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„Wie schön es ist, dass ich das jetzt weiß!“


Sigrid* reißt die Augen auf, als hätte sie einen Zaubertrick gesehen. „Ach so!?“, ruft sie erstaunt. Sie nimmt ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und beugt sich langsam immer weiter über ihren Laptopbildschirm, studiert das Abgebildete ganz genau. „Das ist ja klasse“, flüstert sie.

Sigrid hat gerade gelernt, dass man mithilfe von Tabs mehr als eine Internetseite auf einmal öffnen kann. Dabei ist sie technisch eigentlich gar nicht sehr unbedarft. Sie sagt stolz von sich, dass sie ihren Laptop „für die Dinge, die ich brauche, zu 90 Prozent beherrsche.“

Sigrid ist heute in die Berliner Amerika-Gedenkbibliothek gekommen, weil sie das Finanzamt fürchtet. Sie hat die Abgabefrist für ihre Steuererklärung bereits überzogen und kommt an einem bestimmten Punkt der Steuersoftware Elster nicht weiter. Doch als sie das Problem präsentieren will, ergibt sich eine noch viel elementarere Schwierigkeit: Sigrid hat ihr Passwort vergessen. Bei Elster lässt sich das nicht einfach nur per E-Mail zurücksetzen. Sigrid muss sich online authentifizieren. Sie hat keine Ahnung, wie das geht.

Die Digitalisierung schließt viele Menschen aus

Je umfassender die Digitalisierung in unseren Alltag eingreift, je öfter es für Services keine analoge Alternative mehr gibt, desto weiter werden all jene abgehängt, für die der Umgang mit der digitalen Welt eine Herausforderung darstellt. Alte Menschen, Menschen mit Lernschwierigkeiten, Menschen mit sensorischen Beeinträchtigungen beispielsweise. Oder Menschen mit geringem Einkommen. Laut einer Studie zur Digitalkompetenz haben nur 32 Prozent von ihnen digitale Grundkenntnisse.

In einer Studie zur digitalen Teilhabe fanden 80 Prozent der Befragten, dass Menschen, die sich im Digitalen schlecht auskennen, es im Alltag zunehmend schwer haben. Lena Zerfowski soll solchen Menschen helfen. Die 28-Jährige ist Digitallotsin im Pilotprojekt Digitalzebra, das die Berliner Bibliotheken aufgesetzt haben. Dort sollen Menschen, die sich mit Technik schwertun, Unterstützung beim Zugang zu digitalen Angeboten bekommen.

Bislang bleibt jenen, die an digitalen Herausforderungen scheitern, nur die Hoffnung, dass technikaffine Bekannte oder Familienmitglieder ihnen helfen. Die privatwirtschaftlichen Geräte- und Softwareanbieter können und wollen meist nicht assistieren. Die betriebswirtschaftliche Logik verbietet die ausufernde Auseinandersetzung mit themenübergreifenden Problemen von Menschen wie Sigrid. Deshalb beginnt nun die öffentliche Hand, Angebote zu entwickeln, die Digitalisierungsverlierer auffangen sollen. Neben der 1:1-Sprechstunde bei den Digitallots*innen gibt es in Berlin beispielsweise auch Digital-Cafés, wo es eher um Austausch in und mit einer Gruppe geht.

Hilfe zur Selbsthilfe

Sigrid setzt sich neben Lena Zerfowski auf einen Barhocker, wuchtet ihren Laptop auf den Tisch vor den beiden, verlegt das Kabel, steckt es ein und schaltet den Rechner an. Der Bildschirm bleibt sehr lange schwarz. „Er macht irgendwas. Was auch immer“, sagt Sigrid mit Berliner Akzent. „Wir geben ihm mal noch ein bisschen Zeit“, antwortet Zerfowski.

Sigrid trägt eine weißblonde Kurzhaarfrisur und weiße Turnschuhe von Reebok zu weißer Jeans und apricot-farbenem Pullover. Ihr Lippenstift ist pink, ihre Nägel schimmern zartrosa und ihre Brille hat goldene Bügel. Nur die Flecken auf ihren Händen verraten, dass sie vermutlich nicht mehr so jung ist, wie sie wirkt. Ihrem Computer ist das Alter schon leichter anzusehen: Der Laptop ist dick wie ein Band Harry Potter.

