Datenschutz & Sicherheit
Vor dem Schlafzimmerfenster steht ein Kameraturm
Jean Sommer wirft sich ein dünnes, braun-schwarzes, in Schlangenlederoptik gemustertes Tuch über den Kopf. Jetzt sieht er aus wie ein hippes Gespenst. Was Sommer hier vorführt, ist eine Art Tarnanzug. Er trug ihn eine Weile, immer wenn er das Haus verließ oder auch nur das Fenster öffnete. Immer, wenn er in Kontakt mit der Welt vor seiner Tür zu kommen drohte.
Denn vor seiner Wohnung ist Überwachungsgebiet. Dort, auf dem Hof der Koloniestraße 10 im Berliner Ortsteil Gesundbrunnen, steht seit dem 3. Juni ein Kameraturm von BauWatch. Der Turm ist etwa sechs Meter hoch, Sommer lebt im ersten Stock. Er öffnet vorsichtig das Schlafzimmerfenster und präsentiert den Ausblick.
Geschätzt zwei Meter vor dem Fenster hängen die Kameras. Ungefähr auf Augenhöhe. „Das ist schon ne ganz schöne Ansage“, sagt Sommer. Marie Münch, seine Frau, fügt hinzu: „Wenn ich das Fenster öffne, um den Tag zu begrüßen und die Vöglein zu füttern, blicke ich direkt in die Kameras. Wie soll es einem dabei gehen?“
Am Anfang war Jean Sommer noch sorgfältig darauf bedacht, sich in dem Bereich, den die Kameras überwachen können, unkenntlich zu machen. Dann folgte eine Phase des Aufstands: Er zeigte sich unvermummt und den Kameras den Mittelfinger oder sogar den blanken Po. Inzwischen passiert er den Turm, ohne ihm besondere Beachtung zu schenken. In seinem Kopf ist er dennoch präsent. Marie Münch sagt: „Dieses Überwachungsungetüm ist wirklich eine Zumutung. Mir bereitet jeder Weg vorbei an dem Turm Bauchschmerzen.“
Drei Kameras, ein Bewegungsmelder und ein 120-Dezibel-Lautsprecher
Wer zur Wohnung von Münch und Sommer will, muss unter dem Kameraturm durchgehen. Es gibt keinen anderen Weg. Wenn Sommer und Münch gehen, wenn sie wiederkommen, wenn sie aus dem Fenster schauen: Da ist der Turm.
Es ist ein BauWatch GreenLight. Er hat zwei Kuppel-Kameras mit Infrarot-Erkennung zur Überwachung des Geländes und eine Kamera zur Detektion von Sabotageakten am Turm. Er wird laut Hersteller-Website mit einer App vermietet, mit der die Kunden das Gelände „jederzeit und von überall“ überwachen können. Sobald der verbaute Bewegungsmelder anschlägt, wird ein Livestream an die BauWatch-Leitstelle übertragen.
Die Menschen dort können über eingebaute Lautsprecher Eindringlinge mit bis zu 120 Dezibel ansprechen. In Gefahrensituationen schicken sie die Polizei vorbei. Öffentliche Bereiche werden in den Videobildern angeblich geschwärzt. „Ein Filmen von unbeteiligten Personen ist somit ausgeschlossen“, heißt es auf der BauWatch-Website.
Mikroapartments und die Umgehung der Mietpreisbremse
Münch und Sommer wohnen hier seit 2016. Den Turm hat ihnen der Vermieter in die Aussicht stellen lassen, die Campus Berlin III GmbH. Sie gehört hauptsächlich ihrem Geschäftsführer beziehungsweise der GRUND.CONCEPT GmbH, an der dieser 100 Prozent hält.
Die GRUND.CONCEPT wiederum ist mit 50 Prozent an der Campus Viva Service GmbH beteiligt. Auf dem Nachbargrundstück der Koloniestraße 10 stehen zwei Häuserblöcke von Campus Viva. Darin sind Mikroapartments, die möbliert vermietet werden und so von der Mietpreisbremse ausgenommen sind. Solche Wohnungen gelten als lukrative Investition. Auf dem Gelände der Koloniestraße 10 sollen ebenfalls Mikroapartments von Campus Viva entstehen.
