Künstliche Intelligenz
Donnerstag: Messenger-Überwachung in Österreich, Iran trennt sich vom Internet
Handys und Computer sollen mit Malware infiziert werden, damit Österreichs Dienste Informationen einsehen können. Die Regierungskoalition des Landes ist sich einig und hat eine entsprechende Gesetzesvorlage ausgearbeitet. Es gibt bereits massive Proteste, eine juristische Überprüfung scheint unvermeidlich. Derweil hat die iranische Regierung das eigene Land vom Internet getrennt. Schuld sei „der Feind“, denn es sollen Cyberattacken aus dem Ausland verhindert werden. Gleichzeitig erschwert dies auch die zeitnahe Verbreitung von Bildern aus dem Inland, was Gegnern wertvolle Informationen für die nächsten Angriffe auf den Iran liefern könnte. In den USA testet Google jetzt die eigene Live-Suche mit einem sprechenden KI-Chatbot. Das ermöglicht direkte Unterhaltungen mit der Google-App. Diese konnte zwar zuvor bereits per Sprache befragt werden, lieferte Antworten bislang aber nun in Textform. Noch ist unklar, ob und wann Google diese Funktion auch in Europa aktivieren wird – die wichtigsten Meldungen im kurzen Überblick.
Die österreichische Bundesregierung plant, Malware zu kaufen und zur Überwachung von Bürgern einzusetzen, die keiner Straftat verdächtig sind – wenn andere Ermittlungsmaßnahmen aussichtslos erscheinen. Auf die entsprechende Novelle des Spionagegesetzes SNG (Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz), des Sicherheitspolizeigesetzes, des Telekommunikationsgesetzes 2021 und weiterer Normen haben sich die Regierungsparteien geeinigt. Im vorangegangenen öffentlichen Begutachtungsverfahren ist eine Flut ablehnender Stellungnahmen zu den Vorhaben eingelangt. Ausspioniert werden sollen nicht nur verschlüsselte Nachrichten, sondern auch unverschlüsselte Nachrichten und Informationen, also sonst gespeicherte Daten: Österreichs Regierung beschließt Bundestrojaner für Messenger-Überwachung.
Der Iran ist am Mittwoch weitgehend offline gegangen. Laut Netblocks ist die Zahl der beobachteten Verbindungen auf einen einstelligen Prozentsatz gefallen. Auch der Cloudflare Radar zeigt, dass der beobachtete iranische Datenverkehr Mittwochnachmittag auf einstellige Prozentsätze des historischen Maximums wie des Vergleichswertes von sieben Tagen zuvor gefallen ist. Im iranischen Fernsehen hat eine Regierungssprecherin bestätigt, dass es sich bei der Internetsperre um eine absichtliche Maßnahme handelt, um IT-Attacken „des Feindes“ zu verunmöglichen. Der Iran und Israel sind derzeit aktiv im Krieg. Israel bombardiert den Iran mit dem Ziel, den Bau von Atombomben zu verhindern; der Iran beschießt Israel zur Vergeltung mit Raketen: Iran weitgehend offline.
Eine Online-Verbindung ist allerdings notwendig für die Live-Suche mit Sprachsteuerung und künstlicher Intelligenz (KI), die Google in die eigene Google-App für Android und iOS integriert. Auf entsprechende Fragen antwortet der KI-Chatbot in sprachlicher Form. Das erlaubt freie Unterhaltungen mit der Google-Suche, wobei die KI Quellen für seine Antworten mit Links aus dem Internet belegt. Momentan ist lediglich Sprachsteuerung möglich, aber künftig wird man dem Chatbot auch etwas per Kamera zeigen können. Google lässt sich schon lange per Spracheingabe befragen, aber der Nutzer bekommt bislang Antworten in Textform. Etwas unklar ist die Abgrenzung zu Gemini, Googles eigenem KI-Chatbot, der auch als separate App zur Verfügung steht: Google erlaubt sprachliche Unterhaltung mit KI-Chatbot in der Live-Suche.
