Künstliche Intelligenz
Proaktiver KI-Chatbot: ChatGPT Pulse statt Social Media
Guten Morgen Welt, guten Morgen ChatGPT. So wünscht sich das offenbar OpenAI. Mit dem neuen ChatGPT Pulse sollen Menschen jederzeit zum Chatbot finden, auch wenn sie gar keine Frage im Kopf haben. Stattdessen schlägt ChatGPT dann proaktiv Themen und Informationen vor.
KI-Unternehmen sind offenbar allesamt der Meinung, ihre Anwendungen seien dann besonders hilfreich, wenn sie schon vor dem Menschen wüssten, was dieser benötigt. Dabei geht es um umfassende Gedächtnisfunktionen und Vorschläge auf Basis des Bekannten. Microsoft hat in diesem Sinne seine Recall-Funktion eingeführt, die regelmäßig einen Screenshot vom Bildschirm machen und auswerten soll. Auch Mark Zuckerberg meint, es müsse einen hochgradig personalisierten KI-Assistenten geben, der alles sieht und hört, was man selbst sieht. Das geht ihm zufolge am besten mittels einer smarten Brille.
Bei OpenAI gibt es bereits die Memory-Funktion, bei der sich ChatGPT Informationen über den Nutzer merkt. Nun soll ChatGPT dank Pulse noch proaktiver werden, indem Memory, die Chathistorie und direktes Feedback zusammenfließen, um möglichst personalisierte Informationen zu finden, die der Chatbot vorschlägt. Es handelt sich also um eine Funktion, bei der ChatGPT konkret proaktiv Recherchen durchführt, um personalisierte Updates basierend auf „bisherigen Chats, Feedback und verbundenen Apps wie etwa dem Kalender bereitstellt.“ Die Themenvorschläge erscheinen als Themenkarten, über die man sich schnell einen Überblick verschaffen und bei Interesse einfach klicken kann.
Kalender und Gmail Integration für ChatGPT
Hinter der Funktion steckt die von OpenAI im Blogbeitrag festgehaltene Einstellung, dass Menschen gerne die Verantwortung abgeben. „Es ist etwas Magisches daran, einfach fragen zu können und Antworten zu erhalten, die einem beim Lernen, beim Schaffen oder beim Lösen von Problemen helfen. Allerdings ist dies dadurch begrenzt, was man zu fragen weiß, und es lastet immer die Verantwortung für den nächsten Schritt auf einem selbst.“ Dass man einfach mal kein Problem lösen und nichts lernen möchte, scheint keine Option zu sein.
Passenderweise wird ChatGPT Pulse zunächst für Pro-Nutzer auf Mobilgeräten verfügbar gemacht. Es lassen sich sowohl der Google Kalender als auch Gmail integrieren. Dank der Informationen aus dem Kalender kann ChatGPT beispielsweise daran erinnern, ein Geburtstagsgeschenk für jemanden zu kaufen. Aber Achtung, erst kürzlich zeigte sich eine Sicherheitslücke in ChatGPT Agent, bei dem der KI-Chatbot über die Mailintegration angegriffen wurde. ChatGPT verriet den Angreifern dann persönliche Daten aus E-Mails.
(emw)
Künstliche Intelligenz
Neue Rüstungspanne: Bundeswehr-Digitalfunk fällt in Praxistest durch
Eines der wichtigsten Modernisierungsvorhaben der Bundeswehr, das milliardenschwere Projekt „Digitalisierung Landbasierte Operationen“ (D-LBO), steckt noch immer in massiven Schwierigkeiten. Im Kern geht es dabei um den Kauf neuer Funkgeräte. Interne Dokumentationen enthüllen nun, dass ein Praxistest für den neuen Digitalfunk der Streitkräfte im Mai abgebrochen werden musste, da die Systeme als „nicht truppentauglich“ eingestuft wurden. Diese Panne bedroht die ambitionierte Zeitlinie für die dringend notwendige Digitalisierung des Heeres und könnte für Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die erste große Rüstungskrise bedeuten.