Sommer vermutet, dass der Kameraturm dazu da ist, ihn und die anderen sieben Menschen, die aktuell noch in den Remisen am Hof wohnen, zum Auszug zu drängen. „Es besteht der Verdacht, dass die Kamera das Wohnen hier verunmöglichen oder so ungemütlich machen soll, dass wir freiwillig gehen“, sagt er.
Ob das der Fall ist, wollten wir von Campus Berlin III wissen, doch das Unternehmen hat auf Fragen von netzpolitik.org nicht geantwortet. Gegenüber Pro7 gab die Firma an, dass der Kameraturm aufgestellt worden sei, weil auf dem Gelände ein Bauzaun abhanden gekommen sei.
Dass ein etwa 60 Meter langer Bauzaun tatsächlich vorübergehend abmontiert worden war, kann auch Sommer bestätigen. Mittlerweile steht wieder einer da und teilt den Hof des Grundstücks in zwei Hälften. Die größere Hälfte steht leer und wird vom dem Kameraturm überwacht. Über die schmalere Hälfte können Sommer und die anderen Remisenbewohner*innen ihre Wohnungen erreichen. Auf dieser sowieso schon engen Seite steht auch der BauWatch-Turm.
„Du hast die ganze Zeit das Gefühl, dir guckt jemand zu“
Dass Vermieter ihre Liegenschaften videoüberwachen, um beispielsweise Vandalismus zu verhindern, kommt häufiger vor. In Berlin nutzen auch einige landeseigene Wohnungsbauunternehmen die Technologie.
„Das Gefühl beobachtet zu werden, sobald man aus dem Fenster guckt, beziehungsweise über den Hof geht, empfinde ich als unerträgliche Einschränkung der Privatsphäre. Du hast die ganze Zeit das Gefühl, dir guckt jemand zu, der hier eigentlich nichts zu suchen hat. Dann noch mit dieser Brutalität: Mitten im Hof, mitten im Weg, ein kompletter Fremdkörper. Das macht Wut“, sagt Sommer.

Jean Sommer ist ein Datenschützer. Ein Fan von Privatsphäre. Die Kamera an seinem Laptop ist abgeklebt und die Schutzhülle seines Handys hat er falsch herum aufgezogen, damit sie die Linsen auf der Rückseite verdeckt. Sommer ist auch Miet-Aktivist. Auf seinem Hoodie ist ein Bild des Hofes der Koloniestraße 10 abgedruckt. Darunter prangt der Schriftzug: „Keine Rendite“.
Die Wohnungen von Sommer und seiner Frau und ihren direkten Nachbarn stehen dem Campus-Viva-Neubau im Weg. Wo zwei weitere Parteien leben, ist die Aufstellung eines Krans geplant.
So lange sie dort leben, kann der Besitzer nicht bauen
Ihre Wohnungen liegen in einem Milieuschutzgebiet. Deshalb kann der Eigentümer sie nicht abreißen und das Campus-Viva-Projekt erweitern, so lange noch Menschen dort leben. Das bestätigt das zuständige Bezirksamt von Berlin-Mitte. Der Besitzer des Grundstücks hat schon vor Gericht versucht, das gesamte Milieuschutzgebiet aufheben zu lassen. Damit ist er gescheitert.
Die Erdgeschosse der Remisen und die Garagen an der gegenüberliegenden Seite des Hofes, in denen einst Künstler und Schrauber ihre Werkstätten hatten und Kinder tanzen lernten, 40 Einheiten, sind bereits leer. Die Campus Berlin III hat den Gewerbenutzer*innen gekündigt. Bei Wohnungen geht das nicht so leicht.
An den Hauswänden steht Spalierobst, je ein Pfirsich-, Aprikosen-, Pflaumen- und Birnbaum. Die Fassaden sind begrünt, auf Pergolen wuchert es. Sommer sagt, er sei hier schon Bussard, Falke und Kauz begegnet, es gäbe Eichhörnchen und Fledermäuse, Waschbären und eine Fuchsfamilie, die immer mal wieder vorbeikommt.