Das US-Verbot Tiktoks wird zumindest für weitere 90 Tage nicht greifen. Wie das Weiße Haus mitteilt, stellt US-Präsident Donald Trump eine entsprechende Betriebserlaubnis für Tiktok aus. Die bisherige Ausnahmegenehmigung wäre am Donnerstag abgelaufen. Während seiner ersten Amtszeit hat Trump 2020 selbst versucht, Tiktok mittels Präsidentenerlass zu verbieten. Dazu war er aber nicht befugt, sodass ein Gericht Trumps Tiktok-Verbot stoppte. Danach haben beide US-Parteien gemeinsam mit deutlicher Mehrheit ein Gesetz beschlossen, das Tiktok verbietet, solange es in chinesischer Hand ist. Im jüngsten Wahlkampf hat Trump plötzlich seine Meinung geändert und begonnen, sich für Tiktok in den USA einzusetzen. Deshalb verlängert Trump Tiktoks Betriebserlaubnis erneut.
Die öffentliche Verwaltung Berlins könnte erneut Schwierigkeiten bekommen, auslaufende Windows-Lizenzen rechtzeitig zu erneuern. Bis 2. Juni seien lediglich zwölf Prozent der fast 100.000 Computer in Senatsverwaltungen und Bezirken auf Windows 11 umgestellt worden, heißt es. Das ist besorgniserregend, da der Regel-Support für Windows 10 bereits am 14. Oktober 2025 endet. Auch Microsoft-365-Apps sollen danach unter dem veralteten Betriebssystem nur noch eingeschränkt Unterstützung bekommen. Das könnte dazu führen, dass der Senat nach dem Stichtag dazu gezwungen sein wird, teuren erweiterten Support einzukaufen, um Sicherheitslücken zu schließen. Man befürchtet Mehrausgaben in mindestens sechsstelliger Höhe, denn es sind erst 12 Prozent umgestellt: Berliner Verwaltung kämpft erneut mit Windows-Update.
In der heutigen Ausgabe der #heiseshow geht es unter anderem um das drohende Zerwürfnis zwischen OpenAI und Microsoft. Nach Jahren der engen Zusammenarbeit mehren sich die Anzeichen für wachsende Spannungen. Welche Faktoren führen dazu? Wie könnte sich das auf die Entwicklung von KI-Technologien auswirken? Zudem diskutieren wir Googles Schlussstrich unter seine Instant Apps-Technologie. Warum ist Google mit den Instant Apps gescheitert? Welche Lehren lassen sich daraus ziehen? Derweil macht sich die EU-Kommission für massive Investitionen in die Atomkraft stark, um die Klimaziele zu erreichen und die Energieunabhängigkeit zu stärken. Welche Rolle soll die Atomkraft künftig im europäischen Energiemix spielen? Das sind die Themen heute um 17 Uhr live in der #heiseshow: OpenAI vs. Microsoft, Instant-Apps, EU für Atomkraftausbau.
Auch noch wichtig:
- Die Kamikaze-Drohne One Way Effector vereint mehrere Vorteile. Sie ist reichweitenstark, preiswert und kann schnell in Massen produziert werden: MBDA will günstige Kamikaze-Drohne mit 500 km Reichweite in Massen herstellen.
- Ende April brach die Stromversorgung in Spanien und Portugal zusammen. Jetzt liegt ein Untersuchungsbericht zu den Ursachen vor. Aber Fragen bleiben: Überspannung ließ Strom in Spanien und Portugal ausfallen.
- OpenAI soll sich bereits auf öffentlichen Streit mit Microsoft vorbereiten – samt Vorwurf des wettbewerbswidrigen Verhaltens: OpenAI plant offenbar, Microsoft in den Rücken zu fallen.
- Mit watchOS 26 bekommt Apples Computeruhr mehr Power. Entwickler müssen zwei Binaries bauen: Apple stellt watchOS auf arm64 um – aber nicht bei allen Watch-Modellen.
- KI-Tools sind überall, verbrauchen viele Ressourcen, schwächen Denken. Ihr Einsatz sollte überdacht werden, meint Greta Friedrich in ihrem Kommentar: Stoppt die sinnfreie KI-Schwemme!
- Wer KI-Code übernimmt, ohne ihn zu verstehen, verliert auf Dauer seine Kompetenz – und damit seine berufliche Relevanz. Warum echtes Verständnis zählt: KI untergräbt die Fähigkeiten von Entwicklerinnen und Entwicklern.
- Die Verkaufszahlen von Fahrrädern sind im vergangenen Jahr nochmals gesunken. Eine Studie macht Herstellern und Händlern aber Mut: Absatzzahlen von Fahrrädern sinken, Rabatte steigen.
- Das hatte 64-Bit-Windows bislang nicht: einen Konsolen-Editor, dazu noch Open Source. Im Test zeigt er sich schnell, aber funktionsarm. Es gibt Alternativen: Das taugt der Open-Source-Editor Edit mit Regex und WordWrap für Windows 11.