Das Ziel von D-LBO ist es, die derzeit veralteten und leicht abhörbaren Funksysteme der Truppe durch einen modernen, verschlüsselten digitalen Führungs- und Informationsverbund zu ersetzen. Die High-Tech-Geräte des Herstellers Rohde & Schwarz sollen die Gefechtsführung revolutionieren. 1,35 Milliarden Euro gab der Haushaltsausschuss des Bundestags schon Ende 2022 für die Beschaffung von zunächst 20.000 Funkapparaten frei. Zehntausende Fahrzeuge vom Panzer über Lkws bis zum Geländewagen sollen damit nach und nach ausgerüstet werden. Bei dem Probelauf auf dem Truppenübungsplatz Munster zeigten sich laut dem Spiegel aber nach wie vor erhebliche Schwächen.
Die softwarebasierte Bedienung des Digitalfunks erwies sich demnach als so kompliziert, dass Soldaten nur mühsam Funkkreise aufbauen konnten. Ein Standardtest, bei dem ein Kommandeur schnell in ein anderes Funknetz wechseln wollte, scheiterte. Die Software wird als zu komplex für den Einsatz in Kampfpanzern und unter Gefechtsbedingungen beschrieben. Selbst die reine Sprechfunkverbindung war laut Spiegel teilweise nicht stabil.
Der Rüstungskonzern Rheinmetall meldete Ende 2024, zusammen mit der Firma Blackend einen Auftrag in Höhe von 1,2 Milliarden Euro für die IT-Integration im Rahmen von D-LOB gewonnen zu haben. Das entsprechende System soll unter Konfigurationskontrolle der BWI, dem IT-Systemhaus der Bundeswehr, bereitgestellt werden. Daneben gibt es einen Vertrag zur „Integration in die Plattformen“, den Rheinmetall und der Konkurrent KNDS ergattert haben.
Massive Probleme seit Längerem bekannt
Obwohl die Systeme bei dem Test durchfielen, werden sie derzeit weiter in Fahrzeuge etwa der schnellen NATO-Eingreiftruppe Panzerbrigade 37 eingebaut. Ohne funktionsfähigen Digitalfunk sind diese Waffensysteme jedoch nicht mehr einsatzbereit, was die Verfügbarkeit des Vorzeigeverbandes reduziert.
Die mehrjährige Initiative kämpft schon seit Längerem mit massiven Problemen bei der physischen Integration der Komponenten in die verschiedenen rund 350 Fahrzeugtypen: Bislang gelang der reibungslose Einbau der neuen Funksysteme nur bei etwa 30 von rund 200 zunächst auserkorenen verschiedenen Kfz-Klassen. Bei vielen anderen müssen entsprechende Anpassungsarbeiten erst beginnen oder sind noch nicht abgeschlossen. Dem Bericht nach liefern etwa die Lichtmaschinen in Fahrzeugen teils nicht die nötige stabile Spannung für die neuen Geräte.
Schon 2018 warnten die Autoren eines Berichts des Verteidigungsministeriums zu Rüstungsangelegenheiten, dass „die großen Herausforderungen und Risiken von D-LBO“ in der zeitgerechten „Integration in die unterschiedlichen Plattformen“ lägen.
Brückenlösung und Entscheidung im November
Die politischen Folgen gelten als gravierend. Pistorius erfuhr nach eigenen Angaben erst Mitte September – angeblich auf Umwegen – von den konkreten Problemen, obwohl die Hausleitung bereits Anfang Juni unterrichtet wurde. Dies deutet darauf hin, dass die vom Minister nach den ersten Problemen eingerichtete Koordinierungsstelle im Beschaffungsamt, die ihn direkt informieren sollte, ihre Aufgabe nicht erfüllt hat.
Obwohl aus der Truppe und von Abgeordneten der Opposition und Koalition Warnzeichen kamen, versicherte Pistorius noch am 10. September im Bundestag, man liege „im Zeitplan“. Dies führt nun zu scharfer Kritik seitens der Parlamentarier, die sich hinters Licht geführt fühlen.
