Datenschutz & Sicherheit

Berlin wirft die Freiheit weg


Die Schulen sind marode, die Wohnungen knapp und die Brücken brechen bald zusammen. Um Berlin steht es lausig. Doch statt diese täglich spürbaren Probleme anzugehen, wirft die Berliner Landesregierung ohne Not die legendäre freiheitlich orientierte Ausrichtung der Stadt auf den Müll.

Es wirkt wie hektischer Aktionismus, was die schwarz-rote Koalition sich da ins Polizeigesetz zusammenkopiert hat. Als wolle man anderen Bundesländern, die derartige Maßnahmen bereits erlaubt haben, in nichts nachstehen. Heute hat Berlin eine Sicherheitsarchitektur aufgesetzt, die in dieser Stadt lange undenkbar war. Es ist ein Tabubruch, eine Zeitenwende, was da im Abgeordnetenhaus beschlossen wurde.

Bislang durfte die Berliner Polizei den öffentlichen Raum nicht dauerhaft überwachen – und jetzt sollen in manchen Gebieten nicht nur Kameras aufgestellt, sondern diese auch gleich noch an sogenannte Künstliche Intelligenzen angeschlossen werden. Auch Videoüberwachung mit Drohnen ist für die Berliner Polizei künftig explizit erlaubt.

Verhaltensscanner und Gesichtersuchmaschine

Die geplante Kamera-KI soll automatisch erkennen, was die Überwachten gerade tun. Diese Verhaltensscanner werden aktuell in Mannheim und in Hamburg getestet und sind noch weit von einem sinnvollen Praxiseinsatz entfernt. Die Begehrlichkeiten von sicherheitsfanatischen Politiker*innen haben sie anscheinend bereits geweckt.

Die ersten dieser Kameras werden wohl im und um den Görlitzer Park errichtet. Dieses beliebte Erholungsgebiet, in dem traditionell auch Rauschmittel gehandelt werden, hat von Berlins Ober-Sheriff Kai Wegner, CDU, bereits einen Zaun spendiert bekommen, es ist künftig nur noch tagsüber geöffnet. Sollte die Kamera-KI dann dort jemanden erkennen, der jemand anderem etwas zusteckt, folgt vermutlich der Zugriff durch die Polizei. Auch wenn es sich bei dem klandestin übergebenen Objekt um beispielsweise Verhütungs- oder Hygieneartikel handeln sollte. Das Gefühl von Freiheit, das auch von diesem Park aus einst den Ruhm Berlins begründete, vertrocknet unter dem starren Blick der „intelligenten“ Kameras.



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Entdeckt die Berliner Polizei auf den Videobildern einen Menschen, den sie gerne näher begutachten möchte, kann sie künftig zudem das Internet nach Bildern durchsuchen, die dem Menschen ähnlich sind, um ihn zu identifizieren oder mehr über ihn zu erfahren. Dafür muss die Person nicht einmal einer Straftat oder deren Vorbereitung verdächtig sein, es reicht, Kontakt mit jemandem zu haben, der verdächtig ist.

Big-Data-Analyse und Staatstrojaner

Die Informationen, wer mit wem hantierte und welches Insta-Profil zu welchem Gesicht gehört, darf in einer Superdatenbank mit Bewegungsprofilen, Verhaltensmustern und Sozialkontaktanalysen gespeichert werden. Mit den dort beinhalteten Bildern, Videos und anderen personenbezogenen Daten kann dann auch eine kommerzielle KI trainiert werden, wie sie beispielsweise Palantir verkauft.

Und wenn sich eine verdächtige Person besonders undurchsichtig zeigt, gibt es in Berlin künftig immer noch die Möglichkeit, per Staatstrojaner ihren Telefonspeicher und die laufende Kommunikation auszulesen. Um solche Schadsoftware zu installieren, darf die Berliner Polizei dann auch heimlich in Wohnungen einbrechen.

Halleluja. Schöne neue Welt.



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