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BGH: Telekommunikationsanbieter dürfen Verträge nicht trickreich verlängern


Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein wichtiges Urteil zum Verbraucherschutz bei Telekommunikationsverträgen gefällt. Er hat klargestellt: Anbieter etwa von Handy- und Internet-Dienstleistungen dürfen Verbraucher nicht durch vorzeitige Vertragsverlängerungen in Kontrakte mit über 24 Monaten Laufzeit bringen. Auch bei einer Fortsetzung der Kundenbeziehung sind Vertragslaufzeiten von insgesamt über zwei Jahren erst einmal nicht statthaft.

In dem Fall geht es um einen Rechtsstreit zwischen dem Berliner Telekommunikationsanbieter Primacall und der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (NRW). Das Unternehmen hatte Kunden kurz nach Vertragsabschluss dazu gebracht, ihre Verträge gegen eine Prämie von 20 Euro vorzeitig zu verlängern. Dabei hängte der Dienstleister die zusätzliche Vertragszeit von noch einmal 24 Monaten an die ursprünglich laufende an. Das führte dazu, dass Kunden insgesamt deutlich länger als zwei Jahre gebunden waren, teilweise sogar 48 Monate.

Der BGH hat mit seinem jetzt publik gewordenen, noch nicht veröffentlichten Urteil vom 10. Juli (Az.: III ZR 61/24) entschieden, dass diese Praxis unzulässig ist. Die maximale Vertragslaufzeit von 24 Monaten gilt ihm zufolge immer ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde der Verlängerung zustimmt. Es ist nicht erlaubt, die neue Laufzeit an die Restlaufzeit des alten Vertrags anzuhängen, wenn dies zu einer Gesamtlänge von über 24 Monaten führt.

Die Verbraucherzentrale hatte Primacall zunächst erfolglos abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert. Die daraufhin eingereichte Klage vor dem Kammergericht Berlin war dann erfolgreich. Dieses bejahte, dass der Ansatz des Anbieters gegen Paragraf 309 Nummer 9 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)verstößt, wonach keine Bindung von über 24 Monaten eintreten darf.

Den Berliner Richtern zufolge spielt es keine Rolle, ob erstmalig ein Vertrag geschlossen oder ein bestehender verlängert wird. Denn es müsse insbesondere der Wettbewerb durch die Höchstbindungsfrist gewahrt werden, sodass Verbraucher spätestens alle zwei Jahre wieder dem Markt als Nachfrager zur Verfügung stünden. Dies würde durch eine Bindung, die an die aktuell noch laufende Vertragslaufzeit angehängt wird, umgangen. Auch bestünde das Risiko, dass sonst eine quasi unbegrenzte Vertragslaufzeit erreicht werden könnte.

Die Beklagte führte dagegen Paragraf 56 Telekommunikationsgesetz (TKG) ins Feld. Darin heißt es: Die „anfängliche Laufzeit“ eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste dürfe 24 Monate nicht überschreiten. Diese Formulierung deutet laut dem Kammergericht nur darauf hin, dass zwischen aktiv vorgenommenen Vertragsschlüssen und stillschweigenden Verlängerungen ungekündigter Kontrakte zu unterscheiden ist. Um solche stillschweigenden Fortsetzungen geht es in dem Streit aber nicht.

Die Revision Primacalls hat der BGH nun zurückgewiesen. Das Urteil des Kammergerichts ist damit rechtskräftig. Das TKG soll Verbraucher demnach vor zu langen Bindungen und überhöhten Kosten schützen. Der BGH-Beschluss verhindert jetzt, dass Anbieter Kunden über Jahre hinweg in Verträgen halten können, indem sie geschickt Klauseln zu Vertragsverlängerungen formulieren. Zuvor hatte schon das Hanseatische Oberlandesgericht geurteilt, dass die Mindestvertragslaufzeit auch bei Glasfaser zwei Jahre nicht überschreiten darf. Das gilt beim Abschluss, nicht beim Anschluss.

Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, sieht in dem BGH-Beschluss ein „wichtiges Signal für mehr Verbraucherschutz im Telekommunikationsmarkt“. Betroffene Primacall-Kunden könnten Verträge bis zum 15. eines Monats zum Monatsende kündigen. Der Rechtsanwalt Matthias Böse, der die Klage vertrat, hält „Millionen von Verträgen nun mit einer sehr kurzen Frist“ für kündbar. Das beziehe sich etwa auch auf den Bereich Pay-TV. Viele Verbraucher dürften so „erneut ihre Wahl frei am Markt tätigen“. Eine maximale Bindung von 24 Monaten reiche aber aus für Firmen, um Investitionen wie subventionierte Smartphones oder Router zu amortisieren.


