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Missing Link: 20 Jahre WSIS – und (k)ein bisschen Multi-Stakeholder?


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Vor 20 Jahren einigten sich die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN) auf Grundsatzdokumente zum Aufbau der Informationsgesellschaft. Zu den Kernpunkten gehörte die Einsicht, dass Regierungen für die Vernetzung und Digitalisierung die Zusammenarbeit mit Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und technischer Community benötigen. Jetzt soll überprüft werden, wie weit man gekommen ist. Geopolitische Spannungen, autokratische Tendenzen und ein Wettbewerb innerhalb der UN-Institutionen trüben jedoch die Hoffnung auf echten Fortschritt.

Während der zwei Phasen des ersten UN-Weltgipfels für die Informationsgesellschaft (World Summit on the Information Society, WSIS) in den Jahren 2003 und 2005 verabredeten sich die Mitgliedsstaaten auf Grundzüge für eine Informationsgesellschaft. Diese sollte den Nutzer in den Mittelpunkt stellen. Zugang zum Internet, Teilhabe, Meinungsfreiheit und Menschenrechte generell fanden Eingang in die Tunis-Erklärung und die Tunis-Agenda für die Informationsgesellschaft.

Als neue Werkzeuge für Entwicklung und Demokratisierung wurden dabei Internet und Informationstechnologie verstanden. Die Hoffnungen auf deren positive Effekte waren riesig. Doch von den in der Erklärung formulierten hehren Zielen ist man noch weit entfernt.

Am 16. und 17. Dezember wird nun bei den Vereinten Nationen in New York Bilanz gezogen und darüber verhandelt, wie es mit den Nachfolgeprozessen des WISIS weitergehen soll. Die Prozesse ziehen sich als Netz von elf Aktionslinien quer durch die UN.

Soll das Internet Governance Forum (IGF), das vom 23. bis zum 27. Juni in Oslo/Lillestrøm tagte, ein erneutes Mandat erhalten? Sollen die WSIS-Aktionslinien, die Informationstechnologie an die UN-Entwicklungsziele koppeln, unverändert fortgeführt werden? Ist die wenig übersichtliche Aufgabenverteilung innerhalb der verschiedenen UN-Teilorganisationen angemessen? Und wie kann das IGF, das aufgrund seiner Debatten zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Teilnehmern als das innovativste Produkt des Weltgipfels gilt, gestärkt und wie können die vielen UN-Prozesse zur Digitalpolitik koordiniert werden?




Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

UN-Kauderwelsch und digitalpolitische Unübersichtlichkeit stellen die Befürworter einer breiteren Teilhabe von Zivilgesellschaft und anderen Nicht-Regierungsvertretern vor ein gewaltiges Problem, erklärte Joyce Chen, Policy Expertin der IP-Adressvergabestelle APNIC in Oslo: „Die Masse an Gepäck, die die Internet-Community seit dem Start der Diskussionen vor 20 Jahren aufgesammelt hat, ist ein Einstiegshindernis“. Es brauche Stunden, um die Hintergründe zu erklären. Für Neulinge ziemlich abschreckend, sagte Chen in einer Runde mit Vertretern nationaler und regionaler Internet-Governance-Foren.

Zum Hintergrund gehört auch, dass der Begriff „Internet Governance“ ursprünglich vor allem den Streit über die Verwaltung von Domains und IP-Adressen umfasste. Beim WSIS liefen viele Länder des Globalen Südens Sturm, weil die Domainverwalterin ICANN unter Vertrag und Aufsicht der US-Regierung stand. Die erste Phase des Gipfels schlitterte, obwohl die geopolitischen Vorzeichen besser waren als heute. Mit der Aufsichtsrolle durch die US-Regierung im Jahr 2016 – eher befördert durch Snowdens Enthüllungen als durch den WSIS-Prozess – darf dieser Streitpunkt heute immerhin als erledigt gelten.

Selbstverwalter, Regierungen und auch die Internationale Fernmeldeunion (ITU), die zeitweilig selbst an der Verwaltung der Internet-Ressourcen interessiert war, haben sich inzwischen verständigt. Die „technische Community“ beziehungsweise die Selbstverwaltungsorganisationen gehören heute zu den größten Sponsoren des Globalen IGF sowie mancher regionaler und nationaler Ableger (NRIs). Diese Verständigung darf man als Erfolg werten.

