Connect with us

Künstliche Intelligenz

Texten auch bei Blackout | Meshtastic ausprobiert


In diesem Video erklären wir, wie das Open-Source-Projekt Meshtastic funktioniert, wie man es selbst einrichtet und warum es im Krisenfall ein echter Gamechanger sein kann.

(Hinweis: Dieses Transkript ist für Menschen gedacht, die das Video oben nicht schauen können oder wollen. Der Text gibt nicht alle Informationen der Bildspur wieder.)

Guckt mal hier, das bin ich, wie ich meinem Kollegen Jan aus der Pampa ohne Handynetz Nachrichten in den Verlag schicke — aus mehreren Kilometern Entfernung! Möglich macht das dieses kreditkartengroße Gerät und ein solarbetriebener Verstärker auf dem Verlagsdach. Das Kärtchen ist per Bluetooth mit meinem Smartphone verbunden und wird per App bedient. Damit kann ich dann SMS verschicken und wenn zwischen mir und dem Verstärker eine Sichtverbindung ist, klappt das wirklich über Dutzende Kilometer!

Die Magie dahinter heißt Meshtastic. Das ist ne Open-Source-Software für Bastelplatinchen und auch immer mehr fertige Geräte mit LoRa-Funkmodem. Damit bildet Meshtastic dann ein Meshnetzwerk über das man chatten kann, ohne auf Handy- und Festnetze angewiesen zu sein.

Ich bin Andi, mach hier Urlaubsvertretung für Keno und hab mich in den letzten Wochen ziemlich intensiv mit Meshtastic beschäftigt. In diesem Video zeig ich euch, was Meshtastic ist und wie ihr selbst damit loslegen könnt.

Liebe Hackerinnen, liebe Internetsurfer, herzlich willkommen hier bei …

Stellt euch vor ihr seid abends zuhause, zockt mit Freunden gemeinsam online und plötzlich wird alles dunkel. Fernseher aus, Lampe aus und der Router leuchtet nicht mehr. Ihr nehmt das Handy zur Hand, um euren Freunden eben Bescheid zu geben, dass bei euch der Strom ausgefallen ist und dass ihr bestimmt gleich weiterzocken könnt — und habt kein Netz. Draußen ist nicht nur deine Straße dunkel, sondern die ganze Stadt — ein Blackout! Ihr seid abgeschnitten und könnt plötzlich nur noch so weit kommunizieren, wie es eure Stimme zulässt.

So ein Szenario ist am 28. April dieses Jahres beim Blackout in Spanien und Portugal Realität geworden. An vielen Stellen hatte man entweder gar keinen Mobilfunkempfang mehr oder nur noch sporadisch. Ein Stromausfall dieses Ausmaßes ist in Deutschland zwar aufgrund unserer vielen Nachbar-Verbindungen unrealistischer, aber wenn es dann doch passiert, ereilt unsere Handynetze dasselbe Schicksal: Wenn überhaupt ein größerer Akkupuffer an der Basisstation in eurer Nähe vorhanden ist, ist er in der Regel nach wenigen Stunden leer. Die Netzbetreiber sagen auch ganz klar: Unsere Netze sind von der öffentlichen Stromversorgung abhängig.

Wollt ihr euch für so einen Fall vorbereiten, müsst ihr für alternative, netzunabhängige Kommunikationskanäle sorgen. Da kann man natürlich ganz klassisch auf Sprechfunkgeräte in den allgemein zugeteilten Bereichen alias “Jedermannfunk” gehen, etwa PMR auf 446 MHz oder CB-Funk auf 27 MHz … ist beides lizenzfrei. Aber um dort gute Reichweiten zu erzielen, muss man schon einigen Aufwand betreiben — etwa große Antennen aufs Dach schrauben. Relaisfunkstellen, die die Reichweite etwa von einem Berg aus verlängern, sind in diesen Bereichen nicht zulässig und die meisten Funkgeräte können das deshalb auch gar nicht.