(mho)



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Lieferando baut rund 2.000 Fahrerstellen ab


Der Essens-Lieferdienst Lieferando will ab dem Jahresende bundesweit rund 2.000 Fahrerinnen und Fahrer entlassen, viele davon in Hamburg. Das entspreche rund 20 Prozent der gesamten Flotte, teilte Lieferando mit. Grund sei, dass die Plattform bei der Auslieferung auf der sogenannten letzten Meile künftig stärker mit Subunternehmen zusammenarbeiten werde.

„Die Wettbewerbslandschaft und der Markt ändern sich immer rasanter und tiefgreifender“, sagte Deutschlandchef Lennard Neubauer der Deutschen Presse-Agentur. „Kunden erwarten zuverlässigen Service und kurze Bestellzeiten.“ Mancherorts könne dies mit den derzeitigen Strukturen nicht ausreichend sichergestellt werden.

Insbesondere in kleineren Märkten, etwa Wiesbaden, Lübeck oder Bochum, werde Lieferando künftig deshalb mit spezialisierten Logistik-Unternehmen zusammenarbeiten, die die Auslieferung mit eigenen Fahrerinnen und Fahrern übernehmen, sagte Neubauer weiter. Auch in Hamburg gehe Lieferando diesen Weg. Aufgrund ihrer Größe werde der Stellenabbau die Hansestadt besonders stark treffen.

Über die Maßnahmen sollte am Nachmittag der Gesamtbetriebsrat informiert werden. „Die Verhandlungen über einen Sozialplan sollen bei der Schwestergesellschaft so schnell wie möglich beginnen“, betonte Neubauer. Ziel sei, den Prozess bis zum Ende des Jahres, spätestens im ersten Quartal 2026, abzuschließen.

Lieferando gehört zum niederländischen Lieferdienst Just Eat Take Away. Das Geschäft in Deutschland wird von der Tochter Lieferando Marktplatz Gesellschaft geführt. Die Fahrerinnen und Fahrer waren über eine weitere Tochter, Takeaway Express, bisher fast ausschließlich fest beim Unternehmen angestellt.

Das soll auch künftig für die meisten Fahrer so bleiben. Rund fünf Prozent des Liefervolumens werde indes an spezialisierte Drittanbieter ausgelagert, hieß es. Das Konzept wurde bereits in Berlin mit einem Subunternehmen getestet. Auch in der Hauptstadt soll das in einigen Bezirken weiter so umgesetzt werden.

„Das ist so ziemlich die wichtigste Komponente der ganzen Geschichte: Die Kriterien der Flottenpartner, mit denen wir zusammenkommen wollen“, sagte Neubauer. Es laufe ein strenger Auswahlprozess, um zu gewährleisten, dass die Rider dort fest angestellt sind und entsprechend bezahlt werden.

Lieferando verweist darauf, dass die Zusammenarbeit mit Subunternehmen im Markt eine gängige Praxis sei. Tatsächlich gehen auch Wettbewerber wie Uber Eats und Wolt so vor. Wolt betont, dass bei den eigenen Partnerunternehmen die Fahrerinnen und Fahrer stets direkt angestellt sind. Doch das ist nicht bei allen Wettbewerbern der Fall.

Arbeitnehmervertreter kritisieren daher im Lieferdienst-Sektor ausbeuterische Verhältnisse und weitverbreitete Scheinselbstständigkeit. Das Problem ist EU-weit so groß, dass die EU-Kommission eine Plattformrichtlinie erlassen hat, um Scheinselbstständigkeit im Plattformgeschäft zu unterbinden. Diese muss auf nationaler Ebene noch umgesetzt werden.

