UX/UI & Webdesign
Barrierefreie PDFs mit Word erstellen
Barrierefreie PDFs erfordern eine saubere Struktur, korrekte Lesereihenfolge und vollständige Tags. PDF/UA legt dafür die technischen Anforderungen fest. In der Umsetzung mit Microsoft Word treten jedoch Probleme auf, die gezielt geprüft und nachgebessert werden müssen.
In Deutschland regeln die BITV 2.0 und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) die Anforderungen an digitale Barrierefreiheit. Die BITV 2.0 verpflichtet insbesondere öffentliche Stellen zur barrierefreien Gestaltung digitaler Inhalte auf Grundlage der EU-Richtlinie 2016/2102. Das BFSG überträgt vergleichbare Anforderungen auch auf bestimmte private Wirtschaftsakteure und basiert auf der EU-Richtlinie 2019/882.
Für Formulare, Informationsblätter oder Antragsunterlagen im PDF-Format heißt das konkret: Sie müssen so strukturiert und gestaltet sein, dass assistive Technologien wie Screenreader Inhalte zuverlässig interpretieren können. Dieses Vorgehen ähnelt stark der Arbeit mit HTML. Der PDF/UA-2-Standard – genauer gesagt ISO 14289 – definiert, wie das technisch aussehen muss. Entscheidend sind dabei beispielsweise: eine saubere Struktur, die richtige Lesereihenfolge, Alternativtexte für Bilder und korrekt ausgezeichnete Tabellen und Links.
Barrierefreie PDFs mit Word
Im Office-Bereich ist Word weit verbreitet und deshalb oft die erste Wahl für die Erstellung barrierefreier Dokumente. Die Bedienung ist vertraut, und grundlegende Anforderungen wie Formatvorlagen, Alternativtexte oder Spracheinstellungen lassen sich direkt im Editor umsetzen. Der Export als getaggtes PDF ist möglich, bleibt jedoch eingeschränkt: komplexe Layouts, verschachtelte Strukturen oder eine saubere semantische Navigation lassen sich nur bedingt abbilden. Eine vollständig PDF/UA-konforme Datei erzeugt Word alleine nicht.
Ergänzt wird Word daher um weitere Tools wie Acrobat Pro, den PAC-Checker oder ähnliche Drittanbieter-Tools.
Dokumente in Word vorbereiten
Ein großer Teil der technischen Anforderungen lässt sich bereits während der Texterstellung umsetzen – vorausgesetzt, das Dokument ist sauber strukturiert. Formatvorlagen, Spracheinstellungen und Bildbeschreibungen legen den Grundstein für ein barrierefreies Dokument.
Folgende Punkte sind für die Erstellung barrierefreier PDFs in Word relevant:
Meta-Daten des Dokuments definieren
Allgemeine Meta-Daten wie Titel und Autor sollten direkt zu Beginn über die Dokumenteigenschaften integriert werden. Diese Informationen erscheinen in der Dokumentvorschau und werden auch von assistiven Tools genutzt. Wichtig ist hierbei: Mit »Titel« ist weder die Bezeichnung des Dokuments, noch der gesetzte Titel im Dokument selbst gemeint. Der Dokumenttitel lässt sich ausschließlich innerhalb der Eigenschaften einsetzen und wird nicht automatisch übernommen.
Sprache für Textinhalte festlegen
Damit Screenreader den Text korrekt ausgeben können, muss die verwendete Sprache definiert sein. In Word erfolgt das über die Spracheinstellungen. Bei mehrsprachigen Dokumenten sollten die entsprechenden Abschnitte gezielt ausgezeichnet werden. Ohne diese Angaben wird der Text möglicherweise falsch interpretiert.
Formatvorlagen für Textinhalte verwenden
Überschriften, Listen und Fließtext müssen über die integrierten Formatvorlagen erstellt werden. Nur wenn Word anhand der Formatvorlagen die Funktion eines Elements erkennt, wird beim Export auch der passende Tag dazu erzeugt. Die Formatvorlagen lassen sich gestalterisch anpassen, behalten dabei aber stets ihre semantische Bedeutung.
Farbkontraste und Schriftgrößen beachten
Farbkontraste und Schriftgrößen müssen so gewählt sein, dass Inhalte auch bei Sehbeeinträchtigung lesbar bleiben. WCAG-konforme Kontraste und ausreichend große Schrift sorgen dabei für eine bessere Wahrnehmbarkeit, unabhängig des Augabegerätes. Farbkontraste müssen mindestens AA-Level erreichen, um barrierefrei dargestellt zu werden. Zum Überprüfen von Farbkontrasten gibt es online unzählige Tools – für Word gibt es zum aktuellen Zeitpunkt leider keine vollständig integrierten und kostenlosen Add-ins, die Farbkontraste überprüfen können.
