Datenschutz & Sicherheit

Barrierefreiheit der öffentlichen Stellen: Geprüft und Durchgefallen


Die Beraterin für Barrierefreiheit Casy Kreer hat die Barrierefreiheit der Apps und Webseiten von deutschen öffentlichen Stellen ausgewertet. Darunter sind die Angebote von Ministerien und Behörden wie der Arbeitsagentur oder die staatliche Warn-App Nina, aber auch von Bund oder Ländern finanzierte Stiftungen oder Medien. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Von 188 geprüften Webseiten haben 187 die Prüfung nicht bestanden – sie erfüllen also nicht die gesetzlichen Auflagen.

Barrierefreiheit sieht vor, dass Orte oder Medien für alle Menschen ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Seit spätestens 2021 müssen die digitalen Angebote von öffentlichen Stellen barrierefrei sein. Das steht in der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) und dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), die eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2016 umsetzen sollen.

Die Richtlinie der EU bezieht sich auf die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) des World Wide Web Consortium, eine Organisationen, die technische Standards für das Web festlegt. Die Anforderungen für eine barrierefreie Webseite sind darin in drei Kategorien aufgeteilt: A (niedrig), AA (mittel) und AAA (hoch). Für jedes A müssen mehr Kriterien erfüllt werden. Für A muss es unter Anderem eine Tastaturbedienbarkeit geben, das heißt die Inhalte müssen ohne Maus navigierbar sein, was für Menschen mit einer Sehbehinderung relevant ist. Für AA müssen aufgezeichnete Video-Inhalte auch eine Audiobeschreibung besitzen. Die höchste Stufe AAA muss von den öffentlichen Stellen auf ihren Webseiten und mobilen Anwendungen nicht umgesetzt werden.

187 Seiten fallen durch

Von 188 geprüften Webseiten haben 187 nicht bestanden. Das bedeutet keine dieser Seiten erfüllt die gesetzlich geforderten Kriterien. Einzige Ausnahme: die Webseite des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Sie hat immerhin „im Wesentlichen bestanden“, das heißt 90 Prozent der Kriterien sind erfüllt. Die restlichen 187 Seiten erreichen nicht mal diesen Wert. Insgesamt hält sich laut Casy Kreers Auswertung keine der geprüften Seiten an die Anforderungen der Gesetze.

Als Gründe dafür nennt Kreer fehlende Ressourcen und Kompetenz. Die Umsetzung der Seiten und Apps sei nicht gut genug. Das liegt laut Kreer zum einen daran, dass die öffentlichen Stellen ihre Verantwortung an externe Dienstleister abgeben. Oder aber, sie nutzen sogenannte „Accessibility Overlays“, also Systeme, die Seiten barrierefrei machen sollen, die aber schon länger kritisiert werden, weil sie nicht auf die individuellen Seiten angepasst sind. Zudem sollen die entsprechenden Beschwerdestellen nicht effektiv arbeiten und vorhandene Probleme kaum lösen.

Dass die öffentlichen Stellen ihre Webseiten nicht barrierefrei gestalten, ist ein Problem für die digitale Teilhabe – insbesondere bei wichtigen Seiten wie der des deutschen Wetterdienstes, die Warnungen vor Naturkatastrophen bereitstellt. Auch wenn nur die Kriterien A und AA realisiert werden müssen, mangelt die Umsetzung und die öffentlichen Stellen scheinen auch nicht ambitioniert das zu ändern, sagt Kreer. Sie würden etwa Prüfberichte ignorieren.



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