Online Marketing & SEO
10 Erkenntnisse von der DMEXCO 2025
Die Branche wächst noch, aber alles geht langsamer voran als gedacht – außer natürlich AI: Ralf Scharnhorst berichtet von seiner 17. DMEXCO.
Müssen wir noch über AI reden – wo wir doch schon seit Jahren über nichts anderes mehr reden? Ja! Oder um es mit Eric Schmidt zu sagen, der Google vor zehn Jahren schon darauf ausgerichtet hat „AI is underhyped“.
Daher gab es viel zu sehen, wie Unternehmen AI einsetzen und was daraus für das eigene Unternehmen gelernt werden kann. Und vor allem: Wie die User AI einsetzen.

1. Bot Traffic wächst durch AI
Wie viel des Web Traffic ist eigentlich noch human? Laut Dr. Torsten Schwarz muss eine Website inzwischen bis zu 1.000 Bot-Besuche ertragen, bevor daraus ein User-Besuch wird – eine krasse Veränderung im Vergleich zu SEO, wie wir es früher kannten. Deshalb blocken bereits fünf Prozent der Websites LLMs. Was ihnen dabei aber entgeht: Die Reputation in den Large Language Models der AIs.
2. Wer bezahlt die AI?
AI wird werbefinanziert werden müssen – aber die Werbeformen sind noch unklarer, als sie 2007 bei Facebook waren. Philipp „Pip“ Klöckner kann sich vorstellen, dass die No-click AI Waren für dich bestellt und mit Verkäufer:innen eine Provision aushandelt. Das könnte in der Konsequenz dazu führen, dass Werbungtreibende ein Ziel für die Menge zu verkaufender Produkte vorgeben und die AI-getriebenen Plattformen dann ermitteln, welche ihrer Nutzer:innen sie am leichtesten mit welchem Content davon überzeugen können, das Produkt zu kaufen. Nehmt euch in Acht, wenn eure AI euch im Chat Dinge sagt wie „Dein Auto ist aber schon ziemlich alt“ oder „Deine Haare könnten besser aussehen“.
3. AI ersetzt keine Agenturen
Die großen Werbungtreibenden dagegen wollen weiterhin human intelligence, die die AI bedient. Dementsprechend wollen sie auch weiterhin mit Agenturen zusammenarbeiten, die die neue Technik für sie einsetzen sollen. Damit stellen sich die großen Werbungtreibenden hinter die Agenturen und einen vielfältigen Dienstleister:innenkosmos; bei kleineren Werbungtreibenden kann das jedoch anders aussehen.
Gibt es sonst noch Veränderungen? Ja, aber ihre Geschwindigkeit verlangsamt sich weiter. Werfen wir einen Blick darauf, wie sich die Trends der vergangenen Jahre entwickelt haben:
4. MMM – Marketing Mix Modelling
Die meisten Unternehmen, die es sich leisten können, setzen inzwischen ein MMM ein – aber nur 68 Prozent der nutzenden Unternehmen halten sich an die Empfehlungen, die das MMM auswirft – sagt der MMM-Dienstleister:innen-Funnel. Das Dilemma aller Black-Box-Modelle, das früher oder später auch für AI gelten könnte: Nichts ist schlimmer als ein Modell, dem man nicht vertraut.

5. Mobile Commerce
Der Anteil von Mobile Commerce – also Online-Bestellungen, die vom Handy ausgehen – wächst nur noch um ein Prozent pro Jahr. Philipp Klöckner führt es darauf zurück, dass die bestehenden Konsument:innen nicht ihr Verhalten ändern, aber die neu hinzukommende Generation gleich auf Mobile startet.
6. ID-Lösungen
Ein Dauerthema der DMEXCO bleibt „das freie Internet gegen die Walled Gardens“. Veranstalter:in ist ja der Online-Vermarkter-Kreis im BVDW, der über die Jahre immer höherer Marktanteile im Verkauf von Werbeflächen vielfältiger Websites an Google und Meta abgeben musste. Ihr Bereich steht aus vielen Richtungen unter Druck: journalistischer Content ist teuer zu produzieren, aber kaum noch zu monetarisieren, wenn AIs die Texte zusammenfassen und die User nicht mehr auf die Website kommen. Dazu gibt es hier weniger Daten als bei in einem Walled Garden eingeloggten User.
