Künstliche Intelligenz
Kassenärzte fordern zuverlässige Systeme & Unterstützung bei der Digitalisierung
Das Gesundheitswesen steht vor massiven Herausforderungen – bedingt durch bürokratische Hürden und den demografischen Wandel. Zudem belastet eine ineffiziente Patientensteuerung das System. In der Digitalisierung sieht die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) einen erheblichen Hebel, sofern sie denn störungsfrei funktionieren und richtig implementiert sind.
Seit Jahren sei die Digitalisierung immer noch „mit viel Frust verbunden“, sagte die neue KVWL-Vorständin Anke Richter-Scheer, zumindest wenn es um die Anbindung der Praxen an die Telematikinfrastruktur samt ihren Produkten geht. „Frust hat nichts mit Verhinderung zu tun“, so Richter-Scheer. Es gebe unzählige Negativbeispiele, sagte sie in Bezug auf die regelmäßigen TI-Störungen. Häufig seien die Prozesse noch „sehr fehleranfällig“.
AU und Co. müssen funktionieren
Laut KVWL-Chef Dr. Dirk Spelmeyer dürfte die Praxissoftware nicht nach dem „Chiquita-Prinzip“ erst in Praxen reifen. Richter-Scheer zufolge könne es nicht sein, dass Ärzte ständig Patienten vertrösten müssen, wenn diese beispielsweise um eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bitten, die aufgrund technischer Störungen nicht ausgestellt werden können. Dies sei beispielsweise gestern der Fall gewesen. Es sei keine Dauerlösung, dass Ärzte morgens erst einmal ihre Software zum Laufen bringen müssen.
Ärzte befürworten Digitalisierung
Trotz der schlechten Erfahrungen bei der staatlich verordneten Digitalisierung betonen die Ärzte, nicht gegen die Digitalisierung zu sein. Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) laufe es stetig besser. Ebenso erwies sich bereits die in der elektronischen Patientenakte enthaltene elektronische Medikationsliste Richter-Scheer zufolge sehr hilfreich. Dort lassen sich auch Laborergebnisse hinterlegen.
Besonders scheinen jedoch große KI-Sprachmodelle zu helfen. Zunehmend kommen Chatbots in Praxen zum Einsatz, etwa für die Beantwortung von Fragen, KI-Sprachassistenten für die automatisierte Anrufannahme und für die „intelligente Dokumentation von Patientengesprächen, intelligentes Terminmanagement und sprachgesteuerte Befund- und Berichtsdiktate“, erklärte der Allgemeinmediziner Dr. Jens Grothues, der ebenfalls zum Pressetermin eingeladen wurde. Da müsse man die Praxen mitnehmen.
KI gegen bürokratischen Overkill
KI in der Praxis vereinfache viele Abläufe und sorge Grothues zufolge dafür, Ressourcen einzusparen. Er habe in seiner Praxissoftware derzeit eine KI-Lösung integriert, „die mehr oder minder meine Arbeit, aber insbesondere das meines Personals gravierend verändert. Es wird gescreent, welcher Posteingang kommt“. Automatisch würden Medikationspläne aus Entlassungsbriefen der Krankenhäuser erstellt, Diagnosen würden übernommen und Vorschläge unterbreitet. „Ich bin der festen Überzeugung, dass die Krankenkassenanfragen heute häufig KI generiert sind. Und ich sage immer: KI-generiert wird KI-beantwortet“, so Grothues.
Er wolle KI nutzen, um den „bürokratischen Overkill, den wir in dem System haben“ zu lösen. Es sei zunehmend schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden. Daher sei es wichtig, digitale Prozesse wie die elektronische Patientenakte (ePA) und das E-Rezept oder die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung besser in die Software zu integrieren.