Nach einer ganzen Weile ist das Gerät endlich hochgefahren. „Sind Sie schon mit dem Internet verbunden?“, fragt Zerfowski. „Ich denke“, antwortet Sigrid. Zerfowski glaubt das nicht und zeigt ihr, wo in diesem Fall welches Symbol zu sehen wäre und erklärt, wie sie die Ansicht mit den verfügbaren W-LANs öffnet. Sigrid ist ganz erstaunt, wie viele dort sichtbar sind. Dann verbindet sie sich mit dem Bibliotheksnetzwerk. Das dauert vermutlich ein Vielfaches der Zeit, die Zerfowski gebraucht hätte, um das Gerät selbst ans Netz zu bringen, doch das ist Teil des Konzepts: Hilfe zur Selbsthilfe.

„Damit sich jeder willkommen und wohl fühlt“

Lena Zerfowski hat eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste gemacht, unter den Digitallots*innen sind aber auch Quereinsteiger*innen, ein Mediendesigner zum Beispiel. Als Digitallots*in absolviert man zudem zahlreiche Fortbildungen: bei der Polizei zu Internetbetrug, bei der Verbraucherzentrale zu Onlinetransaktionen, bei Vereinen für Seh- und Hörbehinderungen zum Thema Barrieren. „Da haben wir gelernt, dass wir klar sprechen müssen, den Mund nicht verdecken dürfen und die Person, mit der wir sprechen, anschauen sollen, damit sich jeder willkommen und wohl fühlt“, sagt Lena Zerfowski.

Sigrid öffnet den Firefox-Browser. „Ich gehe jetzt zu Elster“, sagt sie. Und muss wieder eine ganze Weile lang warten. Sigrid stützt das Kinn auf den Handrücken, hebt es und legt den Zeigefinger an die Schläfe, dann tippt sie sich an den Mundwinkel. „Warum macht der nix. Das ist jetzt komisch“, murmelt sie. Dann öffnet sich die Seite der Steuerverwaltung. Die Zertifikatsdatei findet Sigrid, aber dann fällt ihr, wie erwähnt, ihr Passwort nicht ein. Um es zu finden, versucht sie, die Zertifikatsdatei zu öffnen. Zerfowski erklärt ihr, dass das nicht geht und zeigt ihr den „Passwort vergessen“-Button.

Um ein neues Passwort zu vergeben, braucht Sigrid ihren Benutzernamen. Der steht in einer E-Mail des Finanzamtes. Aber wie soll sie da rankommen? Sie hat ja nun schon die Elster-Website im Browser geöffnet. Zerfowski zeigt ihr den Trick mit dem neuen Tab. Kurz darauf bekommt Sigrid noch einen Skill beigebracht: Wie man Zeichen kopiert und anderswo wieder einfügt. Sigrid ist begeistert. Doch beim Sicherheitscode, den sie kurz darauf per Mail bekommt, funktioniert das nicht.

„Wie soll das gehen?“

„Sie merken sich einfach die ersten drei Zeichen und ich die letzten drei“, sagt Zerfowski. „Ich glaube, das ist eine blöde Idee, ich habe ein bisschen Gedächtnisprobleme“, sagt Sigrid. „Wir schaffen das schon“, sagt Zerfowski und behält recht. Doch um ein neues Passwort zu vergeben, muss Sigrid jetzt erst einmal ihre Identität verifizieren. „Wie soll das gehen?“, fragt sie.

Die Lots*innen tauschen sich regelmäßig über besondere Fälle aus, auch um die persönliche Aufarbeitung zu erleichtern. „Eine Frau, die wegen häuslicher Gewalt eine Wohnung sucht. Ein Mensch, der seinen digitalen Nachlass regeln will, weil er schwer erkrankt ist. Solche Fälle machen etwas mit einem“, sagt Olaf Wolter, einer von zwei Leitern des Projekts. Teil der Lots*innen-Arbeit ist auch die Vermittlung ins Hilfesystem, etwa zu spezialisierten Beratungsstellen. Wiederkehrende Probleme mit bestimmten Anwendungen melden die Lots*innen auch an deren Hersteller zurück, beispielsweise Banken oder das Arbeitsamt.