Etwas einfacher kann man es sich mit Meshtastic machen: Wie ich eingangs schon erwähnt habe, ist Meshtastic ein Funkprotokoll für den Textnachrichtenaustausch. Wer mitmachen möchte, benötigt ein Meshtastic-fähiges Gerät — auch genannt Node — und die Meshtastic-App auf dem Smartphone. Beide werden per Bluetooth miteinander verbunden. Das Node erweitert das Smartphone sozusagen um eine Schnittstelle zur netzunabhängigen Fernkommunikation — etwas, was Smartphones sonst nicht können, weil 5G- und LTE-Modems keinen Handy-zu-Handy-Modus haben und WLAN und Bluetooth nur so ungefähr 100 Meter weit reichen.

Meshtastic nutzt die Datenfunktechnik LoRa – das steht für „Long Range“ – um mit sehr wenig Energieaufwand sehr hohe Reichweiten zu erzielen. Bei freier Sicht zwischen zwei Punkten geht das locker 10 Kilometer, meist aber weiter. Die damit erreichte Datenrate ist allerdings gering, wir reden hier über wenige Kilobit pro Sekunde; die Meshtastic-Grundeinstellung liegt bei 1,07 Kilobit pro Sekunde. Das ist auch der Grund, weshalb Meshtastic keine digitale Sprache oder etwa Bilder überträgt, sondern nur verschlüsselte Textnachrichten mit bis zu 200 Zeichen.

Das Einrichten und Texten läuft bei Meshtastic aus der Smartphone-App heraus und ist relativ simpel. Die Chat-Oberfläche unterscheidet sich auch nicht allzu sehr von der bei WhatsApp & Co. Gerade für weniger technikaffine Menschen ist da also die Hürde etwas geringer als bei einem CB-Funkgerät zum Beispiel, wo man dann ja noch die Bedienung erlernen, Antennen anschrauben und die richtigen Kanäle einstellen muss. Wie bei den anderen Jedermannfunk-Arten können bei Meshtastic alle ohne eine Prüfung oder Ähnliches mitmachen, denn der genutzte Frequenzbereich zwischen 863 und 870 MHz ist komplett lizenzfrei nutzbar.

Zur Trennung der Kommunikation gibt es Kanäle, die sind mit Gruppenchats in Messengern vergleichbar. Ab Werk hat jedes Meshtastic-Node einen allgemeinen Kanal voreingestellt und bis zu sieben weitere kann man selbst anlegen. Jeder Kanal hat einen eigenen Schlüssel, sodass nur Nodes mit dem passenden Schlüssel Nachrichten entschlüsseln können. Ein privater Familienchat ist in Meshtastic also kein Problem. Außerdem hat jedes Gerät ein Schlüsselpaar aus öffentlichem und privatem Schlüssel, sodass auch geheime Direkt-Chats möglich sind.

Das beim Sprechfunk hohe Risiko, etwas zu verpassen, wenn man mal kurz nicht am Funkgerät ist, gibts bei Meshtastic übrigens auch nicht — selbst, wenn das Smartphone mal aus ist. Die Nodes speichern eingehende Nachrichten nämlich und schicken sie an die App, sobald diese sich wieder verbindet.

Der größte Vorteil gegenüber CB-Funk & Co., den hab ich bislang unterschlagen, ist aber das Meshing: Meshtastic-Geräte helfen dabei, Nachrichten aus Gruppenchats, Direktnachrichten oder Positionsdaten weiterzuleiten, indem sie sie erneut aussenden, nachdem sie sie von einem anderen Node empfangen haben. Das gilt auch für Nachrichten aus Chats, die sie selbst nicht entschlüsseln können – das Meshtastic-Gerät des Nachbarn sendet also auch euren Familienchat weiter, ohne tatsächlich mitlesen zu können.

Beim Weiterleiten entscheidet jedes Gerät individuell, ob es eine empfangene Nachricht erneut senden soll – abhängig davon, ob es sie bereits kennt und ob ein anderes Node sie nicht bereits weitergeleitet hat. Dazu wartet jedes Node nach Empfang eine kurze, zufällige Zeit. Hat in dieser Zeit niemand sonst die Nachricht gehoppt, sendet das Node sie erneut aus. So entsteht ein intelligentes, sparsames Meshnetz, das auch weit entfernte Geräte zuverlässig erreicht.

