Künstliche Intelligenz
Deutschland will bei KI führen: Nvidia und Telekom beteiligen sich an Gigafabrik
Auf seiner Europa-Tour hat Nvidia-Mitbegründer und CEO Jensen Huang am Freitag erwartungsgemäß auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) getroffen. Letzterer habe dabei den „Führungsanspruch“ Deutschlands bei Künstlicher Intelligenz (KI) betont, teilte die Bundesregierung im Anschluss an das persönliche Gespräch mit. Im Fokus des Austauschs habe die „weitere strategische Zusammenarbeit zur Stärkung des KI-Standorts Deutschland“ gestanden. Es gehe insbesondere um den Aufbau einer souveränen Infrastruktur und die Förderung des Ökosystems rund um die Schlüsseltechnik in der Bundesrepublik.
Konkret hat Huang laut der Bundesregierung zugesagt, dass Nvidia im Rahmen der Zusammenarbeit „moderne KI-Hardware, Softwarelösungen und fachliches Know-how bereitstellen“ wird. Gemeinsam mit deutschen Wirtschaftspartnern werde der US-Konzern in eine IT-Infrastruktur in Deutschland investieren, die sich in besonderem Maße an den Bedarfen der hiesigen Industrie orientiert. Alle Beteiligten legten dabei „besonderen Wert auf Sicherheitsstandards und Datenhoheit“.
Im Rahmen der Initiative für eine „Industrial AI Cloud“ werde Nvidia „mindestens eine KI-Gigafabrik in Deutschland realisieren“, heißt es aus Berlin. Partner für dieses Auftaktprojekt ist die Deutsche Telekom. Sie verkündete parallel, gemeinsam mit Nvidia „die weltweit erste industrielle KI-Cloud für europäische Hersteller auf deutschem Boden“ bis spätestens 2026 zu errichten. Diese soll innerhalb der nächsten neun Monate mit einer Kapazität von mindestens 10.000 GPUs (Graphics Processing Units) entstehen und auch Start-ups sowie Forschungseinrichtungen zugänglich sein. Die Regierung sieht das Vorhaben „als komplementär zur EU-Initiative zur Errichtung von KI-Gigafabriken“.
Der Staat will Ankerkunde sein
Die Nachfrage nach Computern zum Ausführen von KI-Aufgaben hat zu einem Boom bei Herstellern von Hochleistungsservern und speziellen Chips sowie Prozessoren geführt. KI-Server trumpfen mit Hochleistungschips von Herstellern wie Nvidia auf. Für die industrielle Cloud will das Unternehmen laut der Telekom DGX-B200-Systeme und RTX-Pro-Server-GPUs einbringen, auf denen „Cuda-X, RTX und Omniverse beschleunigte Workloads von führenden Softwareanbietern laufen“. Der Magenta-Konzern selbst stelle seine „sichere, souveräne und schnelle Infrastruktur zur Verfügung“ und sei „für Rechenzentren, Betrieb, Vertrieb, sowie Security und AI-Lösungen zuständig“. Die Bonner wollen auch garantieren, dass europäische Werte wie Datenschutz eingehalten und Informationen nur nach europäischen Standards verarbeitet werden.
Die deutsche Firma Neura Robotics will die Rechenressourcen etwa nutzen, um Trainingszentren für kognitive Roboter zu betreiben. Der Staat wird der Regierung zufolge als „Ankerkunde“ fungieren. Öffentliche Rechenbedarfe sollen demnach zur Unterstützung des heimischen Ökosystems gebündelt werden. Parallel sei eine nationale Strategie „zur Förderung von Betrieb und Ansiedlungen von Rechenzentren“ etwa mit Planungserleichterungen in Arbeit. Die Beteiligten wollen sich zudem für den Ausbau von KI-Kompetenzen stark machen. Sie haben dabei etwa Bildungsprogramme, Schulungen und Qualifizierungsangebote in Zusammenarbeit mit dem Deep Learning Institute von Nvidia im Blick.
Wichtiger Schritt für digitale Souveränität?
Merz begrüßte das Engagement: „Investitionen in strategische KI-Infrastrukturen sind zentral für die Innovationskraft unseres Landes.“ Die Kooperation mit Nvidia könne ein bedeutender Schritt die digitale Souveränität und wirtschaftliche Zukunft der Republik werden. Huang erläuterte: „Mit dem Bau der ersten industriellen KI-Infrastruktur Europas ermöglichen wir den führenden Industrieunternehmen der Region, simulationsorientierte, KI-gesteuerte Fertigung voranzutreiben.“ Telekom-Chef Timotheus Höttges hob hervor: „Europas technologische Zukunft braucht einen Sprint, keinen Spaziergang. Wir müssen jetzt die Chancen der Künstlichen Intelligenz ergreifen, unsere Industrie revolutionieren und eine führende Position im globalen Technologiewettbewerb sichern.“
Die Bundesregierung nahm sich im Rahmen ihrer KI-Strategie schon 2019 vor: Deutschland solle im internationalen Wettbewerb um den Standort Nummer Eins für Künstliche Intelligenz ganz weit vorn sein. Studien zufolge liegt die Bundesrepublik in diesem Bereich aber nach wie vor hinter Ländern wie den USA oder China zurück. Auch beim Bau von Rechenzentren drohe Deutschland weiter abgehängt zu werden.
(nen)