Problem auf: Aufgrund des Zelluloseanteils war er spröde und zerbrach ähnlich wie Glas. Die Wissenschaftler nutzten das Salz Cholinchlorid – einen von der FDA zugelassenen, biologisch abbaubaren Nährstoff – als Weichmacher, um das zu verhindern. Je nach zugegebener Menge kann der Kunststoff mit der gewünschten Elastizität hergestellt werden. Die Forscher erreichten durch die Zugabe des Salzes eine Ausdehnung des Kunststoffs um bis zu 130 Prozent der ursprünglichen Größe. Außerdem kann der Kunststoff zu einer Folie mit einer Dicke von bis zu 0,07 mm hergestellt werden.

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Die Wissenschaftler sagen, dass der von ihnen entwickelte, in Salzwasser biologisch abbaubare Kunststoff genauso stabil ist wie Kunststoffe auf Erdölbasis. Seine mechanischen Eigenschaften können je nach Einsatzgebiet des Kunststoffs angepasst werden. Die Zersetzbarkeit werde dadurch nicht beeinträchtigt.

Die Forscher hoffen, dass ihr Kunststoff nun vom Labor in die Industrie weltweit gelangt. Die Forscher demonstrierten bereits die Herstellung flexibler Plastiktüten aus dem Material, die sich in Meerwasser vollständig auflösen und mit Elektrolyten im Kreislauf recycelt werden können – ein möglicher Weg, die Verschmutzung der Meere zu reduzieren.


(olb)



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iX-Workshop: Der schnelle Weg zum zertifizierten Softwarearchitekten (CPSA-F)


Moderne, zukunftssichere Software entwickeln: Im viertägigen iX-Workshop Softwarearchitektur: iSAQB CPSA Foundation Level mit iSAQB-Zertifizierung lernen Sie, wie Sie Softwarearchitekturen entwerfen, die diesen Anforderungen gerecht werden.

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Diese vom International Software Architecture Qualification Board (iSAQB) lizenzierte Schulung bietet eine umfassende Einführung in die Welt der Softwarearchitektur. Der Workshop beleuchtet alle wichtigen Methoden, Techniken und Werkzeuge, die Sie für den Entwurf und die Implementierung benötigen. In praktischen Übungen wenden Sie das Gelernte direkt an und können am Ende der Schulung eine international anerkannte Zertifizierung ablegen.

Der Workshop findet online statt und richtet sich vor allem an Softwarearchitekten und -entwickler. Er dient als offizielle Vorbereitung auf die Prüfung zum „Certified Professional for Software Architecture – Foundation Level“ (CPSA-F), die im Anschluss abgelegt werden kann.

Der Trainer Mirco Schindler ist ein erfahrener Softwarearchitekt mit umfassender Erfahrung in Organisations-, Struktur- und Softwareentwicklung. Er unterstützt Unternehmen branchenübergreifend bei ihrer strategischen Digitalisierung und setzt dabei auf eine enge Verbindung von fachlicher Tiefe und praxisnaher Umsetzung.


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(ilk)



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Google in Grün? So greift Ecosia mit KI-Suche und neuem Suchindex an


Klar ist es allen Internetnutzern schon lange, 2024 wird es offiziell: Google hat ein illegales Monopol im Bereich der Internetsuche. Das bestätigte der US-Bezirksrichter Amit Mehta im August des vergangenen Jahres. Anfang Dezember 2025 hat Mehta weitere Details zu den kartellrechtlichen Abhilfemaßnahmen bekanntgegeben, wie CNBC berichtet. An die muss sich Google, das Berufung gegen das Urteil einlegen will, zwingend halten. Ein Blick auf den Marktanteil des Tech-Konzerns unterstreicht, dass sich dessen Monopol ohne diese Maßnahmen nicht von sich aus brechen lässt.

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Statcounter-Daten zeigen, dass seit mindestens 2009 rund 90 Prozent der weltweit getrackten Seitenbesuche über einen Suchmaschinenlink von Google kommen. Kein anderer Anbieter kommt über fünf Prozent, im November 2025 ist Bing dieser magischen Grenze mit rund vier Prozent noch am nächsten. Fokussiert man sich auf den deutschen Markt, taucht bei den Top-Suchmaschinen ein international eher unbekannter Name auf: Ecosia.