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Dass Lieferando die Fahrer meist direkt beschäftigt hat, stieß daher auf Zuspruch bei Arbeitnehmervertretern. Entsprechend groß ist nun die Empörung. „Wir sind fassungslos, das ist eine absolute Katastrophe“, sagte Mark Baumeister, Referatsleiter Gastgewerbe bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), der dpa. „Lieferando gibt die Verantwortung für Beschäftigte ab, das können wir nicht gutheißen. Wir sehen das als einen Angriff auf Mitbestimmung und Beschäftigtenstrukturen bei Lieferando.“

Baumeister sendete einen Appell an die Politik. Diese müsse handeln, um solche Geschäftsmodelle in Zukunft zu unterbinden. „Wir brauchen definitiv das Gebot der Festanstellung, wie in der Fleischindustrie.“

Die NGG kämpft bereits seit Jahren um einen Tarifvertrag für die Lieferando-Beschäftigten und einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde. Erst kürzlich rief die Gewerkschaft deshalb erneut zu Warnstreiks in Hamburg auf. Mit der Auslagerung eines Teils des Liefergeschäfts an Drittunternehmen dürfte es die Gewerkschaft deutlich schwerer haben, für einheitliche Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen.


(fds)



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Steuerstreit mit EU: Apple hat irischen Staat ausbezahlt


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This article is also available in
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It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Im mehrjährigen Steuer- und Subventionsstreit zwischen Apple und der Europäischen Kommission wurde nun die letzte Zahlung geleistet. Laut dem Finanzministerium der Republik Irland ging die Summe in Höhe von über 13 Milliarden Euro nun von einem Treuhandkonto ein. Einen „kleinen“ Investmentgewinn gab es obendrauf, sodass die Endsumme bei 14,25 Milliarden Euro lag. Die letzte an die irische Regierung geleistete Zahlung in Höhe von 1,567 Milliarden ging am 9. Mai 2025 ein, am 13. Mai wurde das Konto offiziell geschlossen, so das Finanzministerium. Als „Zwischenlager“ diente die Londoner Filiale der Bank of New York Mellon. Während das Geld in Treuhand genommen war, kümmerten sich drei Investmentmanager von den Firmen Amundi (Frankreich), Blackrock (USA, Filiale Niederlande) und Goldman Sachs (USA, Filiale London) um dessen Vermehrung.

Die Europäische Kommission in Form des Wettbewerbskommissariats hatte Apple bereits 2016 dazu verdonnert, für den Zeitraum von 1991 und 2014 seiner Ansicht nach illegal durch die irische Regierung gewährte Steuervorteile zurückzuzahlen. Für die EU waren das ungenehmigte Subventionen, während Apple betonte, alle steuerrechtlichen Vorgaben eingehalten zu haben. Der iPhone-Hersteller klagte dann gegen die EU, gewann zunächst vor dem EU-Gericht im Jahr 2020, verlor dann aber endgültig im September 2024 vor dem EuGH.

Die irische Regierung war sich weder eigener noch Apples Schuld bewusst. Apple betonte, bereits seit den Siebzigern in Irland tätig zu sein und viel Geld investiert sowie viele Arbeitsplätze geschaffen zu haben. In dem Streit ging es vor allem um zwei in dem Land ansässige Gesellschaften namens Apple Sales International (ASI) und Apple Operations Europe (AOE) sowie die von ihnen gehaltenen Lizenzen geistigen Eigentums. Mit diesem Konstrukt soll Apple seine Steuerlast deutlich gedrückt haben.

Zwischenzeitlich hatte Apple dann Milliardengewinne, die zwischenzeitlich nicht repatriiert wurden, in den USA versteuert: Nach einer Steuerreform der ersten Regierung Trump verbrachte Apple seine immensen Auslandsmilliarden in die Heimat und zahlte dafür knapp 38 Milliarden US-Dollar Steuern.

Mit der Abwicklung des Treuhandkontos endet die Steueraffäre nun. Apple hatte die Milliarden rechtzeitig zurückgelegt, die negative Entscheidung des EuGH kratzte im vergangenen Jahr die Wall Street kaum. Nicht gelöst sind hingegen zahlreiche andere Konfliktpunkte zwischen Apple und der EU im Rahmen des Digital Market Act: Hierbei geht es um den App Store und die Interoperabilität von iPhone und iPad als sogenannte Gatekeeper.


(bsc)



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Lederhose statt Hipster-Chic: Ist München die Startup-Hauptstadt? Pro und Contra


Jahrelang galt Berlin als die Startup-Hauptstadt. Doch jetzt zeigt eine neue EY-Studie, dass München der Metropole an der Spree den Rang abläuft. In die Stadt an der Isar wandert das meiste Wagniskapital. Warum das schon lange absehbar war, erklärt Tobias Weidemann, während Andreas Weck sagt, dass es für mehr benötigt, um die wahre Startup-Hauptstadt zu sein.

