Künstliche Intelligenz
Biometrische Überwachung: EU-Staaten stimmen für Reisepass auf dem Handy
Die EU-Staaten haben sich am Mittwoch auf ihre Position für die geplante Verordnung für digitale Reisepässe geeinigt. Der Beschluss ermöglicht dem Ministerrat die Aufnahme von Verhandlungen mit dem EU-Parlament zu dem Dossier. Es zielt darauf ab, den Grenzübertritt an den Außengrenzen des Schengen-Raums effizienter und sicherer zu gestalten. Die Verordnung etabliert Regeln für die freiwillige Erstellung digitaler Reisedokumente (Digital Travel Credentials) auf dem Smartphone, die eine digitale Kopie der im Chip des Reisepasses oder Personalausweises gespeicherten Daten enthalten.
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Kernfunktion der vorgesehenen EU-Travel-App ist für den Rat die Option für Reisende, ihre Daten bereits vor der Ankunft an der Grenze an die zuständigen Behörden zu übermitteln. Dadurch sollen Grenzbeamte die Reisedokumente aus der Ferne verifizieren und auch mit Polizei- und Migrationsdatenbanken abgleichen können. Das soll Wartezeiten verkürzen, die Sicherheit erhöhen und Betrügern die Nutzung gefälschter Dokumente erschweren.
Die Entwicklung der zentralen Komponenten – der Handy-App, eines Backend-Validierungsdienstes und eines „Traveller-Routers“ zur Datenweitergabe – werde der Agentur EU-Lisa übertragen, erläutert das Ministergremium. Diese ist für das Management großer IT-Systeme im Sicherheitsbereich zuständig. Die Nutzung sei für EU-Bürger oder Drittstaatsangehörige ausdrücklich optional. Das physische Reisedokument müsse beim Grenzübertritt weiterhin mitgeführt werden.
Biometrie-Superdatenbank wird gefüttert
Die Travel-App ist dem Rat zufolge als zentrales Element zur Vernetzung der umfassenden EU-Grenz-Systeme konzipiert. Reisende sollen ihre digitalen Reisedokumente in Zukunft nutzen können, um etwa ihre Daten für das im Oktober 2025 in Betrieb genommene Ein-/Ausreisesystem (EES) vorab einzureichen, das biometrische Daten von Drittstaatsangehörigen digital erfasst. Ebenso ist die Integration in das für 2026 geplante Reisegenehmigungssystem ETIAS sowie bei digitalen Visa-Anträgen vorgesehen.
Ungeachtet der versprochenen Reiseerleichterungen warnen Bürgerrechtler und Datenschützer eindringlich vor den Folgen der Digitalisierung von Reisedokumenten. Sie sehen darin einen Ausbau der biometrischen Überwachungsinfrastruktur auf EU-Ebene. Die digitale Reise-App sehe zunächst automatisierte Gesichtserkennung zur biometrischen Identifikation vor, dürfte aber den Weg für eine flächendeckende und automatisierte Erfassung und Auswertung biometrischer Daten ebnen. Das würde die Reisefreiheit langfristig einschränken.
(mki)