Sigrid wird nun in die Wunder der Online-Identifikation eingeführt. Sie wedelt nach Zerfowskis Anleitung mit ihrem Ausweis vor der Kamera und spricht zufällig generierte Worte in ein Selfie-Video. Nun muss sie 15 Minuten warten. Sigrid sagt: „Das ist nicht sehr benutzerfreundlich. Allein hätte ich mich da nie durchgewurschtelt.“ Lena Zerfowski sagt: „Wir versuchen, den Digitalzwang aufzufangen. Wenn es nur noch digital geht, brauchen die Leute eine Anlaufstelle.“

Der Hilfsbedarf ist hoch

In diesem Moment spricht eine Kollegin Zerfowski an. Es gäbe da noch eine Nutzerin, die gerne von Zerfowski beraten werden würde. Krystyna* war schon eine Weile interessiert um die Beratungsbox herumgestreift. Sie trägt ihre grauen Locken offen, eine Nickelbrille, Skinny Jeans, schwarze Lacksneaker mit weißer Sohle, eine Jeansweste über einem T-Shirt. Sie sieht aus, als wolle sie eigentlich zu einem Heavy-Metal-Konzert und ein bisschen wie die Antithese zu der blütenweiß-schicken Sigrid. Zerfowski fragt Sigrid, ob das in Ordnung ist, wenn sie sich in der Wartezeit um Krystyna kümmert. Sie bejaht.

Der Bedarf an Dienstleistungen wie denen der Digitallots*innen vom Digitalzebra-Projekt ist hoch. Wöchentlich nehmen etwa 350 Nutzer*innen die Angebote von Digitalzebra in Berlin wahr, Tendenz steigend. Einen Termin brauchen sie nicht. Dass Menschen warten müssen, weil gerade noch andere beraten werden, kommt regelmäßig vor.

Illustration eines Zebras, das Outfit und Kellen eines Einweisers auf dem Flughafen-Rollfeld trägt.
Dieses Zebra ist das Maskottchen des Projekts. Digital-Zebra heißt dieses, weil auch der Zebrastreifen einen sicheren Überweg garantieren soll – so wie die Digitallots*innen den Weg ins Netz begleiten. Schwarz und weiß stehe zudem für die Binarität, die der Digitalisierung zugrunde liegt. – Alle Rechte vorbehalten VÖBB/ZLB, Zeichnung: Jens Nordmann

26 Bibliotheken sind aktuell beteiligt, demnächst sollen es 28 sein. Anfangs war mit viel weniger geplant, doch zahlreiche Bibliotheken haben sich aus eigenem Antrieb angeschlossen und ihre Mitarbeiter*innen zu den Fortbildungen für Digitallots*innen geschickt. Das Projekt wird vom Berliner Senat gefördert, läuft seit September 2023 und ist bis zum Februar 2026 befristet. Danach soll es Teil des Regelangebots der Berliner Bibliotheken werden.

„Wow“

Krystyna schildert ihr Problem: „Ich soll 80 Euro für eine PDF-App zahlen. Ich will das nicht! Ich habe doch schon eine App für PDF“, sagt sie empört. „Wo haben Sie diese Forderung denn gesehen?“, fragt Zerfowski. „Das war, als ich auf Öffnen geklickt habe.“ Zerfowski zeigt Krystyna, wo sie sieht, welche Berechtigungen die entsprechende App hat, nämlich keine. „Ja, aber sie kommt immer wieder“, sagt Krystyna. „Die haben gesagt, wenn ich nicht bis morgen kündige, kostet das 80 Euro.“

„Also diese App kostet nichts und es gibt auch keine In-App-Käufe“, sagt Zerfowski. Sie und Krystyna sitzen sich gegenüber. „Sie können das lesen, wenn es auf dem Kopf steht?“, fragt Krystyna erstaunt. „Ja“, antwortet Zerfowski. Krystyna sagt: „Wow“.

Zerfowski findet heraus, dass Krystyna insgesamt vier PDF-Apps installiert hat. Bei einer davon gibt es In-App-Käufe. Zerfowski vermutet, dass diese App die Zahlungsaufforderung angezeigt hat. Dann schaut sie wieder nach Sigrid. Die sitzt tatenlos vor der Notiz, dass die Online-Legitimierung funktioniert hat. „Ich habe gewartet, weil ich nichts falsch machen wollte“, sagt Sigrid. Jetzt darf sie ein neues Passwort vergeben. Zerfowski dreht sich weg, Sigrid tippt entschlossen. Damit sie das Passwort nicht wieder vergisst, schreibt sie es zusätzlich auf die erste Seite ihres papierenen Terminkalenders.

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„Ich tippe, aber es passiert nichts“

Die Nutzer*innen des Angebots sind meist ältere Menschen. Aber auch unter Jüngeren gibt es welche, die beispielsweise nicht wissen, wie man eine Powerpoint-Präsentation erstellt, und deshalb Hilfe suchen. Von einem jungen Menschen wurde Zerfowski mal gefragt, wie man eine Maus bedient, „weil die nur noch das Touchpad kennen“.

