Datenschutz & Sicherheit
Wir veröffentlichen das neue Bundespolizei-Gesetz
Die Bundesregierung plant ein neues Gesetz für die Bundespolizei. Das Bundesinnenministerium hat einen Gesetzentwurf erarbeitet und an Verbände geschickt. Wir veröffentlichen das 170-seitige Dokument als PDF: Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bundespolizeigesetzes.
Das neue Gesetz soll das aktuelle Bundespolizeigesetz vollständig ersetzen. Das ist aus dem Jahr 1994 und damit laut Bundesregierung veraltet. Das neue Bundespolizeigesetz gibt der größten deutschen Polizei „zeitgemäße und moderne“ sowie „zusätzliche und neue Befugnisse“.
Staatstrojaner und Quellen-TKÜ plus
Das Gesetz erlaubt der Bundespolizei erstmals die Überwachung von Telekommunikation. Die Polizei soll Personen präventiv überwachen, um Gefahren abzuwehren – auch wenn „noch kein Tatverdacht begründet ist“.
Die Befugnis ermöglicht nicht nur klassische Telefon-Überwachung, sondern auch den Einsatz von Staatstrojanern. Die Polizei soll Smartphones und Computer hacken und infizieren, um verschlüsselte Kommunikation „wie beispielsweise Skype oder Whatsapp“ auszuleiten.
Laut Gesetzentwurf soll die Bundespolizei dabei auch auf gespeicherte Daten zugreifen. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, den „Zugriff auf retrograd gespeicherte Daten“ nicht zu erlauben. Gegen diese „Quellen-TKÜ plus“ laufen mehrere Verfassungsbeschwerden.
Fluggastdaten ohne Anordnung
Seit 2017 müssen Fluglinien sämtliche Passagierdaten von Flügen aus oder nach Deutschland an das Bundeskriminalamt übermitteln, das sie in einer Datenbank speichert und rastert. Die Bundespolizei kann Fluglinien anordnen, ihr Passagierdaten von Flügen über die Schengen-Außengrenzen zu übermitteln.
Das neue Gesetz verpflichtet Fluglinien, sämtliche Passagierdaten von Flügen über die Schengen-Außengrenzen an die Bundespolizei zu schicken. Eine Anordnung ist nicht mehr nötig. Laut Innenministerium entfallen damit „aufwendige Verwaltungs-(streit-)verfahren und der Aufwand für die Identifizierung von Risikoflugstrecken“.
Wegfall der Errichtungsordnung
Wenn die Bundespolizei eine „automatisierte Datei mit personenbezogenen Daten“ anlegt, muss sie bisher eine Errichtungsanordnung erstellen. Das Bundesinnenministerium muss zustimmen, die Bundesdatenschutzbeauftragte wird angehört.
Das neue Gesetz streicht die Errichtungsordnung. Laut Innenministerium führt das „zur effizienteren und bürokratiearmen Wahrnehmung polizeilicher Arbeit“. Der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber kritisiert das als „Wegfall eines wichtigen datenschutzrechtlichen Kontrollinstruments“.
Zusätzliche, neue Befugnisse
Der Gesetzentwurf umfasst eine ganze Reihe neuer Befugnisse. Die Bundespolizei soll Bestands-, Nutzungs- und Verkehrsdaten erheben, eigene Drohnen fliegen und fremde Drohnen abwehren, stille SMS verschicken, IMSI-Catcher einsetzen sowie Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote aussprechen.
Zudem weitet das Gesetz existierende Befugnisse weiter aus. Das betrifft beispielsweise das Filmen mit Bodycams, das Scannen von Kfz-Kennzeichen, den Einsatz von V-Personen und Verdeckten Ermittlern sowie eine DNA-Datenbank.
Keine Kennzeichnung, keine Quittung
Schon die Ampel-Regierung wollte das Bundespolizeigesetz reformieren. Ende 2023 hatte sie einen eigenen Entwurf beschlossen. Im Bundestag haben Abgeordnete und Sachverständige diesen Entwurf kritisiert.