Inhaltsverzeichnis automatisch erstellen
Ein automatisch erzeugtes Inhaltsverzeichnis verbessert die Orientierung. Voraussetzung für eine barrierefreie Integration ist auch in diesem Fall die korrekte Nutzung von Formatvorlagen. Das Inhaltsverzeichnis wird dadurch beim Export automatisch mit
getagged.
Absätze korrekt gestalten
Visuelle Abstände sollten nicht über mehrere Leerzeilen, mit der Enter-Taste erzeugt werden. Diese werden beim PDF-Export häufig falsch getagged oder als separate Absätze interpretiert – das kann die Lesereihenfolge stören und führt bei Screenreadern bei der Interpretation des Inhalts zu Problemen.
Bilder mit Alternativtexten versehen
Grafiken und Bilder benötigen eine textliche Beschreibung, die den Inhalt oder die Funktion eindeutig erklärt. Dabei ist zu beachten: Bei den Alternativtexten handelt es sich nicht um die Bildunterschrift. Diese muss seperat hinzugefügt werden. In Word lässt sich der Alt-Text über das Kontextmenü einfügen. Alternativ kann ein Bild oder visuelles Element als »dekorativ« markiert werden, wenn es keinen relevanten Informationswert enthält, der ausgelesen werden muss.
Tabellen strukturiert anlegen
Um Tabellen in einer nachvollziehbaren Struktur zu erstellen, helfen ebenfalls die integrierten Formatvorlagen der Tabellen. Wichtig ist in jedem Fall, dass die erste Zeile in den Tabelleneigenschaften als Kopfzeile definiert wird. Sie wird beim Export als
Für barrierefreie Tabellen in Word- oder PDF-Dokumenten sind Alternativtexte und Titel nicht zwingend erforderlich, können jedoch die Zugänglichkeit für Nutzer von Screenreadern erheblich verbessern. Alternativtexte oder Titel können über die Tabelleneigenschaften hinzugefügt werden.
Links eindeutig benennen
Linktexte müssen klar beschreiben, wohin sie führen. Formulierungen wie »hier klicken« bieten keine gute Orientierung bei der Nutzung des Dokuments. Word ermöglicht durch das Kontextmenü die Vergabe eines eindeutigen Linktexts.
Barrierefreie PDF aus Word exportieren und nachbereiten
In Microsoft Word lassen sich barrierefreie PDFs direkt exportieren – sowohl unter Windows als auch macOS.
- Unter Windows erfolgt dies über »Speichern unter« mit aktivierter Option »Dokument mit Tags für Barrierefreiheit«. Diese Funktion ist standardmäßig verfügbar.
- Auch unter macOS wird der Export mittlerweile unterstützt: In Office 365 für Mac wählt Ihr beim Speichern die Option »Optimal für elektronische Verteilung und Barrierefreiheit«, um ein getaggtes PDF zu erzeugen.

Add-Ins für Word für einen optimierten Export barrierefreier PDFs
Der PDF-Export aus Word unterstützt grundlegendes Tagging – reicht aber oft nicht aus, um vollständige PDF/UA-Konformität zu erreichen. Probleme treten vor allem bei komplexen Tabellen, mehrsprachigen Inhalten, integrierten Inhaltsverzeichnis oder unvollständig abgebildeten Meta-Daten auf. Auch nach einer Nachbearbeitung in Acrobat bleiben häufig Lücken übrig.
axesWord erweitert den Export aus Word um Funktionen, die Word selbst weder bei Windows, noch bei macOS bietet. Das Add-on erstellt strukturierte PDFs mit sauberem Tagging, vollständiger Rollenabbildung und korrekten Meta-Daten. Besonders bei technisch komplexeren Dokumenten sorgt axesWord für bessere Ergebnisse mit deutlich weniger Nacharbeit. Hierbei ist zu beachten dass dieses Tool aktuell nur für Windows verfügbar ist.
Ein weiteres Add-in für Word ist »CommonLook Office«. Das Add-in ist darauf ausgelegt, die Erstellung barrierefreier PDFs direkt aus Word zu erleichtern, indem sie Benutzer durch die Behebung von Problemen zur Barrierefreiheit führt. Allerdings ist ein Download ebenfalls ausschließlich für Windows möglich.
PDFs nachbereiten und überprüfen
Obwohl die sorgfältig erzeugten PDFs grundlegende Tags enthalten, kann die Qualität der Auszeichnung stark variieren – insbesondere bei komplexen Layouts, Tabellen oder verschachtelten Strukturen. Eine Nachbearbeitung ist häufig notwendig, um die Anforderungen des PDF/UA-Standards vollständig zu erfüllen. Auch wenn das Dokument in Word sorgfältig vorbereitet wurde, ist es ohne diese Nachbearbeitung schwer echte Barrierefreiheit zu erreichen.