Damit keine endlose Nachrichtenflut entsteht, hat jedes Paket einen Hop-Zähler und bei jedem Hop wird der Zähler um 1 heruntergezählt. Ist der Zähler beim Empfang auf 0, wird das Paket nicht erneut ausgesendet. Die Werkseinstellung ist 3, aber man kann den Zähler auf bis zu 7 stellen und damit dann richtig weit kommen. Sollte man nur nicht unbedingt machen, wenn’s nicht nötig ist.

1 und 1 zusammengezählt: Stellt man jetzt ein Meshtastic-Gerät auf ein hohes Gebäude oder einen hohen Berg, steigt die Reichweite für alle Geräte im Tal drastisch an, denn ihre Pakete werden ja von dem Gerät auf dem hohen Standort erneut ausgesendet. Zwischen zwei Bergen sind problemlos 100 Kilometer möglich.

Diese strategisch positionierten Geräte nennt man „Router“. Das ist dann zwar auch wieder eine Art Netzinfrastruktur, aber weil Meshtastic so wenig Energie benötigt, reicht ein kleines Solarpanel für den Dauerbetrieb und mit überschaubarer Akkukapazität kann man mehrere Wochen Dunkelheit überbrücken. Das ist also kein Vergleich mit einer Mobilfunk-Basisstation, die mehrere Hundert Watt für den Betrieb benötigt.

Meshtastic ging 2019 als Hobbyprojekt auf der Code-Plattform GitHub los und ist mittlerweile ne eigene Firma. Als wir 2022 das erste Mal über Meshtastic berichtet haben, war’s wirklich noch in den Kinderschuhen. Heute ist zwar immer noch im Beta-Status, hat aber krass an Funktionen gewonnen, ist wirklich schon echt stabil und macht vor allen Dingen auch Spaß.

So! Neugierig geworden?! Dann erzähl ich jetzt, was ihr braucht, um selbst Meshtastic-User zu werden!

Wenn ihr überhaupt keine Lust auf Basteleien habt, ist das SenseCAP T1000-E von Seeed Studio die richtige Wahl für euch. Das Teil kostet ungefähr 50 Euro, ist so groß wie eine Kreditkarte …vielleicht ein bisschen größer … und ist das ideale Gerät für Einsteiger. Darin steckt ein super sparsamer Bluetooth-Chip von Nordic, die haben das Thema Energiesparen bei Bluetooth-Chips wirklich durchgezockt. Das kleine Ding hier hält mit 700 Milliamperestunden einfach 2–3 Tage und noch länger, wenn man das GPS-Modul ausmacht.

Positionsdaten kann Meshtastic auch, gibt auch eine Karte in der App, hatte ich vorhin nicht explizit erwähnt. Kann man natürlich abschalten, für die Privatsphäre. Aber das ist der Grund, weshalb viele Meshtastic-Geräte auch ein Modul für Systeme wie GPS und Galileo haben.

Das T1000-E kommt mit Meshtastic vorinstalliert, aber da Meshtastic nach wie vor Beta-Status hat, muss man sich darauf einstellen, gelegentlich mal Updates machen zu müssen. Das geht aber wirklich echt einfach bei dem Gerät: Man steckt das USB-Kabel in den Rechner, hält den Knopf vorne gedrückt und flickt den Magnetkontakt zweimal so weg vom Gerät. Das bringt das T1000 dann in den Installationsmodus, sodass es im Dateimanager als Laufwerk auftaucht. Dann geht man auf die Meshtastic-Seite, lädt die Firmware herunter und kopiert sie auf das Laufwerk — fertig. Ziemlich simpel.

Das Einrichten ist auch echt super einfach.