- Apples Dateien-App wird auf iPhone und iPad endlich mächtiger. Die Vorschau-App kommt auch aufs iPhone: Deutlich verbessertes Filemanagement für iOS 26 und iPadOS 26.
- Die neuen Spezifikationen sollen den Near-Field-Communication-Standard (NFC) schneller und bequemer in der Nutzung machen: Neuer NFC-Standard vervierfacht die Reichweite.
- Ein juristischer Irrglaube kostet tagtäglich unnötig Zeit. Dabei könnte es doch so einfach sein: Warum im Netz Checkboxen für AGB und Datenschutz meist überflüssig sind.
- AMD und Microsoft bauen gemeinsam die nächste Xbox-Generation. Ein dazu veröffentlichtes Werbevideo ist interpretationsbedürftig: Wird die nächste Xbox ein PC von AMD und Microsoft?
- KI-Anbieter haben immense Kosten. Einem Medienbericht zufolge soll xAI, ein Unternehmen von Elon Musk, aktuell eine Milliarde Dollar pro Monat Verlust machen: Eine Milliarde US-Dollar pro Monat soll der Betrieb von xAI kosten.
(fds)
Künstliche Intelligenz
Österreich verbietet Dickpics | heise online
Das unaufgeforderte Zusenden von Fotos oder Videos entblößter Geschlechtsteile einer erwachsenen Person an eine andere ist in Österreich derzeit nicht gerichtlich strafbar. Um das zu ändern, legt die Regierung dem Parlament einen Vorschlag für eine Strafrechtsnovelle vor. Damit soll auch sogenanntes Cyberflashing verboten werden.
Laut vorgeschlagenem Paragraphen 218 Absatz 1b Strafgesetzbuch (StGB) soll strafbar sein, „wer eine andere Person belästigt, indem er ihr im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems eine Bildaufnahme, die wesentlich menschliche Genitalien zeigt, vergleichbare bearbeitete Bildaufnahmen oder vergleichbares künstlich erstelltes Material, unaufgefordert und absichtlich übermittelt.“ Klingt einfach und ist im Detail erstaunlich komplex.
Diffizile Abgrenzung
Comics oder Zeichnungen erfüllen das Erfordernis nicht, weil sie echten Bildern nicht „vergleichbar“ sind. Die Formulierung „oder unter Verwendung eines Computersystems“ erfasst Cyberflashing. Dabei werden Abbildungen des Gemächts nicht über klassische Telekommunikation, sondern über Nahfunk, beispielsweise Apples Airdrop oder Bluetooth, unverhofft zugemittelt. Erfasst werden zudem Online-Postings, die Platzierung auf Webseiten oder Internetplattformen aller Art sowie Verbreitung über Soziale Netze. Dabei soll laut Erläuterungen jedoch nicht strafbar sein, wer Aufnahmen „in der eigenen digitalen Sphäre (zB in das eigene Profil)“ hochlädt oder platziert.
Nicht kriminalisieren möchte die Regierung Fälle, in denen von Einverständnis der Beteiligten auszugehen ist: „Dies kann beispielsweise in Beziehungen der Fall sein oder auch bei Teilnahme an Angeboten im Internet, in sozialen Medien oder Apps, die auf den (zulässigen) Empfang oder Austausch von sexuellen Inhalten ausgerichtet sind (zB Erotikplattformen). Die bloße Präsenz oder Teilnahme auf Kontakt-Portalen zur Partnersuche oder in sogenannten ‚Dating-Apps‘ genügt dabei freilich nicht.“
Zudem muss die Belästigung im Zeitpunkt des Empfangs eintreten. Wer sich später, etwa nach einem Beziehungsende, ekelt, hat keine rechtliche Handhabe. Die neuen Tatbestände sind sogenannte Ermächtigungsdelikte. Das bedeutet, dass die Tat nur mit Zustimmung der verletzten Person gerichtlich verfolgt werden kann. Vorgesehen sind dann Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten oder Geldstrafen bis zu 360 Tagessätzen, sofern kein anderer, schwerwiegenderer Tatbestand erfüllt ist.