Eine Lösung bieten IDs wie NetID und UTIQ. Sie sind nun einige Jahre auf dem Markt, warten aber noch auf den Durchbruch. Es ist das klassische Henne-Ei-Problem: Zu wenig Websites integrieren ID-Lösungen, daher geben Werbungtreibende wenig Budget in dem Bereich aus. Nun geht ein Ruck durch die Branche: Mediaagenturen und der Verband der Werbungtreibenden OWM setzen sich dafür ein und wollen, dass weitere Vermarkter:innen sich einer ID-Lösung anschließen. Das Zeitfenster für Durchbruch oder Scheitern könnte sich bald schließen.
Worüber wurde nicht mehr gesprochen auf der DMEXCO?
7. Datenschutz? erledigt
Es wurde nicht darüber gesprochen, wie man es den Konsument:innen und den Regierungen beim Umgang mit Daten recht machen kann. Sondern es geht eher darum, zunehmend die Transaktionsdaten wie beispielsweise von PayPal zum Tracking des Werbeerfolgs zu nutzen.
8. Purpose Marketing? Auch erledigt
Es kam unter die Räder – zu schwer umsetzbar, zu wenig umsatzrelevant und messbar. In Zeiten ohne Wirtschaftswachstum scheinen kurzfristige Maßnahmen einfach dringender.
Und was ist sonst noch wichtig?
9. Ein Weckruf von Professor Bernhard Pörksen
Wir müssen uns mehr anstrengen. Für mehr Bildung – besonders im Umgang mit Medien, Medienfreiheit und Fake News. Wir müssen uns mehr streiten, auch wenn es unbequemer wird: Online-Hass und Online-Übersensibilität kann nicht alleine durch die Plattformen gelöst werden, sondern vor allem auch durch unseren direkten Widerspruch.
Dabei müssen positive Beispiele hervorgehoben werden anstatt Pessimismus. Unser Europäisches Modell von Freiheit wird dazu aber auch Regulierung brauchen.
10. Budget-Anteil
Und noch eine gute Nachricht zum Schluss: in seinem dreißigsten Jahr hat die Online-Werbung jetzt den Anteil an den Werbe-Budgets erreicht, den sie an der Mediennutzung hat – sagen 72 Prozent der Befragten des Trendmonitors der Mediaagenturen im BVDW.
Sehen wir uns wieder auf der DMEXCO am 23. und 24. September 2026?
Wer nutzt ChatGPT wofür?
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Online Marketing & SEO
Nachfolgerin von Marcus Macioszek: Das ist die neue CMO von Gerolsteiner
Sabine Kloos heuert bei Gerolsteiner an
Im November hat Marketingchef Marcus Macioszek Gerolsteiner nach über 20 Jahren im Unternehmen verlassen. Jetzt hat der Mineralwasserhersteller eine Nachfolgerin für Macioszek gefunden. Die neue CMO kommt von BP und bringt reichlich Erfahrung in der Markenführung mit.
Seit dem Abgang des langjährigen CMOs Macioszek zum 1. November hatte Gerolsteiner-Vorstandschef Roel Annega kommissarisch die Leitung des Bereic
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Hashtag Limit bei Instagram: So viele Hashtags sind künftig erlaubt
Creator aufgepasst: Instagram beschränkt Hashtags künftig auf ein Minimum. Wie viele Hashtags du deinen Posts und Reels noch hinzufügen darfst, erfährst du im Artikel.