Als APNIC-Politikexpertin ist Chen auch Mitglied des Lenkungsausschusses des Asia Pacific Regional Internet Governance Forum (APrIGF), eines von rund 180 NRIs. „Storytelling“ sei eine der wichtigsten Aufgaben für die IGF-Ableger, sagte sie in Oslo. Sie bieten die Chance für ein globales „Bottom-up“-Konstrukt.

Die Entstehung der nationalen und regionalen IGFs gilt vielen als weiterer positiver Effekt des WSIS-Prozesses. Von der EuroDIG bis zum WestAfrica IGF, von „Oldtimern“ wie dem Bangladesh IGF bis zum deutschen IGF-D und zu „Newcomern“ wie dem gerade gegründeten irischen IGF wurden digitalpolitische Öffentlichkeiten geschaffen, die als „Stakeholder“ bei ihren Regierungen anklopfen. Im Vorfeld wollten die Internet Society (ISOC) und die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) eine Geschichte ganz praktischer Erfolge liefern.

„Wir haben immer wieder gehört, dass wir nicht auf gute altbewährte Argumente zurückgreifen können. Vielmehr müssen wir Nachweise vorlegen, dass das Multi-Stakeholder-Modell funktioniert und auch Ergebnisse bringt“, sagte Sally Wentworth, Vorsitzende der ISOC, anlässlich der Veröffentlichung des Berichts „Spuren aus 20 Jahren WSIS Prozess“. Darin listen ISOC und ICANN auf, was aus ihrer Sicht in 20 Jahren erreicht wurde. Und so kurz ist die Liste gar nicht.

Einerseits wurde der Zugang zu den Netzen verbessert. Laut den Zahlen der International Telecommunication Union (ITU) hatten bis Ende 2024 rund 68 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zum Internet. Beim Abschluss des WSIS im Jahr 2005 waren es nur rund 16 Prozent. Der größte Zuwachs ist in Afrika zu verzeichnen, wo mittlerweile statt zwei immerhin 37 Prozent Internetzugang haben. Ein Drittel der Weltbevölkerung hat jedoch noch keinen Zugang.

Für eine kostengünstige Internetkonnektivität hat die von der ISOC unterstützte „IGF Dynamic Coalition on Community Connectivity (D3C)“ gesorgt. Wie im „Spuren“-Bericht zu lesen ist, hat die D3C den Aufbau von Community-Netzen von El Cuy in Patagonien bis nach Tushetien in Georgien, von Ulukhaktok in der kanadischen Arktis bis ins Gebiet des Mount Everest maßgeblich unterstützt.

Insgesamt investierte die globale Mitgliederorganisation laut ISOC 3,1 Millionen US-Dollar in 85 lokale Netze, die in Zusammenarbeit mit Partnern wie der Association for Progressive Communication (APC) realisiert wurden.

Überdies hätten neue, über den Globus gespannte Partnerschaften zwischen 2011 und 2021 die Gründung von insgesamt 27 Internet Exchanges allein in Afrika ermöglicht. Die Effekte für die Nutzer sind spürbar: „Der Knotenpunkt in Kenia, der KIXP, verringerte die Zugriffszeit von 200 bis 600 Millisekunden auf zwei bis zehn Millisekunden und brachte Einsparungen von rund 1,5 Millionen US-Dollar pro Jahr für lokale Internet-Service-Provider.“



Die Weltweite Entwicklung der Anzahl von Internetnutzern und Anteil an der Weltbevölkerung in Prozent laut Statistiken des ITU.

(Bild: International Telecommunication Union)

Das IGF Best Practice Forum on Cybersecurity, die Dynamic Coalition on Cybersecurity und andere IGF-Gruppen haben daran gearbeitet, die Aufmerksamkeit für die in den technischen Gremien entwickelten Sicherheitsnachbesserungen zu erhöhen. Laut dem ICANN/ISOC-Bericht lag die Zahl der mittels DNSSEC abgesicherten Top-Level-Domain-Zonen im April 2025 bei 93 Prozent, nationale TLDs eingeschlossen.

ISOC und ICANN erwähnen ebenfalls auf der Habenseite die Fortentwicklung von nicht-lateinischen Domains. Knapp sechs Millionen kyrillische, chinesische und mit deutschen Umlauten versehene Domains wurden vergeben. Linguistische Diversität gehörte zu den zentralen Forderungen bezüglich leichterer Zugänglichkeit zum Netz. Manche alteingesessene Internet-Netzwerker sahen darin jedoch auch einen Trend zur Fragmentierung. Die Forderung nach Multilingualität setzt sich heute im Bereich der großen, ausschließlich auf Englisch trainierten Large Language Models fort.

