Datenschutz & Sicherheit
Arbeitsgruppe empfiehlt Matrix-Protokoll für Behördenkommunikation
Zentrales Bürgerpostfach, BundID, OZG-PLUS-Postfach, MeinJustizpostfach und Elster – um mit Behörden zu kommunizieren, richten sich Bürger*innen, Unternehmen und Organisationen verschiedene Postfächer ein. Denn verschiedene Verwaltungen unterhalten jeweils eigene Kommunikationslösungen.
Die stehen derzeit für sich und sind kaum interoperabel. Denn ob Gerichte, Finanzämter, Gesundheitsämter oder Ausländerbehörden: Alle haben eine eigene IT und IT-Architektur, historisch gewachsen und mit unterschiedlichen technischen und rechtlichen Voraussetzungen.
Das soll sich ändern. Bund und Länder wollen eine „moderne und vertrauenswürdige Kommunikationsinfrastruktur im öffentlichen Sektor, die die bislang isolierten Lösungen schrittweise bündelt und die Interoperabilität stärkt“, so André Göbel, Präsident der Föderalen IT-Kooperation (FITKO).
Die Basiskomponente für die Kommunikation ist Teil der geplanten Deutschland-Architektur (PDF), mit der das Bund-Länder-Gremium IT-Planungsrat neuen Schwung in die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bringen will. Neben der Basiskomponente Postfächer stehen unter anderem auch Komponenten für Bezahlvorgänge und Authentifizierung an.
Vorteile einer gemeinsamen Infrastruktur
Der Flickenteppich aus verschiedenen Postfach-Lösungen sei sowohl für Bürger*innen und Unternehmen als auch für die Verwaltung selbst unübersichtlich, sagt Dominik Braun gegenüber netzpolitik.org. Er ist Referent für IT-Architekturmanagement bei der FITKO und arbeitet mit Vertreter*innen der Länder Hamburg und Sachsen-Anhalt an der Zielarchitektur für Postfach- und Kommunikationslösungen, kurz ZaPuK.
Das Ziel sei, dass sich die einen besser orientieren können, wo sie welche Post vom Staat bekommen; und die anderen müssten ihre Postfächer nicht getrennt voneinander anbinden und unterschiedliche Schnittstellen, Protokolle und Verschlüsselungsverfahren nutzen.
Das könne finanzielle und personelle Ressourcen einsparen und langfristig auch Vorteile im Bereich IT-Sicherheit bieten. Das sagt Andreas Altmann, Projektmanager beim Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt, und Teil von ZaPuK. Mit einem neuen Beschluss des IT-Planungsrats hat das Team nun das Go für die nächste Phase.
Matrix-Protokoll könnte sich durchsetzen
Die klare Empfehlung der Arbeitsgruppe ist das Matrix-Protokoll. Matrix ist ein Protokoll für die Echtzeitkommunikation, dahinter ein offener Standard für dezentralisierte und interoperable Kommunikation. Damit können Nutzer*innen chatten oder telefonieren, ohne von einem spezifischen Diensteanbieter abhängig zu sein.
Matrix soll den Standard Online Services Computer Interface, kurz OSCI, ablösen, so Altmann gegenüber netzpolitik.org. OSCI gibt es seit dem Jahr 2000. Die „Protokollstandards für den sicheren elektronischen Nachrichtenaustausch über das Internet und andere Netze“ wurden speziell für die öffentliche Verwaltung in Deutschland entwickelt.
Kommunen können entsprechende Standards über das ITZBund beziehen, beispielsweise XMeld für das Ummelden der Wohnungsadresse oder XAusländer für Ausländerbehörden. Laut Bundesmeldedatendigitalisierungs- oder Bundesmeldedatenabruf-Verordnung und Gesetz über das Ausländerzentralregister sind sie sogar dazu verpflichtet, OSCI zu nutzen.