Wenn ihr einen 3D-Drucker zur Verfügung habt und euch nicht vor ein wenig Bastelei scheut, könnt ihr euch auch ein Node selber bauen, ist dann ein bisschen günstiger und mit Display. Das hier ist ein Heltec LoRa32 v3 mit dem ESP32, einem bei Bastlern beliebten Mikrocontroller mit WLAN und Bluetooth. Bei Amazon gibt’s zum Beispiel Sets, wo gleich ein Akku dabei ist, und diese Antennen gibt’s da auch. Das Gerät hier hat unsere Autorin Paulina Graf gebaut und auch gleich einen Artikel dazu geschrieben, wie das geht. Super einfaches, einsteigertaugliches Bastelprojekt, Link ist in der Beschreibung.

Nahezu bastelfrei ist übrigens auch das Solar-Node auf unserem Dach. Das ist das D5 von KeepTeen aus China. Die bauen normalerweise Solarmodule mit integriertem Laderegler und Akku für Lampen oder IP-Kameras und haben einfach in eines ihrer Produkte eine Meshtastic-kompatible Platine eingebaut. Dazu muss man dann nur noch vier 18650-Akkus einstecken und dann kann’s losgehen. Im Lieferumfang ist Montagematerial für Bäume und Wände. Wir haben uns da aber nochmal einen Masthalter für besorgt; das Modul hat ein ¼-Zoll-Stativgewinde auf der Rückseite, was das Montieren von allerhand Montageoptionen einfach macht.

Ich hab die letzten Wochen natürlich auch viel für dieses Video und meinen Artikel auf heise+ mit Meshtastic herumgespielt. Mein Kollege Jan Mahn und ich haben auch die Kombination aus KeepTeen D5 auf dem Dach des Verlags und dem SenseCAP T1000-E getestet und wir sind hier im innerstädtischen Umfeld so auf circa ein bis drei Kilometer gekommen.

Autorin Paulina war mit ihrem Heltec auch schon im Höhenzug Deister bei Hannover unterwegs und hat dort 18 Kilometer entfernte Meshtastic-Nodes erreicht. Da geht also wirklich deutlich mehr, wenn man ein Node auf einem Berg hat.

Praktisch ist, dass Meshtastic im Chat anzeigt, wenn das Paket erneut ausgesendet wurde, also sozusagen die Mesh-Wolke erreicht hat. Das heißt aber noch nicht, dass es auch bei allen angekommen ist. Wenn man wirklich sichergehen möchte, dass ein bestimmter Empfänger die Nachricht erhalten hat, muss man einen Direktchat öffnen und da gibts dann das Personen-Icon als Empfangsbestätigung, sowas wie der Doppelhaken in Messengern.

Dafür, dass Meshtastic als Software einfach kostenfrei ist, ist das alles schon echt gut. Und die Nodes sind ja auch günstiger als ein gutes Sprechfunkgerät mit allem Drum und Dran. Ich werde mich auf jeden Fall weiter mit dem Thema beschäftigen und hoffe, euch hat unser kleiner Meshtastic-Ausflug gefallen. Wenn euch das Thema interessiert, schreibt’s in die Kommentare. Keno und ich haben da nämlich noch ein paar Videoideen zu Meshtastic.

Ich hab euch auch alle wichtigen Links in die Beschreibung gepackt, damit ihr direkt selbst loslegen könnt und ein paar weitere Infos zum Thema Katastrophenvorbereitung sind auch dabei. Denn Kommunikation ist nämlich nicht alles und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat da eine schlaue Checkliste gebaut!

Vielen Dank fürs Zuschauen … Abo, Like, ihr wisst. Tschüssi!

c’t 3003 ist der YouTube-Channel von c’t. Die Videos auf c’t 3003 sind eigenständige Inhalte und unabhängig von den Artikeln im c’t Magazin. Die Redakteure Jan-Keno Janssen, Lukas Rumpler, Sahin Erengil und Pascal Schewe veröffentlichen jede Woche ein Video.