Die deutsche Firma gibt es seit 2009, sie ist primär für ihren Ansatz bekannt, ihren Gewinn in Aufforstungsprojekte auf der ganzen Welt zu stecken. 2025 rüstet die Firma auf: Erst geht ein lange geplanter, eigener Suchindex ans Netz, jetzt brüstet sich Ecosia mit dem Einsatz der ⁣„grünsten KI der Welt“. Das klingt nach großen Ambitionen. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass die Firma diese langfristig umsetzen kann? Und kann ihre „grüne KI“ wirklich so nachhaltig mitwachsen?

Wie bei vielen Start-ups ist die Geschichte von Ecosia eng mit seinem Gründer verknüpft. Allerdings stammt Christian Kroll nicht aus einer Region, die mit technologischem Fortschritt in Verbindung gebracht wird, sondern aus Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Er studiert an der Nürnberger Friedrich-Alexander-Universität Betriebswirtschaftslehre und macht nach seinem Abschluss 2007 eine Weltreise, die ihn unter anderem auch nach Nepal führt. Dort startet er, wie er dem Portal Wir sind der Osten gegenüber erklärt, eine Suchmaschine, deren Einnahmen an lokale Nichtregierungsorganisationen gehen sollen. Das Projekt scheitert, die Idee bleibt.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland startet Kroll in Berlin mit seiner Schwester Jana mit Ecosia einen neuen Anlauf. Auch hier geht es wieder um eine Suchmaschine. Deren Einnahmen sollen diesmal in weltweite Aufforstungsprojekte fließen. 2010 folgt der Eintrag ins Handelsregister, damals noch in Wittenberg, 2015 zieht die Firma auch auf dem Papier in die Bundeshauptstadt. Zu Beginn hält sich die Profitabilität der Firma in Grenzen. Laut Jahresabschluss für das Jahr 2010 liegt der Gewinn im Gründungsjahr bei 15.000 Euro. Große Sprünge lassen sich damit nicht machen.

Zehn Jahre später sieht das schon deutlich anders aus. Trotz überschaubarem Marktanteil macht die Firma 2020 aus etwa 23 Millionen Euro Umsatz rund sechs Millionen Euro Gewinn. Der geht gemäß Satzung zu 80 Prozent an Baumpflanzprojekte. 20 Prozent fließen in andere umweltverträgliche Projekte wie ökologische Landwirtschaft oder erneuerbare Energien. Aber nicht nur finanziell befindet sich Ecosia zwischen 2010 und 2020 im Umbruch. Die US-Nichtregierungsorganisation B Lab, die sozial und ökologisch besonders nachhaltige Unternehmen als sogenannte B Corp zertifiziert, verpasst Ecosia 2014 den entsprechenden Stempel. 2018 überträgt Kroll 99,9 Prozent seiner Firma an die in Hamburg ansässige Purpose Stiftung, die Unternehmen treuhänderisch verwaltet und damit einen Verkauf unmöglich macht. Und auch heute setzt sich Kroll für eine neue Rechtsform ein, die die Ausschüttung von Gewinnen an Gesellschafter verbieten soll.

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Trotz Wachstum bleibt sich Ecosia also treu und leitet sämtliche Gewinne in Umweltschutz- und Klimaprojekte um. Dafür beteiligt sich das Berliner Startup auch an anderen Firmen und hält zum Beispiel seit 2021 zwei Prozent der Anteile an der Frohburger Agrar, die sich der Öko-Landwirtschaft verschreibt. 2018 baut die Firma mit ihren Überschüssen erste eigene kleine Solaranlagen. Mit dem Solarpark Rottenbach betreibt Ecosia zusammen mit der Naturstrom AG mittlerweile eine Anlage, die erst im November um weitere fünf Megawatt erweitert wird.

Seinen Umsatz macht die Firma laut eigenen Angaben ausschließlich mit Suchmaschinenwerbung. Hierfür braucht es trotz aller Unabhängigkeit aber auch die Unterstützung von Big Tech. Denn seine Ergebnisse bekommt Ecosia auch heute noch hauptsächlich über die Suchindizes von Microsofts Bing und des Monopolisten Google. Die Anzeigen werden über Google Adsense und das Microsoft Advertising Network eingespielt. Ohne US-Firmen würde die Ergebnisliste also derzeit deutlich dürftiger ausfallen.