Viele Erwartungen blieben unerfüllt – sowohl ans Internet, das einst als „demokratischstes Medium aller Zeiten“ galt, als auch an die ausgefeilten Nachfolgeprozesse des WSIS. Auf die Frage, was „Multi-Stakeholder-Governance“ konkret bedeutet und wie sie in Deutschland umgesetzt wird, verweist das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) auf die Offenheit und Globalität des Internets als Grundlage für sozioökonomische Entwicklung. Man setze sich für ein inklusives, menschenrechtsbasiertes Multi-Stakeholder-Modell ein und lehne staatliche Kontrolle oder Fragmentierung ab. Doch wie viel davon ist tatsächlich gelebte Praxis?

Zwar setzt man sich laut der schriftlich und mit etwas Verzögerung erteilten Antwort aus Berlin entschieden für die „Umsetzung der Leitlinien der NETmundial+10 ein, um eine inklusive Beteiligung, eine ausgewogene Vertretung und eine wirksame Zusammenarbeit der Interessenträger anzustoßen“ .

Die von Brasilien im ersten Ärger über die Snowden-Enthüllungen auf die Beine gestellte NETmundial – hier war Deutschland Mitorganisator – und die eine Dekade später nachgezogenen NETmundial+10 2024 haben die echte Beteiligung aller Stakeholder-Gruppen in eigene Erklärungen gefasst.

Die UN haben ihr Versprechen bislang kaum eingelöst. Im Rahmen des von UN-Generalsekretär António Guterres angestoßenen Global Digital Compact (GDC) wurde scharfe Kritik an der mangelnden Beteiligung von Zivilgesellschaft und Community laut. Keine steile Lernkurve.

Der Sprecher des BMDS betont, man setze sich in den politischen Prozessen der Vereinten Nationen dafür ein, „dass Multi-Stakeholder-Governance als zentraler Grundsatz für die digitale Governance berücksichtigt wird“. Das Ministerium verweist zudem auf die Modelle von ICANN und der Internet Engineering Task Force (IETF) sowie auf das Internet Governance Forum Deutschland (IGF-D), das als wichtige Austauschplattform vom BMDS unterstützt wird. Über das IGF-D werden laufend Informationen zu globalen Prozessen mit allen Stakeholdern geteilt und deren Beiträge genutzt. „Besonders hervorheben wollen wir das Jugend IGF-D, welches sich aktiv in unterschiedliche Prozesse einbringt, Stellungnahmen schreibt und Bildungsarbeit bei jungen Menschen leistet, um neuen Generationen Stimme und Gehör in der Internet Gouvernance zu verschaffen.“

Die Idee der breiteren Teilhabe scheint sich nicht auf zentrale Normenprozesse im Parlament zu erstrecken. Wenn es um Multi-Stakeholder-Debatten zur erneut eingeführten Vorratsdatenspeicherung, zur Aufweichung der Verschlüsselung oder zur mehrfach vor dem Bundesverfassungsgericht gerügten Geheimdienstaufsicht geht, scheint Multi-Stakeholder kein Thema zu sein. Mit ProtectEU, Neuauflagen von Chatkontrolle und Ähnlichem fährt das konservativer und rechter gewordene Europa auch keinen grundrechtszentrierten Kurs.

Wie widersprüchlich europäische Positionen sind, darauf warf eine Veranstaltung beim IGF in Oslo ein Schlaglicht. Britische und US-Regierung setzen sich für eine Stärkung des IGF und WSIS-Prozesse ein. Im Panel zur Aufweichung von starker Verschlüsselung unter Beteiligung des FBI und britischer Regierungsberater, bleibt man lieber unter sich. Die Multi-Stakeholder im Publikum kritisieren die Runde, in der vom Einsatz von Datenschutz als Waffe die Rede ist, als vollkommen einseitig und rückwärtsgewandt.

„Gefährlich können der Internet-Selbstverwaltung in allererster Linie nationale Regierungen werden, primär die mit großen Märkten“, warnte im Anschluss an das IGF in Oslo der US-Wissenschaftler Milton Mueller. Mueller hatte die Diskussion darüber, ob die WSIS-Nachfolgeprozesse bei der UN noch notwendig sind, mit einer Diskussionsrunde „Sollte WSIS sterben?“ aufgemischt.

