UX/UI & Webdesign
Status quo Webdesigns 2025 | Webdesign Journal
Webdesign ist tot. Lang lebe Webdesign. Ja was denn nun genau? Den Stand des Webdesigns im Jahre 2025 erfährst du in diesem Artikel.
Die Welt ist im Wandel. Sie wird immer schneller, komplexer und unübersichtlicher.
Auch und vor allem in der Online-Welt spiegelt sich diese Entwicklung und subjektive Wahrnehmung wider.
Auch im Webdesign ändern sich regelmäßig Trends, neue Techniken, Programme und Apps kommen dazu, sowie veränderten und gestiegenen Anforderungen.
Und dann gibt es nicht wenige Stimmen, die behaupten „Webdesign sei tot“, bzw. die Automatisierung (gerne auch „Arbeit 4.0“ genannt) werde auch die Tätigkeit eines Webdesigners zukünftig überflüssig(er) machen.
Wie steht es also eigentlich genau um die Thematik Webdesign?
Webdesign ist tot
Oder: Wer braucht überhaupt noch eine Website?
Alles was aktuell in der Online-Welt zu zählen scheint ist Content. Ohne Content-Marketing geht nichts mehr, ohne eine Content-Strategie scheint kein Unternehmen mittelfristig wettbewerbsfähig bleiben zu können.
Dazu wandern immer mehr Inhalte in die sozialen Netzwerke, vor allem, weil die Leser dort unterwegs sind und klassische Websites gar nicht mehr so gerne besuchen möchten. Dies ist natürlich auch das Ziel der Netzwerke, die Leser im eigenen Kosmos zu behalten und nicht durch Links nach „draußen“ zu verlieren. So kommt auch immer wieder mal die Meinung auf, dass es ausreichen würde eine Facebook Fanpage zu betreiben und eine eigene Corporate Website eigentlich verzichtbar sei.
Alles sieht gleich aus
Es gibt diese unverkennbare Entwicklung, dass sich Websites immer mehr angleichen:
Die Navigation ist in einem oberen Balken, bleibt beim Scrollen oft stehen, darunter steht ein großes formatfüllendes Bild zentriert, überlagert von einer Headline und einem Call-to-Action-Button. Das Bild ist austauschbar, zeigt mal einen Nutzer beim Bedienen eines Tablets oder Smartphones oder liefert Eindrücke eines Büros mit angeschnitten Personen. Darunter folgen drei Spalten, die jeweils von einem großen Icon eingeleitet werden gefolgt von etwas Fließtext. Dann kommt zur Abwechslung ein farbiger Balken, der über die volle Bildschirmbreite ragt. Und so weiter…

(Technische) Entwicklungen wie responsive Webdesign oder Trends wie das sog. Bento-Grid Design haben dafür gesorgt, dass Websites und die Anordnung der Inhalte eher einem bestimmten bewährtem „Muster“ folgen.

Vor allem aber sind die zahlreichen Templates und Themes dafür mitverantwortlich. Für geringe Kosten lässt sich mit diesen recht schnell eine moderne Website erstellen, optisch zeitgemäß, responsiv und mit dem ein oder anderen Effekt (z.B. Parallax) versehen. Nicht selten verlangen Kunden auch nach genau solch einem Webseitendesign, da sie es bei anderen gesehen und für gut befunden haben.
Der Artikel Why Do All Websites Look the Same? thematisierte diese Entwicklung schon 2018.

Wir alle kennen diese Seiten und haben sie schon hundertfach gesehen. Websites gleichen sich an und werden homogener. Man könnte es auch austauschbarer nennen. Nach dem Motto:
Kennst du eine Website, kennst du alle.

Automatisiertes Webdesign
Die Webdesign-Templates haben nicht nur die Folge, dass sich Websites optisch angleichen. Sie nehmen dem Webdesigner auch jede Menge Arbeit ab. Die umfangreiche technische Entwicklung verschiedener Seitenvorlagen, die Einbindung unterschiedlichster Effekte, die Optimierung für verschiedene Browser und Endgeräte – all das kommt sozusagen von Haus aus mit. Alles Aspekte, die bei individueller Umsetzung sehr viel Ressourcen, Zeit und damit auch Budget kosten.
Die Templates sind in den letzten Jahren immer umfangreicher geworden, bieten immer mehr Optionen an – das Design und die Funktionalitäten betreffend – so dass kaum ein Kundenwunsch nicht mehr mit ihnen erfüllt werden könnte.

Und selbst die „Homepagebaukästen“ haben in den letzten Jahren einen Qualitätssprung gemacht. Die hiermit generierten Websites haben zumindest teilweise wenig mit den eher unangenehmen Designs früherer Tage zu tun haben.
Sogenannte No-Code-Tools, Drag and Drop-Builder/Editoren, UI-Kits ermöglichen auch ohne Code-Kenntnisse schnell (moderne) Websites zu erstellen. Selbst viele Webdesigner und Agenturen arbeiten damit, weil es schneller/effizienter geht.
Unternehmen können also aus schönen Templates und simplen Baukastensystemen auswählen, wenn sie denn überhaupt noch eine eigene Website brauchen.
Zeit also für Webdesigner sich so langsam nach einem neuen Berufsfeld umzusehen?
Ein Phänomen, das übrigens nicht nur im Webdesign auftritt. In der Automobilbranche ist es schon seit Jahrzehnten so, dass sich Autos angleichen. Mal ist eckiger angesagt, mal runder – und die einzelnen Modelle gleichen sich immer wieder nach und nach diesem aktuellen Designtrend an.

Auch im Interiordesign ist eine solche Entwicklung zu beobachten:
Cafés, Wohnungseinrichtungen, Co-Working-Spaces – wer smart rüber erscheinen will, folgt einem bestimmten Designtrend.

Dieser wird übrigens auf den Aufstieg des Vermiertungsportals Airbnb zurückgeführt („Airbnb-ification“). Egal, wo in der Welt, Ferienwohnungen glichen sich immer mehr an – anhand der Wohnungsbilder ist kaum noch zu erkennen, ob es Mexiko City oder Binz auf Rügen ist. Siehe dazu auch den Artikel Welcome to AirSpace.
Selbst im Logodesign werden Marken immer ähnlicher:

Entdecke noch mehr „Ähnlichkeiten“ im Artikel Why Everything Looks the Same. Und der Artikel The age of average untersucht, wie in verschiedenen kreativen Bereichen, von Kunst über Architektur bis hin zu Mode und Autodesign, eine zunehmende Homogenisierung stattfindet.
Der unkreative Designer
Diese Entwicklungen und Möglichkeiten haben dazu geführt, dass viele Designer sich auf sichere, erfolgsgarantierte Methoden beschränken. Das Ergebnis? Eine Designlandschaft, die ziemlich eintönig und vorhersehbar geworden ist.
Aber es geht noch weiter. Die Standardisierung im Designprozess hat die kreativen und individuellen Ansätze, die das Design so einzigartig machen, an den Rand gedrängt. Die Vielfalt und Originalität kann dadurch natürlich verloren gehen.
Wir bekommen dadurch eine Website-Landschaft, in der zwar jedes Webdesign gut, aber keines wirklich großartig ist. Die Designs werden so uniform, dass sie kaum noch voneinander zu unterscheiden sind. Es ist ein bisschen, als würde das Webdesign einen Stillstand erreichen, bei dem nichts Neues oder Aufregendes mehr entsteht. Es ist eine ziemliche Herausforderung, aber es liegt an uns, diesen Trend umzukehren und die Vielfalt im Design wiederzubeleben.