IT-Sicherheit im Vordergrund
Gegenüber Alternativen wie dem international genutzten Matrix-Protokoll wirkt OSCI etwas verstaubt. Derzeit setzt beispielsweise der elektronische Rechtsverkehr für den Transport und die Zwischenspeicherung von Nachrichten auf OSCI auf. Wesentliche Nachteile des Standards: Er sei nicht auf Echtzeitkommunikation ausgelegt und OSCI basiere auf Technologien, die auf dem Markt und in der öffentlichen Verwaltung zunehmend weniger verbreitet sind, so die IT-Architekten von ZaPuK auf OpenCode. Vor allem aber unterstütze die eingesetzte XML-Encryption „keine modernen kryptografischen Anforderungen“.
Zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung empfiehlt die Gruppe die Sicherheitsschicht Messaging Layer Security, kurz MLS. Das sei besonders wichtig, so Dominik Braun gegenüber netzpolitik.org. „Als Bürger will ich nicht, dass jede Behörde nachvollziehen kann, was ich mit einer anderen Behörde kommuniziere.“ Dabei spielten verfassungsrechtliche und Privatsphäreaspekte eine Rolle. „Einzelne Behörden sollen über mich nicht Informationen bei sich bündeln können.“
In Sachen IT-Sicherheit sei laut Braun zudem eine Zero-Trust-Betriebsumgebung geplant. Das entspricht auch der Föderalen Digitalstrategie des IT-Planungsrats (PDF). Danach soll jede technische Instanz „nur die minimalen, absolut notwendigen Rechte bekommen“, um bei einem Angriff die Risiken eines Datenabflusses zu reduzieren.
Eine Lösung für alles wäre schön
Ideal wäre: Bürger*innen, Unternehmen, Organisationen und Behörden nutzen eine Postfach- und Kommunikations-Lösung für alles, so Braun. Daher ist die Empfehlung „die Frontends der bestehenden Lösungen wie MeinJustizpostfach, BundID und OZG-PLUS-Konto in einen Client zusammenzuziehen, der als ein Produkt weiterentwickelt wird“.
Ob es dazu kommt, hänge aber von weiteren Entscheidungen ab, zum Beispiel davon, ob es ein zentrales Verwaltungsportal geben soll. Technisch seien verschiedene Anwendungen denkbar.
Ein paar Designziele stehen jedoch fest: Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, Echtzeitverhalten, Mobilfähigkeit und Standards aus offenen und wachsenden Ökosystemen wie Matrix. Außerdem ein Anspruch und rechtliche Vorgabe: Die Kommunikation muss bidirektional verlaufen können – „alles von der Zustellung von Bescheiden bis zu Rückfragen an Behörden über Chat“.
Wichtig sei, dass es im Backend ein koordiniertes einheitliches Produktmanagement gibt, so Braun.

Eine lange Liste von Anforderungen
Das ZaPuK-Team nahm im September seine Arbeit auf. Seither „haben wir alle Postfächer beleuchtet: elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach, Telematik-Infrastruktur aus dem öffentlichen Gesundheitswesen, zentrales Bürgerkonto, OZG-Plus, De-Mail. Dabei haben wir rund 900 Anforderungen ermittelt und auf 160 konsolidiert“, so Andreas Altmann gegenüber netzpolitik.org. Eine entsprechende Liste ist auf OpenCode öffentlich einsehbar wie auch eine weitere Dokumentation des Vorhabens.
Dort können Interessierte technische Überlegungen des Teams nachvollziehen, bewerten, kommentieren und diskutieren. „Wir sind da für jede Meinung, für jeden konstruktiven Beitrag echt dankbar“, so Altmann.
Teil der Auswertung waren zudem Best-Practice-Beispiele, Dokumente und Interviews mit den Betreibern der bestehenden Postfach-Lösungen. Was sind Gemeinsamkeiten, wo unterscheiden sich die Ansprüche? Organisationskonten müssen andere Anforderungen erfüllen als Privatkonten. „Zeitstempel sind zum Beispiel für den elektronischen Rechtsverkehr wichtig, aber nicht per se in anderen Verwaltungskontexten“, erklärt Braun.
Auch gut 60 Gesetze und Verordnungen bezog das Team für die Zielarchitektur ein, so Altmann, vor allem die Datenschutzgrundverordnung, die Single-Digital-Gateway-Verordnung, eIDAS unter anderem. Die Idee sei, dass die Anforderungen langfristig als MUSS zu lesen sind, erklärt Braun. Für die nächste Phase sei ein juristisches Gutachten zur Frage angedacht, was möglich ist und was verändert werden müsste.
