Datenschutz & Sicherheit
Achtstellige Passwörter unzureichend: Datenschutzstrafe für Genfirma 23andme
„23andme hat dabei versagt, grundlegende Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten zu setzen“, zeiht John Edwards, Chef der britischen Datenschutzbehörde, das US-Unternehmen für Genanalysen, „Ihre Sicherheitssysteme waren inadäquat, die Warnsignale waren da und die Firma hat langsam reagiert.“ Das Ergebnis ist bekannt: Fast sieben Millionen Datensätze von Kunden 23andmes gelangten 2023 in falsche Hände und im Darknet zum Verkauf. Edwards Behörde verhängt nun eine Strafe von umgerechnet gut 2,7 Millionen Euro über die Genfirma.
Die der Strafe zugrundeliegende Untersuchung war gemeinsame Arbeit der britischen und der kanadischen Bundesdatenschutzbehörde. Letztere darf, sehr zum anhaltenden Ärger ihres Chefs Philippe Dufresne, keine Strafen verhängen, sondern muss sich auf die Feststellung beschränken, dass 23andme kanadisches Datenschutzrecht verletzt hat. Von der illegalen Offenlegung dürften etwa 320.000 Kanadier und rund 150.000 Briten betroffen sein.
Die Methode des Angreifers war banal: Credential Stuffing. Dabei werden Logins und Passwörter, die bei Einbrüchen in andere Dienste offengelegt worden sind, ausprobiert. Hat der User die gleiche Kombination eingesetzt, und gibt es keine Multifaktor-Authentifizierung, kann sich der Angreifer einloggen. Das ist bei 23andme im Jahr 2023 bei über 18.000 Konten gelungen. Viele 23andme-Kunden haben in ihren Konten die Option aktiviert, ihre Daten mit Verwandten zu teilen. Daher konnte der Angreifer über gut 18.000 Konten die Daten von fast sieben Millionen Menschen abgreifen.
Fünf Monate nichts mitbekommen
Fünf Monate lang, ab Ende April 2023, konnte der Täter ungestört ein Passwort nach dem anderen ausprobieren. Denn, so die kanadische und die britische Behörde, 23andme hatte ineffektive Erkennungssysteme sowie unzulängliches Logging und Monitoring. Zudem sei die Untersuchung von Anomalien inadäquat gewesen, sonst hätte 23andme die Vorgänge Monate früher als erst im Oktober 2023 erkannt.
Hinzu kommt unzureichende Vorbeugung. Die beiden Behörden kritisieren, dass 23andme keine verpflichtende Multifaktor-Authentifizierung (MFA) hatte, dass es nicht überprüft hat, ob Kunden anderswo kompromittierte Passwörter wiederverwenden, dass es keine zusätzliche Überprüfung bei der Anforderung der Gen-Rohdaten gab, und dass die Passwortregeln zu lasch waren: 23andme schrieb mindestens achtstellige Passwörter mit „minimalen Komplexitätsregeln“ vor; eine Richtlinie der britischen Datenschutzbehörde ICO (Information Commissioner’s Office) empfiehlt mindestens zehnstellige Passwörter ohne Zwang der Verwendung von Sonderzeichen und ohne Längenbeschränkung.
Selbst als 23andme die unberechtigten Zugriffe erkannt hatte, reagierte es nicht so, wie sich die Datenschutzbehörden das vorstellen. Es dauerte vier Tage, bis die Firma alle Passwörter zurücksetzte und laufende Sitzungen schloss. Bis zur Einführung verpflichtender MFA und zusätzlicher Absicherung der Rohdaten verging gar ein Monat. Zu allem Überdruss waren die rechtlich vorgeschriebenen Mitteilungen der Firma an die britische und die kanadische Datenschutzbehörde auch noch unvollständig.
Nach Insolvenz kommt Wojcicki wieder ans Ruder
Einige Monate nach dem Vorfall stellte 23andme Insolvenzantrag. Daher ist nicht gesichert, dass die britische Strafe in der festgesetzten Höhe bezahlt wird. Das Unternehmen könnte auch noch Rechtsmittel ergreifen.
23andme wurde 2006 gegründet, ist 2021 an die Börse gegangen, hat aber nie Gewinn geschrieben. Nach einigem Hin und Her im Insolvenzverfahren dürfte Mitgründern Anne Wojcicki über ihre Forschungsfirma TTAM die Konkursmasse 23andmes aus dem Konkursverfahren erwerben. TTAM hat dafür 305 Millionen US-Dollar geboten, mehr als die Pharmafirma Regeneron. Wojcicki war bis 2015 mit Google-Mitgründer Sergey Brin verheiratet und ist die jüngste Schwester der im August an Lungenkrebs verstorbenen Susan Wojcicki, der ersten Marketingleiterin Googles und langjährigen Chefin Youtubes.