Übererfüllung einer EU-Richtlinie
Die Novelle setzt die 2004 beschlossene EU-Richtlinie 2024/1385 zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt um. Diese Richtlinie erlegt in Artikel 7 Absatz c den Mitgliedsstaaten auf, „unaufgeforderte, mittels IKT erfolgende Zusendung eines Bildes, eines Videos oder sonstigen vergleichbaren Materials, auf dem Genitalien abgebildet sind, an eine Person, sofern diese Handlungen wahrscheinlich dazu führen, dass der Person schwerer psychischer Schaden zugefügt wird“, spätestens 2027 unter Strafe zu stellen. Die österreichische Novelle geht über die EU-Vorgabe hinaus.
Denn für Strafbarkeit in Österreich soll Belästigung reichen, selbst wenn keine Wahrscheinlichkeit schweren psychischen Schadens besteht. Die Übererfüllung von EU-Vorgaben ist auch als Goldplating bekannt. Genau das sollte in Österreich nicht mehr vorkommen, wie Bundeskanzler Christian Stocker und seine Partei, die ÖVP, versprochen haben. Die Erläuterung der Regierungsvorlage begründet das Goldplating so: „Einerseits scheint die Anknüpfung an den Aspekt der Belästigung (…) sachgerechter; andererseits würde das Kriterium der Wahrscheinlichkeit eines schweren psychischen Schadens Ermittlungs- und Beweisverfahren voraussichtlich verlängern und verkomplizieren (…)“, und es gäbe dann weniger Verurteilungen.
Die österreichische Regierung erwartet, dass es in Zukunft zirka 300 einschlägige Verfahren pro Jahr bei den Staatsanwaltschaften sowie ungefähr 45 Gerichtsverfahren jährlich geben wird. Entsprechend dürfte die Kriminalitätsrate geringfügig steigen. Die Regierungskoalition dürfte die kleine Strafrechtsnovelle ohne Federlesen verabschieden.
(ds)
Künstliche Intelligenz
Big Data: Deutsche Polizisten nutzen Palantir auch bei Eigentumsdelikten
Bundesländer wie Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen nutzen unter verschiedenen Namen eine eingeschränkte Version der Big-Data-Software Gotham des umstrittenen US-Konzerns Palantir. Die zuständigen Politiker begründen dies damit, dass die Datenanalyse der Polizei helfe, schwere Gefahren wie Terroranschläge abzuwehren oder diese aufzuklären. In Bayern wurde die entsprechende „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA) fast hundertmal zwischen September 2024 und Mitte Mai genutzt. Doch bei über zwanzig dieser Fälle ging es um andere als die genannten Zwecke – nämlich etwa um Straftaten im Bereich „Eigentums- und Vermögenswerte“.
Das geht laut einem Bericht von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung aus der Antwort der bayerischen Regierung auf eine Anfrage des Sprechers der bayerischen Grünen-Fraktion für Digitalisierung, Benjamin Adjei, hervor. Viele Einträge deuten demnach auf große Gefahrenlagen hin. Doch das System werde eben auch „für deutlich weniger gemeingefährliche Situationen genutzt, und das besonders oft“, moniert der Informatiker Adjei. Bei den genannten Eigentumsstraftaten könnte es sich etwa um bandenmäßigen Fahrraddiebstahl oder Geldautomatensprenger handeln.
Viele Unbescholtene im Raster?
Auch der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri ist besorgt: Wenn die Polizei VeRA routinemäßig zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten einsetze, würden massenhaft unbescholtene Menschen dem Risiko polizeilicher Maßnahmen ausgesetzt. Das Innenministerium des Freistaats verweist dagegen auf die Gesetzeslage. Im Katalog der Straftaten, bei denen VeRA genutzt werden könne, sei der Sektor Eigentumswerte enthalten. Nur speziell ausgebildete Kriminalbeamte nutzten die Software, was unverhältnismäßige Ausweitung verhindere.
Palantir sei nach europaweiten Ausschreibungen beauftragt worden, da das Analysewerkzeug der Firma bisher als alternativlos gelte, heißt es dem Bericht zufolge aus Hessen. Dort könnten 2000 Beamte mit der dortigen Version HessenData arbeiten. Diese machten jährlich bis zu 15.000 Mal davon Gebrauch – was erheblichen Einsatz jenseits von Terrorismus und organisierter Kriminalität vermuten lässt. Die Software könne dort aber nur Verbindungen zwischen Daten aufzeigen, die der Polizei bereits vorliegen. Gegen den bundesweiten Einsatz der Datenplattform Palantirs zur Strafverfolgung gibt es Widerstand in mehreren Ländern. Das von Trump-Förderer Peter Thiel mitgegründete Unternehmen steht als „Schlüsselfirma der Überwachungsbranche“ in der Kritik.