Um eine sofortige Gefährdung der Einsatzbereitschaft zu verhindern, arbeitet das Verteidigungsressort derzeit fieberhaft an einer Brückenlösung. Vorgesehen sei, heißt es, den neuen Digitalfunk mit den veralteten, analogen Sprechfunksystemen zu kombinieren. Die endgültige Entscheidung über den Fortgang von D-LBO soll nach einem weiteren Praxistest im November fallen. Bis dahin werde die Bedienungssoftware per Update vereinfacht, ist zu vernehmen. Scheitert auch der zweite Anlauf in der Praxis, müsste sich die Truppe unter größtem Zeitdruck aufgrund von NATO-Vorgaben nach einem möglicherweise ganz anders gestrickten Plan B zu diesem Teil der laufenden Digitalisierungsbemühungen umschauen.
(anm)
Künstliche Intelligenz
Kfz-Steuerbefreiung für neue E-Autos steht auf der Kippe
Ein Anreiz zum Kauf eines neuen Elektroautos steht ab dem kommenden Jahr auf der Kippe: Die Befreiung von der Kfz-Steuer. Von Jahresbeginn an neu zugelassene E-Autos könnten nicht mehr von dieser Entlastung profitieren. In der Bundesregierung gibt es noch keine Entscheidung über eine Verlängerung.
Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, sagte, die Koalition müsse schnellstmöglich die Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis 2035 sicherstellen, wie im Koalitionsvertrag zugesagt. „Die Steuerbefreiung hat sich als wirksamer Kaufanreiz für Elektrofahrzeuge bewährt, würde jedoch für Neuzulassungen ab 1.1.2026 nicht mehr greifen – mit erheblichen Folgen für den weiteren Hochlauf der E-Mobilität bei Pkw und Nutzfahrzeugen.“
Unklarheit für E-Auto-Kunden
Ein Sprecher von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte, die Verlängerung der befristeten Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge bis 2035 sei im Koalitionsvertrag vereinbart. „Die Umsetzung wird aktuell geprüft.“ Bei dem von der Bundesregierung angekündigten „Autodialog“ sollten weitere Maßnahmen zur Stärkung der Automobilindustrie beraten werden. Klingbeil hatte im Bundestag konkrete Entscheidungen angekündigt. Der Autogipfel soll laut Regierungskreisen am 9. Oktober stattfinden.
Teilnehmen sollen demnach mehrere Minister, die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Autoindustrie, die großen Produzenten und Zulieferer sowie Vertreter der Arbeitnehmerseite. Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums sagte, das Ressort halte grundsätzlich eine Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für notwendig, weil damit ein Anreiz für private Käufer geschaffen werde. Federführend sei aber das Bundesfinanzministerium. Das bedeutet, potenzielle E-Auto-Kunden haben aktuell keine Klarheit, wie es weitergeht – also ob ein ab 2026 neu zugelassenes E-Auto von der Kfz-Steuer befreit ist und ob dies dann bis 2035 gilt.
Die derzeit geltende Regelung
Werden reine E-Autos bis zum 31. Dezember 2025 zugelassen, müssen sie ab der Erstzulassung keine Kfz-Steuern zahlen – befristet ist dies bis zum 31. Dezember 2030. Die Regelung gibt es laut ADAC seit Mai 2011. Halter reiner E-Autos müssen ab Erstzulassung bis zu zehn Jahre lang keine Kfz-Steuern zahlen. Da diese Steuerbefreiung bis zum 31. Dezember 2030 befristet ist, können Käufer von E-Autos den kompletten 10-Jahres-Zeitraum mittlerweile aber nicht mehr ausnutzen. Wechselt das E-Auto die Halterin oder den Halter, so wird laut ADAC die Steuerbefreiung weitergegeben.
CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, mit verschiedenen Maßnahme die E-Mobilität zu fördern – dazu zählt auch, die Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis zum Jahr 2035 zu verlängern.
Autoindustrie fordert Planungssicherheit
VDA-Präsidentin Müller sagte: „Läuft die Kfz-Steuerbefreiung am Ende des Jahres aus, würden vollelektrische Fahrzeuge sogar höher besteuert als Plug-in-Hybride – ein Widerspruch, den die Koalition dringend auflösen muss, um Verunsicherung und Kaufzurückhaltung zu vermeiden.“ Die Verbraucher und Unternehmen bräuchten umgehend Planungssicherheit.