Zerfowski wechselt wieder zu Krystyna. Sie hat die Theorie, dass Krystyna vielleicht ein Adobe-Abo angeboten wurde. „Haben Sie einen E-Reader“, fragt sie. „Einen was?“ „Ein Gerät, mit dem sie E-Books lesen können.“ „So etwas habe ich nicht. Aber ich habe noch ein anderes Problem. Wenn jemand anruft, weiß ich nicht, wie ich rangehen soll. Ich tippe, aber es passiert nichts.“

Zerfowski holt ihr Arbeitstelefon heraus und lässt Krystyna ihre Nummer eingeben, dann tippt sie auf den grünen Hörer. Auf Krystynas Bildschirm erscheint ein Anruf. „So sieht das aus, da kann ich nix tippen“, sagt sie. Zerfowski macht ihr vor, wie sie das Hörersymbol zur Seite zieht, um den Anruf anzunehmen.

„Ah“, ruft Krystyna, klatscht die Hände zusammen und hebt sie in einer betenden Geste. Zerfowski ruft sie noch einmal an und lässt sie diesmal selbst abheben. Krystyna strahlt und sagt „Dankeschön“. Als sie die Bibliothek verlässt, raunt sie einem Bibliotheksmitarbeiter zu: „Die ist ganz gut“ und zeigt dabei auf Zerfowski. „Für uns ist es vielleicht nur ein kleines Problem, aber für die Person kann es riesig wirken“, sagt die.

Wie Lena Zerfowski Sigrid vor Ärger mit dem Finanzamt rettet

Zurück zu Sigrid. Die ist nun endlich in ihrem Elster-Account und kann das eigentliche Problem suchen, die Stelle, an der es nicht weitergeht. „Sekunde. Ich bin völlig durch den Wind. Ah, hier ist es!“ Sigrid möchte eine Mietwohnung, die ihr gehört, angeben. „Aber der meckert mich dann immer an und sagt, ich hätte eine Ferienwohnung eingetragen. Ich habe mir das schon hundert Mal angeschaut, aber finde den Fehler nicht“, sagt sie.

Zerfowski lernt selbst viel bei der Arbeit, beispielsweise Videoschnitt, als jemand Hilfe mit seinen Urlaubsfilmen suchte. Sie erarbeitet sich die Lösung für das jeweilige Problem gemeinsam mit den Nutzer*innen, ruft zum Beispiel auch mit diesen gemeinsam bei einer Hotline an, wenn sie selbst nicht mehr weiter weiß.

„Im Grunde freut das die Person, wenn ich sage: Tut mir leid, das weiß ich auch nicht. Weil die sich dann nicht blöd fühlt. Deshalb gehen wir offen damit um, etwas nicht zu wissen und lernen dann was zusammen. Das ist ein schöner Prozess“, sagt Zerfowski. Informationen, die die Lots*innen bei der Arbeit gewinnen, tragen sie in ein Wiki ein, damit die Hilfe bei der nächsten Person mit dem gleichen Problem einfacher ist.

Zerfowski probiert einfach mal, was passiert, wenn sie eine bestimmte Zeile, in der Sigrid „0“ eingetragen hat, leer lässt. Und siehe da, es funktioniert. „Ich könnte Sie umarmen! Das hätte ich alleine nie hingekriegt. Ich freue mich ganz doll. Wissen Sie, wie viele schlaflose Nächte mich das gekostet hat?“, sagt Sigrid.

Zerfowski erzählt Sigrid noch, dass ihr Laptop mit Windows 10 läuft und das ab Oktober nicht mehr unterstützt wird. Wenn sie Hilfe bei der Umstellung auf Linux wolle, solle sie einfach wiederkommen. In Berlin-Marienfelde, wo Sigrid lebt, gäbe es übrigens auch Digitallots*innen, die ihr helfen könnten. Sigrid antwortet: „Ich kann ihnen gar nicht sagen, wie schön es ist, dass ich das jetzt weiß.“

*Name geändert



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SPD-Politiker fordert Inhaltskontrolle auf allen Endgeräten


Der SPD-Politiker Sebastian Fiedler hat in einer Bundestagsdebatte zur Chatkontrolle am vergangenen Mittwoch gefordert: „Es darf kein Endgerät mehr auf dem europäischen Markt geben, das überhaupt in der Lage ist, kinderpornografisches Material anzuzeigen und zu verarbeiten.“ (Video)

Der Vorschlag würde eine extreme Form von Zensur und Inhaltskontrolle erfordern. Die Technologie und das Vorhaben wären noch weit eingriffsintensiver als die verpflichtende Chatkontrolle, die in Europa vier Jahre lang diskutiert wurde und nun vorerst vom Tisch ist. Zensurtechnologien auf Endgeräten, wie die von Fiedler vorgeschlagene Version, sind eher aus Ländern wie Nordkorea bekannt.