(ds)
Datenschutz & Sicherheit
Digitale Dekade: EU-Kommission kritisiert schleppende Digitalisierung
Zu langsam gehe es voran mit dem Glasfaserausbau in Deutschland, warnt die EU-Kommission. Wenn bis zum Jahr 2030 zumindest alle Gebäude einen Glasfaseranschluss haben sollen, so steht es in der Zielvorgabe, müsste sich der Ausbau „erheblich beschleunigen“.
Denn im Jahr 2024 seien nur knapp 37 Prozent der Gebäude direkt an ein Glasfasernetz angeschlossen gewesen, rechnet die EU-Kommission in ihrem aktuellen Zwischenbericht zur „Digitalen Dekade“ vor. Zwar habe sich die Versorgung im Vergleich zum Vorjahr um 7 Prozentpunkte verbessert, Deutschland liege jedoch weiterhin deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 69 Prozent auf dem vorletzten Platz der EU-Statistik.
Neben dem Netzausbau setzt das EU-Programm zur „Digitalen Dekade“ den Mitgliedstaaten Ziele zu digitalen Kompetenzen sowie der Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung. Die jährlich erscheinenden Zwischenberichte untersuchen den Fortschritt in den einzelnen Ländern sowie auf EU-Ebene insgesamt. Wie schneidet Deutschland ab?
Die Gigabitdefensive?
Unabhängig von der Anschlussart – ob DSL, Kabel oder Glasfaser – hinkt Deutschland dem Rest der EU nach. Über die Hälfte aller deutschen Haushalte nutzt Anschlüsse mit Bandbreiten von mindestens 100 MBit/s, im EU-Schnitt sind es knapp 72 Prozent. Gigabit-Geschwindigkeiten erreichen hierzulande lediglich 6 Prozent, EU-weit sind es über 22 Prozent.
Gut steht Deutschland aus Sicht der EU hingegen bei der Netzabdeckung mit dem aktuellen 5G-Mobilfunkstandard da. Laut Bericht erreicht das 5G-Netz inzwischen 99 Prozent der deutschen Haushalte. Selbst in ländlichen Gegenden können 96 Prozent der Haushalte über 5G funken. Allerdings nutzen lediglich etwa 38 Prozent der Deutschen 5G-fähige Angebote.
eID wenig genutzt
Damit ist die Nutzung des neuesten Mobilfunkstandards ähnlich weit verbreitet wie die der elektronischen Identität (eID), obwohl die eID bereits seit 2010 als Teil des Personalausweises ausgestellt wird. Von den knapp 40 Prozent Besitzer:innen solcher Identitäten nutzen laut Report nur 22 Prozent ihre eID auch tatsächlich. Folglich verwendeten weniger als 7 Prozent der Deutschen die eID für digitale Behördengänge – deutlich weniger als der EU-Schnitt von knapp 36 Prozent. Der EU-Bericht kommt zum Schluss: „Der wahrgenommene Nutzen der eID scheint eingeschränkt“.
Neben dieser Erkenntnis bewertet der EU-Bericht die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) durchweg positiv – ungeachtet aller Kritik und enthüllten Sicherheitslücken. Zudem kritisiert Euractiv das Framing der Kommission: So werde in den nationalen Berichten vom Erfolg des Glasfaserausbaus gesprochen, während im EU-weiten Bericht vor dem Scheitern gewarnt wird. Euractiv sieht darin eine Schieflage, mit der die Kommission kommende Deregulierung im Zuge des für Ende des Jahres geplanten Digital Networks Act (DNA) legitimieren könnte.
Datenschutz & Sicherheit
Sicherheitsupdate: Schadcode-Attacken auf Veeam-Backup-Server vorstellbar
Wenn Angreifer Sicherheitslücken in Veeam Backup & Replication und Veeam Agent for Windows erfolgreich ausnutzen, können sie im schlimmsten Fall Backup-Server mit Schadcode kompromittieren. Sicherheitspatches stehen zum Download bereit.
Gefährliche Schadcode-Schwachstellen
Wie die Entwickler in einer Warnmeldung ausführen, haben sie insgesamt drei Softwareschwachstellen geschlossen. Über eine „kritische“ Lücke (CVE-2025-23121) kann ein Angreifer, der als Domainnutzer identifiziert ist, Schadcode ausführen. Damit Attacken auf die zweite Schwachstelle (CVE-2025-24286 „hoch„) klappen, muss ein Angreifer als Backup Operator authentifiziert sein. Ist das gegeben, kann er Schadcode ausführen.