In den 90er-Jahren war die Renaturierung vom Berliner Senat finanziert worden, der Hof gilt als ein Vorbild für naturnahe Stadtumgestaltung und ist ein Schwammstadt-Projekt der Berliner Regenwasseragentur. Quer durch den Asphalt ziehen sich etwa 50 Zentimeter breite Grünstreifen zur Versickerung.
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Die Spatzen sind seine Verbündeten
Sommer, von Beruf Landschaftsgärtner, kniet sich vor einen davon, streicht mit der Hand über Pflänzchen und zählt ihre Namen auf: Beifuß, Melde, Schöllkraut, Nachtkerze, Schafgarbe, Breitwegerich. „Vor allem die letzten beiden produzieren Samen, die bei den Spatzen superbegehrt sind“, sagt er. „Das ist ein Lebensraum hier“.
Die erwähnten Spatzen sitzen in einer Hecke nicht weit von Sommer entfernt. „Das ist die letzte Spatzenkolonie in der Gegend. Die sind ortstreu. Die sind hier geboren und die bleiben auch hier“, sagt Sommer. Die Spatzen sind seine Verbündeten.
Letztlich haben die Vögel auf dem Grundstück verhindert, dass der Besitzer die Garagen und Gebäude gegenüber von Sommers Wohnung abreißen konnte. Zwölf Garagen und Nebengebäude wurden Anfang des Jahres bereits zerstört, dann haben die Mieter*innen die Baufirma mithilfe der Spatzen gestoppt.
„Auf dem Grundstück Koloniestraße 10 befinden sich geschützte Fortpflanzungs- oder Ruhestätten“, schreibt das Bezirksamt von Berlin-Mitte auf Anfrage von netzpolitik.org. Diese dürften nicht beschädigt werden. Eine Ausnahmegenehmigung sei nicht möglich, weil die Pläne des Grundstückseigners wegen des Milieuschutzes aktuell sowieso nicht umgesetzt werden können. Gegen die entsprechenden Bescheide habe der Eigentümer Rechtsmittel eingelegt. Es sei offen, wie die Auseinandersetzung ausgeht.
Das Ende eines Kieztreffpunkts
Der Eigentümer will den Abriss wohl als bauvorbereitende Maßnahme, aber auch, so vermutet zumindest Sommer, „damit es hier nicht mehr so gemütlich ist“. Früher habe man hier im Hof oft zusammengesessen und Gäste eingeladen. „Der Hof war immer ein Kieztreffpunkt“, sagt Sommer. Mittlerweile bekomme er kaum noch Besuch.
Ein Zaunelement voller Gemälde, die Menschen aus der Gegend geschaffen haben, zeugt von der lebhaften Vergangenheit. Oft seien sogar Schulklassen und Stadtführungen gekommen, um den Hof zu bewundern, sagt Sommer. Das sei jetzt vorbei. „Die haben es geschafft, das soziale Leben zum Erlöschen zu bringen. Niemand setzt sich freiwillig unter eine Kamera“, sagt Sommer.
Eigentlich müssen nach Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Schilder am überwachten Areal die Videoüberwachung kenntlich machen. Auf der BauWatch-Website steht: „An den Baufeldbegrenzungen weisen Schilder (…) auf die Überwachung des Geländes hin, ebenso wie auf die verantwortliche Stelle. Zusätzlich stellen wir unseren Kunden alle erforderlichen Hinweisschilder zur Verfügung, um der geforderten Transparenz und den Informationspflichten nachzukommen. Diese Schilder werden in der Regel deutlich sichtbar im Eingangsbereich der Videoüberwachung aufgestellt.“
Videoüberwachung ohne die vorgeschriebenen Hinweise darauf
Beim Besuch von netzpolitik.org ist kein Hinweis auf die Videoüberwachung zu sehen. Laut Sommer wurden die Mieter*innen auch nicht darüber informiert, weder per Schild, noch per Brief. Eine Nachbarin von Sommer berichtet, dass ein Mensch an dem Bauzaun ein BauWatch-Banner aufhängte, es fotografierte und dann wieder abnahm.