Auch die Hauptmotivation von Ecosia, nämlich die Aufforstung zur Abmilderung der Auswirkungen des Klimawandels, steht allgemein gesehen von unterschiedlichen Seiten in der Kritik. Apples Bewaldungsprojekte in Brasilien werden beispielsweise von Experten als Greenwashing bezeichnet. Eine aktuelle Studie aus dem Journal of Environmental Management von Forschern der Coventry University und der südafrikanischen Stellenbosch University kommt außerdem zu dem Schluss, dass es bei 16 exemplarisch untersuchten Aufforstungsprojekten in Äthiopien deutliche Mängel gibt. Nur ein Bruchteil der Vorhaben hält sich zum Beispiel komplett an die sogenannten goldenen Regeln der Aufforstung. Lediglich jeweils zwei haben ihre bis zum Stichtag gesetzten Umwelt- und sozioökonomischen Ziele erreicht. Auch Ecosia ist über Partner an Aufforstungsprojekten in Äthiopien beteiligt, überprüft diese laut Firmenaussage aber auch selbst. Immerhin: Die Kombination aus Solarenergie und Baumpflanzprojekten soll Ecosia zu einem mindestens emissionsneutralen, mutmaßlich sogar emissionsnegativen Unternehmen machen.

Zumindest in einem Bereich will Ecosia seine Abhängigkeit von Partnern außerhalb der EU in Zukunft allerdings drastisch reduzieren. Zusammen mit der französischen Suchmaschine Qwant kündigt die Berliner Firma unter dem Namen European Search Perspective (EUSP) im November 2024 eine neue Initiative an. Die soll erstmals einen groß angelegten europäischen Suchindex entwickeln, der nicht von den Algorithmen von US-Anbietern abhängig ist. Ein wichtiger Unterschied, den Qwant in der Ankündigung betont: Die EUSP ist zwar ein Joint Venture beider Firmen, fällt aber nicht unter den Verantwortungseigentum-Schirm von Ecosia. Damit können sich auch externe Investoren an dem Projekt beteiligen.

Die Zusammenarbeit der beiden Suchmaschinenbetreiber, die auf dem Papier konkurrierende Produkte anbieten, ergibt vor dem Hintergrund der digitalen Souveränität Sinn. Denn anders als Vorhaben von deutschen Firmen wie der Telekom oder SAP, die sich für die Technologie doch wieder US-Konzerne mit an Bord holen, oder deutsche Dependancen von Big Tech, deren Daten im Zweifel trotz EU-Speicherung von den USA eingesehen werden können, stärken Ecosia und Qwant explizit den europäischen Markt.

Seit August 2025 laufen die ersten Ergebnisse des EUSP in die Suchen von Ecosia und Qwant ein. Wie Techcrunch berichtet, sollen bis Ende 2025 etwa die Hälfte der französischen und rund ein Drittel der deutschen Anfragen aus dem EUSP stammen. In einem kurzen Praxistest zeigt sich allerdings, dass auch bei Anfragen in deutscher Sprache die überwältigende Mehrheit der Suchergebnisse immer noch auf den Indizes von Google und Bing basiert. Und das hat einen einfachen Grund.

Denn Stand jetzt fokussiert sich das erste kommerzielle Produkt von EUSP auf generative KI. Unter dem Namen Staan bietet die Gemeinschaftsunternehmung von Ecosia und Qwant eine Suchschnittstelle an, die explizit auf die Nutzung durch KI-Chatbots ausgerichtet ist. Damit können die Ergebnisse der in KI-Tools ausgeführten Websuchen aus einem eigenen, europäischen Index gezogen werden. Das könnte besonders für europäische Unternehmen wie Mistral interessant sein. Kostenpunkt für Chatbot-Betreiber: ein Euro für 1.000 Anfragen. Die Schnittstelle ist momentan nur auf Französisch verfügbar, Deutsch und Englisch sollen bald folgen.

Auch Ecosia selbst hat Anfang Dezember neue KI-Produkte an den Start gebracht. Analog zu den Google-Angeboten gibt es jetzt auch KI-Übersichten, die oberhalb der Suchergebnisse erscheinen. Außerdem hat die Firma einen in den Suchprozess integrierten KI-Chatbot veröffentlicht. Wie Utopia berichtet, kommen diese Neuerungen in den sozialen Medien nur mäßig gut an. Denn KI gilt durch ihren Ressourcenverbrauch immer noch als Klimakiller.

Ecosia selbst rechtfertigt den Einsatz durch die Einschränkung der verwendeten Sprachmodelle. So laufen die Anfragen an die Ecosia-KI über das OpenAI-Modell GPT-4.1 mini. Das kommt ohne Reasoning-Fähigkeiten aus, verbraucht also deutlich weniger Strom pro Anfrage als größere Modelle. Hinsichtlich digitaler Souveränität und Datenschutz ist die Einbindung der US-KI-Firma allerdings ein Rückschritt. Und das, obwohl es in Europa auch Alternativen gäbe. Wenn man die Schätzungen des Open-Source-Tools Ecologits, auf das sich auch Ecosia selbst bezieht, für bare Münze nehmen will, wäre der Einsatz von Mistral je nach Modell sogar weniger ressourcenintensiv.

