Datenschutz & Sicherheit
Sicherheitsupdate: IBM WebSphere Application Server mit Schadcode angreifbar
Bestimmte Versionen von IBM WebSphere Application Server sind für Schadcode-Angriffe anfällig. Die Entwickler raten Admins, ihre Server mit verfügbaren vorläufigen Fixes zu schützen. Bislang gibt es keine Berichte, dass Angreifer die Schwachstelle bereits ausnutzen.
Systeme absichern
In einer Warnmeldung steht, dass entfernte Angreifer an der „kritischen“ Schwachstelle (CVE-2025-36038) ansetzen können. Aufgrund unzureichender Überprüfungen können sie im Kontext einer speziell gestalteten Sequenz von serialisierten Objekten Schadcode ausführen und Systeme kompromittieren.
Dafür sind den Entwicklern zufolge die Versionen 8.5 und 9.0 anfällig. Um PCs vor solchen Attacken zu schützen, sind bislang nur vorläufige Fixes verfügbar. Sicherheitsupdates sollen im dritten Quartal folgen.
(des)
Datenschutz & Sicherheit
Wie das Internet den Journalismus verändert hat
Derzeit häufen sich die 30. Geburtstage von Online-Auftritten überregionaler Traditionsmedien. Mit amüsierten Rückblicken auf steinzeitlich anmutende Technik, auf das kleine und eher kuriose Publikum oder die Frage, wer zuerst da war, feiern sie ihr Jubiläum in zahlreichen Texten. Was bei den Erzählungen außen vor bleibt: wie das Internet die Funktionsweise der Massenmedien selbst verändert hat.
Das Netz als Spielwiese und Geschäftsgelegenheit
Als sich das Internet mit Beginn der 1990er Jahre zunehmend kommerzialisiert, ist der Zeitgeist geprägt von Visionen der Entstaatlichung, die sich auch in die Konstruktion des digitalen Raumes einschreiben. Ohne Staat aber, das übersehen die Pionier*innen damals, kann niemand verhindern, dass Großunternehmen den Cyberspace kolonisieren. Das Internet ist schnell nicht mehr Versammlungsort einer Gegenkultur, sondern wird zur Geschäftsgelegenheit.
Die grenzenlose Kommodifizierung ist für viele Zeitgenossen kaum vorherzusehen – dafür bietet der neue Raum zu viele Möglichkeiten. Die deutschen Medien jedenfalls treten mit einem anderen Gefühl den Weg ins Netz an: Sie begeben sich auf eine Spielwiese. Die liegt in einer Gemeinde, der sogenannten Netzgemeinde. Dort ist es zwar nicht so beschaulich wie es heute klingt, in den frühen Foren geht es schon hoch her. Für die Journalist*innen ist sie aber vor allem ein Experimentierfeld, die Grenzen der eigenen Arbeit zu öffnen.
Anders als in der Rückschau oft behauptet, wird in dieser Frühphase des Online-Journalismus durchaus über dessen Finanzierung nachgedacht. Der erste „Spiegel Online“-Chef Uly Foerster etwa erzählt im Interview, dass er damals in der eigenen Anzeigenabteilung und bei Agenturen hausieren ging, um die Möglichkeiten von Internetwerbung auszuloten. Und Dirk Kuhlmann fragt in einer Studienarbeit für die TU Berlin 1995/96 die Zahlungsbereitschaft der ersten Online-Leser*innen der „taz“ ab – mit dem Ergebnis, dass jedenfalls ein Teil der Befragten bereit wäre, ein Abonnement zu beziehen und dafür zu bezahlen.
Der Zeitgeist ist aber ein anderer: Das kommerzielle Internet finanziert sich nicht über Abos, sondern über Werbung. Manch früher US-Onlinedienst wie etwa der Webhoster Tripod spielt sie schon damals passend zu Interessen und persönlichen Merkmalen aus. Weil aber selbst demografisch genaue Daten nur bedingt Rückschlüsse auf individuelle Konsuminteressen zulassen, funktioniert dieses Modell bereits in den 90ern vor allem mittels eines Faktors, die das Internet bis heute prägt: maximale Reichweite.