Es lebe Webdesign
Oder: Es lebe die eigene Website
Man bräuchte keine eigene Website mehr?
Wer erzählt eigentlich so einen Quatsch! Ich würde eher behaupten, dass es noch nie so notwendig und so wichtig war, eine eigene Website zu haben wie heutzutage – womit ich mich nicht allzu weit aus dem Fenster lehne und auch nicht der erste bin, der dies behauptet.

Klar, die sozialen Netzwerke ziehen Leser magisch an. Natürlich ist es einfacher, wenn man in diesen Netzwerken unterwegs ist, auch direkt dort die benötigen Infos über ein Unternehmen, Produkt oder Dienstleistungen zu bekommen. Aber diese ersetzen nicht die eigene Website, sie ergänzen sie vielmehr.
Egal, ob Global Player oder Existenzgründer – die eigene Website ist die Basis des Online-Marketings. Alle anderen sind schließlich fremde, externe Plattformen. LinkedIn, Facebook, Instagram wollen DEINE Inhalte behalten und können damit machen, was sie wollen. Und weißt du, was Unternehmen wie Meta morgen oder übermorgen vorhaben? Oder ob es die Netzwerke in dieser Form dann überhaupt noch gibt?
Der Bedarf an guten Webseiten scheint mir – zumindest aktuell – fast unerschöpflich. Zum einen verlangt es die rasante Entwicklung, dass alle drei, vier, fünf Jahre ein größerer Relaunch sein muss/sollte. Dann gibt es tatsächlich noch Unternehmen, ok es sind vor allem die kleineren, nicht selten Handwerksbetriebe oder Restaurants, die noch gar keinen Internetauftritt haben. Und dann gibt es unzählige von den Unternehmen, die zwar einen haben, der aber inhaltlich, optisch und technisch nicht mehr zeitgemäß ist, um es mal halbwegs positiv zu formulieren.
Die eigene Website ist die Basis für den Online-Erfolg.

Es könnte gleich aussehen – muss es aber nicht
Ja, Templates und UI-Kits können die Arbeit vereinfachen. Ja, Templates sorgen dafür, dass sich so verdammt viele Websites gleichen.
Sie sind hier Segen und Fluch zugleich.
Denn bei der Überlegung, warum diese Templates so erfolgreich sind, also so häufig eingesetzt werden, ist alleine der Kostenfaktor zu kurz gegriffen. Diese Templates greifen meistens auf Design-„Muster“ zurück, die sich bewährt haben. So kann ein formatfüllendes Bild samt Headline gleich die Kernaussage der Website vermitteln. Der Elevator Pitch und der erste Eindruck können so schnell und effektiv beim Leser wirken.
Und trotzdem ist ja nach wie vor ein individuelles Webdesign möglich und oft auch notwendig!
Die Herausforderung ist die eigene Kreativität nicht den Templates unterzuordnen, sondern Templates so einzusetzen, dass sie den Designanforderungen entsprechen. Der Artikel Balancing Creativity and Usability zeigt wie es gehen sollte.
Die folgenden Beispiele zeigen, wie individuell Webdesign sein kann:

Obwohl also viele Websites ähnlich aussehen, bedeutet dies nicht zwangsläufig qualitativ minderwertiges Design. Konventionen wie bspw. das Hamburger-Icon tragen zur Benutzerfreundlichkeit bei. Daher sollten innovative Designlösungen gut durchdacht sein, um nicht die Benutzbarkeit zu beeinträchtigen. Die Balance zwischen Innovation und bewährten Konventionen ist entscheidend.
Wer sich der Bedeutung und Notwendigkeit eines unverwechselbaren Desings bewusst ist, der wird auch das Budget dafür locker machen. Für alle anderen gibt es eben trotzdem ansprechende Websites, die halt eben nur nicht so individuell sind.
Und am Ende ist es auch so:
Die heute verwendeten Website-Designs gelten als die effizientesten.
Übermäßige Kreativität kann ein ästhetisch ansprechendes, aber weniger effektives Webdesign hervorbringen. Ein standardisiertes, vertrautes Layout bedeutet jedoch nicht, dass Kreativität vollständig fehlt. Das bestätigt auch der Artikel Design != Art. Modern Websites Look the Same But It’s OK.
Webdesign wird automatisierter – und komplexer
Die Beispiele zeigen zwar, dass sich im Webdesign eine Menge verändert und dass die Programmierung von eigenen Websites im Grunde nicht mehr zwangsläufig nötig wäre. Aber es verändert sich ja im Grunde ständig jedes Berufsfeld im Bereich der Online-Medien.