Falls die Steuerbefreiung wegfiele, wäre das für den deutschen Autohandel „ein Schlag ins Kontor“ sagt der Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Thomas Peckruhn. Schon jetzt bemerke man bei den Privatkunden eine hohe Zurückhaltung, ohne den Steuervorteil würde es noch schwieriger, zumal ja auch die vor der Wahl versprochene Senkung der Stromsteuer nicht gekommen sei. Solche Impulse brauche es für die Kunden aber.
Laut ADAC wird nach der aktuellen Regelung ab dem elften Jahr nach Erstzulassung oder spätestens ab dem 1. Januar 2031 beziehungsweise bei Neuzulassung ab 2026 die Kfz-Steuer für E-Autos bis 3,5 Tonnen nach dem zulässigen Gesamtgewicht berechnet. Pro angefangene 200 Kilogramm beträgt laut ADAC die jährliche Kfz-Steuer dann bis zu einem Gesamtgewicht von 2000 Kilogramm 5,625 Euro, bis 3000 Kilogramm 6,01 Euro und bis 3500 Kilogramm 6,39 Euro. „Günstiger als bei vergleichbaren Verbrenner-Modellen bleibt es dennoch“ sagt der Verein.
Ein Beispiel: Das zulässige Gesamtgewicht betrage beim Elektroauto BMW i3 der ersten Generation (Marktstart 2013) 1630 Kilo, die Steuer belaufe sich deshalb auf mindestens 50 Euro. Der ADAC nannte die Befreiung von der Kfz-Steuer eine „weitere Stellschraube“, um die Elektromobilität zu unterstützen. „Wesentlich bedeutender sind allerdings attraktive Anschaffungspreise oder auch günstiger Ladestrom sowie grundsätzlich die Möglichkeit, das Elektroauto wohnortnah laden zu können.“
Schwankender Hochlauf der E-Mobilität
Der Verkehrssektor verfehlt gesetzlich vorgegebene Klimaziele. Die E-Mobilität soll ein zentraler Baustein sein, um CO2-Emissionen im Straßenverkehr zu verringern. Zwar steigen aktuell die Neuzulassungen von E-Autos an. Aber das früher genannte politische Ziel, dass bis 2030 in Deutschland 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein sollen, scheint in weiter Ferne zu sein.
Anfang 2025 lag der Bestand reiner E-Autos nach Daten des Kraftfahrt-Bundesamts bei rund 1,65 Millionen Autos – bei insgesamt 49,3 Millionen Pkw. Dass die Käufer von Elektroautos empfindlich auf Änderungen bei der Förderung reagieren, belegt ein Blick in die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts. Dort zeigen sich beim Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen einige teils sehr starke Ausschläge: Jeweils im Dezember 2023, 2022 und 2021 sowie im August 2022 schossen die Anteile nach oben – nur um direkt danach abzustürzen und für einige Zeit zu schwächeln.
Diese Ausschläge fallen dabei genau mit dem Ende der Prämie im Dezember 2023, der Beschränkung auf Privatkäufer ab September 2023, der Kürzung Ende 2022 und der langen Unsicherheit zur Verlängerung der Prämie Ende 2021 zusammen. Es liegt also nahe, dass es diesmal ähnlich kommen könnte. Dabei hatte sich zuletzt nach den starken Schwankungen wieder ein recht stabiler Aufwärtstrend herausgebildet.
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(nie)
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Kommentar: „Speed it up“ – ein Konzept, das auf Implementierung wartet
Gab es in den vergangenen Jahren eigentlich jemals eine Diskussionsrunde zum Thema Bildung, die nicht sagte, dass wir spät dran sind und endlich etwas tun müssten? Ich kann mich an keine erinnern. Alles tutti in der Republik. Äh, den Ländern. Den 16 Ländern, die sich in Bildungsfragen stets in der Abstimmung (KMK) und auch Konkurrenz zueinander befinden. Bildungspolitik gereicht den Länderchefs auch immer zur Profilierung oder Profilschärfung, da viele andere politische Bereiche sich nicht so einfach auf dezidierte Länderentscheidungen reduzieren lassen.