Wer den Dotcom-Boom überlebte, backte kleine Brötchen
Die Geschäftsgelegenheit Internet nimmt als Dotcom-Boom schnell Fahrt auf. In den späten 90ern provozierten bis dato oft unbekannte Unternehmen mit neuartigen Geschäftsideen immer höhere Gewinnerwartungen bei Anlegern und nährten teilweise mit kriminellen Konzepten eine Börsenblase. Ohne diese Phase lässt sich die Geschichte des Online-Journalismus nicht erzählen.
Zwar profitieren deutsche Medienunternehmen kaum von dem Hype – Werbekunden in Deutschland sind noch nicht auf das neue Anzeigenumfeld eingestellt, nur wenige Online-Medien verdienen wirklich Geld. Trotzdem zieht der Niedergang des Dotcom-Booms sie mit in den Abgrund. Nach dem Platzen der Blase im März 2000 geraten viele Medien unter Druck. Der Internet-Werbemarkt bricht vorübergehend ein und in den gerade erst aufgebauten Online-Redaktionen wird gekürzt. Der Online-Dienst Heise schreibt 2010 rückblickend: „Wer überlebte, backte fortan kleine Brötchen im Web 1.0.“
„Spiegel Online“ aber hat Glück: Kurz vor dem Crash habe er noch personell aufstocken können, erzählt Mathias Müller von Blumencron, der ab 2000 Chefredakteur des Nachrichtenportals ist. Die Zeit nach der geplatzten Blase sei der Redaktion aber „wie eine Ewigkeit vorgekommen“. Es habe nahezu keine Online-Werbung gegeben und große Skepsis in den Verlagen. Kurzum: Die Weiterentwicklung stockte.
Der 11. September und seine Folgen
Eine nachhaltige Depression bleibt dennoch aus. Zu schnell habe sich die Technologie weiterentwickelt, erinnert sich der Journalist Detlef Borchers im Gespräch. Aus den Nischeninteressen Computer und Internet wird ein Lifestyle-Thema, der digitale Raum entwickelt sich bald zum Massenphänomen. Der kollektive Schock, sofern er überhaupt so zu bezeichnen ist, weicht einer gemeinschaftlichen Euphorie über die neue Technik.
Als Durchbruch für den Online-Journalismus muss allerdings ein anderer Krisenmoment gelten: Die Terroranschläge auf das World Trade Center am 11. September. „Ab 2001 reichte es nicht mehr, nur die Tagesschau zu gucken“, so Borchers. In dieser Zeit stellt Google – gerade Marktführer geworden, bis dahin aber keineswegs die dominante Suchmaschine – manuelle Linklisten zu wichtigen Nachrichtenportalen auf seine Homepage. Auf der Startseite finden sich damals Verweise zu Medien aus aller Welt.
Zwar sind deren Web-Auftritte wie Radio und TV teilweise immer noch zu langsam, doch das Publikum ist jetzt da. In Kommentaren zum 30. Geburtstag von „Spiegel Online“ bezeichnen viele Leser*innen die Terroranschläge als Erweckungsmoment. In einem Rückblick von „welt.de“ heißt es: „Das Interesse der Nutzer an aktualisierten Nachrichten ließ in den folgenden Tagen und Monaten nicht nach.“
Bei vielen Medien gehen aber zeitweise die Server in die Knie, sie sind auf den Ansturm der Besucher*innen nicht vorbereitet. Möglicherweise ist dies mitentscheidend dafür, dass Suchmaschinen sich zur ersten Anlaufstelle für Informationen im Netz entwickeln können. Journalist Detlef Borchers jedenfalls macht die Anschläge auf das World Trade Center für den Aufstieg der heute größten Suchmaschine verantwortlich: Google habe damals besser reagiert als viele Zeitungen. Die Suchmaschine blieb in dieser entscheidenden Situation immer erreichbar und machte sich so zum gern genutzten Startfenster für das Web.