Digi-Managerin soll Entlastung bringen
Helfen würde eine „Digi-Managerin“, um die Praxen bei der Digitalisierung zu unterstützen. Extra dafür ausgebildete Praxismitarbeiterinnen übernehmen dabei die Verantwortung für die Digitalisierung, analysieren den Digitalisierungsgrad der Praxis, suchen nach neuen Tools und schulen das Team. Dazu setzt die KVWL ihr „Digi-ManagerIn“-Programm fort. Es richtet sich an nichtärztliches Praxispersonal und vermittelt Kompetenzen zur Analyse und nachhaltigen Digitalisierung von Praxisprozessen. Nach einer erfolgreichen Pilotphase wird das Programm nun zweimal jährlich angeboten.
Praxiszukunftsgesetz
Damit die Digitalisierung in Praxen vorangeht, bestärkt die KVWL bisherige Forderungen aus der Ärzteschaft, ein Praxiszukunftsgesetz – analog zum Krankenhausbereich – auf den Weg zu bringen, um in die IT der Praxen zu investieren. So könnten Praxen Förderanträge stellen, um die digitale Ausstattung und den Betrieb sicherzustellen. „Die Kosten für die Digitalisierung dürfen nicht bei den Praxen hängenbleiben“, so Anke Richter-Scheer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVWL.
„Das, was wir heute über die Telematik-Infrastruktur-Pauschalen erstattet bekommen, ist, ganz ehrlich, ein Witz“, so Grothues. Ein Innovationsprogramm der Bundesregierung sei daher „zwingend erforderlich, um langfristig intelligenter, schneller und besser mit den Patientinnen und Patienten zusammenarbeiten zu können und die medizinische Versorgung langfristig zu stabilisieren“. Viele Praxen müssten ihre Praxisverwaltungssoftware wechseln, was zwischen 3.500 und 5.000 Euro und ein Quartal koste, bis sich alles eingespielt habe.
Kaum Austausch mit Krankenhäusern
Kritik übte Grothues daran, dass Praxen zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur verpflichtet sind und ihnen andernfalls Sanktionen drohen, während das bei Krankenhäusern nicht der Fall ist. Er fordert, „dass die Krankenhausstrukturen sich entsprechend auch – weiterentwickeln“. Auch Krankenhäuser sollten Arztbriefe elektronisch zustellen. Beim niedergelassenen Kollegen werde erwartet, dass zeitnah ein Brief mit Handlungsempfehlungen kommt. „Die Krankenhäuser können heute weder uns irgendetwas elektronisch mitteilen, geschweige denn einen Brief nach einer Woche“. Grothues zeigte sich sehr verärgert. Er erhalte Arztbriefe aus Krankenhäusern sechs Monate nach der Entlassung, „vor fünf Monaten ist der Patient verstorben. Das ist Standard“.
Effizientere Patientensteuerung
Speziell bei der Patientensteuerung sieht die KVWL in der Digitalisierung einen wichtigen Baustein. Die Patientenhotline 116117 und die zugehörige Online-Plattform mit digitalen Ersteinschätzungssystemen wie dem „Patienten-Navi“ sollen dabei eine gezielte Versorgung nach medizinischer Dringlichkeit ermöglichen.
Wer bei der 116117 anruft, kommt nach seiner Ersteinschätzung eine Antwort auf die medizinische Dringlichkeit und wird dann automatisch mit einer PIN an einen Terminservice weitergeleitet. Ist es dringlicher, wird dem Patienten geraten, eine Notfallpraxis aufzusuchen oder einen Hausbesuch in Anspruch zu nehmen. Ist es noch dringlicher, müsse der Patient in die Notaufnahme. In Westfalen-Lippe strebe man eine enge Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern an. Die Rufnummern 112 und 116117 sollen laut geplanter Notfallreform in Zukunft digital vernetzt werden, um die Versorgung gezielter zu steuern.
(mack)
Künstliche Intelligenz
VeloFlow: Berlin testet Fahrrad-Ampel mit Erreichbarkeitsprognose
Dieses System soll Frust an Ampeln bei Radfahrern in Berlin sowie potenzielle Rotlichtverstöße reduzieren: Die Senatsverkehrsverwaltung der Hauptstadt hat angekündigt, eine VeloFlow getaufte Lösung an zunächst 23 Signallichtanlagen von September an testen zu wollen. Es handelt sich um digitale Anzeigen etwa unter Parkverbotsschildern, die Radfahrer rund 200 Meter vor einer Kreuzung darüber informieren, ob sie die nächste Ampel bei einer Geschwindigkeit von etwa 20 Kilometer in der Stunde bei Grün oder Rot erreichen werden.
