Entwicklung & Code

Claude Code entwickelt Mac-App: Entwickler berichtet über Erfahrungen


Über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Entwicklung scheiden sich bekanntlich die Geister: Für viele ist die KI im Alltag bei der Programmierung als Helfer längst unverzichtbar. Aber einer KI die komplette Entwicklung einer App überlassen? Das ist für eine größere Zahl von Programmierern weiterhin ein rotes Tuch. Der Entwickler Indragie Karunaratne will eine Lanze für die KI brechen und hat mit der Mac-App Context ein Beispiel veröffentlicht, was inzwischen möglich ist.

Context ist eine App zum Debuggen von MCP-Servern. Das Model Context Protocol (MCP) ist ein Standard von Anthropic für die Verbindung zwischen KI-Anwendungen und externen Datenquellen. Entwickelt wurde die App in Apples Programmiersprache Swift. Die Benutzeroberflächen wurden in SwiftUI geschrieben. Der Quelltext der App kann im Github-Account des Entwicklers öffentlich eingesehen werden. Karunaratne arbeitet hauptberuflich als Technikdirektor bei Sentry, einer Plattform, um Fehler in Anwendungen festzustellen und zu beheben.

In einem ausführlichen Blogpost legt der erfahrene macOS-Entwickler dar, dass die App nahezu vollständig mit Anthropics Claude Code erstellt wurde. Von den 20.000 Codezeilen habe er weniger als 1.000 selbst geschrieben – der Rest stammt aus der KI-gestützten Entwicklungsumgebung.

Der Entwickler, der seit dem Jahr 2008 Software für den Mac programmiert, beschreibt seine Erfahrung als grundlegend anders als bei bisherigen Projekten. Während er früher jahrelang keine Nebenprojekte in seiner Freizeit fertigstellen konnte, habe es ihm die KI ermöglicht, binnen weniger Monate eine vollständige macOS-Anwendung zu entwickeln und zu veröffentlichen.

Claude Code unterscheidet sich deutlich von anderen KI-Coding-Tools wie GitHub Copilot, Cursor oder Windsurf. Statt bestehende IDEs mit KI-Funktionen zu erweitern, ersetzt es die traditionelle Entwicklungsumgebung komplett durch eine Terminal-basierte Oberfläche. Im Zentrum steht ein „agentischer“ Ansatz.

Durch die Entwicklung von Context seien ihm auch die Stärken und Schwächen der KI bewusst geworden. Claude Code beherrsche Swift-Features bis Version 5.5 gut, habe aber Schwierigkeiten mit Swift Concurrency, das ab Swift 5.5 eingeführt wurde. Häufig greife das System auf veraltete Objective-C-APIs zurück, statt moderne Swift-Alternativen zu nutzen.

Bei SwiftUI habe sich Claude Code jedoch von seiner besseren Seite gezeigt: Die generierten Benutzeroberflächen funktionierten zuverlässig, auch wenn sie anfangs wenig ansprechend aussehen. Bemerkenswert ist, dass sich das Design mit simplen Anweisungen wie „Make it more beautiful“ deutlich verbessern ließ, wie Karunaratne schreibt.

Eine weitere Erkenntnis aus dem Projekt war, dass “Prompt Engineering” heute keine große Herausforderung mehr darstelle, da moderne Modelle auch unvollständige und schlecht formulierte Anfragen recht gut verstehen. Schlüssel zum Erfolg sei hingegen das “Context Engineering“ gewesen. Die Begrenzung auf 200.000 Token bei den neuesten Anthropic-Modellen sei dabei eine Herausforderung gewesen.

Entscheidend ist das „Priming“ des Agenten: Bevor Claude Code eine Aufgabe übernimmt, sollte es relevante Dokumentation und Quellcode lesen. Der Entwickler lässt das System zunächst bestehenden Code analysieren und Spezifikationen studieren, bevor es mit der Implementierung beginnt.

Trotz aller KI-Unterstützung seien präzise Spezifikationen unerlässlich. Der Entwickler warnt vor Marketing-Demos, die behaupten, mit einem einzigen Satz komplette Apps erstellen zu können. Für produktionsreife Software seien detaillierte Beschreibungen der gewünschten Funktionalität weiterhin notwendig. Ein weiterer Tipp: Claude Code sollte zunächst mit „Ultrathink“ einen Plan erstellen, bevor es mit der Implementierung beginnt. Diese Anweisung aktiviert einen erweiterten Denkprozess, der qualitativ bessere Ergebnisse liefert.

Besonders effektiv werde Claude Code durch gut eingerichtete Feedback-Schleifen. Das System sollte eigenständig kompilieren, testen und Fehler beheben können. Der Entwickler nutzte zusätzliche Tools wie XcodeBuildMCP, um Claude Code das Erstellen von macOS-Apps zu erleichtern. Für die Fehlerbehebung können Screenshots direkt in Claude Code eingefügt werden. Das System analysiert dann visuelle Probleme und schlägt Korrekturen vor.

Abschließend habe Claude Code ein 2.000 Zeilen langes Python-Skript erstellt, das den Release-Prozess automatisierte, Es signierte automatisch den Code, notarisierte diesen, erstellte DMG-Dateien und verteilte Updates.

Der Entwickler prognostiziert einen großen Wandel in der Entwicklungsumgebung. Traditionelle Features wie Dateibäume oder Quellcode-Editoren in Entwicklungs-Tools könnten an Bedeutung verlieren. Stattdessen werden sich IDEs darauf konzentrieren, Entwicklern beim Priming von KI-Agenten und beim Einrichten von Feedback-Schleifen zu helfen. Die klassische Programmierung könnte zur Nebentätigkeit werden.


(mki)



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