Google und Online-Journalismus wären beide als Erfolgsmodell ohne den jeweils anderen zwar vorstellbar, die Geschichte hat sie aber aneinander gebunden. Das erste Mal seit der Mondlandung entstand in der sogenannten westlichen Welt ein Informationsbedürfnis, das von einem Augenblick auf den anderen von einer bis dahin kaum verbreiteten Technologie erfüllt werden konnte: damals war es das Fernsehen, für 9/11 ist es das Internet.
Das Diktat der Suchmaschine
Trotz des wachsenden Publikums läuft das Online-Geschäft der Medien nach dem Dotcom-Crash noch einige Zeit schlecht. Ein wesentlicher Grund ist die Werbeflaute: Noch im Jahr 2000 sagt eine Studie des Prognos-Instituts Netto-Werbeeinnahmen von 944 Millionen Euro auf dem Online-Werbemarkt voraus, real sind es dann nur 246 Millionen – eine Fehlermarge von 380 Prozent.
2003 beginnt es aber zumindest bei „Spiegel Online“ aufwärts zu gehen. Ab da, so erinnert es der damalige Chef Blumencron, habe die Werbeindustrie das Netz entdeckt. Natürlich seien die Online-Geschichten nicht so tief recherchiert gewesen wie jene der Printausgabe. Für das auf Papier nur wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin ist das tagesaktuelle Geschäft im Netz ohnehin Neuland. „Vieles waren aufgehübschte Agenturmeldungen mit einigen eigenen Gedanken und schnellen Rechercheergebnissen“, so Blumencron. Mit der Zeit habe sich aber eine Mischung aus Geschwindigkeit und zunehmender Hintergrundberichterstattung entwickelt.
Die Tageszeitungsverlage spiegeln da im Netz noch hauptsächlich ihr Programm aus dem Druckprodukt. Ein Glücksfall für „Spiegel Online“, meint Blumencron: „Wir dachten immer: Wie wird uns wohl geschehen, wenn die ihre Redaktionen auf die Digitalplattformen bringen? Dann würden wir untergehen, weil wir gar nicht so schnell analysieren und kommentieren können wie die. Das haben die aber glücklicherweise alle nicht gemacht, weil sie nicht an das Internet geglaubt haben, fünf, sechs, sieben Jahre lang.“ Das sei das große Geschenk der deutschen Zeitungsverleger an den Magazin-Gründer Rudolf Augstein gewesen.
Mehr noch als Augsteins Medienhaus profitiert aber Google. Über die Suchmaschine lassen sich Reichweiten realisieren, die mit einem gedruckten Magazin kaum vorstellbar wären. Dies verspricht dem Verlag neue Erfolge, gibt dem US-Konzern aber zunehmend Macht darüber, wie publiziert wird: Bei „Spiegel Online“ beobachtet die Redaktion, dass 15 bis 20 Prozent der Leserschaft über Google kommt und will den Effekt verstärken. Das funktioniert damals schon mit einer gewissen Boulevardisierung, also etwa der Verwendung emotionalisierender Reizwörter, und mit Überschriften und Text-Snippets, die an die Erfordernisse der Suchmaschine angepasst sind. Zwischen verschiedenen Nachrichtenportalen entsteht ein Wettbewerb um die besten Plätze in den Suchergebnissen, der eine fortlaufende Verschärfung dieser Methoden verlangt.