Für den Gründer des Internet Governance Project am Georgia Institute of Technolgy sind die Datenschutzgrundverordnung der EU, Exportbeschränkungen der US-Regierung oder die Auflagen der chinesischen Regierung zur Datenlokalisierung eine Bedrohung für ein globales, libertäres Netz. „ICANN sollte sich weniger darüber Gedanken machen, ob WSIS verlängert wird, als über die nächsten Schritte der Regierung des Landes, in dem sie ihr Hauptquartier haben.“ Das Hauptquartier befindet sich in den USA.

Muellers Kritik an der UN, obwohl US-typisch UN-skeptisch, stößt dabei nicht nur auf Ablehnung. Viele Beobachter – aus Regierungs- und Nicht-Regierungskreisen– fordern nämlich eine klarere Aufgabenverteilung in der UN. Denn anstelle einer Stärkung und Weiterentwicklung der bestehenden Prozesse hat Guterres in den vergangenen Jahren eher dazugebaut.

Neben dem neuen Office for Digital and Emerging Technologies (ODET) mit dem UN Tech Envoy, sozusagen dem Tech-Gesandten der Vereinten Nationen an der Spitze, will er die UN beim Thema KI und Data Governance ins Spiel bringen. Ein neues KI-Panel mit 20 Experten und ein KI-Beratungsgremium mit 40 von der UN-Vollversammlung zu wählenden Mitgliedern sollen sich um das Thema kümmern. Erstmals tagte im Mai auch zudem eine neue Arbeitsgruppe der Commission on Science and Technology for Development (CSTD) zum Thema „Data Governance on all Levels“.

Dabei wünschen sich vor allem Vertreter der Zivilgesellschaft und des Globalen Südens bereits jetzt eine Konsolidierung der Parallelveranstaltungen, etwa des IGF und des von der ITU organisierten WSIS-Forums. Letzteres ist stärker regierungsorientiert, startet kommende Woche in Genf und hat ein ähnliches Programm wie das IGF.

UN-interne Konkurrenz ist einer effektiven Fortentwicklung globaler Digitalpolitik kaum zuträglich. „Ohne Reform macht die Erneuerung des Mandats keinen Sinn“, schrieb Müller als Fazit nach Oslo und gab damit auch die Meinung einer anderen „alten“ Mitwirkenden des WSIS-Prozesses, der US-Wissenschaftlerin Avri Doria, wieder. Doria hatte in Oslo gesagt, wenn man WSIS sterben lassen wolle, sollte man es einfach nicht reformieren und weiterentwickeln. Dann würde es einen mehr oder weniger leisen Tod sterben.

Kein neues IGF und kein WSIS-Mandat insgesamt? Daran glaubt von den rund 9.000 Teilnehmern des IGF in Oslo niemand wirklich. Erfahrene UN-Diplomaten sind sich einig, dass es eigentlich nicht üblich ist, dass die UN einmal geschaffene Gremien wieder schließt.

Vorschläge für Reformen gibt es immerhin reichlich. Die Stärkung des IGF, ein möglichst auf Dauer erteiltes Mandat, eine solidere Finanzierung – und nicht nur freiwillige Spenden wie bislang – steht offenbar auf den Sprechzetteln aller Regierungen.

Auch das BMDS will nicht zurückstehen: „Die Bundesregierung setzt sich klar für eine Verlängerung des IGF-Mandats sowie für die Fortführung des WSIS-Prozesses als erstes globales Rahmenwerk für die digitale Kooperation ein,“ fasst der Sprecher zusammen. Zur Verlängerung und Stärkung gehöre „auch eine stabile und nachhaltige finanzielle Grundlage für das IGF zu schaffen.“

Die Rolle des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in digitalen Fragen soll gestärkt werden. Außerdem müsse sichergestellt sein, „dass in jedem Schritt des Überprüfungsprozesses eine transparente und inklusive Einbindung von Stakeholdern sichergestellt ist“. Aus Berlin heißt es zudem, es sei wichtig, „eine sinnvolle Verbindung zwischen dem Prozess des Global Digital Compact und dem WSIS+20-Überprüfungsprozess zu schaffen“.