Der Innenpolitiker und Polizist Fiedler, der früher Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter war, fordert diese Form der Überwachung und Informationskontrolle nicht zum ersten Mal. Schon im Jahr 2024 hatte er seinen Vorschlag im Rahmen der Chatkontrolle-Debatte ins Spiel gebracht. Damals behauptete er im Interview mit WDR5, dass eine technische Umsetzung des Vorschlags möglich sei.

Wir hatten schon damals nachgefragt, wie dies funktionieren soll – und bedauerlicherweise keine Antwort von Herrn Fiedler erhalten.

Neue Fragen bleiben ebenfalls unbeantwortet

Weil er nun erneut diesen Vorschlag ins Rennen schickt, haben wir wieder nachgefragt. Wir wollten wir unter anderem wissen, wie die Technologie funktionieren soll, ohne dass es zu einer anlasslosen Komplettüberwachung aller digitalen Inhalte auf sämtlichen Endgeräten kommt.

Außerdem wollten wir von Herrn Fiedler wissen, ob ihm eine Technologie bekannt ist, die das leistet.

Und wir wollten wissen, wie Herr Fiedler ausschließen möchte, dass die Technologie in autoritären Ländern oder in Deutschland unter einer AfD-Regierung dazu genutzt wird, um unliebsame politische Inhalte zu sperren.

Auch dieses Mal hat Herr Fiedler auf die Presseanfrage von netzpolitik.org nicht reagiert.



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SSH-Server Dropbear erlaubt Rechteausweitung | heise online


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It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Eine Sicherheitslücke im schlanken SSH-Server Dropbear ermöglicht Angreifern, ihre Rechte im System auszuweiten. Aktualisierte Softwarepakete schließen die Sicherheitslücke.

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Dropbear kommt aufgrund seiner geringen Größe oftmals auf Single-Board-Computersystemen und Routern zum Einsatz, etwa in OpenWRT. Jetzt haben die Entwickler die Dropbear-Version 2025.89 veröffentlicht und schreiben in der Ankündigung, dass bei älteren Fassungen bis einschließlich Dropbear 2024.84 Angreifer beliebige Programme im System als „root“ starten können, sofern sie eine Sicherheitslücke in Dropbear ausnutzen.

Ursache des Sicherheitslecks ist die Weiterleitung von Unix-Sockets. Andere Programme auf dem System können Unix-Sockets mittels SO_PEERCRED authentifizieren, was bei von Dropbear weitergeleiteten Verbindungen der User „root“ ist, was die Ausweitung der eigenen Rechte ermöglicht, führen die Dropbear-Programmierer aus (CVE-2025-14282, CVSS 9.8, Risiko „kritisch“).

Wer noch nicht aktualisieren kann, kann sich damit behelfen, den Zugriff auf Unix-Socket-Forwarding zu unterbinden. Das erledigt der Aufruf mit Kommandozeilenparameter dropbear -j – das deaktiviert jedoch zugleich auch TCP-Forwarding. Wer Dropbear aus den Quellen selbst baut, kann auch in den Header-Dateien „localoptions.h“ sowie „distrooptions.h“ einen Define passend setzen: „#define DROPBEAR_SVR_LOCALSTREAMFWD 0“ sorgt dafür, dass die anfällige Funktion nicht ausgeführt wird. Die vollständige Korrektur benötigt jedoch weiterreichende Änderungen.

„Die Weiterleitung von Unix-Sockets ist jetzt deaktiviert, wenn erzwungene Befehlsoptionen verwendet werden, da sie Befehlsbeschränkungen umgehen könnten“, erklären die Dropbear-Entwickler. Das stehe nicht direkt mit der Rechteausweitung in Verbindung, aber könnte die Ausführung beliebiger Befehle als korrekter User erlauben.

Die Risikoeinstufung als „kritisch“ der Schwachstelle stammt vom CERT-Bund. Wer Dropbear als SSH-Server einsetzt, sollte nach aktualisierten Paketen Ausschau halten und diese zeitnah installieren. Sofern das noch nicht möglich ist, hilft der vorgeschlagene Workaround, die eigene Installation abzusichern.