Google war am geschicktesten
„Das war auch ein bisschen schizophren, aber so ist es nunmal gewesen“, sagt Blumencron. Was er meint: Mit dieser Denkweise bekommt Googles Geschäftsmodell Auftrieb, weil die Online-Redaktionen mehr oder weniger alle diesen Weg gehen und den Mechanismen der Suchmaschine weiter entgegenkommen. Letztlich geht das auf Kosten der Verlage, die sich online zunehmend vom Gutdünken des Konzerns abhängig machen und der Suchmaschine gleichzeitig mit ihren wertvollen Inhalten Nutzer*innen und Klicks auf eigene Werbeanzeigen bescheren. Blumencron sagt aber auch: „Google hat es einfach am geschicktesten gemacht. Ein Internet, in dem sich zunehmend Chaos ausbreitete, wäre ohne Findemechanismus Chaos geblieben.“
Im Jahr 2004 nutzen 74 Prozent der Deutschen Suchmaschinen als wichtigsten Zugang zu Informationen im Netz, Google hält bereits 70 Prozent Marktanteil – eine Monopolstellung, die im Printgeschäft undenkbar wäre. Noch 2005 sieht das Bundeskartellamt in Google aber keinen relevanten Werbemarktakteur und traut dem Internet keine bedeutende Rolle im Mediengeschäft zu, erinnert sich Springer-Chef Mathias Döpfner Jahre später in einem Artikel. Google kann seine Vormachtstellung in der Folge weiter ausbauen.
2009 sagt der damalige CEO Eric Schmidt in bemerkenswert selbstbewussten Worten: „Wir haben entschieden, dass Reichweite der Wert ist, den wir unseren Partnern zur Verfügung stellen.“ Eine folgenschwere Entscheidung für den Journalismus. Neben dem Werbemarkt funktioniert nun also auch die Distribution der Inhalte nach dem Muster „Hauptsache mehr!“. In dem von Blumencron als widersprüchlich beschriebenen Denkmuster, den Verlockungen einer messbar wachsenden Leser*innenschaft zu erliegen, verschiebt sich das Verständnis der Redaktionen darüber, was relevant ist. Lässt sich Erfolg in Zahlen ausdrücken, rücken qualitative Kriterien im hektischen Tagesgeschäft schnell in den Hintergrund – deren Analyse ist schließlich ungleich aufwendiger.
Man könnte wohl von einer metrischen Deformation des kritischen Geistes sprechen, die sich seither in der Arbeitsweise von Journalist*innen vollzieht. Denn diese Rationalität folgt keiner journalistischen Maxime, sondern dem Geschäftsmodell der Suchmaschine.
Reichweite als zentrale Maxime im Social Web
Diese Logik setzt sich auch im zweiten, dem sogenannten Social Web fort. Den Medien erscheint es aber erst einmal wieder als neuer Möglichkeitsraum. Im Interview formuliert der frühere „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann den damals geltenden Branchenkonsens, neue Technologien gelte es zu umarmen. Bei einem Expertengespräch zur „Zukunft des Qualitätsjournalismus“ im Kulturausschusses des Bundestags Anfang 2011 hält es Katharina Borchert, zu jener Zeit Geschäftsführerin von Spiegel Online, für „extrem wichtig“, nicht auf die großen Player wie Google und Facebook zu schimpfen, „sondern ganz im Gegenteil sich Gedanken zu machen, wie wir alle von ihnen profitieren können, denn die meisten von uns profitieren im großen Ausmaß bereits davon.“
Tatsächlich sorgen die Begegnungsmöglichkeiten mit dem Publikum im Web 2.0 anfangs auch für Lichtstreife. Der Ton aber, das berichten Pionier*innen des Social Media-Journalismus, ist vor allem auf Facebook rau. Schnell ist klar: Seriös moderieren lässt sich das nicht. Dazu kommen sich verändernde Voraussetzungen bei den Plattformen: Die Algorithmen werden komplexer und bewirtschaften zunehmend Affekte.
Wieder stellt sich die Frage, wie eigentlich Geld mit diesen neuen Kanälen verdient werden könnte. Die Redaktionen müssen teils selbst nach Argumenten suchen. Wesentlich ist dabei wieder der Traffic – also die Zahl der Rezipient*innen, die über einen Link auf der Plattform auf die Nachrichtenseite kommen. Die Reichweiten-Logik verstetigt sich: Viel hilft viel und ist sowieso fast die einzige Möglichkeit, im Internet Geld zu verdienen.