Die Nachbarin hat von dem Vorgang Fotos gemacht, die netzpolitik.org inklusive Zeitstempel vorliegen. Darauf ist ein Mann an der Befestigung des Banners zu sehen. Das nächste Bild, das laut Zeitstempel sechs Minuten später aufgenommen wurde, zeigt den Bauzaun ohne Banner und den gleichen Mann, wie er den Ort verlässt und dabei etwas in der Hand hält. Es könnte das gefaltete Banner sein, aber sicher erkennbar ist das nicht. Wir wollten von der Vermieter-Firma Fragen wissen, wie es um die Kennzeichnung steht. Doch auch dazu gab es keine Antwort.
Das Büro der Berliner Datenschutzbeauftragten sagt gegenüber netzpolitik.org, dass es nicht zuständig sei, weil die Campus Berlin III GmbH, die den Kameraturm hat aufstellen lassen, in Bayern sitzt. Deshalb werde der Fall an den dortigen Datenschutzbeauftragten übergeben. Eine Rückmeldung von dort haben die Anwohner*innen noch nicht. Sie müssen erst einmal weiter mit dem Kameraturm leben.
Datenschutz & Sicherheit
Sicherheitsleck in Dolby Digital Plus Decoder in Android, iOS, macOS und Windows
Eine Sicherheitslücke im Dolby Digital Plus Unified Decoder machte Android, iOS, macOS und Windows anfällig für Angriffe. Sie ermöglichte etwa Zero-Click-Attacken auf Android-Geräte. Aktualisierungen zum Stopfen des Sicherheitslecks stehen bereits zur Verfügung.
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Darüber berichtet Googles Project Zero in einem Bug-Eintrag. Aufgrund eines Integer-Überlaufs bei der Verarbeitung von Daten durch den DDPlus Unified Decoder können Schreibzugriffe in einen Heap-artigen Puffer über die vorgesehenen Speichergrenzen hinaus erfolgen. Dadurch lassen sich Strukturen wie Zeiger überschreiben. „Unter Android führt dies zu einer Zero-Click-Schwachstelle, da Android lokal alle Audio-Nachrichten und -Anhänge zur Transkription dekodiert, mit diesem Decoder, und das ohne, dass Nutzer mit dem Gerät interagieren“, erklären die Programmierer dort.
Zero-Click-Code-Ausführung auf Android-Handy
Sie haben Beispieldateien erstellt, die die Lücke demonstrieren und einen Absturz anfälliger Geräte auslösen. Getestet haben die IT-Forscher Googles Pixel 9 sowie Samsungs S24, die mit einem SIGSEGV (Segmentation Fault) abstürzten. MacBook Air M1 mit macOS 26.0.1 und iOS 26.0.1 auf einem iPhone 17 Pro stürzten hingegen mit einer „-bounds-safety trap“ ab, also Sicherheitsmechanismen in der verwendeten Programmierumgebung. Die IT-Sicherheitsspezialisten haben eingeschleusten Code durch diese Schwachstelle auf Googles Pixel 9 mit Android 16 und Firmware BP2A.250605.031.A2 ausführen können.
Die Schwachstelle gilt dem Bug-Eintrag zufolge als gefixt. Microsoft hat sie vergangene Woche mit den Oktober-Sicherheitsupdates für diverse Windows-Versionen ausgebessert(CVE-2025-54957, CVSS 7.0, Risiko „hoch„). Für ChromeOS hat Google dafür Mitte September eine Betriebssystemaktualisierung verteilt.
Dolby hat eine eigene Sicherheitsmitteilung veröffentlicht, in der das Unternehmen das Sicherheitsrisiko mit einem CVSS-Wert von 6.7 lediglich als „mittel“ einstuft. Betroffen sind demnach die Softwareversionen UDC v4.5 bis v4.13. Der Hersteller fordert Anbieter auf, deren Geräte Dolby Digital Plus einsetzen, ihren Dolby-Repräsentanten zu kontaktieren, um die jüngsten Dolby-Digital-Plus-Dateien zu erhalten. Endkunden sollten sicherstellen, dass ihre Geräte auf dem aktuellen Stand sind.
Zuletzt gab es etwa Ende August in WhatsApp eine Zero-Click-Lücke, die iOS- und macOS-Geräte ohne Nutzerbestätigung verwundbar machte.