(mond)



Source link

Weiterlesen
Kommentar schreiben

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Künstliche Intelligenz

Admin entwendet Kryptowährung in Millionenwert und bleibt vor Gericht straflos


Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat eine weitreichende Entscheidung getroffen, die Auswirkungen auf die strafrechtliche Verfolgung von „Diebstählen“ von Kryptowerten in Deutschland haben dürfte. In dem Fall ging es um die Frage, ob Kryptowährungen im Wert von rund 2,5 Millionen Euro, die durch eine mutmaßlich unbefugte Übertragung ihrem rechtmäßigen Besitzer entzogen worden waren, zur Sicherung eines möglichen Wertersatzes beschlagnahmt werden dürfen. Das Landgericht Göttingen hob eine entsprechende Arrestanordnung der Staatsanwaltschaft auf. Das OLG bestätigte diesen Schritt, da es an einem Anfangsverdacht für eine strafbare Handlung fehle. Der Beschuldigte entgeht so einer rechtlichen Strafe.

Der 1. Strafsenat der zweiten Instanz stellt den Sachverhalt in seinem mittlerweile veröffentlichten Urteil vom September 2024 so dar (Az.: 1 Ws 185/24): Ein Beschuldigter war mit dem Vorwurf konfrontiert, sich 25 Millionen digitaler, nicht näher bezeichneter Coins unrechtmäßig angeeignet zu haben. Er half demnach einer anderen Person – dem späteren Geschädigten – dabei, eine digitale Geldbörse in Form einer Wallet für ein Token-Projekt einzurichten. Dabei erhielt der Beschuldigte Zugriff auf die für den Zugang nötige Passwort-Seed-Phrase, die aus 24 Wörtern bestand. Im Anschluss soll der Beschuldigte die Kryptowerte von der E-Brieftasche des Opfers auf zwei andere Wallets übertragen haben, die nicht dem Geschädigten gehörten.

Das OLG legte zunächst dar: Gemäß Paragraf 242 Strafgesetzbuch (StGB) ist der Diebstahl die „Wegnahme einer fremden beweglichen Sache“. Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum seien jedoch nicht als „Sachen“ im Sinne des Gesetzes anzusehen, da sie keine körperliche, physische Existenz haben. Es handele sich vielmehr um digitale Werte, genauer gesagt um Einträge in einer dezentralen Blockchain. Ein Entwenden im physischen Sinne sei bei diesen so begrifflich ausgeschlossen, was den Tatbestand des Diebstahls von vornherein ausscheiden lasse.

Die Braunschweiger Richter setzten sich auch mit anderen potenziellen Straftatbeständen auseinander, die in solchen Fällen relevant sein könnten. Dabei kamen sie zu ähnlichen restriktiven Ergebnissen. Eine Einordnung als Computerbetrug (Paragraf 263a StGB) verwarf der Senat, da es bei der unbefugten Übertragung von Kryptowährungen in der Regel an dem für diesen Tatbestand erforderlichen Merkmal der „unbefugten Einwirkung auf das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs“ fehle.

Insbesondere sei eine Transaktion im Blockchain-System nicht als „Erklärung“ oder „Täuschung“ im Sinne des Computerbetrugs zu werten, heißt es in dem Urteil. Anders als etwa beim Online-Banking, wo die Eingabe einer TAN als konkludente Erklärung einer Berechtigung zur Transaktion interpretiert werden kann, erfolge die Krypto-Transaktion durch die reine Eingabe des privaten Schlüssels. Dieser löst die Transaktion direkt im dezentralen System aus. Es fehle eine „Miterklärung einer Berechtigung“ zu dem Transfer, die für den Computerbetrug charakteristisch wäre. Das System prüfe lediglich die Gültigkeit des Schlüssels, nicht die Berechtigung des handelnden Individuums im Sinne einer menschlichen Willenserklärung.

Auch eine Strafbarkeit wegen Ausspähens von Daten (Paragraf 202a StGB) ist laut dem OLG nicht gegeben. Diese Klausel schützt Informationen, die „besonders gegen unberechtigten Zugang gesichert sind“. Wenn private Schlüssel oder Passwörter durch unzureichende Sicherungsmaßnahmen, etwa durch ein offenes Notizbuch oder durch Social Engineering erlangt werden, fehlt es der Entscheidung zufolge an der Überwindung einer „besonderen Sicherung“. Eine solche läge nur vor, wenn etwa eine technische Vorrichtung wie eine Verschlüsselung oder eine externe Schutzmaßnahme überwunden werden müsste.