Neben den erwähnten Add-Ins ist Acrobat Pro ein zentrales Werkzeug zur Nachbereitung. Ergänzt wird Acrobat um Drittanbieter-Tools zur Überprüfung der Konformität gem. PDF/UA-2-Standard.
Probleme bei der Erstellung barrierefreier PDFs in Word
Folgende Probleme sind bekannt und sollten direkt zu Beginn beachtet werden:
- Inhaltsverzeichnisse werden oft nicht korrekt getaggt
- Automatisch generierte Verzeichnisse sind visuell korrekt, werden auch als
getagged, sind im PDF allerdings häufig nicht als strukturierte Navigation erkennbar. Verlinkungen fehlen oder werden nicht barrierefrei umgesetzt. Auch mit Nachbereitung in Acrobat werden von dem PAC-Checker Fehler aufgezeigt, die sich nicht ohne Weiteres beheben lassen. - Schriften werden nicht eingebettet
- Vor allem bei System- oder Nicht-Standard-Schriften kommt es vor, dass diese beim Export nicht vollständig eingebettet werden. Das führt zu Fehlern in der Darstellung oder bei der Prüfung mit PAC.
- Alt-Texte gehen verloren oder werden ignoriert
- Obwohl in Word gepflegt und mit Adobe Acrobat Pro nachbereitet, erscheinen Alternativtexte in der PDF-Struktur oft nicht oder sind nur unvollständig. Besonders bei dekorativen Grafiken fehlt oft die korrekte Kennzeichnung.
- Grenzen von Word bedenken
- Word stößt spätestens bei komplexen Layouts oder interaktiven Inhalten an seine Grenzen. Insbesondere bei Formularen, die in PDF auch interaktiv bedienbar sein sollen, bietet Word keine native Unterstützung für barrierefreie Formularelemente. Auch bei grafisch anspruchsvollen Layouts kann ein darauf spezialisiertes Programm wie Adobe InDesign – ergänzt um ein Plug-in wie MadeToTag – die bessere Wahl sein.
Praktische Tipps für die Planung und Umsetzung
Wer regelmäßig barrierefreie Dokumente erstellen will, sollte nicht erst beim Nachbearbeiten über Struktur, Lesereihenfolge oder Alt-Texte nachdenken. Viele typische Fehler lassen sich vermeiden, wenn bereits beim Aufbau des Dokuments verschiedene Grundlagen beachtet werden. Die folgenden Tipps helfen dabei, typische Fehler zu umgehen und den Aufwand für Nachkorrekturen deutlich zu reduzieren:
- Mit festen Workflows arbeiten
- Wer regelmäßig PDFs erstellt, sollte direkt zu Beginn klare Abläufe für die Erstellung festlegen. Das sorgt für Konsistenz, reduziert Fehlerquellen und spart auf Dauer Zeit.
- Nicht zu spät an Barrierefreiheit denken
- Barrierefreiheit beginnt beim Dokumentaufbau. Formatvorlagen, klare Überschriften-Hierarchien und eine nachvollziehbare Lesereihenfolge bilden die Grundlage. Wenn früh sauber gearbeitet wird, reduziert sich der Korrekturaufwand in Acrobat erheblich.
- Einfache Strukturen im Dokument verwenden
- Je einfacher die Struktur, desto klarer ist das Ergebnis für assistive Technologien interpretierbar. Mehrspaltige Layouts, verschachtelte Tabellen oder zu viele manuelle Formatierungen erhöhen das Risiko technischer Fehler. Standardisierte Layouts helfen dabei.
- Keine sensiblen Daten mit Online-Tools prüfen
- Browserbasierte Prüfwerkzeuge wie axesCheck laden die zu analysierenden Dokumente auf externe Server. Auch wenn Anbieter versichern, keine Daten zu speichern – bei sensiblen oder personenbezogenen Inhalten sollte das vermieden werden. Für solche Fälle bieten lokale Prüftools wie PAC oder Acrobat mehr Kontrolle und Sicherheit.
- Barrierefreiheit transparent in den Erklärungen zur Barrierefreiheit kommunizieren
- Nicht jedes PDF ist sofort vollständig barrierefrei. Entscheidend ist, wie offen damit umgegangen wird. Über eine Erklärung zur Barrierefreiheit auf der Website lassen sich Einschränkungen benennen, geplante Verbesserungen erläutern und Kontaktmöglichkeiten anbieten.
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