Über viele Jahre hinweg galt Berlin als die deutsche Startup-Metropole und als der „Place to be“ für Hipster-Gründer:innen. Dabei wissen Kenner:innen genau: München hat der Bundeshauptstadt längst den Rang abgelaufen. Das hat eine Vielzahl an Gründen: Zwar hatte in Berlin in den Zehnerjahren gefühlt jede:r Zweite „sein Startup“, doch war vieles eher klein und gar nicht so innovativ und technologisch disruptiv, wie es den Anschein macht.

Dass das in München anders läuft, liegt nicht zuletzt an der üppigen Standortförderung und den forschungsstarken Hochschulen. So gingen aus der zur TU München gehörenden Entrepreneur-Schmiede UnternehmerTUM immer wieder erfolgreiche Technologieunternehmen von Celonis bis Isar Aerospace hervor. Zusammen mit kleineren Initiativen von Werk1 über das Media Lab Bayern bis hin zu Gate Garching bildet diese Szene ein erstaunlich gutes Ökosystem in den einzelnen Startup-Umfeldern.



Tobias Weidemann: „Berlin ist durch!“

(Bild: Foto: D. Gierke)

Zum zweiten Mal in Folge floss in die bayrische Hauptstadt jetzt auch das meiste Wagniskapital, so EY. Und auch das verwundet nicht, denn Deep-Tech rund um Robotik, KI, Space und Data Analytics ist das neue Ding – und das beherrscht der Industriestandort im Süden perfekt. Das hat auch dazu geführt, dass wichtige Tech-Player Außenstellen in München eröffnet haben: Google betreibt in München eines seiner größten Entwicklungszentren außerhalb der USA, Microsoft hat hier traditionell sein deutsches Headquarter und auch Apple hat 2021 angekündigt, München zum europäischen Zentrum für Chipdesign zu machen – die Liste ließe sich noch um einiges verlängern. Berlin ist durch!

Tobias Weidemann ist Redakteur und Kommunikationsberater für Digitalthemen mit Schwerpunkt auf E-Commerce- und Online-Marketing sowie New Finance und Business-IT. Er hat lange in München gelebt und gearbeitet und kennt daher die dortige Startup-Szene bestens.

Dass das meiste Wagniskapital nach München wandert, ist eine gute Nachricht. Denn in München entstehen viele neuartige Technologien, die dringend viel Geld benötigen. Wie mein Vorredner es schon so treffend sagt: Deep-Tech ist in München beheimatet – primär durch die vielen aufsehenerregenden Uni-Ausgründungen. Und doch: Dass München jetzt plötzlich Startup-Hauptstadt sein soll, das halte ich für einen Wunschtraum in Lederhosen. Berlin bringt viele Zutaten für eine hochinnovative Mixtur zusammen: die kreative Subkultur, die Nähe zur Politik und selbstverständlich auch die Vielzahl renommierter Universitäten – von der FU bis zur TU Berlin, von der Humboldt bis zur UdK.



Andreas Weck: „Pfiat di, liebes München!“

(Bild: Foto: Ole Witt)

BWLer:innen, Künstler:innen sowie Naturwissenschaftler:innen finden hier ihre Nische – und die ist anders als in München noch bezahlbar. Dass in Berlin überwiegend kleine und wenig innovative Startups gegründet wurden, ist zudem schlichtweg falsch. Unicorns, also Jungunternehmen mit Milliarden-Bewertungen, haben in der wahren Startup-Hauptstadt beste Bedingungen. Die Fintechs N26 und Trade Republic, das KI-Startup Parloa, das Solar-Startup Enpal – sie alle stammen aus Berlin. Überhaupt: Habt ihr schon einmal gehört, dass ein Startup aus Berlin ein Office in München aufmacht? Ich nicht. Hingegen gehört es zum guten Ton, dass erfolgreiche Münchner Jungunternehmen eines in Berlin öffnen. Personio, Helsing, Flix – ihr seid alle herzlich willkommen. Und Big-Tech kann die Hauptstadt und ihr Umland auch: Grüße gehen raus zum Amazon-Tower in Friedrichshain und dem Tesla-Werk in Grünheide. Pfiat di, liebes München!

Andreas Weck ist Redakteur im Bereich digitale Arbeitswelt. Für t3n hat er schon so manches Startup-Ökosystem besucht, in San Francisco und dem Silicon Valley sogar gelebt. Wenn der Wahl-Berliner am Kickertisch eine Lokalrunde ausgibt, ist jeder Zweite ein Startup-Beschäftigter.

Dieser Beitrag ist zuerst bei t3n.de erschienen.


(jle)



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