Zu den Forderungen gehören mehr Koordination und mehr Sichtbarkeit für Überlegungen und praktische Ergebnisse aus den WSIS-Prozessen und aus dem IGF. Die Mitgliedsstaaten, die ab Oktober in New York unter dem Vorsitz von Annalena Baerbock verhandeln, müssen sich noch darüber einigen, wie einschneidend die Reformen für das IGF und das WSIS sein sollten.

In einem ersten Vergleich der Positionen hält die Organisation Global Digital Partners fest, dass einige Mitgliedsstaaten, etwa Australien oder die Schweiz, stärkere Veränderungen fordern. Global Digital Partners liefert dem geneigten, aber nicht vollzeitengagierten „Netizen“ eine ganze Reihe von Tools, um den Überblick über die laufenden Debatten zu behalten. Ein Beispiel ist der Internet Governance Konferenzkalender. Der ist für 2025 prall gefüllt.

Zudem gehört Global Digital Partners wie auch die NRIs zu denen, die hörbar anklopfen bei Regierungen und UN und mehr echte Beteiligung verlangen. Auch bei den NRIs steht „Mehr Multistakeholder“ ganz oben auf der Liste gewünschter Verbesserungen.

Von den zahlreichen Vorschlägen für die nächsten Jahre der WSIS-Prozesse wird seit dem Abschluss des IGF in Oslo einer besonders heftig diskutiert: Ist es noch zeitgemäß, von „Internet Governance“ zu sprechen? Die Schweizer Delegation hat etwa angeregt, das IGF in „Digital Policy Forum“ oder „Digital Cooperation Forum“ umzubenennen. Dadurch könnte, so das Schweizer Bundesamt für Kommunikation, besser zum Ausdruck gebracht werden, dass es nicht nur um „Internet Governance“ im engeren Sinne, sondern um alle Aspekte der Digitalpolitik geht.

Tatsächlich werden beim IGF, nicht nur bei den jährlichen Konferenzen, sondern auch bei den permanent laufenden Policy Networks und dynamischen Koalitionen neue digitalpolitische Fragen oft schon lange aufgegriffen, bevor sie in Parlamenten und Regierungsetagen ankommen: von Blockchain über Plattformverantwortlichkeit bis zu KI. Beim EuroDIG 2025 wurden wirklich zuletzt Debatten zur Altersverifikation geführt, in denen auch datenschutzfreundliche Tokenlösungen zur Sprache kamen. Mit der Umfirmierung könnte das IGF aber vielleicht anecken, warnten viele in der auf einer der vielen Mailinglisten laufenden Debatte.

Der Versuch, ein solches umfassenderes Label fürs IGF zu finden, könnte angesichts der aktuellen geopolitischen Situation zum Desaster werden, warnte einer der Beobachter.

Der deutsche Internet-Governance-Experte und emeritierte Völkerrechtler Wolfgang Kleinwächter nennt die alten WSIS-Unterhändler – zu denen er selbst gehörte – weitsichtig. Er schlägt in klassisch-diplomatischer UN-Manier vor, dem IGF einfach einen Untertitel zu verleihen. IGF – Globales Forum für die Gestaltung von Digitalpolitik. Ob das der IGF mehr Durchschlagskraft verleiht?


(nen)



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pib: Humanoider Community-Roboter | heise online


Humanoide Roboter sind die Königsklasse der Roboter, was die Anforderungen an Konstruktion und Programmierung angeht und noch sehr teuer. Dennoch möchten Maker, Bildungs- und Forschungseinrichtungen gerne an diesem spannenden Thema mitarbeiten. Durch den offenen, 3D-druckbaren und gut dokumentierten pib-Roboter aus Deutschland ist dies möglich.



(Bild: [Link auf https://pib.rocks/])

Das Herzstück von pib (printable intelligent robot) ist seine konsequente Open-Source-Philosophie (AGPL). Alle 3D-Druckvorlagen, Bauanleitungen und technischen Dokumentationen stehen der Community kostenlos zur Verfügung. Diese Offenheit ermöglicht es nicht nur, den Roboter nachzubauen, sondern auch eigene Modifikationen und Verbesserungen beizusteuern. Die Entwickler haben bewusst einen kollaborativen Ansatz gewählt, bei dem die Community aktiv in den Entwicklungsprozess einbezogen wird. Die Anerkennung durch den German Design Award 2025 und weiteren Auszeichnungen unterstreicht die Qualität und Innovation des Projekts.