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(dmk)
Datenschutz & Sicherheit
WhatsApp kämpft gegen Spam: Nachrichtenlimit bei ausbleibender Reaktion
WhatsApp will Spam den Kampf ansagen. Dazu plant die Messenger-Plattform, die Anzahl an Nachrichten einzuschränken, die Privatnutzer und Unternehmen senden können, wenn (unbekannte) Empfänger darauf nicht reagieren.
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Das hat das Magazin TechCrunch in Erfahrung gebracht. Demnach rechnet WhatsApp alle Nachrichten, die Nutzer und Unternehmen versenden, auf ein monatliches Budget an – außer, die Absender erhalten eine Antwort. Wie hoch die maximale Anzahl an unbeantworteten Nachrichten vor der Sperre ist, nannte WhatsApp nicht. Die App soll jedoch ein Pop-up-Fenster als Warnung anzeigen, sofern sich Betroffene dem Limit nähern, sodass sie möglicherweise die Blockade noch abwenden können.
Gegenüber TechCrunch hat WhatsApp erklärt, die Funktion „in mehreren Ländern in den kommenden Wochen“ scharfzuschalten. Durchschnitts-User seien nicht betroffen, da sie üblicherweise die Grenzen nicht erreichen. Der Mechanismus sei dafür ausgelegt, effektiv gegen Menschen und Geschäfte vorzugehen, die massig Nachrichten verschicken und Leute zuspammen.
Spamschutz ist sinnvoll
Spam-Versand in WhatsApp scheint ein lukratives Geschäftsmodell zu sein. Die IT-Forscher von Socket haben eine Kampagne entdeckt, bei der der Chrome Web Store mit 131 Klonen einer WhatsApp-Web-Automatisierungs-Erweiterung geflutet wurde. Im Visier der Spammer sind derzeit insbesondere brasilianische Nutzerinnen und Nutzer.
Wie die IT-Sicherheitsforscher von Socket in einem Blog-Beitrag berichten, injiziert sich der Code der Browser-Erweiterungen direkt in die WhatsApp-Webseite und läuft dort neben den eigenen Skripten von WhatsApp. Er automatisiert Massenkontakte und plant diese so, dass sie die Anti-Spam-Maßnahmen von WhatsApp unterlaufen. Die Autoren der Original-Erweiterung suchen Kunden, die für die Massen-Spams zahlen – dafür versprechen sie ein Vielfaches an Gewinn – und ihre Marken sowie Webseiten zur Verfügung stellen. Daher ist der gleiche Code mit unterschiedlichen Marken als Aufmacher den Forschern zufolge bereits 131 Mal im Chrome Web Store aufgetaucht. In der Analyse zählen sie alle bösartigen Erweiterungen in den Indizien für eine Infektion (Indicators of Compromise, IOCs) auf. Zudem haben sie die Erweiterungen an Google gemeldet, damit sie aus dem Store entfernt werden.
Bereits im April hat WhatsApp erste Maßnahmen gegen unerwünschte Werbebotschaften ergriffen. Dazu hat die Messenger-Plattform die Broadcast-Funktion eingeschränkt, mit der Nutzer und Unternehmen viele Nutzer auf einmal erreichen können. Zu dem Zeitpunkt hat WhatsApp noch die passenden Limits ausgetestet. Die damals aktuelle Beta-Version erlaubte 30 Broadcast-Nachrichten im Monat. Für weitere Mitteilungen empfahl WhatsApp, dass Betroffene Status-Updates oder Kanäle nutzen sollten.
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(dmk)
Datenschutz & Sicherheit
Wie anonymes Bezahlen möglich wäre
Wie anonym können wir künftig noch bezahlen? Diese Frage stellt sich vermehrt in einer Welt, in der digitale Zahlungsmethoden sich immer weiter verbreiten. Die Europäische Zentralbank wirbt für den Digitalen Euro immer wieder mit einem Level an Privatsphäre, dass „Bargeld-ähnlich“ oder „Bargeld-nah“ sein soll. Nun hat der Europäische Datenschutzausschuss, in dem nationale und der EU-Datenschutzbeauftragte zusammenkommen, ein Gutachten in Auftrag gegeben.