Vor drei Jahren beteuerte Instagram-Chef Adam Mosseri: „Hashtags still matter“. Doch ist das immer noch der Fall? Viele Brands und Creator setzen nach wie vor auf Hashtags, ohne genau zu wissen, ob diese die Content Performance tatsächlich positiv beeinflussen. Klar ist, dass Instagram Hashtags heute deutlich weniger Relevanz beimisst als noch vor ein paar Jahren. Schon 2024 stellte die Plattform die Follow-Option für Hashtags ein. Jetzt folgt der nächste drastische Schritt: Instagram User können ihren Posts und Reels künftig nur noch bis zu fünf Hashtags hinzufügen.
Mit der Begrenzung der verfügbaren Hashtags pro Post verfolgt Instagram verschiedene Ziele. Zum einen möchte die Plattform Creatorn zu einer besseren Performance ihrer Inhalte verhelfen. Zum anderen will Instagram durch die neue Einschränkung gegen Hashtag Spam vorgehen und so die User Experience verbessern. Die Plattform erklärt:
We find that using fewer (up to 5), more targeted hashtags rather than many generic ones can improve both your content’s performance and people’s experience on Instagram.
Tipps für die erfolgreiche Hashtag-Nutzung
Creator müssen nicht vollständig auf Hashtags verzichten, sollten diese aber auf sinnvolle Weise integrieren. Das gelingt anhand der folgenden Tipps:
- Setze Hashtags bewusst ein: Achte darauf, dass die Hashtags für deinen Content relevant sind, damit interessierte User deinen Account finden.
- Weniger ist mehr: Bei der gezielten Auswahl von Hashtags schlägt Qualität Quantität.
- Verzichte auf generische Hashtags wie #reels oder #explore: Diese können deiner Content Performance schaden.
Die Neuerung soll schrittweise eingeführt werden, dürfte zum aktuellen Zeitpunkt also noch nicht bei allen Usern angekommen sein. Möglichkeiten, deinen Content auch ohne viele Hashtags überzeugend und reichweitenstark zu gestalten, gibt es viele. Reels mit Wow-Effekt kannst du beispielsweise mithilfe neuer Edits-Funktionen kreieren, welche die Plattform kürzlich angekündigt hat. Dazu gehören nicht nur praktische Features wie der Blur-Effekt, sondern auch Silvester-taugliche Fonts, Sounds und Easter Eggs.
Kreativer Jahresabschluss:
Mach deinen Content Silvester-ready mit Edits

Online Marketing & SEO
Influencer-Zensur? Wie ein chinesisches Gesetz Deutschland verändern würde
China geht einen radikalen Schritt: Influencer dürfen nur noch über Medizin, Recht, Finanzen oder Bildung sprechen, wenn sie entsprechende Abschlüsse oder Zertifikate vorweisen. Welche Folgen hätte ein solches Gesetz für Deutschland?
In den sozialen Medien war es noch nie so einfach, medizinisches Wissen, Finanzstrategien oder rechtliche Einschätzungen mit anderen zu teilen. Für viele gilt es als normal, intime und komplexe Fragen öffentlich auszudiskutieren. Das Problem: Laut einem Bericht des RKI und BIÖG besitzen rund 82 Prozent der Deutschen nicht genügend Gesundheitskompetenz, um medizinische Inhalte sicher richtig einzuordnen. Und dieser Kompetenzmangel betrifft längst nicht nur Gesundheitsthemen, sondern auch die Fähigkeit, digitale Informationen kritisch zu bewerten und einzuordnen.
Während Deutschland weiterhin auf Eigenverantwortung und Selbsteinschätzung setzt, ist China am 25. Oktober 2025 einen drastischen Schritt gegangen: Ein neues Gesetz erlaubt es Influencern nur noch dann, über sensible Themen wie Medizin, Recht, Finanzen oder Bildung zu sprechen, wenn sie die dafür nötigen Abschlüsse, Zertifikate oder Lizenzen vorweisen können. Ein radikaler Eingriff, und gleichzeitig ein klares Zeichen, wie ernst die Bedrohung durch Fehlinformationen zu sein scheint. Die Meinung der Deutschen ist klar: Das ist Zensur. Aber muss Einschränkung zwingend Zensur bedeuten?