Viele Akteure, viele Gespräche
Dafür hat das Team Zeit bis zur 50. Sitzung des IT-Planungsrats im Sommer 2026. Und auch weitere Fragen soll es bis dahin klären: Wie wird das Vorhaben finanziert? Welche Standardisierungsbedarfe gibt es? Wie wird der Weg für bestehende Lösungen in die gemeinsame Infrastruktur geebnet?
Es gebe riesige IT-Infrastrukturen, so Braun. Da könne man nicht einfach unbedarft an den einzelnen Schrauben drehen. „Unser Ansatz ist maximal konstruktiv. In vielen Domänen funktioniert schon vieles sehr gut.“
Jetzt gelte es, mit den Verantwortlichen der jeweiligen Lösungen zu klären, auszuhandeln, teilweise neu zu erarbeiten, was realistisch möglich sei. Neben vielen anderen sind Gesprächspartner die Betreiber von KONSENS-Verbund (koordinierte neue Softwareentwicklung der Steuerverwaltung), Unternehmenskonto, BundID-Konto, Telematik sowie elektronischem Gerichts- und Verwaltungspostfach.
Braun ist zuversichtlich: „Wir haben mitgedacht, dass die verschiedenen Verwaltungsbereiche ihre eigene Backend-Infrastruktur betreiben können, wenn sie das wollen. Sofern Verwaltungen die Anschlussbedingungen an diese Kommunikations-Infrastruktur erfüllen, kann Behörde X im Land Y sich theoretisch dazu entscheiden, die selbst zu implementieren und sich damit an die Architektur anzuschließen.“
Die Verantwortung für den Betrieb hätten Verwaltungen demnach im eigenen Haus. Für diese dezentral organisierte Infrastruktur seien Matrix, aber auch Mastodon Vorbilder gewesen. Die Hypothese sei: „Wenn jeder für das eigene Backend verantwortlich ist, ist es auch einfacher, diversen rechtlichen Auflagen gerecht zu werden.“
Datenschutz & Sicherheit
„Abkehr von der grundrechtsfreundlichen Politik“
Die Berliner schwarz-rote Koalition will ein neues Polizeigesetz beschließen, das in Berlin unter dem Namen Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) firmiert. Berlin folgt damit einer ganzen Reihe von Bundesländern, die ihre Polizeigesetze in den letzten Jahren verschärft haben. An der Berliner Gesetzesnovelle gibt es breite Kritik sowohl von der demokratischen Opposition im Parlament wie auch von der Berliner Datenschutzbeauftragten und Menschenrechtsorganisationen wie der GFF.
Anlässlich der Sachverständigenanhörung am Montag protestieren vor dem Roten Rathaus Lilly und Kiki. Sie verteilen Flyer mit der Aufschrift „Nein zu Massenüberwachung und der Kriminalisierung von Protesten“. Sie sind Teil eines Bündnisses zivilgesellschaftlicher Gruppen wie Amnesty International oder dem Komitee für Grundrechte und Demokratie.
„Überall werden Gelder gekürzt, aber für Videoüberwachung ist dann plötzlich Geld da. Dabei verhindert die keine Straftaten, sondern kriminalisiert marginalisierte Gruppen und spaltet den öffentlichen Raum“, sagt Lilly. Dass die Unverletzlichkeit der Wohnung durch die Gesetzesnovelle eingeschränkt wird, sehen die beiden ebenso kritisch.
„Abkehr von der grundrechtsfreundlichen Politik“
Auch in der Sachverständigen-Anhörung hagelt es Kritik für den Entwurf. So sieht die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp eine Vielzahl neuer Datenverarbeitungsermächtigungen und eine erhebliche Ausweitung der Befugnisse der Polizei. Aufgrund der Detailtiefe – die Gesetzesnovelle ist 700 Seiten stark – habe ihre Behörde nicht einmal alle Vorschriften analysieren können.
Das Volumen der geplanten Änderungen kritisiert auch Innenpolitiker Niklas Schrader von der Linken. Denn so umfangreich wie der Gesetzentwurf sei auch der Überarbeitungsbedarf: „Ich bin mir nicht sicher, ob das in dem kurzen Zeitplan, den Sie uns gegeben haben, schaffbar ist“, sagt er bei der Anhörung.