Die Ampel wollte eine pseudonyme Kennzeichnung von Polizisten einführen, um „polizeiliches Handeln für alle Bürger:innen transparenter zu machen“. Zudem sollten sich kontrollierte Personen „Kontrollquittungen ausstellen lassen“, um „das Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu stärken“. Beide Ideen hat die aktuelle Regierung wieder gestrichen.
In Richtung autoritärer Kontrolle
Das Gesetz ist aktuell ein Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums. Das Ministerium hat den Entwurf Ende letzter Woche an Länder und Verbände geschickt. Die dürfen jetzt Stellungnahmen abgeben – bis Ende nächster Woche. Zwei Wochen für 170 Seiten – in Ferien und Sommerpause.
Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag Clara Bünger kritisiert gegenüber netzpolitik.org: „Die Pläne der Bundesregierung zur Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei sind ein klarer Schritt in Richtung autoritärer Kontrolle. Statt mehr Überwachung und weniger Transparenz brauchen wir eine stärkere demokratische und justizielle Kontrolle der Polizei.“
Datenschutz & Sicherheit
Jugendschutz: Brandenburg will Belästigung im Netz im Unterricht thematisieren
Durch eine Thematisierung im Schulunterricht sollen Kinder in Brandenburg künftig besser vor den Gefahren von Cybergrooming und anderen Formen der Online-Kriminalität geschützt werden. Die Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) fordern mit einem Landtagsantrag, dass Schüler besser auf die Gefahren vorbereitet werden. Die Themen sollten im Schulunterricht verankert werden. Dazu soll es bis Ende 2026 ein Konzert geben, kündigte die Bildungsexpertin der SPD-Landtagsfraktion, Katja Poschmann, im Landtag in Potsdam an. Auch die Lehrkräfte sollen mithilfe von Fortbildungen geschult werden.
Jedes vierte Kind in Deutschland hat laut einer repräsentativen Befragung schon sexuell motivierte Annäherungsversuche Erwachsener im Internet erlebt. „Diese Zahlen müssen uns alarmieren“, sagte Landtagsabgeordnete Poschmann. In Deutschland ist Cybergrooming als eine Form des sexuellen Missbrauchs von Kindern verboten. Experten warnen auch vor Sextortion (sexuelle Erpressung) und „Taschengeld-Dating über sogenannte Sugardaddy-Plattformen“ – Plattformen, über die für Geld oder Geschenke Treffen mit Minderjährigen angebahnt werden.
(kbe)
Datenschutz & Sicherheit
Neuer NPM-Großangriff: Selbst-vermehrende Malware infiziert Dutzende Pakete
Verschiedene IT-Sicherheitsunternehmen warnen vor neuen Angriffen auf das npm-Ökosystem rund um node.js. Mehrere Dutzend Pakete (mindestens 40, in einem Bericht gar an die 150) sind mit einer Malware infiziert, die geheime Daten stiehlt und über einen Webhook ausleitet. Zudem repliziert sich die Schadsoftware selbsttätig – und ist somit ein Wurm.
npm, der Node Package Manager, kommt nicht zur Ruhe. Nachdem erst kürzlich unbekannte Angreifer die Zugangsdaten eines prominenten Entwicklers abgephisht und manipulierte Pakete eingeschleust hatten, hat die Verteilstation für node.js-Bibliotheken nun mit einem ausgewachsenen Wurm zu kämpfen.
Wie StepSecurity und Socket übereinstimmend berichten, befindet sich unter den kompromittierten Paketen auch @ctrl/tinycolor
, das etwa zwei Millionen Mal pro Woche heruntergeladen wird. Auch etwa ein Dutzend weitere Pakete des Entwicklers @ctrl
sind betroffen, einige der Nativescript-Community und wie Aikido auflistet, sogar solche des Security-Unternehmens Crowdstrike.