(ds)
Künstliche Intelligenz
Android: Rückschlag für Google in Streit um Rekordstrafe der EU
Im Rechtsstreit um eine Rekordstrafe der EU müssen Android-Betreiber Google und dessen Holding Alphabet einen Rückschlag hinnehmen: Juliane Kokott, Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH), stützt die Rechtsansicht des EU-Gerichts (1. Instanz). Die Rechtsauffassung der Generalanwältin hat beim EuGH erhebliches Gewicht; der Gerichtshof muss ihr nicht folgen, tut es aber häufig. Kokott verweist zudem auf mehrere frühere Entscheidungen des EuGH, die gegen Googles Argumente sprechen. Damit schwinden Googles Chancen, die Strafe in Höhe von mehr als 4,12 Milliarden Euro wegen Marktmachtmissbrauchs mittels Android-Verträgen noch abzuwenden.
Die Vorgeschichte
Im Kern geht es um eine altbekannte, wettbewerbsfeindliche Methode: Ein Unternehmen nutzt seine Macht auf einem Markt aus, um sich Vorteile auf einem anderen Markt zu verschaffen. Die EU-Kommission hat bei Android gleich vier solche Vorgänge erkannt: Ab 2011 durften Gerätehersteller den App-Store Google Play nur noch dann installieren, wenn sie auch Googles Suche mitlieferten. Weil Android ohne Play damals nicht massenmarkttauglich war, soll diese Verknüpfung das Google zusätzliche Werbeeinnahmen bei der Suchmaschine beschert haben.
Zweitens verbat Google den Herstellern, parallel andere Android-Geräte ohne Google Play auf den Markt zu bringen. Hersteller, die nicht ausschließlich vergoogelte Geräte verkaufen wollten, durften gar keine Geräte mit Google verkaufen, was wirtschaftlich schlecht darstellbar war. Drittens schrieb Google ab 2012 zusätzlich die Installation des Webbrowsers Chrome vor.
Viertens beteiligte Google Mobilfunk-Anbieter sowie Gerätehersteller am Werbeumsatz, wenn sie auf definierten Geräteklassen ausschließlich Googles Suche installierten (portfolio-based Revenue Share Agreement). Erst im April 2014 reduzierte Google diese Klausel von einem Geräteportfolio auf das jeweilige Modell – ab diesem Zeitpunkt hatte die EU-Kommission auch kein Problem mit diesem Vertragsmodell.
Milliardenstrafe, etwas reduziert
Die EU-Kommission prüfte und fand, dass alle vier Vertragsmodelle dazu dienten, Googles Marktmacht mit Android als Hebel für andere Geschäftsbereiche, insbesondere die Suchmaschine und deren Werbeeinnahmen, zu nutzen. Also erlegte sie Google 2018 eine Redkordstrafe in Höhe von 4,34 Milliarden Euro wegen Marktmachtmissbrauchs im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf.
Google ergriff Rechtsmittel, zum Teil mit Erfolg: Das EU-Gericht erachtete die portfolio-based Revenue Share Agreements als zulässig und reduzierte die Strafe 2022 auf 4,12 Milliarden Euro. Während die EU-Kommission dieses Urteil akzeptierte, war Google der Teilerfolg zu wenig. Somit liegt der Fall nun beim EuGH.
Generalanwältin bestätigt
Zumindest bei der Generalanwältin fallen Googles Argumente gegen die Strafe allerdings nicht auf fruchtbaren Boden. Google verlangt eine Analyse, wie die Wettbewerbssituation ohne das beanstandete Verhalten ausgesehen hätte. Doch die deutsche Juristin hält die Feststellung des EU-Gerichts, dass die Vorinstallation von Suche und Chrome den Wettbewerb beeinträchtigt hat, für ausreichend. Wettbewerber konnten demnach gegen die vorinstallierten Anwendungen nicht ankommen.
Außerdem meint Google, der Vergleich solle sich nicht auf die tatsächlichen Wettbewerber beziehen, sondern auf einen hypothetischen Wettbewerber, der ebenso stark wie Google sei. Das ist aus Sicht Kokotts im vorliegenden Fall unrealistisch und würde das Verbot des Marktmachtmissbrauchs untergraben.
Schließlich kann die Generalanwältin weder Rechenfehler erkennen noch einen Fehler bei der Einstufung von Googles Vorgehen als fortgesetzte, einheitliche Zuwiderhandlung. Jetzt ist der EuGH am Zug (Rechtssache C-738/22 P).
(ds)
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