Das Gericht beschäftigte sich ferner mit dem Paragrafen zur Datenveränderung (303a StGB). Zwar erkennt es sich an, dass eine Übertragung von Tokens in der Blockchain technisch gesehen eine Veränderung von Daten ist. Dennoch sah das Gericht den Angeklagten nicht als Täter an. Der Senat begründet dies damit, dass die tatsächliche Datenveränderung nicht direkt durch den Beschuldigten, sondern durch das Netzwerk der Betreiber erfolgt, die Transaktionen bestätigen. Selbst eine indirekte Verursachung reichte dem Gericht nicht aus, da die Hoheit über die Blockchain-Einträge letztlich bei den Netzwerk-Teilnehmern liege.

Laut dem Strafrechtler Jens Ferner bedeutet der Beschluss für die Praxis „eine durchaus überraschende Zäsur“: Ermittlungsbehörden, die reflexartig auf die Paragrafen 202a oder 303a StGB zurückgriffen, um Token-Transfers strafrechtlich zu sanktionieren, müssten künftig verstärkt mit Freisprüchen oder der Einstellung von Verfahren rechnen. Der „virtuelle Diebstahl“ bleibe in der vorliegenden Konstellation eine zivilrechtliche, nicht jedoch eine strafbare Handlung. Wer sich Zugang zu einer Wallet erschleiche, bewege sich aber in jedem Fall im strafbaren Umfeld. Die Quintessenz lautet für den Anwalt: „Strafrecht ist keine Allzweckwaffe gegen jede Form der digitalen Illoyalität – und sollte es auch nicht sein.“ Es sei aber fraglich, ob sich die OLG-Ansicht auf Dauer durchsetze.


(nen)



Source link

Weiterlesen

Künstliche Intelligenz

Digitalisierung & KI: Bundesrat will mehr Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte


Der Bundesrat hat die Bundesregierung aufgefordert, im Zuge einer Reform des Betriebsverfassungsgesetzes „die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates zum Umgang mit Beschäftigtendaten verlässlich zu gestalten“. Dies gelte vor allem mit Blick auf den verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sowie softwarebasierter Systeme. Auch rund um die Einführung und die Gestaltung der Rahmenbedingungen zeit- und ortsungebundener Arbeit wie Homeoffice oder Gleitzeit sei es wichtig, den Betriebsrat stärker einzubeziehen, um verlässliche organisationsinterne Datenschutzvorschriften zu erarbeiten.

Die entsprechende Entschließung zur Modernisierung der betrieblichen Mitbestimmung brachten Bremen, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland in die Kammer ein und fanden dafür am Freitag eine Mehrheit. Zuvor hatte das Arbeitsgericht Hamburg geurteilt: Wenn Unternehmen KI-Systeme wie ChatGPT oder Gemini einführen wollen, müssen sie nicht in jedem Fall den Betriebsrat einbeziehen. Laut dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz von 2021 greifen die Rechte der Beschäftigtenvertretung bei der Gestaltung der Arbeitsumgebung und von Abläufen im Unternehmen aber etwa, wenn dort algorithmische Entscheidungssysteme etwa zur Personalauswahl und -bewertung eingesetzt werden sollen.

Zudem soll die Bundesregierung zu prüfen, wie es Beschäftigten auch bei modernen Arbeitsmodellen ermöglicht oder erleichtert werden könne, einen örtlich erreichbaren Betriebsrat zu gründen. Der Bundesrat verweist dabei vor allem auf die Plattformökonomie. Damit würden Dienstleistungen zunehmend digital vermittelt. In solchen Konstellationen fänden Arbeitsprozesse oft nicht mehr innerhalb einer Betriebsstätte statt, sondern würden ebenfalls nur noch digital gesteuert. Diese Entwicklung dürfe aber nicht dazu führen, „dass die für Plattformbetreiber tätigen Beschäftigten keinen örtlich erreichbaren Betriebsrat gründen können“.