Webbaukästen und andere Tools lassen sich als Werkzeuge sehen, die immer besser werden und visuell ansprechende Ergebnisse ermöglichen. Sie ersetzen jedoch nicht das Know-how und die Fähigkeiten eines professionellen Webdesigners. Grundlegende Design-, Technik- und auch Marketingkenntnisse bleiben entscheidend für hochwertiges Webdesign.
Die Templates vereinfachen vieles, auch für Webdesigner. Viele Arbeiten, die viel Zeit gekostet haben, müssen so nicht mehr per Hand bei jedem Projekt aufs neue erledigt werden.
Die so freigewordene Zeit lässt sich entweder vom Budget abziehen, wodurch eben auch qualitativ hochwertigere Websites günstiger anzubieten sind, als das noch vor ein paar Jahren möglich war.
Oder die Zeit (und damit das Budget) wird in andere Aufgaben gesteckt. Denn die Erstellung von Websites mag zwar einfacher geworden sein, das „Umfeld“, in dem sich Webdesign bewegt ist aber immer komplexer geworden.
Was widersprüchlich klingt, ist eigentlich gut nachvollziehbar. Es gibt immer mehr Aspekte, die bei der Webseitenplanung, -gestaltung und -umsetzung beachtet werden wollen: Responsive Design, Webstandards, Barrierefreiheit, Traffic, Conversion, Content Marketing, Branding, SEO, Lesbarkeit, Ladezeit, User Experience und viele mehr spielen zusammen und ergeben erst in der Einheit eine effektive Website.
Die Webseitenerstellung ist einfacher geworden.
Das Umfeld aber komplexer.
KI im Webdesign – Aktuelle Entwicklungen und Potenziale
Und schon wieder schickt sich eine Entwicklung an, alles neu zu ordnen: Künstliche Intelligenz wird in den nächsten Jahren (auch, aber nicht nur) für die Online- und Webdesign-Branche eine Art Gamechanger werden, wie es zuletzt die Erfindung des Smartphones und das daraus resultierende Responsive Webdesign waren.
Der Fortschritt in den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data könnte in Zukunft zur Entwicklung von Tools führen, die in der Lage sind, Webseiten automatisiert zu erstellen. Dennoch ist die Zukunft des Webdesigners keineswegs bedroht, denn KI kann menschliche Eigenschaften wie Empathie oder Humor nicht ersetzen.
Automatisierte Designprozesse
Dank KI-Tools wie Adobe Firefly oder Figma AI können Designer innerhalb weniger Sekunden Layout-Vorschläge generieren, Farben abstimmen oder Schriftarten kombinieren.
Diese Programme lernen kontinuierlich dazu und verbessern ihre Vorschläge basierend auf den Vorlieben und dem bisherigen Stil des Nutzers. Besonders Start-ups und kleine Unternehmen profitieren von diesen Technologien, da sie ohne großes Budget professionelle Designs umsetzen können. Beispielsweise kann eine Landingpage automatisch auf die Zielgruppe zugeschnitten werden, indem KI Daten wie Alter, Interessen oder demografische Informationen analysiert.
Personalisierte Nutzererfahrungen
Personalisierung ist heute das Herzstück jeder erfolgreichen Website. KI ermöglicht es, Inhalte dynamisch an die individuellen Bedürfnisse der Besucher anzupassen. Ein Beispiel hierfür sind Online-Shops, die Produkte basierend auf bisherigen Kaufentscheidungen oder Suchanfragen empfehlen. Noch einen Schritt weiter gehen Chatbots, die durch KI-Unterstützung nicht nur Standardfragen beantworten, sondern echte Dialoge simulieren können, wodurch die User Experience auf ein neues Level gehoben wird.
KI-Tools werden ein (allerdings sehr mächtiges) Werkzeug sein, während kreative und individuelle Lösungen weiterhin gefragt sein werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Arbeit ist die Berücksichtigung von Branding und Identität eines Kunden sowie die Integration der wirtschaftlichen Ziele, die ein Unternehmen verfolgt. Diese Beratungsleistungen werden in der Zukunft eine extrem wichtige Rolle spielen.
Die Frage für dich, mich und uns alle wird also nicht sein:
Wird die KI meine Tätigkeit übernehmen oder welche Nische kann ich mir suchen?
Die Frage für dich wird sein:
Wie kann ich die KI für mich nutzen?
Wer sich jetzt mit KI-Tools und deren Einsatz in seinem Arbeitsprozess auseinandersetzt, wird vermutlich deutlich bessere Chancen, Jobs, Aufträge haben. Texte schreiben, Brainstorming mit ChatGPT, Bildgenerierung per Midjourney oder Apps und Website-Vorlagen mit UIzard – im Grunde stehen die Tools erst am Anfang und es ist in den kommenden Jahren ist mit einer vielfältigen Entwicklung zu rechnen.
Erfahre mehr über KI im Webdesign: Die Zukunft der Inhalte & Gestaltung von Websites.
Der Status Quo des Webdesigns im Jahr 2025
In unserer Ära, in der Informationen nahezu unbegrenzt verfügbar sind, fehlt es oft an Zeit und Geduld, um sich mit diesen detailliert zu befassen. Dies spiegelt sich in verschiedenen Berufen wider, die trotz digitaler Hilfsmittel weiterhin unverzichtbar sind. Beispielsweise ist der Beruf des Steuerberaters trotz der Verfügbarkeit von Software wie WISO oder Online-Tools wie Elster weiterhin gefragt, denn der fachkundige Rat eines Experten ist unersetzlich.
Ähnlich verhält es sich mit Rechtsanwälten, die trotz umfangreicher Rechtsdatenbanken im Internet aufgrund ihrer Erfahrung und ihres spezialisierten Wissens unentbehrlich sind. Auch in der Medizin, wo Dr. Google oft konsultiert wird, bleibt die Bedeutung eines ausgebildeten Arztes bestehen, der Diagnosen stellt und Behandlungen anordnet, die kein Online-Tool ersetzen kann.