Journalistische Inhalte müssen dafür an eine zunehmend affektgetriebene Unterhaltungslogik angepasst werden, um in der Mechanik der Algorithmen bestehen zu können – zuerst in der Themenauswahl, dann ihrer Darstellung und schließlich rückwirkend im Denken der Redaktionen, deren Aufgabe es ist, erfolgreich im Sinne von weitreichend diese Kanäle zu bespielen.
„In den sozialen Medien kommt es zu mehr Wechselwirkungen, Journalist*innen lernen über das erhaltene Feedback zu ihren Postings auch, welche Inhalte sich auf der Plattform leichter popularisieren“, beschrieben es kürzlich die Kommunikationswissenschaftler Jonas Schützeneder und Christian Nuernbergk. Wenn der Erfolg in Reichweite gemessen wird, dann wird die dazu passende Auswahl der Inhalte zweckrational – wer will schon nicht erfolgreich sein?
Auch das Publikum wird quantifiziert
Während die Redaktionen sich den fortlaufend verändernden sozialen Netzwerken anzupassen versuchen, ficht Springer-CEO Döpfner, der damals auch Präsident des Zeitungsverlegerverbandes ist, im Frühjahr 2014 ein Distanzduell mit Google-Verwaltungsrat Eric Schmidt: „Wir haben Angst vor Google“, schreibt er damals. „Ich muss das einmal so klar sagen, denn es traut sich kaum einer meiner Kollegen, dies öffentlich zu tun.“

Freiwillige Selbstunterwerfung könne nicht das letzte Wort der Alten Welt gewesen sein, so Döpfner, immerhin selbst Milliardär und Lenker eines global operierenden Konzerns. Wie Blumencron für den Spiegel beschreibt auch er das Verhältnis zu dem Tech-Konzern als schizophren: Leser*innen hätten das jedenfalls so interpretiert, weil Springer Google für die eigene Vermarktung nutze und gleichzeitig verklage. Niemand in der Verlagsbranche könne ohne Google auskommen, so Döpfner.
Reichweite hat sich da längst plattformübergreifend als zentrale Erfolgsgröße durchgesetzt. Am Ende sei der Traffic für den Spiegel nicht über das journalistisch attraktive Twitter, sondern über das journalistisch unerquickliche Facebook gekommen, erinnert Maike Haselmann, die erste Social Media-Redakteurin des „Spiegel“.
In klassischen Printredaktionen stößt die Transformation mit ihren metrischen Analysemöglichkeiten auf Widerstände. Es liegt schließlich eine intellektuelle Abwertung darin: Der Erfolg von Beiträgen bemisst sich nicht mehr in Reaktionen aus der Politik oder in der inhaltlichen Auseinandersetzung in Leser*innenbriefen, sondern in Zahlen, die wenig Deutung zulassen. In einem Berufsbild, das sich über die Qualität der eigenen Deutungskraft definiert, muss das beinahe notwendig befremden.
Auch die Rückmeldung des Publikums wird quantifiziert: Statt den Leser*innen intensiver zu begegnen, wie es das Web 2.0 versprach, wird deren menschliche Regung (oder Erregung) als Reaktion auf einen Beitrag neutralisiert, weil ihre quantitative Messung nichts über den emotionalen Aggregatzustand der Rezeption aussagt. Ein Text könnte große Reichweite gerade deshalb erzielt haben, weil er besonders schlecht ist.