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(dmk)



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Wo US-Konzerne beim digitalen Euro mitreden


Mehr Europäische Souveränität – weniger Abhängigkeit von großen US-Konzernen. Das ist das zentrale Versprechen des Digitalen Euro. Doch immer wenn über technische Standards beim Digitalen Euro geredet wird, sitzen US-amerikanische Big Tech- und Finanzkonzerne mit am Tisch. Mastercard ist sogar an einem der Unternehmen beteiligt, die den Digitalen Euro zum Leben erwecken sollen.

Der Digitale Euro (D€) soll das grenzüberschreitende Bezahlen möglich machen und damit das Oligopol von Mastercard, Visa und PayPal aufbrechen. Spätestens seit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus begründen Befürworter:innen das Projekt der EZB auch mit Europäischer Souveränität.

Europäische Souveränität als Ziel

So verweist Burkhard Balz, Vorstand der Bundesbank, im Tagesspiegel auf das Schicksal des brasilianischen Richters Alexandre de Moraes, der zuerst den ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro für seinen Putschversuch verurteilte. Die Trump-Regierung sanktionierte daraufhin den Richter und schloss ihn so de-facto vom Finanzsystem aus. Ähnliche Szenarien seien im europäischen Zahlungsverkehr denkbar. US-Anbieter „können dann darüber entscheiden, ob wir Europäer digital zahlen können oder nicht“, schreibt Bundesbanker Balz.

Weniger Abhängigkeit von US-Firmen ist also das Ziel des D€, insbesondere von Mastercard und Visa, die das bargeldlose Bezahlen in Europa dominieren. Umgesetzt werden soll das auf der einen Seite von EU-Kommission, Ministerrat und Europäischem Parlament – den EU-Gesetzgebern. Sie arbeiten an einem Gesetzespaket zum Digitalen Euro. Auf der anderen Seite arbeitet die Europäische Zentralbank (EZB) bereits an der Umsetzung. Und genau dort wirft der Einfluss von US-Konzernen Fragen auf.

Mastercard ist an App-Entwickler für den D€ beteiligt

Denn ausgerechnet Mastercard ist auch an einem wichtigen Unternehmen für die Entwicklung des Digitalen Euro beteiligt. Der gleiche Digitale Euro, der uns unabhängiger von Mastercard machen soll.

Denn zur Umsetzung des D€ hat die EZB bereits Aufträge vergeben. Unter Vertrag genommen wurden zehn Unternehmen für insgesamt fünf Aufträge: Alias-System, App und Software Entwicklung, Offline-Lösung, Risko- und Betrugsmanagement sowie sicherer Austausch von Zahlungsinformationen.

Einen Teil der Ausschreibung zur App-Entwicklung gewann die italienische Firma Fabrick. Mastercard hat Anteile an dem Unternehmen, das mehrheitlich zur italienischen Banca Sella Gruppe gehört. Mastercard kaufte sich 2023 in das Unternehmen ein, wie ein Pressemitteilung zeigt, und hält die Anteile bis heute. Wie viele Anteile Mastercard an Fabrick besitzt, ist unklar. Beide Unternehmen haben nicht auf Anfragen von netzpolitik.org reagiert.

„Es ist ein Risiko“

Bruno de Conti von der NGO Positive Money führt die Beteiligung von Mastercard auf die hohe Konzentration und Vernetzung innerhalb des Finanzmarkts zurück, er sei daher nicht überrascht gewesen, dass Mastercard an einem der Unternehmen beteiligt gewesen sei. „Dennoch stellt das ein Risiko dar“, warnt de Conti. Es brauche einen möglichst transparenten Prozess und eine starke EZB, die das Gemeinwohl verteidige.