Das Webdesign hat sich verändert. In der breiten Masse sind Websites heutzutage qualitativ hochwertiger und optisch ansprechender als noch vor einigen Jahren. Gleichzeitig ist der Bedarf an guten Websites ungebrochen hoch. Trotz – oder vielleicht auch gerade wegen – des Content-Booms.
So ist trotz der immer mal wieder aufkommenden Prognosen, dass sich unser Berufsstand abschafft, bzw. durch die technische Entwicklung unnötig wird, der aktuelle Bedarf an guten Webdesignern so groß wie selten, vielleicht wie bisher nie zuvor. Gerade in der individuellen Umsetzung sind die Fähigkeiten und das Wissen eines erfahrenen Webdesigners notwendig.
Die Rolle des Webdesigners mag sich dabei etwas verändern:
Weniger der technisch gestalterische „Umsetzer“, mehr hin zu einer beratenden und konzeptionellen Tätigkeit.
Erfahre mehr im Artikel Vom Pixelschubser zum Unternehmensberater: Die Rolle des Webdesigners im Wandel.
Und während Quereinsteiger und autodidaktische Webdesigner weiterhin in den Markt kommen, steigt gleichzeitig die Quote an Akademikern in der Branche. Immer mehr Menschen studieren, die Anforderungen an die Kommunikation sind gestiegen und die (Entfaltungs-)Möglichkeiten in der weiterhin wachsenden Online- und Webdesign-Branche sind enorm.
Der Weg des Webdesigns geht daher auch eher weg vom reinen Screen-/User Interface-Design hin zum User Experience Design (und Frontend-Entwicklung). Es kommt also für den Webdesigner nicht mehr nur auf das reine Design an, also wie etwas aussieht. Seine Rolle wird sich dahingehend verändern, wie etwas funktioniert. Also neben dem Layout die Aspekte der Informationsarchitektur, der Benutzerführung und Interaktion umfassen.
KI und Kreativität
Im Jahr 2025 steht das Webdesign an einem Scheideweg, zumindest vor einer großen Herausforderung:
Während Fortschritte durch Künstliche Intelligenz und effiziente Tools wie Auto-Layout die Branche revolutionieren, zeigen sich auch Herausforderungen, die den kreativen Kern des Designs zunehmend bedrohen. Der Fokus auf Monetarisierung und Effizienz hat die Rolle des Designers grundlegend verändert: Statt mutiger, individueller Gestaltung dominieren standardisierte Prozesse, die Konversionen und messbare Ergebnisse priorisieren.
Dieses Streben nach Konsistenz führt zu einer Homogenität, die sich nicht nur in Webdesigns, sondern auch in Bereichen wie Architektur, Produktdesign und sogar in Alltagsorten wie Kaffeehäusern zeigt. Komfort und das Bedürfnis, sich anzupassen, fördern diese Entwicklung. Zugleich verdrängt eine übermäßige Begeisterung für Tools wie Figma den eigentlichen Zweck des Designs – die Schaffung von Erlebnissen, die emotional berühren und inspirieren.
Die Orientierung an Daten und Prozessen schwächt grundlegende Designfähigkeiten und begünstigt Oberflächlichkeit. Darüber hinaus streben viele Designer eher nach Anerkennung durch ihre Kollegen als danach, Nutzerbedürfnisse kreativ und innovativ zu erfüllen. Das Ergebnis: Einheitsbrei statt herausragender Designs.
Der Status quo des Webdesigns fordert daher ein Umdenken. Nur durch das bewusste Zurückerobern der Kreativität und die Balance zwischen Technik und Menschlichkeit kann das Webdesign wieder zu einer Kunstform werden, die begeistert und inspiriert.
Lohnt sich eine Karriere im Webdesign und UI-/UX-Design weiterhin?
Experten in Design und Programmierung werden weiterhin gefragt sein, aber ihre täglichen Aufgaben werden sich aufgrund der No-Code- und KI-Entwicklung deutlich verändern.
In der digitalen Branche, die sich durch rasante Veränderungen auszeichnet, sind schnelle, präzise und wohlüberlegte Lösungen gefragt. Diese ständige Evolution erfordert ein tiefes Verständnis für sich wandelnde Bedürfnisse und die Fähigkeit, darauf zügig zu reagieren.
Für Webdesigner bedeutet dies, sich kontinuierlich weiterzubilden und sich neu zu orientieren. Websites und Webanwendungen durchlaufen daher zunehmend kürzere Lebenszyklen. Dies führt dazu, dass aus Kunden häufig langfristige Partnerschaften entstehen, da sie fortlaufend Anpassungen und Aktualisierungen benötigen.
Zusammenfassend ist UI/UX-Design immer noch ein sehr lohnender Karriereweg.
Erfahre mehr über deinen Weg in die Webdesign-Branche:
Webdesigner werden: Alles, was du über den Job als Webdesigner wissen musst
Es besteht weiterhin ein Bedarf an talentierten Designern, die herausragende Nutzererlebnisse schaffen können. Die Webdesign-Branche bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, was es ermöglicht, sich auf Bereiche zu spezialisieren, die den eigenen Interessen und Fähigkeiten entsprechen.
Wir müssen uns anpassen und uns auf Neugier, Kreativität und starke Design-Grundlagen konzentrieren, um weiterhin erfolgreich zu sein.

Zusammenfassung des Artikels – wichtige Erkenntnisse zu Webdesign im Jahr 2025
Die zunehmende Homogenität im Webdesign
Websites werden immer ähnlicher, da Templates und vorgefertigte Tools dominieren. Dies führt zu einer einheitlichen Ästhetik, die zwar effizient, aber oft kreativ einschränkend ist. Designer müssen die Balance zwischen bewährten Mustern und individueller Gestaltung finden, um Nutzer wirklich zu begeistern.
Automatisierung als Chance und Herausforderung
No-Code-Tools und KI wie Figma AI erleichtern die Erstellung von Websites erheblich. Diese Werkzeuge sind zwar praktisch, bergen aber die Gefahr, dass grundlegende Designfähigkeiten vernachlässigt werden. Webdesigner müssen lernen, diese Technologien gezielt einzusetzen, ohne die Qualität ihrer Arbeit zu beeinträchtigen.
Künstliche Intelligenz als Gamechanger
KI wird zunehmend zum integralen Bestandteil des Webdesigns. Sie ermöglicht personalisierte Nutzererlebnisse und automatisierte Designprozesse, bleibt jedoch ein Werkzeug. Die menschliche Fähigkeit, emotionale und kreative Lösungen zu schaffen, bleibt unersetzlich.
Die eigene Website bleibt unverzichtbar
Trotz der wachsenden Bedeutung von Social Media bleibt die eigene Website das Herzstück des Online-Marketings. Sie ist die einzige Plattform, die Unternehmen komplett kontrollieren können – ein entscheidender Vorteil in einer schnelllebigen digitalen Welt.
Kreativität und Innovation als Schlüssel
Das Streben nach Effizienz darf nicht zulasten der Kreativität gehen. Designer müssen mutig sein, individuelle Lösungen schaffen und sich weniger von Konventionen und dem Streben nach Anerkennung leiten lassen, um ihre Arbeit nachhaltig erfolgreich zu gestalten.
UX/UI & Webdesign
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UX/UI & Webdesign
Alles so schön zentrisch hier! – Was bedeutet „optische Mitte“, und welche Gestaltungsgrundlagen kommen heutzutage im Kommunikations- und Informationsdesign zur Anwendung?
Optische Mitte, Symmetrie, Asymmetrie und Achsen sind in der Gestaltung elementare Gestaltungsprinzipien. Diese beeinflussen maßgeblich, inwieweit wir Objekte, Zeichen und Designs als harmonisch, ausgewogen und ästhetisch ansehen, auch ob wir jemand anderen als schön empfinden.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, heißt es. Eine Redewendung, die einen Trugschluss birgt: die Existenz von objektiven Kriterien und übergreifenden, universellen Maßstäben wird dabei ausgeblendet. Ästhetik ist nicht völlig relativ. Welche Rolle hierbei Symmetrie spielt, auch welche wahrnehmungspsychologische Faktoren im Design im Zusammenhang mit der optischen Mitte und im Hinblick auf das Empfinden von Ausgewogenheit einen Einfluss haben, darum soll es in diesem Artikel gehen.
Der nachfolgende Text verhält sich asymmetrisch, gemessen an Normen der heutigen Informationsgesellschaft, denn er ist unüblich lang. Ein gewisses Durchhaltevermögen wird dem Leser also abverlangt, vor allem ein scharfer Blick. Bevor wir uns mit konkreten Designs beschäftigen, ist es notwendig zunächst die Gestaltungsgrundlagen zu kennen und zu verstehen.
Symmetrie
Warum ist Symmetrie wichtig? Symmetrie entspricht einer klaren, einfachen Struktur, die das Gehirn leichter verarbeitet und als angenehm empfindet. Symmetrische Formen und Zeichen interpretieren wir als Ordnung, Stabilität und Ruhe, auch als Gesundheit (Biologie). Bei der Einteilung von Flächen in links, rechts, oben, unten und mittig spielt die selbst-bezogene Raumvorstellung des Menschen eine wesentliche Rolle. „Der Mensch macht sich selbst zum Maß seiner Wahrnehmung“ 1. Wir empfinden Symmetrie als harmonisch, da diese auf uns selbst verweist und uns als Individuum bestätigt (Abb. Mensch als Bezugspunkt).
Wenn im Design, in der Grafik, in der Fotografie Objekte als zentrisch dargestellt werden sollen, ist die mathematische Symmetrie nicht entscheidend. Vielmehr geht es in der Gestaltung darum, einen visuellen Eindruck von Symmetrie zu erzeugen. Entscheidend ist, wie es wahrgenommen wird, nicht wie es ist. Was als symmetrisch, harmonisch und ausgewogen wahrgenommen wird, ist verschieden. Auch das Empfinden der optischen Mitte ist individuell verschieden.
Optische Mitte
Eine optische Mitte ist keine objektive Größe, sondern ein wahrnehmungspsychologischer Kompromiss, der für möglichst viele Menschen eine ausgewogene, harmonische Wirkung erzeugen soll. Es geht bei der Bestimmung der optischen Mitte um eine Lösung, die konsensfähig ist.
Im Kommunikations- und Informationsdesign wird empfohlen, wichtige Gestaltungselemente eher an der optischen Mitte als an der geometrischen Mitte zu platzieren, um so ein harmonisch ausgewogenes Gesamtbild zu erzeugen. Je nach Objekt und Format können optische Mitte und geometrische Mitte identisch sein (Beispiel Zielscheibe) – in vielen Fällen jedoch unterscheiden sich diese.
Die optische Mitte betrifft beide Achsen, die horizontale wie die vertikale, jedoch nicht im gleichen Maße. In Bezug auf die vertikale Achse müssen Objekte häufiger händisch positioniert werden. Dies hat wahrnehmungspsychologische Gründe.