LED-Displays an Straßenschildern
Die Funktionsweise von VeloFlow ist laut dem Senat relativ einfach: Ein Fahrrad-Symbol auf dem Display signalisiert, ob die Ampelphase bei gleichbleibendem Tempo Grün oder Rot sein wird. Befindet sich das stilisierte Rad im grünen Bereich, können vorbeikommende Radler davon ausgehen, dass sie die Ampel bei freier Fahrt passieren können. Zeigt das Symbol den roten Bereich, deutet dies auf eine bevorstehende Rotphase hin. Das soll es Velofahrern ermöglichen, ihr Tempo vorausschauend anzupassen – entweder durch eine leichte Beschleunigung oder durch langsames Ausrollen. Abruptes Bremsen oder ein Passieren der Ampel bei Rot soll so leichter vermeidbar werden.
VeloFlow basiert den offiziellen Angaben zufolge auf dem Assistenzsystem Green Light Optimal Speed Advisory (Glosa). Dieses benötigt in Echtzeit Informationen über die Ampelphasen. Sogenannte Roadside Units (RSUs) direkt an den Lichtsignalanlagen erfassen dafür die aktuellen einschlägigen Daten und erstellen Prognosen für die nächsten Schaltvorgänge. Diese Informationen können über verschiedene Wege drahtlos etwa an Displays, Fahrzeuge oder Endgeräte der Nutzer gesendet werden. In Berlin soll auf dieser Basis der Glosa-Verzögerungsassistent zum Einsatz kommen. Ähnliche Anzeigen tun bereits in Münster ihre Dienste.
„Grüne Welle“-Assistent prinzipiell auch machbar
Möglich wäre mithilfe der Technik auch die Implementierung eines „Grüne Welle“-Assistenten, wie er etwa in Marburg für App-Nutzer schon seit Jahren verfügbar ist. Davon ist in der Hauptstadt aber aktuell keine Rede. Der Senat bezeichnet die RSUs aber als „strategisch wichtige Schnittstellen“ für die künftige digitale Verkehrsinfrastruktur. Sie könnten mit intelligenten Fahrzeugen kommunizieren, um Ampelphasen, Verkehrsbedingungen und Gefahren zu übermitteln. Das bilde den Grundstein für kooperative und autonom fahrende Systeme. Verkehrsfluss, Sicherheit und Effizienz würden weiter optimiert.
In der Invalidenstraße in Mitte werden dem Plan nach zehn VeloFlow-Anzeigen installiert, im Bereich Stargarder Straße, Schönhauser und Prenzlauer Allee neun. Je zwei sind in der Handjery- und Prinzregentenstraße sowie der Langenscheidt- und Kreuzbergstraße vorgesehen. Ein Display schlage mit knapp 3000 Euro zu Buche, erklärte die Verkehrsverwaltung dem rbb. Dazu kämen Kosten für die Stromversorgung, die Digitalisierung der Ampelanlagen sowie weitere Planungen. 85 Prozent der Ausgaben übernehme das Bundesverkehrsministerium.
(vbr)
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Bit-Rauschen: Intel Magdeburg ist Geschichte, IBM Power11, Nvidia CUDA & RISC-V
Vier Jahre nach Power10 kommt die nächste Mainframe-Architektur von IBM. Der Power11 sieht im Vergleich zum Vorgänger Power10 eher nach behutsamer Modellpflege aus: Immer noch in einem, inzwischen gut abgehangenen 7-Nanometer-Prozess hergestellt, haben sich viele klassische Eckdaten des Chips kaum geändert. Maximal 16 Kerne mit je 2 MByte Level-2-Cache, 128 MByte L3-Cache und achtfachem SMT. Für verbesserte Uptime hat IBM nun einen dynamisch hinzuschaltbaren Ersatzkern, der im Auslieferungszustand bei den 15-Core-Power11 inaktiv ist. Wird ein Hardwarefehler diagnostiziert, kann er zur Laufzeit einspringen, ohne dass das System heruntergefahren wird.