Eine der zentralen Fragen: Wie nahe kommt der digitale Euro an Bargeld und welche technischen Möglichkeiten für Anonymität gibt es? Das hat der Kryptographie-Professor Tibor Jager (Universität Wuppertal) für den Datenschutzausschuss untersucht.
Für den Kontext: Der Digitale Euro, Fach-Abkürzung „D€“, steht gerade im Fokus der EU-Institutionen. Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt die technische Umsetzung voran. Parallel dazu gibt es einen Gesetzgebungsprozess, Parlament und Rat beraten gerade über den Vorschlag der Europäischen Kommission.
Digitale Zahlungen online und offline
In der Praxis soll der Digitale Euro online und offline funktionieren. Das Online-System kommt da ins Spiel, wo man den digitalen Euro etwa für das Einkaufen im Internet nutzt. Das Offline-System soll Bargeld möglichst ähnlich sein. Damit sollen etwa Privatpersonen einkaufen, aber auch Geld untereinander transferieren können, ohne dass eine Bank oder ein Zahlungsdienstleister das autorisieren oder mitbekommen muss. „Die Offline-Funktionalität des Digitalen Euro soll es Verbrauchern ermöglichen, auch in Notfällen wie Strom- oder Netzwerkausfällen weiterhin Zahlungen zu tätigen“, schreibt die EZB in ihrem neuesten Fortschrittsbericht.
Tibor Jager kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass ein anonymer Offline-D€ durchaus möglich ist. „Es existiert eine Bandbreite kryptografischer Werkzeuge, die man nutzen kann, um Sicherheit vor Fälschungen sowie Anonymität auf sehr starke Weise sicherzustellen“, schreibt er. Anonymität heißt in diesem Kontext: nicht verknüpfbar. Voreinander sind Zahler und Bezahlte zwar nicht anonym, allerdings sollten Dritte den Zahlvorgang nicht nachverfolgen können.
Konkret nennt Jager unter anderem das Verfahren der Blinden Signaturen. Dadurch könnte auch sichergestellt werden, dass Banken zwar sehen, dass ein bestimmter Betrag abgehoben oder eingezahlt wird, aber nicht die Token-ID, quasi die digitale Seriennummer. Das soll die Nachverfolgung des D€ verhindern.
Das Problem mit dem „Double Spending“
Eine Problem nennt Jager im Gutachten allerdings immer wieder: Wie kann man bei Offline-Transaktionen „Double Spending“ verhindern? Also dass eine Person denselben Digitalen Euro mehrmals ausgibt. Im Vergleich zu Bargeld wandert beim digitalen Euro ja kein physischer Geldschein über den Ladentisch.
Während es laut Gutachten vergleichsweise einfach ist, zu verhindern, dass Unbefugte neue Digitale Euros erschaffen, sei das unbefugte Kopieren von D€ schwieriger zu verhindern, vor allem in einem Privatsphäre-schonenden Offline-System. Dann könnte eine Person mit ihrem D€ zweimal offline bezahlen. Aber nur der erste Empfänger könnte diesen D€ „einlösen“, bei der zweiten bezahlten Person würde das Umwandeln abgelehnt.
Unlösbar ist dieses Problem aber nicht. Laut dem Gutachten gibt es mehrere Schutzmechanismen gegen „Double Spending“:
Sichere Hardware: Schon jetzt ist geplant, dass der Digitale Euro in einer bestimmten Hardware-Umgebung auf dem Smartphone verwaltet wird, die sich durch andere Software auf dem Gerät nicht verändern lässt. Jager weist in seinem Gutachten darauf hin, dass es in der Geschichte immer wieder erfolgreiche Angriffe auf sichere Hardware-Elemente gegeben habe. Zudem werde die Sicherheit dieser Umgebung dadurch erschwert, dass nicht Personen von außen, sondern die Nutzer:innen selbst versuchen könnten, das System zu manipulieren. Um das Risiko gering zu halten, sollte die Hardware möglichst wenige Aufgaben erfüllen. Dementsprechend sollten die Anonymität der Zahlungen und andere Sicherheitsmechanismen durch kryptografische Verfahren abgedeckt werden, die nicht auf entsprechenden Hardware-Sicherheitsmechanismen basieren.