In der vertikalen Achse gilt:
Geometrisch mittig platzierte Objekte wirken in einem umgebenden Format (A4, Smartphone im Porträtmodus, u.a.), als seien sie aus der Mitte nach unten verschoben, obwohl sie geometrisch perfekt zentriert sind.
Je höher das Format, um so stärker der Effekt.
Der wahrnehmungspsychologische Grund hierfür ist folgender: Das menschliche Orientierungssystem nutzt die Schwerkraftrichtung als Hauptbezugspunkt im Raum. Da Schwerkraft immer nach unten wirkt, sind wir evolutionär darauf geprägt, den unteren Bereich als den stabilen Boden wahrzunehmen. Wissenschaftler vermuten, dass die Gravitation auch der Grund dafür ist, weshalb wir die Länge von vertikalen Objekten grundsätzlich überschätzen (Horizontal-vertikal Täuschung).
In der horizontalen Achse gilt:
Geometrisch zentrisch platzierte Objekte können, je nach Form, in einem umgebenden Format so wirken, als seien sie aus der Mitte verschoben, obwohl sie geometrisch perfekt zentriert sind. Ein geometrisch zentrisch platziertes Dreieck in einem Kreis wirkt optisch nach links verschoben (siehe Abb. unten). In diesem konkreten Fall wird die optische Ausrichtung dadurch erleichtert, dass sich der Mittelpunkt des gleichseitigen Dreiecks sehr leicht durch das Einzeichnen von Winkelhalbierenden ermitteln lässt (blaue Linien). Da die Kreisfläche nach oben und unten begrenzend wirkt, ist der so ermittelte Mittelpunkt des Dreiecks im Prinzip gleichbedeutend mit der optischen Mitte.