So war es kaum verwunderlich, dass Geschwindigkeiten und Zeitangaben auf der diesjährigen Konferenz Bildung Digitalisierung wieder eine Rolle spielten. Auf einem Panel mit dem neuseeländischen Bildungsforscher John Hattie und Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) hieß es, dass zum Thema Bildung, Digitalisierung und auch Medienkompetenz eigentlich schon ganz viel klar sei. Das Wissen ist da, doch wo bleibt die Umsetzung?
Kristina Beer beschäftigt sich gerne mit der Frage, wie sich technischer Fortschritt auf Gesellschaft, Wirtschaft und politische Entscheidungen auswirkt.
Prien überraschte mit ihrer Antwort, weil Zuweisung von Schuld oder Verantwortung immer gefährlich ist: „Also wir haben da noch viele Hausaufgaben zu machen. Aber es beschreibt so ein bisschen unser Grundproblem in Deutschland: Dass wir Schwierigkeiten mit der Implementierung haben.“ Der letzte Satz hatte gesessen. Offenbar so, dass ihr Parteikollege Jan Riedel, Bildungsminister in Sachsen-Anhalt, etwas vorsichtiger nachschob: „Wir haben eine Implementierungs-Herausforderung“. John Hattie hörte sich mithilfe einer Übersetzerin den Schlagabtausch zwischen Ministern und Moderation an und warf nach weiterem Hin und Her ein klares, aber auch neckisches „Speed it up!“ ein. Da lachte das Publikum.
Wir lachen noch und doch bleibt uns dieses Lachen im Bildungskontext oft genug im Halse stecken. Wenn wir uns die marode Bildungsinfrastruktur ansehen, die fehlende digitale Ausstattung, wenn ChatGPT längst Hausaufgaben- und Prüfungsformate auf den Kopf stellt, dann lachen wir – gequält. Es gäbe so viel zu tun, aber wir kommen offenbar nie so richtig aus dem Quark.
Bildungsforscherin Felicitas Macgilchrist erklärte am nächsten Tag auf einem Panel mit Klaus Hurrelmann sowie weiteren Expertinnen und Experten, dass Veränderungen auch dann nötig sind, wenn Ungewissheit herrscht, auch dann, wenn wir sogar wissen, dass wir noch nicht alles wissen (können). Also beispielsweise auch in dem Fall, in dem zwar eine Kommission zu Fragen wie Handy- und Social-Media-Verboten eingesetzt wird, aber bis diese Ergebnisse liefert, das Schul- und Bildungsleben erst einmal mindestens ein ganzes Jahr so weiterläuft.
Das Panel „Digitale Souveränität als Treiber der Transformation: Bildungspolitik für eine starke Demokratie“, zugeschaltet Christine Streichert-Clivot (SPD), Bildungsministerin Saarland, Moderatorin Katja Weber, Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU), Bildungsforscher John Hattie und Jan Riedel (CDU), Bildungsminister Sachsen-Anhalt.
(Bild: Kristina Beer/heise medien)
Macgilchrist verwies auf Forschung zu Ungewissheit. Ungewissheit sei gar nicht schlecht, denn man sehe, dass gerade dann, wenn noch nicht alle Fragen beantwortet werden können, besonders „reflektierte und souveräne Entscheidungen getroffen werden, die einen Platz aufmachen für unterschiedliche Handlungen“. Hatties „Speed it up“ könnte also eigentlich umgesetzt, oder auch „implementiert“ werden, allerdings müsste dafür auch das Bedürfnis nach definitiven, glasklaren und unverrückbaren Gewissheiten über Bord geworfen werden.
Dass unser Bildungssystem dafür derzeit keinen Raum lässt, machte das Panel rund um Macgilchrist aber auch klar. Es gibt in den festgezurrten Bildungsplänen keinen Raum und auch keine Zeit für große Veränderungen im laufenden Betrieb und dazu kommt dann noch der Ressourcenmangel in Form von Ausstattung und Personal. Uta Hauck-Thum kritisierte auch, dass unser Bildungssystem nur reaktiv auf Probleme Antworten sucht und dann auch nicht transformativ reagiert wird, sondern nur kleine Projekte für diese Probleme entwickelt werden, die dem Althergebrachten lediglich an die Seite gestellt werden. Das Althergebrachte steht weiterhin fest!