Die Entwickler versichern, beide Sicherheitslücken in Veeam Backup & Replication 12.3.2 (build 12.3.2.3617) geschlossen zu haben.
Veeam Agent for Windows ist ebenfalls für Schadcode-Attacken anfällig (CVE-2025-24287 „mittel„). An dieser Stelle schafft die Version 6.3.2 (build 6.3.2.1205) Abhilfe. Wie Attacken in allen Fällen ablaufen könnten, ist bislang unklar. Derzeit gibt es keine Berichte zu Attacken. Das kann sich aber schnell ändern. Dementsprechend sollten Admins ihre Systeme zeitnah auf den aktuellen Stand bringen.
Zuletzt haben die Entwickler im März dieses Jahres eine kritische Sicherheitslücke in Veeam Backup & Replication geschlossen.
(des)
Datenschutz & Sicherheit
Malvertising: Betrüger schieben Netflix, Microsoft & Co. falsche Nummer unter
Online-Betrüger haben einen weiteren Weg gefunden, wie sie mit manipulierten Werbelinks in Suchergebnissen Opfer finden können. Sie schieben dabei Webseiten falsche Telefonnummern unter.
Die Websuche liefert offenbar Werbelinks auf die echten Webseiten – die enthalten aber unsichtbare „Extras“.
(Bild: Malwarebytes)
Vor der Betrugsmasche warnt Malwarebytes aktuell. Die Täter schalten Werbeanzeigen, die auf die Support-Seiten von renommierten Unternehmen verweisen, unter anderem Apple, Bank of America, Facebook, HP, Microsoft, Netflix und Paypal. Oftmals leiten Betrüger solche Werbelinks auf gefälschte Webseiten um. In diesem Fall landen potenzielle Opfer aber tatsächlich auf den echten Webseiten der Unternehmen. Dort landen sie auf den Support-Seiten – anstatt der echten Telefonnummer zeigen sie jedoch die Telefonnummer der Betrüger an.
Betrugsmasche falscher Tech-Support
Die Adressleiste des Webbrowsers zeigt die korrekte Domain des gesuchten Anbieters an, wodurch bei Besuchern kein Misstrauen aufkommt. Jedoch bekommen Besucherinnen und Besucher irreführende Informationen angezeigt, da der Werbelink so manipuliert wurde, dass die Webseite die betrügerische Telefonnummer in einem Feld anzeigt, das nach einem Suchanfragenfeld aussieht.
Rufen Opfer dort an, melden die Betrüger sich mit der Marke, die beworben wurde, und versuchen, die Anrufer dazu zu bringen, persönliche Daten oder Kreditkarteninformationen preiszugeben. Die Täter könnten auch versuchen, Fernzugriff auf den Rechner zu erlangen. Im untersuchten Fall der Bank of America oder Paypal wollten die Betrüger Zugriff auf die Konten der Opfer, sodass sie diese leerräumen können, erörtert Malwarebytes in der Analyse.
Die Analysten führen aus, dass es sich um Injektion von Suchparametern handelt, da die Betrüger eine bösartige URL zusammengestellt haben, die ihre eigene gefälschte Telefonnummer in die Suchfunktion der originalen Webseite einbettet. Malwarebytes erklärt weiter, dass das nur klappt, weil die Webseitenbetreiber die Parameter nicht filtern oder prüfen, die Nutzer übergeben.
Um sich zu schützen, sollten Internetnutzerinnen und -nutzer darauf achten, dass keine Telefonnummern in Links enthalten sind oder verdächtige Suchbegriffe wie „Call Now“ oder „Emergency Support“ oder anderssprachige Pendants in der Adressleiste des Webbrowsers erscheinen. Verdächtig sind auch kodierte Zeichen wie „%20“ für Leerzeichen oder „%2B“ für das Plus-Zeichen zusammen mit Telefonnummern, zudem angezeigte Suchergebnisse, bevor Nutzer überhaupt auf der Webseite Suchbegriffe eingegeben haben.
Malvertising bleibt eine Bedrohung auf hohem Niveau. Vergangene Woche ist heise security eine Masche aufgefallen, bei der Kriminelle Webseiten mit angeblichen Optionen zu Standardbefehlen unter macOS online stellen. Im Endeffekt führen die dort angegebenen Befehlsaufrufe jedoch dazu, dass Malware auf das System heruntergeladen und installiert wird. In diesem Fall waren es Infostealer, die etwa Zugangsdaten und weitere Informationen ausspähen, die Kriminelle zu Geld machen können.
(dmk)
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