Im Kunstpalast Düsseldorf geht die Schau »Mama – Von Maria zu Merkel« humorvoll und klug den vielen Facetten des Phänomens Mutter nach. Eine besondere Rolle spielen dabei die Illustrationen der großartigen Liana Finck. Wir haben nachgefragt, wie das zustande kam.
Es ist eine Freude, in die Schau »Mutter – Von Maria zu Merkel« im Kunstpalast Düsseldorf einzutauchen. Empfangen wird man von Heintje mit seiner 1967er-Schnulze »Mama« (ein Lied, das eigentlich aus dem faschistischen Italien stammt), man sieht ein ungewöhnlich ausgelassenes Porträt der Queen mit zweien ihrer Kinder und hört einen rasanten Zusammenschnitt von Dankesreden, in denen strahlende Oscar-Sieger:innen ihrer Mutter danken.
Der Blick, den die Ausstellung auf das Thema »Mama« wirft, ist so spannend wie umfassend, führt mit 120 Arbeiten, mit Malerei, Fotografie, Video und Skulptur, mit Musik und Alltagsgegenständen, Ratgeberliteratur und Werbung vom 14. Jahrhundert bis ins heute.
Er reicht von Madonnenfiguren zu Martha Roslers legendären Kurzfilm »Semiotics of the Kitchen«, in dem sie sich 1975 über Rollenklischees lustig macht, führt zu Louise Bourgeois und Paula Modersohn-Becker, die, mit nur 31 Jahren nach der Geburt ihrer Tochter starb, zu einem jungen Vater im Tüllkleid und unter 267 aufgebrochene, goldschimmernde Eier der serbischen Künstlerin Marta Jovanović, die davon erzählen, sich gegen ein Kind zu entscheiden. Und setzt man sich schließlich den Kopfhörer auf, um Nina Hagens Liveauftritt zu »Unbeschreiblich weiblich« zu hören, gehen einem Textzeilen wie »Marlene hatte andere Pläne, Simone de Beauvoir sagte Gott bewahr«, nicht mehr aus dem Kopf.
Einblick in die MAMA-Ausstellung, Foto: Lars HeidrichStart der MAMA-Ausstellung mit Illustrationen von Liana Finck, Foto: Lars Heidrich
Was Mutterschaft alles sein kann
Unterteilt ist die Auseinandersetzung damit, was es bedeutet, eine Mutter zu haben, eine zu werden und zu sein (oder eben nicht) und das gleich in mehreren Jahrhunderten, in acht Kapitel – und mit Illustrationen der US-Amerikanerin Liana Finck, die durch die gesamte Ausstellung führen und auch durch den Katalog.
Wie es zustande kam, dass Illustrationen in der Ausstellungsgestaltung eine so große Rolle spielen, haben wir Anna Christina Schütz gefragt, die diese Ausstellung gemeinsam mit ihren Kolleginnen Linda Conze und Westrey Page kuratiert hat.
Wie sind Sie auf die amerikanische Illustratorin Liana Finck gekommen? Anna Christina Schütz: Meine Kollegin Linda Conze ist auf Liana Finck zuerst als Illustratorin für den New Yorker und später für das SZ Magazin aufmerksam geworden und war von ihrem Witz und ihrer Bissigkeit, mit der sie Politik und Alltag kommentiert, begeistert. Nachdem Liana Finck selbst Mutter geworden war, tauchte das Thema auch in ihren Bildern auf – gesellschaftliche Erwartungen, Care-Arbeit, faire Aufteilung davon und das Scheitern daran, das Wiederfinden der eigenen Identität, neue Gefühlswelten und überhaupt der ganze Wahnsinn kommen bei ihr zur Darstellung. Und das auf eine Art und Weise, die Mütter und Nicht-Mütter gleichermaßen anspricht und Aspekte und kleine Details zur Anschauung bringt, die leicht übersehen werden können.
Und wie ist überhaupt die Idee entstanden, Ausstellung Katalog von Illustrationen zu begleiten? Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Mutterschaft wurde schnell klar, dass wir den verschiedenen Facetten gerecht werden wollen. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben! Wir alle haben/hatten eine Mutter, das ist eine universelle Erfahrung, aber jeder/jede hat eine ganz persönliche Beziehung zu dem Menschen, der ihn/sie auf die Welt gebracht hat. Ausgehend von Liana Fincks Zeichnungen kam die Überlegung auf, ihre Handschrift in die Gestaltung von Ausstellung und Katalog zu integrieren, um diesen persönlichen Zugang zu visualisieren und der Gestaltung darüber hinaus etwas Spielerisches zu geben.
MAMA-Ausstellung mit einer Wand-Illustration von Liana Finck, Foto: Lars Heidrich
Wie haben Sie für die Ausstellung zusammengearbeitet? Liana Finck hat auf unsere Anfrage, ob sie die Ausstellung mit Zeichnungen begleiten will, sehr positiv reagiert. Wir haben sie anfangs in mehreren Calls über die Konzeption und den Stand der Ausstellungsplanungen informiert, ihr die Raumthemen und Werke vorgestellt. Sie hat dann mit Vorschlägen reagiert, die von Anfang an sehr treffend waren. Nach und nach kamen dann noch weitere Ideen dazu, wie die handschriftliche Ausformulierung der Fragen, die wir im Rahmen einer Audioinstallation an unser Publikum gerichtet haben.
Und wie für den Katalog? Katalog und Ausstellung sind sich in ihrer inhaltlichen Struktur ähnlich – es lag daher nahe, die Bilder sowohl in die Architektur als auch in das Buch einzubeziehen. Im Laufe des Prozesses kam dann Idee auf, dem Katalog einen Stickerbogen beizulegen. Damit die Sticker auch eine potenzielle Umgebung haben, hat Liana Finck eine Doppelseite gestaltet, in der sie platziert werden können, wenn man das als Lesender möchte.
Noch bis zum 3. August 2025 ist »Mama – Von Maria zu Merkel« im Kunstpalast Düsseldorf zu sehen. Der Katalog zur Schau ist bei Hirmer erschienen, gestaltet und gesetzt vom Bureau Mathias Beyer:
Mama – Von Maria zu Merkel: Hg. Linda Conze, Westrey Page, Anna Schütz, 200 Seiten, 159 Abbildungen in Farbe, 23,5 x 28,5 cm, gebunden, 45 Euro, ISBN: 978-3-7774-4488-8
MAMA-Ausstellung mit einer Wand-Illustration von Liana Finck, Foto: Sabine DanekMAMA-Ausstellung mit einer Illustration von Liana Finck, Foto: Lars HeidrichMAMA-Ausstellung mit einer Illustration von Liana Finck, Foto: Lars HeidrichAusstellungskatalog MAMA mit Illustrationen von Liana FinckAusstellungskatalog MAMA mit Illustrationen von Liana FinckAusstellungskatalog MAMA mit Illustrationen von Liana FinckAusstellungskatalog MAMA mit Illustrationen von Liana FinckAusstellungskatalog MAMA, letzte Seite mit einer Illustration von Liana Finck