Die Angst der Medien, abgehängt zu werden
Als im Oktober 2022 mit ChatGPT das erste große Sprachmodell für die breite Öffentlichkeit an den Start geht und der Anbieter OpenAI die Konkurrenz überrumpelt, wird der Hype in Massenmedien genährt. Im „Spiegel“ heißt es: „Aber OpenAI ist schneller. Einige sagen: schneller und fahrlässiger, denn ChatGPT spuckt jede Menge Unsinn aus. Binnen weniger Monate nutzen hundert Millionen Menschen ChatGPT. Die Flasche ist geöffnet. Hype ist eine Untertreibung für das, was nun folgt.“
Wieder entsteht das Gefühl einer Spielwiese, in den Verlagen und Redaktionen wird überlegt, wie man sich die Technologie nützlich machen könnte. Das ist weniger naiv als in den 90ern und auch vom Web 2.0 will man gelernt haben. Aus der Erfahrung aber, das Internet schon mal verpasst zu haben, hat sich in vielen Medienhäusern die Angst festgesetzt, sie könnten den Anschluss verlieren. Die Tech-Konzerne wissen darum und spielen mit dieser Sorge. Sie bewerben ihre neuen Produkte gezielt und bauen mit ihren Erzählungen Druck auf, neue Entwicklungen nicht zu verpassen. Befragungen von Medienwissenschaftler*innen zeigen: Dieser Druck kommt in den Redaktionen an.
Zehn Jahre nach seinem Brief an Eric Schmidt schreibt Mathias Döpfner, weshalb er Google nicht mehr fürchte: Bis auf Weiteres habe der Konzern auf ganzer Linie gewonnen. Weil der Springer-Chef – dem es natürlich immer und gerade auch um das eigene Geschäft geht – in seinem Text von 2014 über die Abhängigkeit journalistischer Medien von der Suchmaschine schreibt, bedeutet diese Niederlage auch: Selbstbestimmung ist verloren gegangen. Andere sprechen von einem Zwang zur Unterwerfung.
Google verändert derweil die Erzählung der Reichweite als Wert für die Partner in etwas Feindseligeres. Vor dem Hintergrund des Urheberrechtsstreits mit den Medien veröffentlicht der Konzern im März 2025 einen Report über ein Experiment in Europa. Einem Teil der Nutzer*innen sind in der Suche keine Inhalte von Qualitätsmedien mehr ausgespielt wurden, um so deren Wert für das eigene Geschäft zu taxieren. Wenig überraschend kommt Google zu dem vorteilhaften Ergebnis, dass sich für die Suchmaschine wenig bis nichts ändere, wenn man keine Nachrichteninhalte mehr findet.
Die Botschaft ist klar: Es gibt nichts zu verteilen, wenn Google selbst nichts mit journalistischen Inhalten verdient. Was im Bericht zur Randnotiz verkommt: Die Anfragen bei Google News – also nach hochwertigen journalistischen Informationen – sind im untersuchten Zeitraum deutlich angestiegen.
KI-Zusammenfassungen ersetzen Suchergebnisse
Währenddessen vollzieht sich gerade ein Paradigmenwechsel, der das Ende vom Wert der Reichweite einläutet: KI-Zusammenfassungen ersetzen Suchergebnisse. Damit schwindet der Anlass, die Suchmaschine überhaupt noch zu verlassen. Viele Verlage berichten von einbrechendem Traffic bricht. Nachrichtensuchen nimmt Google bislang zwar der neuen Funktion aus; was eine Nachrichtensuche ist, entscheidet der Konzern aber selbst.
Diese Entwicklung ist seit etwa zwei Jahren abzusehen gewesen. Neue Ideen für die künftige Finanzierung des Online-Journalismus gibt es aber noch nicht. Das zentrale Muster wiederholt sich: Vor allem Google hat viel Geld damit verdient, in der Nachrichtensuche journalistische Inhalte zu verteilen. Die KI-Anbieter versuchen das nun, indem sie ihre Modelle damit trainieren. In der analogen Welt würde man wohl von Hehlerei sprechen.
Zwar haben die Verlage mit Bezahlschranken ein weiteres Standbein entwickelt, das sie ein wenig vor diesen Entwicklungen schützt. Es reicht aber nicht, um auf die Plattformen verzichten zu können. Das gilt insbesondere für Regional- und Lokaltitel. Selbst große Traditionshäuser wie die Rheinische Post oder die Stuttgarter Zeitung verharren mit etwa 25.000 respektive 10.000 Online-Abos seit längerem bei einer Zahl, die ihr Überleben nicht sichern kann.