Semi-Offline-Lösung: In diesem Szenario wäre nur die Zahlerin offline, der Bezahlte müsste mit dem System verbunden bleiben, das dann den übertragenen D€ direkt verifizieren könnte. Auch wenn diese Idee aus Sicherheitsperspektive attraktiv ist, untergräbt sie eines der zentralen Versprechen des Offline-D€: Dass man mit ihm auch ohne Internetverbindung bezahlen kann, etwa während eines Stromausfalls.
Kleinere Einschränkungen: Das Gutachten nennt etwa Transfer-Limits, also Beschränkungen, wie oft und wie viel Geld mit dem Offline-D€ übertragen werden könnte. Dies mache Manipulationen weniger lukrativ. Auch aus finanzwirtschaftlicher Sicht wird beim D€ über über Halte-Limits diskutiert, also wie viele Digitale Euros man besitzen darf, bis diese in normales Bankguthaben umgewandelt würden. Das Gutachten diskutiert auch Ablaufdaten für die Tokens des Digitalen Euros.
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Aufdecken statt Verhindern: Zudem könnte man sich weniger auf die Verhinderung als auf die Aufdeckung von „Double Spending“ konzentrieren. „Die Grundidee dieses Ansatzes besteht darin, einen Auditor einzuführen, der die Identität der Nutzer:innen nur in Fällen von Doppelausgaben offenlegen kann, während ehrliche Nutzer:innen bei normaler Nutzung vollständig anonym bleiben (auch gegenüber dem Auditor)“, schreibt Jager. Auch das sei durch das Blinde-Signaturen-Verfahren möglich.
Sicherheit braucht Transparenz
Alle diese Ideen führen an anderen Stellen zu Nachteilen. Diese Abwägungen müssten gut ausbalanciert werden, heißt es in dem Gutachten. Der Idee von Security by Obscurity („Sicherheit durch Unklarheit“) erteilt das Gutachten eine klare Absage. Insgesamt könne man die Sicherheit des Digitalen Euros nur durch Transparenz erhöhen. Die technischen Anforderungen und Protokolle müssten öffentlich sein, fordert Jager. Es sollte Open-Source-Implementierungen für die entsprechende Soft- und Hardware geben. Sicherheitsforscher:innen und ethische Hacker:innen sollten aktiv ermutigt werden, das System auf Schwachstellen zu testen.
Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Meike Kamp, hatte das Gutachten beim Europäischen Datenschutzausschuss angeregt. Gegenüber netzpolitik.org sagt sie: „Das Gutachten erklärt, vor welchen technischen Herausforder ungen eine anonymeOffline-Version des Digitalen Euros steht und zeigt, wie man sie lösen kann.“ Damit könne eine Bargeld-ähnliche Funktion machbar sein, die Betrug verhindert und trotzdem anonyme Zahlungen bis zu einem bestimmten Betrag ermöglicht, sagt Kamp.
„Ein hoher Datenschutzstandard ist entscheidend, um das Vertrauen der Bürger:innen in diese neue Form der Währung zu sichern. Die Möglichkeit, kleinere Beträge anonym zu bezahlen, würde den Digitalen Euro einzigartig machen und ihn von anderen digitalen Zahlungsmethoden abheben.“
Welche Datenschutzanforderungen die EU-Institutionen gesetzlich festlegen, wird sich in den kommenden Monaten entscheiden. Nach Auskunft von Damian Boeselager (Volt, Greens/EFA), Schattenberichterstatter des EU-Parlaments zum Digitalen Euro, will das Parlament im Mai 2026 seine Position verabschieden. Die dänische Ratspräsidentschaft will die Position der Mitgliedsstaaten noch in diesem Jahr verabschieden, berichten mehrere Quellen. Sobald Parlament und Rat ihre Positionen beschlossen haben, kann der Trilog beginnen, also die Verhandlung zwischen Ministerrat (den Mitgliedsstaaten), EU-Parlament und EU-Kommission.
Hinweis: Das Gutachten ist in englischer Sprache verfasst. Die direkten Zitate wurden übersetzt.
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