Auch wenn die Abhängigkeit von US-Anbietern mit der Einführung von KI-Funktionen wieder größer wird, bleibt die deutsche Firma am Ende einem ihrer wichtigsten Grundversprechen treu. Denn der Energiebedarf sämtlicher Bausteine von Ecosia soll auch mit KI komplett durch erneuerbare Energien gedeckt sein. Das wirkt angesichts der Expansion der eigenen Solarparks glaubhaft. Die Frage ist nur, ob das so bleibt.

Denn Stand jetzt hat Ecosia eigenen Angaben zufolge etwa 20 Millionen Nutzer. Die generieren selbst bei intensiver Suchmaschinennutzung einen überschaubaren Energie- und Emissionsfußabdruck. Aber die Zeichen stehen nicht zuletzt durch die Kommerzialisierung des EUSP auf Expansion. Und sofern OpenAI den Zugang zu älteren Modellen über seine API abschaltet, muss die Berliner Firma potenziell auf teurere oder umweltschädlichere Modelle zurückgreifen. Zumindest dann, wenn es bei dem US-Anbieter bleiben möchte.

Dass ein vergleichsweise kleines Produkt ohne das exponentielle Wachstum, wie man es aus der US-Tech-Szene kennt, nachhaltig bleiben kann, ist nachvollziehbar. Die Frage ist, wie sehr Ecosia in Zukunft wachsen darf, damit das so bleibt. Gerade dann, wenn KI ein wichtiger Baustein bleiben soll.

Dieser Beitrag ist zuerst auf t3n.de erschienen.


(jle)



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KI-Kompetenz: Schulungen perfekt zur Compliance – aber sonst genügen sie nicht


Auf dem jüngsten EMEA-Symposium von Gartner nahm das Thema KI-Kompetenz und die damit einhergehenden Möglichkeiten und Verantwortungen einen breiten Raum ein. Hintergrund war, dass seit dem 2. Februar 2025 Anbieter und Betreiber von KI-Systemen verpflichtet sind, bei allen Personen, die mit der Entwicklung oder dem Betrieb von KI-Systemen befasst sind, eine ausreichende KI-Kompetenz sicherzustellen. Das ist nicht nur eine neue Weiterbildungsmaßnahme, sondern ein Meilenstein in der KI-Nutzung, denn damit ist KI offiziell nicht mehr Tummelplatz für Innovation-Labs und Pilotprojekte, sondern als Teil des regulären Arbeitsablaufs akzeptiert.

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Dabei steckt die allgemeine KI-Nutzung noch in den Kinderschuhen. Laut dem aktuellen Work Relationship Index von HP nutzen in Deutschland nur 23 Prozent der Beschäftigten KI, bloß 14 Prozent halten sich für kompetent im Umgang mit KI. Diese Schere zwischen Nutzung und Kompetenz ist einerseits der Grund für die gesetzlichen Auflagen, andererseits bedeutet das auch erhebliche Business-Probleme, denn eine Technik, die falsch oder unzureichend genutzt wird, ist praktisch bedeutungslos.

So sehen das auch die Gartner-Analysten. Deren kompakte Einordnung: „KI wird im Allgemeinen schlecht genutzt, weil sie von den Mitarbeitern nicht akzeptiert, nicht verstanden oder nicht sinnvoll in die Arbeit integriert wird“. Damit widerspricht Gartner der weitverbreiteten Management-These: „Wenn der Use-Case gut genug ist, kommt die Nutzung von allein.“ Gartner nennt das einen Mythos, und präsentierte dazu viele Umfragedaten, um ihn zu beerdigen. So sagen 87 Prozent der CIOs explizit, dass sich die KI-Nutzung nicht „von selbst“ einstellt. Analystin Jamie Kohn gab hierzu ein besonders anschauliches Beispiel aus dem Bereich Recruiting: 39 Prozent der Bewerber würden bereits KI für Lebensläufe oder Anschreiben verwenden. Gleichzeitig aber vertrauen nur 26 Prozent darauf, dass die Arbeitgeber KI fair zur Bewertung von Bewerbungen einsetzen. Damit entsteht ein paradoxer Wettlauf: Die Bewerber automatisieren zunehmend ihre Unterlagen, während die Unternehmen ihre Auswahl immer häufiger mit KI automatisieren. Doch beide Seiten misstrauen dem Ergebnis.