Schon 1982 schrieb Medienwissenschaftler Siegfried Weischenberg: „Für den Journalismus ist die Technik konstituierend. Der Beruf entstand auf der Grundlage von technisch-ökonomischen Umwälzungen.“ Solche Umwälzungen bringen schließlich herausragende Informationsbedürfnisse hervor, die Gesellschaften als ganze betreffen. Daraus ergibt sich aber ein Spannungsfeld für den Journalismus. Weil er selbst betroffen ist, fehlt ihm bisweilen die kritische Distanz in der Bewertung neuer Technologien. Und während er sie mit Hypes groß macht, fällt er ihnen zum Opfer.
—
Jann-Luca Künßberg ist Journalist und Autor. Er hat für Medien wie die taz, T-Online und den Südkurier geschrieben und für verschiedene Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gearbeitet.
Datenschutz & Sicherheit
Teamviewer: Angreifer können ihre Rechte im System ausweiten
Teamviewer warnt vor einer Sicherheitslücke in Teamviewer Remote Management für Windows, die Angreifern die Ausweitung ihrer Rechte am System ermöglicht. Aktualisierte Software-Pakete der Fernwartungslösung zum Stopfen des Sicherheitslecks stehen bereit.
In einer Sicherheitsmitteilung erklären die Teamviewer-Entwickler, dass Nutzerinnen und Nutzer mit niedrigen lokalen Rechten aufgrund der Schwachstelle Dateien mit SYSTEM-Rechten löschen können. Dies könne zur Ausweitung ihrer Rechte missbraucht werden (CVE-2025-36537 / EUVD-2025-19030, CVSS 7.0, Risiko „hoch„). Detaillierter lautet die Erklärung, dass eine nicht korrekte Rechtezuweisung für eine kritische Komponente im Teamviewer Client – sowohl Full, als auch Host – von Teamviewer Remote und der Monitoring-Komponente Tensor unter Windows es Usern mit niedrigen Privilegien ermöglicht, das Löschen beliebiger Dateien mit SYSTEM-Rechten anzustoßen. Das kann über den MSI-Rollback-Mechanismus ausgelöst werden.
Betroffene Software
Das betreffe lediglich die Fernverwaltungsfunktionen Backup, Monitoring und Patch-Verwaltung. Installationen unter Windows, die keine dieser Komponenten laufen haben, seien demnach nicht anfällig. Anzeichen für Angriffe über das Internet habe Teamviewer noch nicht entdeckt. Die Teamviewer-Software in Version 15.67 korrigiert den sicherheitsrelevanten Fehler. Teamviewer empfiehlt den Kunden, auf die jüngste verfügbare Version zu aktualisieren.
Auch für ältere Versionszweige stellt Teamviewer Updates bereit: Der Teamviewer Remote Full Client für Windows und Teamviewer Remote Host für Windows enthält das Sicherheitsleck in den Versionen 15.67, 14.7.48809, 13.2.36227, 12.0.259325 und 11.0.259324 nicht mehr. Außerdem gibt es für die Software unter Windows 7 und 8 noch das Update auf 15.64.5. Sie stehen auf der Downloadseite von Teamviewer zum Herunterladen bereit.
Auch im Januar hatte Teamviewer eine Sicherheitslücke zu vermelden, die bösartigen Akteuren das Ausweiten ihrer Rechte ermöglichte. Auch da war insbesondere die Windows-Software betroffen.
(dmk)
Datenschutz & Sicherheit
Sextortion: Inflationsgebeutelte Betrüger erhöhen Forderungen
IT-Sicherheitsforscher beobachten Preissteigerungen bei aktuellen Betrugsmaschen mit Sextortion-E-Mails. Offenbar sind auch die Betrüger inflationsgebeutelt und brauchen mehr Geld.