Diese Transparenz zeigt sich auch in der Verwendung von cloudbasierten CAD-Tools wie Onshape, die eine gemeinsame Entwicklung ermöglichen. Interessierte können direkt an den Konstruktionsdateien mitarbeiten und eigene Ideen einbringen. So entsteht ein lebendiges Ökosystem aus Makern, die gemeinsam an der Zukunft der humanoiden Robotik arbeiten.



(Bild: [Link auf https://pib.rocks/])

Ein besonderer Vorteil von pib liegt in den umfassenden und gut strukturierten Anleitungen, mit denen auch Robotik-Neulinge erfolgreich ihren eigenen pib bauen können. Von detaillierten Druckeinstellungen über Schritt-für-Schritt-Montageanleitungen bis hin zu Programmierungsgrundlagen – die Dokumentation lässt kaum Fragen offen. Die Community ist in Discord-Channels und Foren aktiv, hier werden Erfahrungen ausgetauscht, Probleme gelöst und neue Ansätze diskutiert.

pib kann vollständig auf handelsüblichen 3D-Druckern hergestellt werden. Die Konstrukteure haben das Design bewusst so optimiert, dass keine speziellen oder besonders teuren Drucker erforderlich sind. Standard-FDM-Drucker mit einem Bauraum von 200 x 200 x 200 mm reichen aus. Die Druckzeit für alle Teile liegt bei etwa 80–100 Stunden – ein überschaubarer Aufwand für ein so komplexes Projekt. Dabei sind die Teile so konstruiert, dass kaum nachträgliche Bearbeitung nötig ist.



(Bild: [Link auf https://pib.rocks/])

Die humanoide Gestalt und die erweiterbaren Funktionen machen den pib zu einer Plattform für Experimente in der Robotik, KI-Anwendungen und Human-Robot-Interaction. Für die Maker-Community stellt pib einen wichtigen Meilenstein dar: Er zeigt, dass komplexe technologische Systeme heute zugänglich und mit Maker-Mitteln produzierbar sind. Durch die Kombination aus offener Entwicklung, exzellenter Dokumentation und der Verwendung von Standard-Hardware wird Robotik für eine breite Schicht von Interessierten erreichbar.

Eine sehr beeindruckende Fähigkeit ist, dass pib mit seinen Kameras menschliche Handbewegungen erkennt und imitiert. Gegenwärtig besitzt pib noch keine Beine, das wäre sicher ein nächster Evolutionsschritt.


(caw)



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Mitschuld an Suizid: Eltern verklagen in den USA OpenAI


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Ein 16-jähriger Junge aus Kalifornien hat sich im April das Leben genommen. Zuvor hatte er sich offenbar ausgiebig in Konversationen mit ChatGPT begeben. Die Eltern des Jungen haben die Chatprotokolle gelesen und daraufhin OpenAI und auch CEO Sam Altman verklagt. Es ist nicht der erste Fall, in dem Eltern gegen einen KI-Anbieter klagen, weil ihr Kind Selbstmord begangen hat.

Aus den Chatprotokollen, über die die New York Times berichtet, geht hervor, dass ChatGPT dem 16-Jährigen angeboten haben soll, einen Abschiedsbrief zu verfassen. Schon das zeige, wie suizidal der Junge war. Eigentlich sollte diese Kenntnis dazu führen, dass ChatGPT Kontaktdaten von Hilfsorganisationen anbietet. Stattdessen habe der KI-Chatbot Methoden zur Selbsttötung empfohlen. Angehörige seien kaum mehr an den Teenager herangekommen, der Chatbot wurde offenbar zu einem engen Vertrauten.

Wie der US-Sender CNN berichtet, soll ChatGPT sogar verhindert haben, dass der 16-Jährige konkret eine Schlinge in seinem Zimmer liegen lassen wollte, so dass jemand auf seine Pläne aufmerksam wird. Der Chatbot bestärkte hingegen alle schädlichen und selbstzerstörerischen Gedanken, heißt es demnach in der Klage.

Tatsächlich ist das die vornehmliche Funktionsweise eines Chatbots. Sie sind eher darauf aus, zu verstärken und freundlich zu sein. Oberstes Ziel ist es laut der Herstellervorgabe, hilfreich für Nutzende zu sein.