Außerdem gilt für beide Achsen:
Je unregelmäßiger die Form des Objektes, umso stärker der Effekt. Das menschliche Auge tut sich sehr schwer, wenn es darum geht, bei unregelmäßigen Objektformen die exakte Mitte zu finden. Ein achsensymmetrisches Objekt erfordert bei der Gestaltung in der Regel eine geringere Verschiebung, mitunter keine.
Eine Headline, die in Versalien gesetzt ist, bedarf in der Regel, bedingt durch die geringere Unregelmäßigkeit von Versalien, auch einer geringeren Verschiebung als eine Headline, die in Gemischtschreibweise gesetzt ist.
Das umgebende Format beeinflusst die Wahrnehmung des Objektes. Wie auch andere umgebende Objekte die Wahrnehmung eines Objektes beeinflussen (Ebbinghaus’sche-Täuschung).
Dasselbe Objekt kann in Abhängigkeit vom Hintergrund heller oder dunkler erscheinen (Simultankontrast), und somit den Effekt ebenfalls beeinflussen. Innerhalb der Gestaltpsychologie ist dokumentiert, dass bei der Perzeption von grafischen Zeichen und Symbolen viele verschiedene Faktoren und Gestaltgesetze eine Rolle spielen.
Soweit die Gestaltungsgrundlagen. Nachfolgend wird auf die unterschiedlichen Designdisziplinen eingegangen.
Schriftgestaltung
In der Typographie gibt es unzählige Methoden und Techniken, um auf mikro- und makrotypographischer Ebene für ein harmonisches Schriftbild zu sorgen: Überhang (Overshoot), Unterschneidung (Kerning), Ligaturen, Laufweite, Strichstärkenkontrast, Inktrap, und vieles mehr. So werden beispielsweise vertikale Striche (Stems) oft minimal dicker gestaltet als die horizontalen Striche (Bars), damit beide optisch gleich kräftig wirken. Im Typolexikon und unter typografie.info wird in aller Ausführlichkeit auf die vielen Facetten der Schriftgestaltung eingegangen. Kurt Weidemann hat die Vertikalen im Logo der Deutschen Bahn minimal dicker angelegt als die Horizontalen. Die Grundlage hierfür bildet auch in diesem Fall die Gestaltpsychologie.
Doch Logogestaltung ist eine eigene Designdisziplin. Es wäre ein Fehler, wie es KI-Sprachmodelle vielfach tun, wie sich im Rahmen der Recherche zu diesem Artikel gezeigt hat, Bedingungen, Regeln, Anforderungen und Ziele aus einem Teilbereich in einen anderen zu übertragen. Auch deshalb, weil KI-Sprachmodelle wie ChatGPT, GoogleGemini und Perplexity nach wie vor sehr viel Unsinn produzieren, wodurch sie entscheidend zur Verbreitung von Desinformation beitragen, soll mit diesem Artikel der Versuch der Klarstellung unternommen werden.
Denn es ist so: Während bei der Gestaltung von Schriftzeichen die harmonische Eingliederung in ein Alphabet, in ein Font-System im Vordergrund steht, liegt der Fokus bei der Gestaltung eines Logos auf dessen individuellem Ausdruck. Im Kontext Logodesign spielen Prägnanz, Individualität, Emotionalisierung und Story-Telling eine viel größere Rolle. Mit dem Design eines Logos sind ganz andere Ziele verknüpft.
Typologos wie jene von Coca-Cola oder Tempo sind mehr als ein reiner Textkorpus. Ein Typologo hat eine über das geschriebene Wort hinaus gehende semiotische Bedeutung – es repräsentiert etwas: eine Marke. Logos haben eine kommunikative Qualität. Sie werden (von der Erstwahrnehmung einmal abgesehen) weniger wie ein Wort gelesen, sondern mehr wie ein bildhaftes Zeichen erfasst und wahrgenommen, zumeist flüchtig, als Repräsentant einer Marke.
Um die Unterschiedlichkeit der Disziplinen an einem konkreten Beispiel zu veranschaulichen: Bei der Wortmarke des finnischen Glasherstellers Iittala ließen sich die Zeichenzwischenräume unter dem Gesichtspunkt der Schriftgestaltung zweifellos harmonisieren. Doch eben jene unregelmäßigen, geradezu verstörend unruhig wirkenden Zeichenzwischenräume sind es, die der Wortmarke Unverwechselbarkeit verleihen, und die den künstlerischen Anspruch der Marke Iittala artikulieren, und diesen im Visuellen bestätigen. So wie in der Musik eine Pause einem Ton Ausdruckskraft verleiht, ist es im Design der Zwischenraum, der einem Zeichen (Linie, Buchstabe, Farbfläche, u.a.) Geltung und Bedeutung verschafft.
Das bewusste Spiel mit Unregelmäßigkeiten wie auch die gezielte Asymmetrie können in der Gestaltung ungemein effektvoll sein, im Design ebenso wie in der Architektur oder in der Kunst. So wie die ineinander gelegten Hände des Arnolfini-Brautpaares (Jan van Eyck, 1434), leicht rechts der Mittelachse versetzt, Spannung erzeugen und die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehen. Auch das von Paula Scher im Jahr 1995 entworfene Plakat „The Public Theater“ ist deshalb besonders aufmerksamkeitsstark, weil die Gestaltung den gezielten Bruch mit traditionellen Gestaltungsprinzipien wie Symmetrie, Goldener Schnitt, Raster und Achsen beschreibt und dabei tradiertes Harmonieverständnis auf die Probe stellt.
Unregelmäßigkeiten und Asymmetrien im Logodesign
Auch andere namhafte Grafikdesigner, etwa Saul Bass oder Paul Rand, haben für ihre Designs oft asymmetrische Kompositionen gewählt. Das Logo von Continental Airlines (Saul Bass, 1968) besteht nicht, wie so viele andere Airline-Logos, aus einem Kreis als Grundform, sondern aus einer Ellipse. Zudem ist die Bildmarke nicht achsensymmetrisch, obwohl sie dem Anschein nach so wirkt.
Auch Paul Rand, der unter anderem Logos für IBM, UPS und ABC entworfen hat, stattete 1959 das Logo von Westinghouse Electric (Abb. unten links) mit mehreren Unregelmäßigkeiten aus: der Ring ist auf der linken Seite dicker; zudem sind die An- und Abstriche im W minimal verschoben. Das Zeichen ist also nicht zu 100 Prozent achsensymmetrisch.
- Westinghouse Logo, Quelle: Westinghouse
- Starbucks Sirene, Quelle: Starbucks
100 Prozent achsensymmetrisch ist auch die Sirene im Starbucks-Logo nicht (Abb. oben rechts). Die Kontur der Nase unterscheidet sich minimal links- und rechtsseitig der Mittelachse. Verleiht die rechtsseitig längere Schattenkontur der Figur eine natürlichere Anmutung, ein menschlicheres Antlitz? Würden einheitliche Schattenkonturen die Qualität und den Ausdruck des Zeichens verschlechtern? Dies mag jeder für sich bewerten.
Zwei Logos mit versteckten, kaum wahrnehmbaren Unregelmäßigkeiten. Inwieweit derlei Unregelmäßigkeiten dafür sorgen können, dass eine Form einen harmonischeren Ausdruck erhält, ist fraglich. Hinzu kommt, dass die Details schon bei der üblichen Darstellungsgröße eines Logos (App-Symbol, Website, Briefpapier) kaum zur Geltung kommen.
Auch bei dem kürzlich hier im dt vorgestellten Logo der Verbraucherzentrale wurde die Binnenform, das V, absichtlich leicht nach rechts verschoben (siehe Logo-Konstruktion). Die Anpassung diene, so die Erklärung seitens der Verbraucherzentrale, der „optischen Zentrierung in der Gesamtkombination mit der Wortmarke“. Der Umstand, dass das verschobene V auch in der alleinstehenden Verwendung der Bildmarke beibehalten wird, begründet die Pressestelle der Verbraucherzentrale damit, dass „die Bildmarke insbesondere im digitalen Einsatz (z. B. in Social Media) häufig zusammen mit Text dargestellt“ wird. Die leichte Verschiebung unterstütze demnach auch dort die visuell ausgeglichene Gesamtwirkung. Doch kann ein Design dies leisten? Die Begründung ist wenig plausibel.
Aufgrund der hohen Anzahl von Medienanwendungen, Touchpoints und Anwendungskontexten, die im Rahmen von Markenkommunikation heutzutage bestehen, lassen sich die zahlreichen Kombinationen, bestehend aus Logo plus Textumfeld, unmöglich in der beschriebenen Weise harmonisieren. In einigen Fällen ist die „Verbraucherzentrale“-Wortmarke rechts der Bildmarke platziert, mal steht der Name darunter, mal ist der Name einzeilig, mal zweizeilig, mal in schwarz gehalten, mal in weiß (siehe Screen). Zudem sind Abstände, Farbschemata und Typographie unterschiedlich. All diese Bedingungen können darüber hinaus durch Anwender individuell angepasst werden (Schriftgrößen, Dark-Mode, Zoom, etc.).
Diese Unterschiedlichkeit und Varianz gilt es bei der Gestaltung von Logos sicherlich im Hinterkopf zu haben. Allerdings ist es weder technisch möglich diese Varianz auszugleichen, quasi über eine Art Framework, das eine adaptive, kontextsensitive Bildmarke passend zum Umfeld ausspielt –, noch gibt es ein Design, das über eine derartige Qualität verfügt, dass es diese Varianz ausgleichen könnte. Kein wie auch immer manipuliertes Logodesign vermag diese Varianz zu harmonisieren. Design kann vieles leisten, doch nicht alles.
Tatsächlich sind gestalterisch in dieser Weise frisierte Logos verbreiteter als man annehmen könnte. Beispielsweise ist auch das Volkswagen-Logo 2 nicht zu 100 Prozent achsensymmetrisch. Auch an der Target-Bildmarke, im Prinzip eine 100 Prozent symmetrische Form, wurde Hand angelegt und die Symmetrie moduliert (Abb. unten). Wer das Bullseye richtig ins Visier nimmt, wird erkennen: dies ist gar kein Kreis!
- VW Logo – original und gespiegelt, Bildquelle: Volkswagen, Bildmontage: dt
- Target Logo – original und gespiegelt, Bildquelle: Target Corporation, Bildmontage: dt
Die Verschiebungen sind minimal. Beim VW-Logo ist der Ring auf der linken Seite etwas stärker, dafür sind die Anstriche von V und W etwas dünner. Beim Target-Logo sind der weiße Ring und die rote Kreisfläche innen minimal seitlich verschoben und verbogen.
Auch vom Mercedes-Stern sind Logoversionen in Umlauf, bei denen Stern- und Ringform in ähnlicher Weise seitlich verschoben dargestellt sind. Im Brand-Design-Hub von Mercedes wie auch im Webauftritt unter mercedes-benz.de ist ein 100 Prozent achsensymmetrisches Stern-Signet hinterlegt – auf mehreren Facebook-Profilen sowie im Geschäftsbericht 2024 kommt hingegen eine Version mit minimal verschobenen Zacken zum Einsatz. Erst in stark vergrößerter Darstellung sind die Abweichungen zu erkennen. An dieser Stelle muss betont werden, dass es sich hierbei keinesfalls um eine Art von Darstellungsfehler oder technischem Defekt handelt, verursacht durch Bildkompression oder Dateikonvertierung. Die Logos wurden mit Absicht in der dargestellten Form gestaltet.
Schön zentrisch, schön symmetrisch
Um zu verstehen, was es mit derlei Unregelmäßigkeiten innerhalb von Bildmarken auf sich hat, müssen wir auf den oben genannten Aspekt zurückkommen: Wir empfinden Symmetrie als harmonisch. Doch 100 Prozent perfekte Symmetrie kann auch unheimlich wirken, bezogen auf den menschlichen Körper und das Gesicht. Im Rahmen von anatomischen Studien wurde festgestellt: je symmetrischer ein Körper aufgebaut ist, desto positiver wird dieser bewertet 3. Als schön und gesund wird angesehen, wer ein möglichst symmetrisches Gesicht hat. Auffällige Asymmetrien werden als Zeichen von Erkrankung gedeutet. Perfekte Symmetrie gibt es in der Anatomie allerdings nicht.
Und dieser Aspekt spielt in unterschiedliche Designdisziplinen mit hinein, die Natur gewissermaßen zum Vorbild nehmend. Das Ergebnis sind mikroskopisch kleine Abweichungen, die das Gesamtbild einer als symmetrisch angesehenen Form in positiver Weise unterstützen sollen. Das menschliche Gehirn sucht nach Mustern, und ist in der Lage fehlende Elemente imaginär zu ergänzen – so können wir Konturen sehen, wo keine sind (Scheinkonturen). Paul Rand, einer der einflussreichsten und profiliertesten Gestalter seiner Zeit, war zudem der Meinung, dass eine perfekte Symmetrie zu offensichtlich wäre 4.
Dahinter steht eine Designphilosophie, die nach Rands Verständnis dem Betrachter ein „intellektuelles Vergnügen“, eine Art ästhetische Befriedigung bietet. Otl Aicher, der nicht nur ein akribischer, detailversessener Gestalter war sondern darüber hinaus als Designtheoretiker in der Entwicklung des modernen Designs in Deutschland eine Schlüsselrolle einnimmt, hat ebenfalls an die unter seiner Leitung entstandenen Werke eine philosophische Dimension geknüpft, auch eine moralische. Aicher bezeichnete Symmetrie als „Syntax der Macht“, in Anspielung auf die Architektur von Repräsentationsbauten, wie jene des Weißen Hauses.
Menschen haben unterschiedliche Vorstellungen davon, was ästhetisch, schön, harmonisch ist. Die Wissenschaft kann bestimmte Muster und Faktoren identifizieren, die bei der Wahrnehmung von Designs eine Rolle spielen. Doch inwieweit eine solche von Gestalterhand herbeigeführte Symmetriemodulation einen positiven Effekt auf die Wahrnehmung eines Logos hat, dürfte schwierig zu ermitteln sein. Hinzu kommt, dass die benannten wahrnehmungspsychologische Faktoren innerhalb der Designwelt unterschiedlich, teils gegensätzlich ausgelegt und interpretiert werden. Im Westinghouse-Logo ist der Ring links dicker, während die Ringdicke bei VW und Target in der Höhe variiert.
Vielleicht, so eine These, hat man in den 1960er-, 1970er-Jahren, in einer Zeit, in der die Disziplinen Branding und Corporate Design immer noch in den Kinderschuhen steckten, namhaften Gestaltern mehr Vertrauen und Glauben geschenkt. Design ist heute demokratischer – Wissen und Werkzeuge sind jederzeit verfügbar. Zudem sind die Anforderungen im Bereich der Markenkommunikation heute wesentlich komplexer. Hersteller, die falsche Versprechen machen, bekommen den Zorn der Internetgemeinde zu spüren. Wenn ein Unternehmen im Leitbild Werte wie Integrität, Ehrlichkeit, Transparenz, Klarheit und Authentizität betont, dann braucht es heute mehr denn je ein visuelles Erscheinungsbild, das dieses Selbstbild auch bestätigt. Daher gilt für Marken: „Macht euch ehrlich!“ 5.
Das von Anton Stankowski gestaltete Logo der Deutschen Bank, der „Schrägstrich im Quadrat“, ist ehrlich, echt, frei von Verformungen und Verschiebungen. Die streng geometrische Konstruktion visualisiert einen damit einhergehenden Anspruch: Präzision. Ein Zeichen, das nach wie vor funktioniert.
Das Kranich-Signet der Lufthansa, im Jahr 1918 von Otto Firle erdacht und zuletzt von der Münchner Agentur Martin et Karczinski überarbeitet, ist, anders als die Binnenfläche im VW-Logo, auch im mathematischen Sinne ein Kreis. Der Kranich umgebende Ring verfügt über eine gleichmäßige Stärke. Auch der Ring im Logo des Chemiekonzerns Bayer und die Audi-Ringe sind gleichmäßig. Das von Thomas Miller in den 1950er-Jahren entworfene Logo von Motorola ist ebenso zu 100 Prozent achsensymmetrisch wie die von William Golden 1951 gestaltete CBS-Bildmarke. Auch auf die kreisrunden Logos von Bosch, Yamaha und vielen anderen Marken trifft dies zu.
Informationsdesign
Auch im Informationsdesign ist Symmetrie bedeutsam. Achsen- und punktsymmetrisch gestaltete Verkehrszeichen sorgen dafür, dass wir die entsprechenden Informationen schnell und eindeutig erkennen. Ein intellektuelles Vergnügen muss die Betrachtung eines Einbahnstraßenschildes nicht bereiten.
Im Flaggendesign sind Formen, die nur dem Anschein nach symmetrisch sind, völlig unüblich. Symmetrie ist bei Flaggen laut North American Vexillological Association (NAVA) kein absolutes Muss, wird jedoch häufig als unterstützendes ästhetisches Element genutzt. Gutes Flaggendesign ist vor allem simpel und klar. So wie die südkoreanische Nationalflagge (Taegeuk), deren Konstruktion einem strengen symmetrischen Prinzip folgt. Beides, Flaggen und Verkehrszeichen, sind so gestaltet, dass diese aus der Entfernung und in unterschiedlicher Ausrichtung gut erkennbar sind. Kriterien, die auch im Logodesign relevant sind.

