Künstliche Intelligenz
Bundesgerichtshof: Scheidung von Parship muss nicht jederzeit möglich sein
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem am Freitag bekannt gegebenen Urteil vom 17. Juli (Az.: III ZR 388/23) wichtige Entscheidungen rund um Vertragsverlängerungen bei Parship getroffen. Der Beschluss enthält für Kunden des Online-Partnervermittlers positive und negative Entwicklungen. Die automatischen Verlängerungen von Sechs-Monats-Verträgen, die die Dating-Plattform zeitweilig durchführte, sind demnach unwirksam. Verbraucherschützer konnten sich aber nicht mit ihrer Ansicht durchsetzen, dass es für Kunden jederzeit ein Kündigungsrecht bei solchen Flirt-Portalen geben sollte.
In dem nun höchstgerichtlich geklärten Fall hatten der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und die Verbraucherzentrale Brandenburg eine Sammel- beziehungsweise eine Unterlassungsklage gegen Parship erhoben. Sie waren der Ansicht, dass der Betreiber Nutzer oft zu Unrecht nicht aus Knebelverträgen ließ und eine „Scheidung“ von ihm zu schwer falle.
Der unter anderem für Dienstverhältnisse zuständige III. Zivilsenat des Gerichtshofs hat nun klargestellt, dass bei Verträgen mit sechs Monaten Laufzeit die von Parship verwendeten Verlängerungsklauseln nicht rechtmäßig waren. Die Karlsruher Richter folgten hier der Argumentation der Verbraucherzentralen: Für die Mitglieder ist es demnach unzumutbar, mindestens zwölf Wochen vor Ablauf des Vertrages kündigen zu müssen, wenn sie sich kein weiteres ganzes Jahr an die Plattform binden wollen.
Rückzahlungsansprüche für Betroffene
Verbraucher, deren Sechs-Monats-Verträge sich unwirksam verlängert haben, können Mitgliedsbeiträge zurückfordern. Der genaue Umfang der Erstattung hängt davon ab, ob sie sich der einschlägigen Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, was mehr als 1000 Nutzer taten. Wer daran teilgenommen hat, kann Beiträge ab 2018 zurückverlangen. Ansonsten geht es um die Beiträge ab 2022. Für Betroffene haben die Verbraucherzentralen einen Musterbrief online gestellt. Wichtig ist, dass Parship nur das Geld für den Verlängerungszeitraum erstatten muss, nicht die Kosten für die Erstlaufzeit des Vertrags.
Ein generelles fristloses Kündigungsrecht nach Paragraf 627 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), das einen Dienstvertrag bei einem besonderen Vertrauensverhältnis betrifft, hat der BGH für Online-Partnervermittlungen wie Parship abgelehnt. Er sieht bei solchen Internetdiensten, die weitgehend automatisiert auf einem Datenbankabgleich basieren, keine so enge persönliche Beziehung zum Anbieter wie dies bei klassischen Dienstverträgen von Offline-Heiratsvermittlern der Fall wäre. Genau darauf hatte Parship auf Basis eines früheren BGH-Beschlusses abgestellt und gegenüber heise online darauf verwiesen, dass die entsprechenden Paragrafen vor über 120 Jahren ins BGB aufgenommen worden seien.
Bei Verträgen mit einer ursprünglichen Laufzeit von zwölf oder 24 Monaten sieht der Senat keine unangemessene Benachteiligung durch die Verlängerungsklauseln nach der bis Februar 2022 geltenden Rechtslage. Diese Verträge sind somit von der Entscheidung nicht betroffen. Für Parship-Verträge, die ab März 2022 abgeschlossen wurden, gelten andere Vertragsbedingungen aufgrund einer Gesetzesänderung. Diese Kontrakte sehen in der Regel vor, dass sich die Mitgliedschaft nach der Erstlaufzeit monatlich kündigen lässt. 2021 hatte Parship nach Gesprächen mit EU-Verbraucherschutzbehörden versprochen, seine Kunden künftig klarer über die Nutzungsgebühren und die automatische Vertragsverlängerung aufzuklären.
(ur)