Rechtsprofessor Andreas Kerkemeyer von der TU Darmstadt findet die Minderheitsbeteiligung von Mastercard zumindest überraschend: „Es ist wichtig für das Gelingen des Digitalen Euros, dass die Unternehmen, mit denen die EZB zusammenarbeitet, um die Kernfunktionen bereitzustellen, ihren Sitz in Europa haben, in europäischer Hand sind und auch nicht von nicht-europäischen Unternehmen aufgekauft werden.“

EZB: Minderheitsbeteiligung ist unproblematisch

Die EZB teilt auf Anfrage mit, dass die Verträge und Ausschreibungen eine Bedingung beinhalten, um die europäische Autonomie zu sichern. Dieser Bedingung zur Folge müssen alle Dienstleister des Digitalen Euro europäisch kontrolliert sein, also von einem Unternehmen mit Sitz in der EU oder einem EU-Bürger. Die EZB schreibt:

Kontrolle’ bedeutet die Möglichkeit, direkt oder indirekt über ein oder mehrere zwischengeschaltete Unternehmen einen entscheidenden Einfluss auf ein Unternehmen auszuüben. Die Kontrolle kann in einer der folgenden Formen ausgeübt werden: direkte oder indirekte Beteiligung von mehr als 50 % des Nennwerts des ausgegebenen Aktienkapitals der betreffenden juristischen Person oder Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter dieser Person.

Die Minderheitsbeteiligung von Mastercard habe „offenbar keine ‚Kontrolle‘ über den Anbieter zur Folge und wirkt sich daher nicht auf die Eignung des Anbieters aus, Arbeiten und Dienstleistungen für die EZB zu erbringen“, antwortet die EZB auf netzpolitik.org-Anfrage.

Das Regelwerk

Neben der Unternehmensbeteiligung ist Mastercard noch an einer anderen Stelle in der Umsetzung des Digitalen Euro mindestens involviert – ebenso wie einige US-amerikanische Big Tech-Konzerne.

Denn ein wichtiger Teil der D€-Umsetzung geschieht in der Rulebook Development Group (RDG). Diese arbeitet ein Rulebook („Regelwerk“) aus, in welchem einheitliche Regeln und technische Standards festgelegt sind. Besonders relevant ist das für die Unternehmen, die die zukünftigen Zahlungsprozesse abwickeln, etwa Banken oder andere Zahlungsdienstanbieter. Nach Auskunft der Bundesbank wurde die RDG „ins Leben gerufen, um eine Branchenperspektive auf den Entwurf des Regelwerks für den digitalen Euro zu gewinnen.“

Wo US-Konzerne mit am Tisch sitzen

Doch mit am Tisch sitzen auch Verbände, deren Mitglieder große US-amerikanischen Unternehmen sind, also genau die, von denen die EZB die europäische Abhängigkeit reduzieren möchte.

  • Da ist zum einen als Vertreter der Zahlungsinstitutionen die European Payment Institutions Federation (EPIF). Diese ist dominiert von US-amerikanischen Big-Tech-Konzernen. Apple, Amazon Payments, Google Pay und Meta stellen immerhin die Hälfte der „Voll-Mitglieder“. Zu diesem Kreis gehören auch die US-Finanzkonzerne American Express, Moneygram und Western Union.
  • Auch die Mitgliederliste der Electronic Money Association (EMA) liest sich wie ein Who-is-who der Plattformkonzerne: AirBnB, Amazon, ByteDance, Google, PayPal und Uber sind mit von der Partie, ebenso wie Finanzkonzerne wie American Express und die Kryptobörse Kraken.
  • Amazon ist außerdem noch Mitglied im Händlerverband Eurocommerce, in dem auch Aldi und die Schwarz-Gruppe (Kaufland, Lidl) sitzen.
  • Mastercard ist Mitglied in zwei in der RDG sitzenden Verbänden. Die belgische Präsenz von Mastercard ist Mitglied im European Payment Council, außerdem gehört Mastercard das Unternehmen „aiia“, welches Mitglied der European Third Party Providers Association ist.

Wie problematisch ist das?

Bundesbank und EZB verteidigen auf Anfrage die indirekte Präsenz von US-Konzernen in der RDG. So schreibt die EZB: „Alle derzeitigen RDG-Mitglieder aus dem privaten Sektor stammen aus einem europäischen Verband oder sind mit privaten Institutionen/Unternehmen mit Sitz in der EU verbunden.“ Das schließt allerdings auch Tochterunternehmen nicht-europäischer Konzerne mit ein.