Doch Unregelmäßigkeiten und Asymmetrien finden sich auch in der Welt des Informationsdesigns, so zum Beispiel in den GHS-Gefahrenkennzeichen („Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals“), die seit 2012 in Europa als Kennzeichnung für alle gefährlichen Chemikalien Pflicht sind.
Grafische Objekte wie Flamme, Totenkopf und Ausrufezeichen sind im roten Korpus in Form einer Raute nicht nur leicht aus der Mittelachse nach rechts versetzt, ihre Form selbst ist ebenfalls asymmetrisch. Inwieweit die für die Gestaltung verantwortlichen Personen auch in diesem Fall eine harmonischere Gesamtwirkung verfolgen, ist nicht bekannt. Auch in diesem Fall ist der Versatz gezielt herbeigeführt, und nicht etwa ein Darstellungsfehler.
- GHS Piktogramm Tödliche Vergiftung Schädel, Quelle: echa.europa.eu
- GHS Piktogramm Tödliche Vergiftung, Quelle: echa.europa.eu
Als Maßstab für gutes Design können diese Zeichen kaum gelten, ganz unabhängig von ihrer schlechten Darstellungsqualität. Zudem sind die Objekte wie der Totenschädel im GHS06-Piktogramm viel zu weit oben platziert, als dass diese als mittig im Rautenkorpus wahrgenommen werden könnten. Der Kopf sitzt schlichtweg zu weit oben, lässt sich, bedingt durch die Knochen, in dieser Form auch nicht mittig positionieren.
Auch das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN), unter anderem verantwortlich für die Gestalt der Sicherheitszeichen, ist, was die Ausrichtung der grafischen Objekte betrifft, kein verlässlicher Maßstab und Orientierungspunkt. Zu inkonsistent ist die Gestaltung der Zeichen.
Zeichen wie das für „Sammelstelle“ (E007) oder jenes für Augenschutz (M004) sind zu 100 Prozent achsensymmetrisch; hier sind die Objekte zentrisch platziert. Wohingegen in Zeichen mit gleicher Machart, wie beim „Atemschutz“-Zeichen (M017), Objekte von der Mittelachse rechts verschoben abgebildet werden. Eben für jene Zeichen der ISO-Norm ISO 7010 bestehen dezidierte gestalterische Vorgaben, um so das perzeptuelle Erleben der Sicherheitszeichen zu optimieren. Auch die Einheitlichkeit der Gestaltung soll so gewährleistet werden. Doch wie sich zeigt, gelingt dies nicht immer.
Symbole & Piktogramme
Die von der Designorganisation AIGA herausgegebenen „Symbolzeichen“ sind in dieser Hinsicht konsistent, auch sonst ist gestalterische Qualität besser. Wie viele der über 8 Millionen Icons auf thenounproject.com mit einer Scheinsymmetrie ausgestattet sind, wäre mal interessant zu wissen. Vielleicht mag sich ein KI-Modell der Sache annehmen. Jedenfalls ist diese Art der Verformung von Piktogrammen völlig üblich, auch im Kontext User Interface ist diese keine gängige Praxis.
Markenlogos und Symbole haben als Bedingung gemein, dass sie in zigtausend unterschiedlichen Anwendungskontexten funktionieren müssen. So wie das vom britischen Künstler und Designer Gerald Holtom im Jahr 1958 entworfene „CND-Symbol“ (Campaign for Nuclear Disarmament), allgemein als „Peace-Zeichen“ bekannt. Jeder Mensch, der es einmal gesehen hat, kann das Symbol aus der Erinnerung nachzeichnen. Selbst mit einem einfachen Flachpinsel aus dem Baumarkt oder einer Sprühdose lässt sich das Symbol in sekundenschnelle auf Pappschild, Transparent, T-Shirt und Beutel übertragen.