Das Social-Media-System: Wie Anreize für falsche Inhalte entstehen
Influencer haben heute die Macht, die in der Vergangenheit den klassischen Medien vorbehalten war. Auch immer mehr Unternehmen erkennen das Potenzial: Die Ausgaben für Influencer Marketing weltweit sind laut einer Studie des Influencer Marketing Hub seit 2021 von 13,8 Milliarden US-Dollar auf mehr als das doppelte angewachsen. Aussagen von Creatorn wirken schneller und emotionaler. Sie kommen ohne Redaktion, ohne Faktencheck und ohne Einordnung aus.
Wer Einfluss hat, trägt Verantwortung für die Folgen der eigenen Taten oder in diesem Fall der eigenen Inhalte. Und genau hier wird es schwierig. Die Plattformlogik belohnt Engagement, nicht zwingend die Wahrheit. Skandale, Streitigkeiten, Zuspitzungen und vermeintliche Geheimtipps generieren Klicks, Aufmerksamkeit und somit Reichweite. So entstehen monetäre Anreize, selbst dann, wenn sie falsch, unvollständig, manipulativ oder gefährlich sind. Dabei spielt Meinungsfreiheit eine entscheidende Rolle, entbindet aber nicht von Verantwortung.
Wo Meinung auf Beratung trifft und Grenzen verschwimmen könnten
Ein deutsches Äquivalent zum chinesischen Modell würde das Internet und insbesondere die Social-Media-Kultur drastisch verändern. Medizinischer Rat von Fitness- oder Ernährungs-Influencern? Verschwunden. Finanztricks von selbsternannten Börsengurus? Nur noch mit Nachweis. Pädagogische Tipps von Lifestyle Creatorn ohne Ausbildung? Unauffindbar.
Was im ersten Moment unvorstellbar klingt, hätte auch entscheidende Vorteile. Wenn Fachwissen von nun an belegt werden müsste, bekämen nur noch qualitativ hochwertige Beiträge eine hohe Reichweite. Das würde bedeuten, dass insbesondere junge Nutzer:innen besser vor gefährlichen Fehlinformationen und problematischen Empfehlungen geschützt wären. Gerade weil Influencer eine Community haben, die ihnen vertraut, werden Aussagen häufig kaum hinterfragt. Zusätzlich würde Expertise-getriebene Werbung auch den Markt für manipulative Beiträge oder problematische Produkte eindämmen – insbesondere im Gesundheits- oder Finanzbereich.
Grundsätzlich ist es positiv zu bewerten, dass auf Social Media offen über solche Themen gesprochen wird. Das war nicht immer der Fall. Heute profitieren viele Jugendliche davon, früh ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein zu entwickeln oder ein besseres Verständnis für Bereiche wie Investments zu erhalten – die Möglichkeiten zur Weiterbildung sind deutlich vielfältiger geworden. Früher galten viele dieser Themen als Tabu, beispielsweise auch Fragen zu Gehältern in bestimmten Branchen. Durch den offenen Austausch in sozialen Netzwerken wird inzwischen insgesamt wesentlich transparenter kommuniziert.
Lohntransparenz 2026:
EU macht Schluss mit undurchsichtigen Gehältern
Jede Regulierung hat dennoch ihren Preis. Eine stärkere Kontrolle von Inhalten erhöht zwar die Sicherheit, greift aber auch spürbar in die Meinungsfreiheit ein, die gerade in Deutschland einen besonders hohen Stellenwert hat. Gleichzeitig könnte sie die Vielfalt und kreativen Stimmen reduzieren, die gerade die Social-Media-Kultur seit jeher auszeichnen. Auch der Einstieg in die Branche würde schwieriger. Wer sich erst mühsam Expertise in komplexen Themenfeldern erarbeiten muss, steht vor zusätzlichen Hürden.