Der Schadcode nutzt „TruffleHog“, um interessante Daten zu erschnüffeln, etwa API-Credentials und Zugangsdaten für GitHub sowie die Clouds von Google und Amazon. Er erstellt dann GitHub-Repositories und -Workflows und exfiltriert seine Beute über einen Webhook auf der Domain webhook.site
. Und er hat offenbar die Fähigkeit, sich selbst zu replizieren, indem er weitere Pakete infiziert und trojanisierte Paketversionen hochlädt.
Unklar ist noch, wo der Angriff begann – einen klaren „Patient Null“ nennen die drei analysierenden Unternehmen nicht. Auch sind die Urheber der Attacke nicht bekannt, möglicherweise sind es dieselben wie beim letzten Angriff.
Gottgleicher npm-Wurm?
Kurios: Die Angreifer sind offenbar Science-Fiction-Fans. Die Wurmkomponente ihrer Malware legt ein GitHub-Repository namens „Shai-Hulud“ sowie entsprechende Workflows an. „Shai-Hulud“, ursprünglich Arabisch für „Ding der Unsterblichkeit“, ist der Name der monumentalen Sandwürmer in Frank Herberts Epos „Dune“. Die Einwohner des Wüstenplaneten verehren die Sandwürmer als gottgleich.
Die Sandwürmer in „Dune“
(Bild: Warner Bros. Pictures)
JavaScript-Entwickler und insbesondere die Verwalter von auf npm gehosteten Paketen sollten größte Vorsicht walten lassen und die umfangreiche Liste infizierter Pakete konsultieren. Wer in eigenen Projekten infizierte Versionen vorfindet, sollte diese unmittelbar löschen, alle Zugangskennungen ändern, Tokens invalidieren und in eigenen GitHub-Repositories aufräumen. In StepSecuritys Blogeintrag finden sich detaillierte Handreichungen.
(cku)
Datenschutz & Sicherheit
Patchstatus unklar: Angreifer attackieren Fertigungsmanagementtool DELMIA Apriso
Durch eine „kritische“ Sicherheitslücke in DELMIA Apriso kann Schadcode schlüpfen und Computer schädigen.
DELMIA Apriso ist eine Manufacturing-Operations-Management-Software (MOM) und ein Manufacturing Execution System (MES), das auch hierzulande unter anderem im Automobilbereich genutzt wird. Darüber werden etwa globale Produktionsabläufe gesteuert. Es ist davon auszugehen, dass eine erfolgreiche Attacke für Firmen weitreichende Folgen haben kann.
Hintergründe
Der Anbieter der Software, Dassault Systèmes, erwähnte die Sicherheitslücke (CVE-2025-5086 „kritisch„) bereits im Juni dieses Jahres in einer äußerst knapp formulierten Warnmeldung. Daraus geht hervor, dass entfernte Angreifer Schadcode in diversen Releases aus den Jahren 2020 bis einschließlich 2025 ausführen können. Aufgrund der kritischen Einstufung ist davon auszugehen, dass Angreifer nicht authentifiziert sein müssen, um Attacken einzuleiten
Anfang September warnte nun ein Sicherheitsforscher des SANS-Institut Internet Strom Center in einem Beitrag vor Exploitversuchen. Ihm zufolge versenden Angreifer SOAP-Requests mit Schadcode an verwundbare Instanzen. Was Angreifer konkret nach erfolgreichen Attacken anstellen, ist zurzeit unklar.
Mittlerweile warnt auch die US-Sicherheitsbehörde CISA vor Angriffen. In welchem Umfang die Attacken ablaufen, ist derzeit nicht bekannt. Unklar bleibt auch, ob es einen Sicherheitspatch gibt. Das geht weder aus der offiziellen Warnmeldung, noch aus den Warnungen des Sicherheitsforschers und der CISA hervor. heise security steht in Kontakt mit dem Softwareanbieter und wartet derzeit auf ein Feedback zum Sicherheitspatch. Wir aktualisieren die Meldung, wenn uns konkrete Informationen vorliegen.
(des)
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