Das Panel „Jenseits des Instrumentellen: Bildung unter den Bedingungen der Digitalität – von der Haltung zum Kompetenzerwerb für zukünftige Generationen“, Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Prof. Dr. Uta Hauck-Thum, Moderator Fabian Franz, Grundschullehrerin Kristin van der Meer, Schulleiter Micha Pallesche und Prof. Dr. Felicitas Macgilchrist.
(Bild: Kristina Beer/heise medien)
Auf dem Panel mit John Hattie kam auch die Frage auf, wer Veränderungen umsetzen soll oder wie man sie bestärken kann. Klar ist: Soll sich etwas im Klassenzimmer ändern, muss die Veränderung auch dort möglich sein. Doch wird das zugelassen und werden Menschen darin unterstützt? Hattie brachte hierzu ein gutes Beispiel auf die Bühne. In New South Wales hatte man Lehrkräften ein eigenes KI-Tool an die Hand gegeben, mit dem sie angstfrei arbeiten können sollten – dazu gehörte auch, dass der Staat klarmachte: Wir stellen uns vor euch, wenn ihr für eure Arbeit angegriffen werden solltet – unter anderem könnten Eltern klagen. Prien sagte zwar, dass mit Chatbot „Telli“ nun auch so eine eigene KI in deutsche Schulen käme, aber das ließ Hattie nicht gelten – wir sind wieder spät dran.
„Implementierungen“ dauern bei uns so lange, weil in eng gestrickten Bildungsplänen keine Zeit und kein Raum für Veränderung da ist – außerdem wird wirkliche Transformation abgelehnt. Wird digitalisiert, wird ein analoger Prozess digitalisiert, ohne einen Schritt zurückzutreten und zu überlegen, ob es nicht eine ganz andere Lösung gibt. Wenn die Panels auf der Konferenz Bildung Digitalisierung also eines gezeigt haben, dann, dass John Hatties „Speed it up“ nicht in der DNA des deutschen Bildungssystems vorhanden ist. Dass technische Entwicklungen und deren Beschleunigungen darauf aber nun wirklich gar keine Rücksicht nehmen wollen, sollte spätestens durch ChatGPT klar sein. Wie Referentinnen und Referenten bemerkten, könne man zwar weiterhin versuchen, solche Entwicklungen auch durch „Verbote“ aus den Klassenzimmern herauszuhalten, aber das dürfte wohl nur dazu führen, dass es in den nächsten Jahren wieder regelmäßig in verschiedenen Abwandlungen heißt: „das haben wir verschlafen“, „wir sind spät dran“, „das handeln wir gerade unter den Ländern aus“ und „wir haben dazu eine Kommission gegründet.“
Die diesjährige Konferenz des Forum Bildung Digitalisierung lief unter dem Leitthema „Power Up – souverän für die digitale Transformation“ und diskutierte mit Blick auf unsere Bildungslandschaft digitale Souveränität. Es wurde erörtert, wie diese im Bildungssystem verankert werden sollte, aber auch durch Veränderungen im Bildungssystem gesellschaftlich überhaupt erst erreicht werden kann. Die aktuellen Debatten zu einem Handyverbot in Schulen und der Social-Media-Nutzung von Jugendlichen wurden eigentlich in jedem größeren Redebeitrag angeschnitten. Zumeist wurde darauf hingewiesen, dass zumindest in Bezug auf die Social-Media-Nutzung mehr Regulation der Plattformen nötig sei – das Problem übersteige die Ressourcen und Fähigkeiten von Bildungseinrichtungen und Individuen. Mit Blick auf Handyverbote wurde verschiedentlich darauf aufmerksam gemacht, dass Verbote nur dazu führen, dass genau denjenigen Heranwachsenden, die zu Hause keinerlei Medien- oder auch Digitalkompetenz erhalten können, nur der schulische Raum bleibt, um einen reflektierten und sicheren Umgang mit Endgeräten, aber auch den vielfach kritisierten sozialen Medien erlernen zu können.
Die Konferenz konnte mit großen Namen auf ihren Podien aufwarten: Unter anderem waren Bildungsforscher John Hattie, Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU), mehrere Landesminister, Bildungsexperten- und -Influencer wie Tarek Zaibi und Fabian Grischkat zugegen.
(kbe)
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