Der wohl entscheidendste Punkt bleibt jedoch die rechtliche Grauzone: Wo endet Entertainment, wo beginnt Beratung? Was gilt als persönliche Erfahrung, was bereits als fachliche Empfehlung? Gleichzeitig stellt sich eine grundsätzliche Frage, die die Debatte zusätzlich kompliziert macht: Wer entscheidet, welche Themen welche Art Qualifikation bedürfen? Und wo genau verläuft die Grenze? Ist die Bewerbung eines Energydrinks durch einen Gaming Influencer oder einer Finanz-App durch einen Lifestyle Creator bereits ein Tipp, der geprüft und verifiziert werden muss? Diese Fragen zeigen, wie schwierig die Setzung klarer Grenzen in der Praxis wäre.
Strengere Regeln, smartere Strategien: Was künftig auf Marken zukommen könnte
Neben den Auswirkungen auf Influencer und ihre Communities ergeben sich auch neue Möglichkeiten und spürbare Herausforderungen für die Werbebranche – ganz gleich, ob Unternehmen, Agentur oder Vermittlungsplattform. Es entstehen neue Möglichkeiten, zugleich aber auch erhebliche Herausforderungen: Strategien müssen neu gedacht, Kooperationen neu gestaltet und strengere Anforderungen erfüllt werden. Ein Gesetz, das klare Expertise verlangt, würde die Branche nachhaltig prägen und damit Fragen aufwerfen, die bisher nie gestellt wurden.
Auf der positiven Seite stiege vor allem die Glaubwürdigkeit: Werbung über zertifizierte oder nachweislich fachkundige Creator wäre für Konsument:innen deutlich nachvollziehbarer und seriöser. Gleichzeitig ließe sich das Reputationsrisiko reduzieren, da Marken seltener in Situationen geraten würden, in denen sie mit fragwürdigen oder falschen Empfehlungen in Verbindung gebracht werden – egal ob bewusst oder unbewusst. Auch die Kampagnenqualität könnte profitieren, da fachlich korrekte Informationen eine transparentere und sauberere Kommunikation ermöglichen würden, insbesondere in sensiblen oder stark regulierten Branchen. Schlussendlich könnte auch die Suche nach passenden Influencern einfacher werden. Da nur qualifizierte Creator bestimmte Produkte oder Themen bewerben dürften, würde sich die Auswahl zwar verkleinern, aber deutlich klarer strukturieren. Marken könnten somit schneller die passenden Partner:innen finden, ohne sich durch einen unübersichtlichen Markt arbeiten zu müssen und selbst Kriterien zur Einschätzung aufzustellen.
Gamechanger für Creator?
Das ist YouTubes Open Call
Doch diesen Vorteilen stehen ebenso deutliche Herausforderungen gegenüber. Strengere Vorgaben würden in vielen Bereichen – insbesondere in spezialisierten Nischen wie Gesundheit, Finanzen oder Recht – zu weniger verfügbaren Creatorn führen. Ein kleinerer Markt kann zwar die Orientierung erleichtern, bedeutet aber gleichzeitig weniger Wettbewerb und damit potenziell höhere Preise, denn
zertifizierte Expert:innen könnten deutlich höhere Honorare verlangen, im Extremfall sogar eine Art Monopol einzelner Fach-Creator entwickeln.
Für Marken würde dies zudem eine komplexere Kampagnenplanung bedeuten: Inhalte müssten sorgfältiger geprüft, Qualifikationen verifiziert und zusätzliche regulatorische Anforderungen berücksichtigt werden. Doch hier stellt sich eine zentrale praktische Frage: Woher sollen Unternehmen die Informationen bekommen, um diese Qualifikationen zuverlässig zu überprüfen? Durch klare Standards, zentrale Register oder speziell befugte Personen? Ohne sie könnten Unsicherheiten oder betrügerische Strukturen entstehen. Das zeigt, dass ein kleinerer, stärker regulierter Markt zwar Übersicht schafft, aber zugleich neue Unklarheiten und Risiken mit sich bringt.