Eine „Abkehr von der grundrechtsfreundlichen Politik“ in Berlin beklagte der Jurist David Werdermann von der GFF sowohl in seiner Stellungnahme (PDF) wie auch in der Anhörung. Zwar versuche der Entwurf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nachzuzeichnen, das gelinge allerdings nicht immer.
Ein Hauptkritikfeld an dem Gesetz ist laut Werdermann das Festhalten am Konstrukt der „krininalitätsbelasteten Orte“. An diesen dürfen in Zukunft nicht nur anlasslose Kontrollen durchgeführt werden, sondern auch Videoüberwachungsmaßnahmen. Das Gesetz erlaube zudem die Videoüberwachung von öffentlichen Veranstaltungen und die Auswertung des Videomaterials mit sogenannter KI. Werdermann warnt hier vor einem höheren Überwachungsdruck auf Menschen mit atypischen Verhalten wie beispielsweise Wohnungslosen oder Personen mit körperlichen Einschränkungen.
Berliner Senat will Verhaltenscanner gegen Bevölkerung einsetzen
Kritik hat die GFF auch am Einsatz von Staatstrojanern und daran, dass die Polizeibehörden in Zukunft heimlich Wohnungen betreten dürfen, um diese zu installieren. „Ich habe da große Bauchschmerzen mit“, sagt Werdermann. Insgesamt wird durch das neue ASOG die Schwelle zum Einsatz der Staatstrojaner und zur Überwachung von Wohnungen deutlich herabgesetzt.
Ebenso kritisch sieht Werdermann den nachträglichen biometrischen Abgleich mit öffentlich zugänglichen Daten: „Jedes Foto, das möglicherweise ohne das Wissen und Einverständnis der betroffenen Person ins Netz gestellt wird, kann zu Überwachungszwecken genutzt werden“, sagt Werdermann. Es sei nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr möglich, an einer Versammlung teilzunehmen, ohne damit rechnen zu müssen, dass Fotos, die beispielsweise von der Presse veröffentlicht werden, anschließend von der Polizei für einen Abgleich genutzt würden.
„Freifahrtschein für Massenüberwachung“
„Die Vorschrift schließt zudem weder den Aufbau einer biometrischen Referenzdatenbanken auf Vorrat noch die Nutzung von kommerziellen Datenbanken aus“, schreibt Werdermann in seiner Stellungnahme. Beides sei jedoch mit der KI-Verordnung und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht vereinbar.
Werdermann verweist in der Stellungnahme darauf, dass der Aufbau einer umfassenden biometrischen Referenzdatenbank – bestehend aus öffentlich zugänglichen Lichtbildern, Videos und Tonaufnahmen aus dem Internet – unverhältnismäßig in Grundrechte eingreift. Das Bundesverfassungsgericht habe mehrfach herausgestellt, dass biometrische Daten besonders schutzwürdig seien. „Durch den Aufbau einer Datenbank, um biometrische Daten vorzuhalten, wären Grundrechte von Millionen, wenn nicht Milliarden von unbeteiligten Personen betroffen, die keinen Anlass für polizeiliche Überwachung gegeben haben“, so Werdermann weiter.

Statt konsequent gegen rechtswidrige Angebote wie PimEyes vorzugehen, schaffe der Senat mit dem Entwurf eine Grundlage für biometrische Massenüberwachung durch die Berliner Polizei, schreibt Werdermann. Diese kritisiert auch die grüne Innenpolitikerin Gollaleh Ahmadi. Sie sieht in der Gesetzesnovelle einen „Freifahrtschein für Massenüberwachung“.
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Berlins Datenschutzbeauftragte Meike Kamp kritisiert auch die Verarbeitung von Daten zum Training von KI-Systemen. Hier dürfe zuviel Material ohne Eingriffsschwelle und Löschfristen genutzt werden, sie gehe zudem davon aus, dass auch nicht-anonymisierte Klardaten verarbeitet würden. Daten, die einmal zum Training von Künstlicher Intelligenz genutzt wurden, ließen sich nicht mehr löschen, betont Kamp. Zudem vermute sie, dass solche Daten auch in automatisierten Analyseplattformen landen, deren Nutzung der Berliner Polizei künftig erlaubt sein soll. Zu solchen Plattformen gehört auch die Software „Gotham“ vom umstrittenen US-Unternehmen Palantir.