Davon berichtet Malwarebytes in einem aktuellen Blog-Beitrag. Solche Betrugsmails laufen häufig in Wellen in die Postfächer von Empfängern ein, die IT-Sicherheitsforscher nennen typische Anreden wie „Hello pervert“. Die Absender behaupten üblicherweise, die Empfänger bei ihren Online-Bewegungen beobachtet und bei schlüpfrigen Aktivitäten erwischt zu haben, die lieber im Privaten blieben. Im Klartext lauten die Behauptungen meist, dass potenzielle Opfer angeblich beim Anschauen pornografischen Materials erwischt wurden und es Aufnahmen davon gebe, was sie geschaut und dabei gemacht hätten.
Erpressung mit Zahlungsforderungen
Damit die Erpresser diese Aufnahmen nicht an die Leute auf der E-Mail- und Social-Media-Kontaktliste weiterverbreiten, sollen Empfänger ihnen Geld zahlen. Der Tonfall sei allgemein bedrohlich, manipulativ und darauf ausgerichtet, Angst und Dringlichkeit zu provozieren, erklären Malwarebytes Mitarbeiter. Das Unternehmen beobachte, dass diese E-Mails ein großes Problem darstellen, da tausende Besucher wöchentlich auf deren Webseite kommen und Informationen zu Sextortion-Mails suchen. Eine jüngst empfangene Mail fiel den IT-Forschern jedoch besonders auf.
Dort behaupten die Absender, den Empfängern von ihrem eigenen Microsoft-Konto aus die Mail zu senden. Dahinter verbirgt sich die einfache Möglichkeit, Absenderadressen zu fälschen. Der Mailtext macht Verweise auf die Pegasus-Spyware, von der die Opfer sicherlich gehört hätten, die auf Computern und Smartphones installiert werden kann und Hackern ermögliche, die Aktivitäten der Geräteinhaber zu verfolgen. Dabei erlaube die Spyware Zugriff auf Webcam, Messenger, E-Mails und so weiter; das sei auf Android, iOS, macOS und Windows lauffähig. Der Mailtext baut damit bereits Druck auf, dass eine Spyware auf irgendeinem Gerät des Opfers offenbar lauffähig sei.
Weiter behaupten die Täter, bereits vor einigen Monaten diese Spyware auf allen Geräten des Empfängers installiert und danach Einblick in alle Aspekte des Privatlebens erhalten zu haben. Besonders wichtig sei dem Erpresser jedoch, dass er viele Videos „von dir beim Selbstbefriedigen zu kontroversen Pornovideos“ gemacht habe. Nach einigen weiteren Volten im Text geht es um eine Ablasszahlung: Für 1650 US-Dollar in Litecoin (LTC), die Opfer auf die Kryptowallet des Betrügers transferieren sollen, lösche er alle Videos und deinstalliere die Pegasus-Spyware. Schließlich bauen die Betrüger zeitlichen Druck auf und geben den Opfern 48 Stunden Zeit.
Besonders falle die Preissteigerung ins Auge, erklärt Malwarebytes. Im April haben Betrüger mit derselben Masche noch 1200 US-Dollar verlangt, im Mai stieg die Forderung auf 1450 US-Dollar. Nun im Juni sind offenbar 1650 US-Dollar fällig. Die Autoren führen weiter aus, dass die Betrüger offenbar einen Preisfindungsprozess durchlaufen, wie er etwa in der Privatwirtschaft nicht unüblich ist. Möglicherweise seien die Betriebskosten gestiegen oder die Erpresser glauben, dass der Wert ihrer Bedrohung der Konsequenzen gestiegen sei.
Solche Erpressungsschreiben sollten Empfänger der Polizei melden. Sie sollten nicht auf enthaltene Links klicken oder Dateianhänge herunterladen.
Die kriminelle Energie und Kreativität der Täter bleiben auf hohem Niveau. In den USA schicken Kriminelle inzwischen gar Bilder aus der Umgebung der Opfer mit. Die Täter können sich jedoch nicht in falscher Sicherheit wiegen. In Australien wurde ein echter Sextortion-Erpresser gefasst und Mitte vergangenen Jahres zu 17 Jahren Haft verurteilt. Von 280 Fällen betrafen dort 180 Minderjährige.
(dmk)
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