Zwischen Realität und Zukunft: Welche Wege wirklich sinnvoll sein könnten
Ein striktes Influencer-Gesetz nach chinesischem Vorbild wäre in Deutschland kaum umsetzbar – und vermutlich auch nicht sinnvoll. Die Bedeutung der Meinungsfreiheit, die Vielfalt der digitalen Kultur und die Komplexität unseres regulatorischen Umfelds sprechen klar gegen ein solches stark eingreifendes Modell. Dennoch zeigt der Blick nach China, dass bestimmte Herausforderungen, wie mangelnde Transparenz, fragwürdige Empfehlungen oder manipulative Inhalte real und längst auf dem politischen Radar sind.
Denn gleichzeitig wächst auch in Deutschland der politische Druck, hier stärker einzugreifen. Über verschiedene regulierende Optionen wird bereits diskutiert oder zumindest nachgedacht: Kennzeichnungspflichten für qualifikationsrelevante Inhalte, eine striktere Regulierung von Empfehlungs-Marketing in sensiblen Bereichen, über algorithmische Transparenz und Risikominderungsmaßnahmen im Rahmen des DSA, über berufsrechtliche Grenzen etwa im Gesundheits- oder Rechtsbereich sowie über standardisierte Prüfprozesse der Plattformen für Creator. Gerade vor diesem Hintergrund lohnt es sich, über clevere Zwischenschritte nachzudenken, die Orientierung und Schutz bieten, ohne grundlegende Freiheiten zu beschneiden:
1. Expertise-Ausweise für Creator
Plattformen könnten Expertise-Badges etablieren, ähnlich zu bestehenden Verifikationssymbolen. In Bereichen wie Medizin, Ernährung, Recht oder Finanzen dürften Creator ihre Inhalte nur dann entsprechend labeln, wenn sie nachvollziehbare Qualifikationen nachweisen. Sollte jene nicht vorhanden sein, müsste das ebenfalls gekennzeichnet sein als „nicht verifizierter Inhalt“.
2. Transparenzpflicht für sensible Inhalte
Durch klare Einblendungen wie „Dieser Inhalt stellt keine professionelle Beratung dar“ oder „Creator besitzt „…“ Qualifikation“ ließen sich Aussagen besser einordnen. Auch eine Kombination mit dem Expertise-Ausweis wäre denkbar. Nutzer:innen erhielten damit eine echte Entscheidungshilfe, ohne dass Inhalte eingeschränkt werden müssten.
3. Creator-Schulungen und Zertifikate durch unabhängige, geprüfte Organisationen
Solche Programme müssten nicht staatlich sein, sollten aber standardisiert und transparent gestaltet werden. Sie würden Professionalität fördern, ohne Kreativität zu beschneiden. Hier würden sich zudem neue Arbeitsplätze kreieren lassen.
4. Erweitertes Bildungsangebot an Schulen und Universitäten
Hier könnte es sinnvoll sein, die Einschätzung von Quellen und die Überprüfung von Fakten, die über Social Media verbreitet werden, fest in den Lehrplan zu integrieren. So würde früh ein Bewusstsein aufgebaut werden.
Die goldene Mitte: Der Dialog, der längst begonnen hat
Ein pauschales Verbot für nicht-qualifizierte Creator mag überzogen wirken, doch es zeigt eine reale Entwicklung: Die digitale Öffentlichkeit hat ein Informations- und Vertrauensproblem. Wer Einfluss hat, trägt Verantwortung. Und wer Verantwortung trägt, braucht klare Rahmen.
Allen voran gilt deshalb, zentrale Fragen zu Standards, Prüfprozessen, Informationsbereitstellung und den bestehenden Grauzonen zu klären und verbindlich zu regeln. Dafür muss Deutschland nicht Chinas Gesetz übernehmen, aber es braucht einen neuen, ehrlichen Dialog darüber, wie Meinungsfreiheit, Kreativität und Sicherheit im Netz miteinander vereinbar bleiben. Ob ein solches Gesetz Zensur oder Schutz ist? Die Wahrheit liegt dazwischen. Klar ist: Die Debatte hat begonnen und sie wird intensiver werden.
Der Preis der Sichtbarkeit:
Warum viele Influencer sich am eigenen Image erschöpfen
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