Präventive Funkzellenabfrage
Ebenso zu wenig geregelt seien die Funkzellenabfragen, wo die Eingriffsschwellen zu niedrig seien. Hier sei auch davon auszugehen, dass Funkzellendaten für KI-Training genutzt werden. „Durch die Verknüpfung der erhobenen Daten mit automatisierten Analyseplattformen lassen sich detaillierte Bewegungsprofile erstellen. Dies ermöglicht Rückschlüsse auf politische Aktivitäten, soziale Beziehungen und persönliche Gewohnheiten der Betroffenen“, schreibt die Berliner Datenschutzbeauftragte in ihrer Stellungnahme (PDF).
Der grüne Innenpolitiker Vasili Franco kritisiert, dass die Funkzellenabfragen in Zukunft auch gegen Personen gerichtet sein können, die nur vermutlich an einer Straftat teilnehmen werden. Damit verschiebt das neue Polizeigesetz die Funkzellenabfragen von der nachträglichen Ermittlung in den präventiven Raum.
Sowohl Sachverständige wie auch Oppositionspolitiker:innen verwiesen in der Anhörung darauf, dass man das verschärfte Polizeigesetz auch vor dem Hintergrund des Rechtsrucks sehen müsse – und dass man damit einer möglichen autoritären Regierung Werkzeuge in die Hand gebe.
Dokumente
Stellungnahmen von Sachverständigen zur Novelle des Berliner ASOG
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Berliner Senat will Verhaltenscanner gegen Bevölkerung einsetzen
Diese Software erkennt, was du tust. Sie bestimmt anhand von Videobildern, was auf dem überwachten Areal gerade passiert. Sie untersucht, ob jemand steht, sitzt, kniet, läuft, rennt, tanzt, taumelt, liegt, kämpft, würgt, etwas trägt, zieht oder schiebt, Fahrrad- und Roller fährt, eine andere Person umarmt oder festhält. Und in Zukunft soll die Liste noch erweitert werden.
Die Technologie ist in Mannheim seit sieben Jahren und in Hamburg seit Anfang September im testweisen Einsatz und noch fern davon, wirklich praktischen Nutzen zu entfalten. Weiterhin müssen Menschen die Bildschirme kontrollieren und die Alarme der KI werden hauptsächlich zu ihrer Weiterentwicklung genutzt, so die Mannheimer Polizei auf netzpolitik.org-Anfrage.
Dennoch zieht das System deutschlandweit das Begehren zahlreicher Kommunen auf sich. Berlin will sich ebenfalls der Runde der testenden Städte anschließen, das bekannte der Senat gerade in einer Anhörung des Innenausschusses. Dort hieß es mit Bezug auf Mannheim und Hamburg: „Wir hoffen, in das Kooperationsprojekt einsteigen zu können, um das System mit den anderen Partnern zu entwickeln.“
KI-Kameras am Görlitzer Park
Dabei bieten die beteiligten Städte nur die Testumgebung und die Laborratten – meist arglose Passant*innen der Überwachungskameras. Entwickelt wird das System vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung. Dieses hat auch das alleinige Recht zur kommerziellen Vermarktung der Verhaltenserkennungs-KI, sich allerdings dazu bereit erklärt, vorläufig noch darauf zu verzichten.
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Nach dem neuen Berliner Polizeigesetz, das unter anderem die rechtliche Grundlage für das KI-Training liefern und noch dieses Jahr im Abgeordnetenhaus beschlossen werden soll, kann die KI mit verschiedenen Arten von Videobildern gefüttert werden. Vor allem wären da Bilder von Überwachungskameras, die Berlin künftig an sogenannten kriminalitätsbelasteten Orten – wie zum Beispiel dem Görlitzer Park – erlauben will. Dazu können aber auch Videos von öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen und Aufnahmen von gefährdeten Gebäuden und Objekten, sowie Übersichtsaufnahmen zur Vorbereitung, Lenkung und Leitung von Einsätzen, wie sie aktuell aus Hubschraubern und künftig auch aus Drohnen aufgenommen werden können, per Algorithmus nach bestimmten Verhaltensmustern durchsucht werden dürfen.
„Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, dass dann große Teile der Berliner Innenstadt nicht mehr unüberwacht passiert werden können“, sagte Meike Kamp, Berliner Datenschutzbeauftragte bei der Sachverständigenanhörung im Berliner Abgeordnetenhaus. David Werdermann, Jurist von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) fügte hinzu: „Es ist zu befürchten, dass Menschen, die sich atypisch im öffentlichen Raum verhalten – wie wohnungslose oder körperlich eingeschränkte – von der Software als gefährlich erkannt werden und damit erhöhtem Überwachungsdruck ausgesetzt sind.“
„Lieber einmal zuviel“
Die Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel verteidigte den geplanten KI-Einsatz. Ihr Hauptargument: Effizienz. Die Aufgaben der Polizei würden wachsen, während die Nachwuchsgewinnung schwierig sei. „Ohne technologische Unterstützung werden wir die Sicherheit der Stadt nur noch immer begrenzter gewährleisten können.“ Deshalb wünsche sie sich das „Mannheimer System“, „das bestimmte Szenarien erkennt um dann Internventionskräfte zu alarmieren. Das ist deutlich ressourcenschonender.“
Dabei übersieht Slowik Meisel, dass die Technologie in Mannheim aktuell keinerlei Arbeitserleichterung bringt, sondern eher Kräfte bindet. Slowik Meisel würde die KI zudem so kalibrieren, dass sie viele falschpositive Ergebnisse liefern, die dann gegebenenfalls zu erhöhtem Arbeitsaufwand und Überwachungsdruck auf Unschuldige führen. „Lieber kommen wir einmal zu viel, wenn das System zu schnell anschlägt, als einmal zu wenig“, sagte sie.
Datenschutz & Sicherheit
Cyberangriff: Milliardenkredit für Jaguar Land Rover
Die britische Regierung hilft dem durch einen Cyberangriff angeschlagenen Autobauer Jaguar Land Rover mit der Garantie für einen Milliardenkredit aus. Mit bis zu 1,5 Milliarden Pfund (umgerechnet 1,7 Mrd. Euro) solle die Lieferkette des Unternehmens abgesichert werden, teilte Wirtschaftsminister Peter Kyle mit. Der Kredit kommt von einer Geschäftsbank.
Am Montag wurde überdies bekannt, dass der Autobauer einen Kredit in Höhe von 2 Milliarden Pfund von globalen Banken aufnimmt. Die Citigroup, Mitsubishi UFJ Financial Group und Standard Chartered Bank haben sich laut der Economic Times (via Bloomberg) bereit erklärt, einen 18-monatigen, betragsmäßig Kreditrahmen zu gewähren, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen mitteilten. Die Produktion wird sich voraussichtlich erst bis November normalisieren.
Der Autobauer war am 31. August Ziel einer Cyberattacke geworden, die Produktion in den Werken im Vereinigten Königreich steht noch bis mindestens zum 1. Oktober still. Es werde rund um die Uhr gemeinsam mit Spezialisten, dem Nationalen Zentrum für Cybersicherheit in Großbritannien und der Polizei zusammengearbeitet, um den Betrieb auf sichere Weise wieder aufzunehmen, hatte Jaguar Land Rover mitgeteilt.
„Dieser Cyberangriff war nicht nur ein Angriff auf eine ikonische britische Marke, sondern auch auf unseren weltweit führenden Automobilsektor und auf die Frauen und Männer, deren Lebensunterhalt davon abhängt“, sagte Kyle.
Wer hinter der Cyberattacke steckt, ist weiterhin unklar. Der in Großbritannien ansässige Autobauer, der zum indischen Tata-Konzern gehört, hatte mitgeteilt, es seien „einige Daten“ gestohlen worden, nannte aber keine Details.
Update
29.09.2025,
14:44
Uhr
Informationen zum zusätzlichen Kredit ergänzt.
(afl)
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