Um die KI beherrschbar zu machen, gelten Schulungen als solide Lösung. Zwar bestätigt Gartner die Notwendigkeit von Schulungen, aber das allein reiche nicht aus. „Wir sehen vielfach eine Art ‚Zwei-Wochen-Syndrom‘, das heißt, neue Tools werden kurz ausprobiert und dann kehrt man wieder zum Alltagstrott zurück“, sagt Analystin Alicia Mullery. Dabei verweist sie auf die Ebbinghaus-Kurve, also der Lernverfall bei nicht ausreichender Nutzung des Erlernten. Danach gehen ohne Wiederholungen 70 Prozent der neu erlernten Fähigkeiten innerhalb eines Tages und 90 Prozent innerhalb einer Woche verloren. Nötig seien stattdessen differenziere Schulungen nach Anwendungsgruppen: Skeptiker brauchen andere Formate als Power-User oder Führungskräfte. Und die Lernerfolge müssen mit messbaren Leistungskennzahlen gekoppelt sein. Für Führungskräfte darf es keine Abkürzungen geben, denn laut Gartner glauben nur 8 Prozent der HR-Verantwortlichen, dass ihre Manager über die nötigen Skills für einen effektiven KI-Einsatz verfügen. Das heißt: Die Analysten sehen durchaus die Notwenigkeit von KI-Schulung – aber nur, wenn sie differenziert erfolgt und an messbare Ergebnisse gekoppelt ist.

Für Gartner ist ein anderer Faktor jedoch wesentlich wichtiger: KI verändert die Arbeitswelt. Wer nur schult, ohne die Arbeit neu zu organisieren, trainiert seine Mitarbeiter für Jobs, die es so bald nicht mehr geben wird. Analyst Daryl Plummer formuliert das ungewöhnlich klar: „Die Geschäftsbereiche, die ihre Arbeitsprozesse grundlegend transformieren, statt KI nur einzuführen, übertreffen ihre Umsatzziele doppelt so häufig“. Damit verschieben sich auch die Zuständigkeiten. KI-Kompetenz ist kein reines IT-Thema mehr – aber auch kein HR-Thema. Sie liegt laut Gartner genau dazwischen, und das sei ein weiteres Problem, denn dadurch wird die Verantwortung gerne hin- und hergeschoben. Die Folge ist ein „accidental ownership“: Der CIO wird dabei unfreiwillig verantwortlich für die Akzeptanz, Produktivität und Kultur. Gartner plädiert hier für eine sich ergänzende Governance zwischen IT, HR und den Fachbereich-Managern.

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Das umzusetzen, sei ein schwieriger Prozess, doch die Anstrengungen lohnen sich, denn die Vorteile einer solchen Vorgehensweise seien immens: „Mitarbeiter, die KI täglich nutzen, sind mindestens 1,5-mal produktiver als andere“, sagt Analyst Harsh Kundulli. Wobei der entscheidende Unterschied nicht in der Technik liegt, sondern in der Arbeitsorganisation. „Unternehmen mit einem echtem Arbeitsumbau erreichen ihre Umsatzziele doppelt so häufig wie andere“, fasst Kundulli die Ausführungen zusammen.

Drei Erkenntnisse ergeben sich aus den Gartner-Präsentationen:

  1. KI-Kompetenz ist kein Lernziel, sondern ein Betriebszustand. Wer sie „abschließt“, hat bereits verloren.
  2. Schulung ohne Arbeitsumbau ist teurer Stillstand. Das mag zwar Compliance-konform sein, macht aber nicht wettbewerbsfähig.
  3. Ohne eine gemeinsame Verantwortung von IT, HR und Business wird KI zur Dauerdiskussion, denn eine gute Technik ist nur die eine Seite der Medaille. Mitarbeiter und Manager sind die anderen – und die können alles blockieren.

Anders gesagt: KI scheitert heute selten am Modell oder der Rechenleistung. Meistens scheitert sie an der Organisation und den betroffenen Menschen, die sich der neuen Technik verweigern.

Den Ausblick von Gartner auf den KI-Einsatz bis 2030 finden Interessierte hier. Die Analysten haben außerdem einen genaueren Blick auf die Rolle der Führungskräfte und die sich verändernde Arbeit in Unternehmen geworfen.


(fo)



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