In mehreren aktuellen arbeitsgerichtlichen Entscheidungen wird Mitarbeitern, die in einem mithilfe einer App abgegrenzten Liefergebiet tätig sind, laut dem Beschluss überwiegend versagt, einen Betriebsrat für diese Gegend zu wählen. Der Gesetzgeber müsse daher den Betriebsbegriff anpassen. Gerade in der Gründungsphase einschlägiger Gremien wollen die Länder diese besser vor Behinderungen und Beeinträchtigungen ihrer Arbeit („Union-Busting“) geschützt sehen. Arbeitgeber hätten zwischen 2020 und 2022 in 21,2 Prozent der Fälle erstmalige Betriebsratswahlen und Neugründungen behindert oder dies zumindest versucht.

Generell würdigt der Bundesrat die betriebliche Mitbestimmung als tragende Säule der sozialen Marktwirtschaft und Ausdruck gelebter Demokratie. Solche Instanzen seien ein Grundpfeiler guter Arbeit. Die Arbeitswelt habe sich in den vergangenen Jahren durch die fortschreitende Digitalisierung jedoch so verändert, dass Betriebsräte nach der bestehenden Rechtslage nicht mehr effektiv an allen wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen beteiligt würden. So sei etwa schon der Begriff des Arbeitnehmers zu überarbeiten. Oft sei es kaum noch möglich, Angestellte von Selbstständigen zu unterscheiden. Nicht zuletzt müssten Sitzungen in Form von Video- oder Telefonkonferenzen auch für Betriebsräte zugelassen werden.


(mack)



Source link

Weiterlesen

Künstliche Intelligenz

Next-Gen-SSDs schaffen 28 GByte/s und viel mehr IOPS


Der erste bekannte PCI-Express-6.0-Controller für SSDs heißt SM8466 und stammt vom taiwanischen Unternehmen Silicon Motion. Die Firma hat die Eckdaten des Controllers im Rahmen der chinesischen Messe Flash Memory World 2025 enthüllt. Unter anderem ITHome berichtet. SSD-Hersteller werden den Controller für ihre Modelle kaufen können.

Da PCIe 6.0 die Bandbreite gegenüber PCIe 5.0 verdoppelt, soll sich auch die Übertragungsrate des SM8466 gegenüber aktuellen PCIe-5.0-SSDs knapp verdoppeln. 28 GByte/s nennt Silicon Motion. Dazu verwendet der Controller vier PCIe-6.0-Lanes.

Beeindruckender sind die Input/Output-Operationen pro Sekunde (IOPS) bei zufälligen Zugriffen auf 4-Kilobyte-Blöcke. Bis zu sieben Millionen IOPS nennt Silicon Motion, fast dreimal so viel wie bei den aktuell schnellsten SSDs unter idealen Rahmenbedingungen. Insbesondere die IOPS bestimmen, wie zackig sich eine SSD im Alltag anfühlt.

Immer schnellere Zugriffe und höhere Übertragungsraten gehen allerdings zulasten der elektrischen Leistungsaufnahme. Um diese in Schach zu halten, lässt Silicon Motion den SM8466 vom Chipauftragsfertiger TSMC mit 4-Nanometer-Technik produzieren. Für einen Controller ist das ein ungewöhnlich moderner Prozess. Schon der aktuelle SM2508 für Endkunden-SSDs entsteht mit 6-nm-Strukturen.

Der SM8466 ist derweil rein für Server-SSDs gedacht. Erste Modelle sollen bis Ende 2026 erscheinen. Dazu bringt AMD seine nächste Epyc-Serverprozessor-Generation Venice (Zen 6) mit PCIe-6.0-Support und Intel Xeon-CPUs aus der Familie Diamond Rapids. Bei Nvidia dürfte der nächste ARM-Ableger Vera PCIe 6.0 beherrschen.

Bei Desktop-PCs und Notebooks scheint das Interesse an PCI Express 6.0 gering. Entsprechende Plattformen sollen erst gegen 2030 erscheinen, sagte der Silicon-Motion-Chef Wallace C. Kou kürzlich.


(mma)



Source link

Weiterlesen

Beliebt