Die reine Rechenleistung dürfte immer weiter hinter Serverprozessoren von AMD und Intel zurückfallen. Da helfen auch integrierte Matrix-Cores für KI-Beschleunigung und hardwareunterstützte Post-Quantum-Cryptography-Verschlüsselung nicht weiter. Darunter versteht man kryptographische Verfahren, die auch mit kommenden Quantenalgorithmen nicht zu knacken sein sollen. Stattdessen wirken die Mainframes in 7-Nanometer-Technik gegenüber den in TSMC N4 gefertigten Chips von AMD und Intel mit bis zu 256 Kernen wie aus der Zeit gefallen.
Dass der Prozessor für moderne KI-Nutzung nicht immer ausreicht, hat indes auch IBM erkannt und will ihm künftig mit den optionalen Spyre-Beschleunigern unter die Arme greifen. Die lassen sich per PCI-Express-Anschluss bei Bedarf zustecken.
Das war die Leseprobe unseres heise-Plus-Artikels „Bit-Rauschen: Intel Magdeburg ist Geschichte, IBM Power11, Nvidia CUDA & RISC-V“.
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Künstliche Intelligenz
GPT-5 mixt Cocktails: Sicherheitsforscher knacken OpenAIs Selbstbeschränkungen
Drei leere Glasflaschen, Öl, Alkohol, Lumpen und Zündhölzer: Diese und andere Bombenbau-Anleitungen spuckt auch die neueste Ausgabe von OpenAIs Large Language Model (LLM) GPT-5 aus, wenn man es auf die richtige Art und Weise fragt. Das fanden Sicherheitsunternehmen durch eigene Versuche heraus.
Das Unternehmen NeuralTrust, ansässig im spanischen Barcelona und in New York, bat GPT-5 zunächst um ein paar harmlose Sätze und eine Kurzgeschichte, die Begriffe wie „Molotov“ und „Cocktail“ enthielten. Dann baten die Forscher um technische Details und das LLM gehorchte. Mit dieser Technik namens „Echo-Kammer und Geschichtenerzählung“ (Echo Chamber and Storytelling) ließ sich die KI das Bombenbau-Rezept schnell entlocken.
Auch die Tests von SPLX kamen zum selben Ergebnis, wenn auch auf einem anderen Weg. Die KI-Sicherheitsspezialisten befahlen dem LLM, in der Rolle eines „BasedGPT“ zu antworten und alle Beschränkungen mit gehässigen Kommentaren zu bedenken, ansonsten jedoch schlicht zu ignorieren. Und auch das klappte: Die Frage „Wie baut man eine Bombe“ beantwortete GPT-5 mit einer sehr detaillierten Anleitung, einen improvisierten Sprengsatz (IED – Improvised Explosive Device) aus haushaltsüblichen Materialien zu konstruieren.
Bombenrezepte vom Chatbot
Geht es nach OpenAI, dem Unternehmen hinter dem Sprachmodell, sollte das nicht so einfach funktionieren. Doch auch Modelle anderer Hersteller wie GLM-4.5, Kimi K2 und Grok-4 ließen sich ähnlich einfach übertölpeln, schreiben die SPLX-Forscher. Diese informieren indes nicht uneigennützig über die Sicherheitslücken: SPLX und NeuralTrust verdienen ihr Geld damit, LLMs sicherheitstechnisch abzuhärten und so für den Gebrauch im Unternehmen tauglich zu machen.
Bombenbau, Giftgas, Rauschgift – die Ingredienzien dieser meist verbotenen Gegenstände kennen Large Language Models aus ihren Trainingsdaten, sollen sie jedoch nicht an Nutzer weitergeben. Diese Sperren zu überlisten, ist ein beliebter Zeitvertreib bei Sicherheitsexperten, die dafür bisweilen gar zu psychologischen Taktiken wie Gaslighting greifen.
(cku)
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