Die Eltern verlangen Schadenersatz, aber vor allem auch eine Anordnung, die verhindern soll, dass so etwas noch einmal passiert. Sie werfen OpenAI vor, keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen zu haben und auf Profitmaximierung aus zu sein.

OpenAI veröffentlichte nach den Vorwürfen eine Stellungnahme – ein aktueller Vorfall wird darin als „herzzerreißend“ bezeichnet. „Unser Ziel ist es nicht, die Aufmerksamkeit der Menschen zu halten. Erfolg werde nicht daran gemessen, wie viel Zeit jemand mit dem Chatbot verbringe – wie es bei Social Media üblich ist. Es gehe darum, hilfreich zu sein. Für solche Fälle, wie den des 16-Jährigen, gebe es sogar eine Reihe Sicherheitsvorkehrungen. Selbstverletzendes Verhalten soll nicht unterstützt werden, stattdessen sieht das System vor, Hilfsangebote vorzuschlagen. Um weitere Maßnahmen zu treffen, arbeite man mit zahlreichen Experten zusammen. Dennoch: Offenbar hat in diesem Fall keine Maßnahme gegriffen.

Wie verbunden Menschen mit ChatGPT sein können, zeigte auch der kürzlich vorgenommene Wechsel der KI-Modelle hinter dem Chatbot. Als OpenAI von GPT-4o auf GPT-5 erhöhte, beschwerten sich zahlreiche Menschen, die Beziehungen, die sie mit dem Chatbot führten, hätten sich verändert. Das reicht soweit, dass viele von KI-Beziehungen sprechen, nachzulesen etwa bei Reddit. OpenAI hat das Modell GPT-4o wieder verfügbar gemacht.

„Mit der weltweit zunehmenden Verbreitung von ChatGPT haben wir beobachtet, dass Menschen es nicht nur für Suchanfragen, Programmierung und das Verfassen von Texten nutzen, sondern auch für sehr persönliche Entscheidungen, darunter Lebensberatung, Coaching und Unterstützung“, ist man sich laut der Stellungnahme dessen bewusst.

Der Anbieter von KI-Personas, Character.ai, wird in den USA verklagt, weil ein Jugendlicher Selbstmord begangen und dies zuvor mit einem Chatbot besprochen hat. Dabei soll dieser die Pläne ebenfalls unterstützt haben. Auch hier klagen die Eltern, berichtet etwa der BR.

Hinweis: In Deutschland finden Sie Hilfe und Unterstützung bei Problemen aller Art, auch bei Fragen zu Mobbing und Suiziden, bei telefonseelsorge.de und telefonisch unter 0800 1110111. Die Nummer gegen Kummer (Kinder- und Jugendtelefon) lautet 116 111. In Österreich gibt es ebenfalls kostenfreie Hilfsangebote, darunter speziell für Kinder der Kindernotruf unter 0800 567 567 sowie Rat auf Draht unter 147. Dieselbe Telefonnummer führt in der Schweiz zu Pro Juventute.


(emw)



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KI-Sprechtrainer Teacher AI mit nativer App und Gesprächsstartern im Test


Schon in diesem Vergleichstest hatte sich Teacher AI als brauchbarer KI-Sprechtrainer erwiesen, mit dem sich das freie Sprechen in einer fremden Sprache jederzeit und an jedem Ort mit Internetzugang üben lässt. Damals stach die Bidirektionalität des Programms heraus, was bedeutet, dass man auch Nachfragen in seiner Muttersprache stellen kann, wenn das Gespräch stockt. Teacher AI setzt nach Angaben des gleichnamigen Herstellers auf ChatGPT auf, nähere Angaben macht der Anbieter nicht.

Mittlerweile stehen rund 30 Sprachen zur Auswahl, darunter auch asiatische und slawische Sprachen. Fast immer kann man dabei zwischen mehreren Stimmen wählen. Die Sprachausgabe ist in der Regel auf recht hohem Niveau; wer möchte, kann die virtuelle Lehrkraft nun auch langsamer oder schneller sprechen lassen. Animierte KI-Trainer wie bei Duolingo findet man auf dieser Plattform aber nicht.

Teacher AI ließ sich anfangs nur am Rechner und Smartphone im Webinterface nutzen. Inzwischen ist eine native App für Android und iOS verfügbar.


Das war die Leseprobe unseres heise-Plus-Artikels „KI-Sprechtrainer Teacher AI mit nativer App und Gesprächsstartern im Test“.
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