Die Größe der Winkel, die Breite der Striche oder der Grad der Symmetrie sind dabei ebenso nachrangig wie eine exakte Linienführung des Kreises. Ein Kind kann mit Fingerfarben das Zeichen auf Papier malen – und jeder erkennt es. Die Qualität des Zeichens besteht in der Einfachheit der Struktur, in der Symmetrie der Form. Ein pures, ungeschöntes, dabei ästhetisches, langlebiges, nicht-artifizielles Design.
Konzeptionelle Reinheit und Minimalismus sind auch im Logodesign gefragt. „Im Design sollte man keine Angst vor den allereinfachsten Lösungen haben, wenn sie die Sache treffen“, schreibt Aicher in „Die Welt als Entwurf“ 6. Die Welt ist ohnehin kompliziert genug. ☮
Wer es bis zu dieser Stelle des Artikels geschafft hat, sieht Logodesign und verwandte Gestaltungsdisziplinen womöglich mit anderen Augen. Die Dinge sind zuweilen nicht so wie sie scheinen. Visuelle Gestaltung ist zudem nicht allein eine Frage des persönlichen Geschmacks. Viele Designprinzipien fußen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Vielleicht kann dieser Artikel dazu beitragen etwas mehr Licht in die optische Mitte zu führen. Das würde mich freuen. Wie immer gilt im dt: Kommentare, Anregungen und Ergänzungen sind sehr willkommen.
Fußnoten
- Monika Heimann, Michael Schütz: Wie Design wirkt – Psychologische Prinzipien erfolgreicher Gestaltung. Rheinwerk Verlag, 2016
- Beim Volkswagen-Logo wurde, nachdem es 2019 öffentlich präsentiert und eingeführt wurde, der Strichstärkenkontrast zwischen „VW“ und dem umgebenden Ring nachträglich durch die verantwortlichen Designer angepasst und verringert, siehe dt-Beitrag
- Vera Spillner: Symmetrische Schönheit, spektrum.de
- Maria Popova, Thoughts on Design: Paul Rand on Beauty, Simplicity, the Power of Symbols, and Why Idealism Is Essential in Creative Work, The Marginalian
- Lucas von Gwinner, Dirk von Gehlen: Macht Marke – Orientierung, Sinn, Vertrauen. Wie Kreative Zukunft gestalten, Verlag Hermann Schmidt, 2024
- Otl Aicher, Die Welt als Entwurf, Ernst & Sohn,
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