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Nationale Polizeibehörde ermittelt wegen Rekord-Pride
Seit Tagen hatte sich die Budapester Polizeibehörde schmallippig gegeben. Auf die Anfragen mehrerer unabhängiger ungarischer Medien, ob nach der Pride-Demonstration am Samstag bereits Ermittlungen gegen die Veranstalter*innen oder Teilnehmende eingeleitet wurden, hieß es stets nur, die Polizei untersuche den Fall.
Am Mittwoch teilte die Behörde auf Anfrage von hu.24 schließlich mit, dass die Nationale Ermittlungsbehörde der Bereitschaftspolizei nun gegen Unbekannt ermittle. Die Behörde ermittelt sonst etwa bei organisierter Kriminalität oder internationalen Straftaten. Gegen wen sich die Ermittlungen richten – ob gegen die Organisator*innen oder gegen alle Beteiligten – geht aus der Antwort nicht hervor. Unbeantwortet blieb auch die Frage, ob die Polizei bereits Bußgelder verhängt habe.
Hundertausende demonstrierten trotz Verbot
Am vergangenen Samstag waren Hunderttausende Menschen zur Pride-Demonstration durch die Budapester Innenstadt gezogen. Der Budapester Bürgermeister hatte die Veranstaltung zu einem städtischen „Freiheitsfest“ erklärt und so das Verbot umgangen, das die Polizei gegen die zuvor angemeldeten Versammlungen verhängt hatte.
Nach Ansicht der Hauptstadt fällt die von der Stadtverwaltung organisierte Veranstaltung somit nicht unter das Versammlungsrecht. Die Polizei kam jedoch zu einer anderen Einschätzung und verbot die Veranstaltung unter Berufung auf ein kurz zuvor verabschiedetes Gesetz.
Das Parlament hatte Mitte März ein queerfeindliches Gesetz beschlossen und später auch die Verfassung entsprechend geändert. In der Folge sind in Ungarn nicht nur Bücher und Medien, sondern auch Veranstaltungen rund um Queerness in der Öffentlichkeit verboten, laut Regierung sollen damit Kinder vor schädlichen Einflüssen geschützt werden. Teilnehmende können mit Bußgeldern bestraft werden, Veranstalter*innen drohen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr. Die Polizei darf laut Gesetz auch biometrische Gesichtserkennung einsetzen, um Teilnehmende zu identifizieren.
Die rechtsnationale Regierung unter Ministerpräsident Vitkor Orbán hat im ungarischen Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit und kann auch tiefgreifende Gesetzesänderungen umsetzen.
Orbán: „Die Gesetze sind bekannt“
Viktor Orbán, dessen Regierung seit Jahren die queerfeindliche Agenda vorantreibt, hatte bereits am Tag nach der Budapest Pride in einer geschlossenen Online-Gruppe erklärt, dass Teilnehmende mit Strafen rechnen müssten. „Wir haben alle informiert, die Gesetze sind allen bekannt”, schrieb er laut dem Onlinemedium Index. Die Politik habe in dieser Angelegenheit nichts mehr zu tun, alles weitere sei nun Aufgabe der Behörden.
Eine erste Teilnehmerin hat indessen öffentlich gemacht, dass die Polizei gegen sie ermittelt: die 20-jährige Aktivistin Lili Pankotai hat auf ihrer Facebook-Seite ein entsprechendes Schreiben der Polizei publiziert. Pankotai hatte zuvor auf Facebook ein Foto hochgeladen, das sie auf der Veranstaltung zeigt. Eine Person hat daraufhin Anzeige gegen sie erstattet.