Zudem seien die in der RDG ausgehandelten Regeln nicht verbindlich. „Die Rolle der RDG-Mitglieder ist beratend“, schreibt die Bundesbank auf netzpolitik.org-Anfrage. Die Verantwortung und Eigentümerschaft des Regelwerks bleibe beim Eurosystem. Auch die EZB betont, dass die letztendliche Entscheidung bei ihr liege: „Ein endgültiger Entwurf des vorläufigen Regelwerks wird einer öffentlichen Konsultation unterzogen. Anschließend wird das Regelwerk für den digitalen Euro dem EZB-Rat zur Prüfung und anschließenden Genehmigung vorgelegt.“

Zivilgesellschaft: Kein Vorbeikommen an US-Konzernen

Expert:innen aus der Zivilgesellschaft sehen die indirekte Beteiligung von großen US-Konzernen kritischer. So sagt Carolina Melches zu netzpolitik.org: „Dass US-Unternehmen indirekt mit am Tisch sitzen, zeigt die problematische Allgegenwärtigkeit dieser Unternehmen im europäischen Zahlungsverkehr. Will man wichtige Stakeholder dabeihaben, kommt man an den US-Anbietern kaum vorbei.“



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Bruno de Conti von der Nichtregierungsorganisation Positive Money Europe warnt, dass es beim Rulebook um „wesentliche Entscheidungen“ gehe. Die Einbindung von privaten Firmen bei Projekten wie dem Digitalen Euro sei auch eine Strategie der Zentralbanken, „um die Zurückhaltung vieler privater Unternehmen in Bezug auf digitale Zentralbankwährungen zu verringern“, schreibt de Conti auf Anfrage.

US-Digitalkonzerne könnten versuchen, auf einen möglichst unattraktiven Digitalen Euro hinzuarbeiten, aber es könnte auch auf eine interoperable Lösung hinauslaufen, so de Conti weiter. Die Frage nach der Problematik der Beteiligung von großen US-Konzernen „betrifft also weniger die Einbeziehung an sich, sondern vielmehr den Einfluss, den sie in den Gesprächen hatten – etwas, über das wir erschreckend wenig wissen.“

Wissenschaftler: Auch mit diesen Konzernen sprechen

Professor Andreas Kerkemeyer ist von der mindestens indirekten Beteiligung der US-Konzerne an der RDG nicht beunruhigt. „Da der Zugang zum Digitalen Euro für die Nutzer nicht über die EZB oder das Eurosystem erfolgt, sondern über (digitale) Zahlungsdienstleister, macht es schon Sinn mit all denjenigen zusprechen, die in diesem Markt aktiv sind“, sagt der Jura-Professor im Gespräch mit netzpolitik.org.

Für Kerkemeyer „besteht immer die Gefahr eines ‚regulatory capture‘, wenn die Vertreter von Firmen an Rechtsregeln mitarbeiten.“ Regulatory capture meint das Kapern einer Institution, die eigentlich dem Gemeinwohl dienen soll, durch einzelne Lobbygruppen.

„Allerdings steuert die EZB den Prozess maßgeblich, sie hat den Vorsitz und das Sekretariat der RDG inne und am Ende entscheidet sie über das Rulebook“, so Kerkemeyer. Außerdem habe die RDG noch mehr Mitglieder als die oben angesprochenen Verbände.

Der Blick richtet sich auf EU-Parlament und Rat

Dass der Digitale Euro gelinge, sehen alle drei Expert:innen auch in der Verantwortung von Parlament und Rat, diese beraten aktuell über das Gesetzespaket zum Digitalen Euro. So sagt Andreas Kerkemeyer: „In der Verordnung werden die wesentlichen Entscheidungen über den Digitalen Euro getroffen. Es ist klar, dass sich das Rulebook innerhalb des Rahmens der Verordnung bewegen muss.“

Carolina Melches von Finanzwende betont: Der Digitale Euro könne nur dann ein echtes Gegengewicht zu US-amerikanischen Anbietern werden, „wenn Infrastruktur und Betrieb bei seiner Einführung rein europäisch sind“. Hierfür müssten sich auch die EU-Gesetzgeber einsetzen.

Aus Sicht von Positive Money Europe ist das Europäische Parlament aktuell die größte Hürde, um Abhängigkeiten von den USA abzubauen. De Conti bezieht sich damit auf den Entwurf von Berichterstatter Navarrete, der im November im Wirtschaftsausschuss diskutiert wurde. Navarrete hatte vorgeschlagen, einen Online-D€ nur dann einzuführen, wenn bis zu seiner Einführung keine privat-wirtschaftliche pan-europäische Alternative bereitstünde.

Dieser Ansatz sei „kurzsichtig“, kritisiert de Conti: „Würde ein solches System letztendlich von einem Nicht-EU-Unternehmen aufgekauft, stünden wir wieder am Anfang – nur mit einer noch größeren Verzögerung bei der Entwicklung eines umsetzbaren und zuverlässigen Plans und einer weiteren Konsolidierung der Marktmacht in den Händen von Nicht-EU-Unternehmen.“



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