Datenschutz & Sicherheit
Die fossile Industrie liebt KI
Deutschland soll „KI-Nation“ werden und dadurch ungeahnte „Wirtschaftskräfte freisetzen“ – zumindest, wenn es nach der neuen Bundesregierung geht. Dafür sollen deutlich mehr Rechenzentren gebaut werden, was einen rapide ansteigenden Energiebedarf einschließt.
Prognosen für die EU zeigen, dass dieser so groß werden könnte, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht mithalten kann – doch die fossile Industrie steht bereits in den Startlöchern.
Der Hype um generative KI liefert ihnen die perfekte Begründung für den Ausbau fossiler Infrastruktur. Tech- und Fossilkonzerne investieren massiv in neue Gaskraftwerke für energiehungrige Datenzentren. Wir erleben derzeit eine fossile Gegenoffensive im Gewand digitaler Versprechen.
Fossile Industrie in den Startlöchern
RWE-CEO Markus Krebber freut sich öffentlich über die steigende Stromnachfrage durch KI und kündigt an, das Stromangebot auch durch neue Gaskraftwerke liefern zu wollen. Der Energiekonzern E.ON realisiert bereits mit dem Rechenzentrumsentwickler CyrusOne ein gasbetriebenes Stromversorgungssystem für ein Rechenzentrum in Frankfurt am Main.
Und Siemens Energy bietet neuerdings gemeinsam mit dem Maschinenbau-Unternehmen Eaton Rechenzentren im Paket mit Gasturbinen an, die nur optional mit erneuerbaren Energien ausgestattet werden. Derweil meldet Siemens Energy einen neuen Verkaufsrekord für Gasturbinen – allein im laufenden Fiskaljahr wurden 100 davon in den USA unter anderem zur Stromversorgung von Datenzentren installiert oder reserviert.
Siemens-Energy-CEO Christian Bruch bekräftigte den hohen Stellenwert eines ausreichenden Stromangebots für KI vor kurzem in einem Spiegel-Interview: „Eines der wichtigsten Ziele der Amerikaner ist die Marktführerschaft bei künstlicher Intelligenz. Dafür werden die USA viel Strom brauchen.“ Dort nimmt der Ausbau von gasbetriebenen Datenzentren richtig Fahrt auf.
Ein Beispiel dafür ist das Projekt Homer City Energy Campus in Pennsylvania, in dessen Rahmen 4,4 Gigawatt an Gaskraftwerkskapazität geschaffen werden sollen, um den dortigen KI-Stromhunger zu stillen – fast ein Achtel der gesamten installierten Gaskraftwerkskapazität Deutschlands.
Auch die Techkonzerne selbst rücken immer häufiger in den Fokus der Recherchen für die Global Oil & Gas Exit List (GOGEL), eine Industriedatenbank von urgewald, die unter anderem Expansionspläne in der Öl- und Gasindustrie erfasst. So wurde Microsoft auf der GOGEL 2024 von urgewald als fossiler Konzern gelistet, weil er ein eigenes 170-Megawatt-Gaskraftwerk für den Betrieb eines Rechenzentrums in Irland gebaut hat.
Wirtschaftswunder KI?
Für die neue Bundesregierung mit ihrem im Koalitionsvertrag erklärten Ziel, Deutschland zur „KI-Nation“ zu machen, spielen die ökologischen Kosten von KI offenbar keine Rolle. Das Energieeffizienzgesetz soll „vereinfacht und auf EU-Recht“ zurückgestutzt werden.
Mit Blick auf Rechenzentren drohen Vorgaben für die Erhebung von Energieverbrauch, Abwärme und Energieeffizienz auf Kosten des Klimaschutzes verwässert zu werden. KI-Investitionen sollen unterdessen den „Wohlstand für alle mehren“. Unter dieser Losung sind massive Investitionen in die Cloud- und KI-Infrastruktur sowie eine Förderung von KI-Start-ups und eine „Verwaltungsrevolution“ durch „KI-Sprunginnovation“ geplant.
Welche KI-Systeme die Bundesregierung auf dem Weg zur „KI-Nation“ konkret im Auge hat, bleibt – wie im gesamten politischen Diskurs – vage. Es könnten etwa generative KI-Modelle gemeint sein, die enorme Rechenkapazitäten benötigen. Auch wie die freigesetzten „Wirtschaftskräfte“ wirken sollen, bleibt nebulös.
Die bisherige wirtschaftliche Bilanz großer KI-Unternehmen ist durchwachsen: OpenAI verzeichnete 2024 Verluste in Höhe von fünf Milliarden US-Dollar, KI-Unternehmen wie Perplexity gelten zunehmend als überbewertet.
Hohe Gewinne mit dem KI-Hype fahren vor allem andere ein: Der Chip-Hersteller Nvidia etwa gilt mit seinen Hochleistungschips als Flaschenhals der Industrie und ist aktuell der größte Profiteur des Hypes – 2024 machte Nvidia 72,9 Milliarden US-Dollar Gewinn.
Gleichzeitig profitieren Cloud-Anbieter von den energieintensiven Modellen, allen voran Microsoft, Amazon und Google, deren Computing Power in der Cloud die Grundlage für die Entwicklung und Betrieb der großen KI-Modelle bilden. Allein im ersten Quartal 2025 machte Microsoft über 25 Milliarden US-Dollar Gewinn mit seiner Cloud-Infrastruktur.
Steigender Energiebedarf – steigende Emissionen
Während der konkrete gesellschaftliche Nutzen der generativen KI-Systeme bislang unklar ist, hat der Energieverbrauch durch generative KI wie GPT 4, Gemini oder Claude 3 bereits schwindelerregende Höhe erreicht.
Laut einer aktuellen Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace werden sich die globalen Treibhausgasemissionen von KI-gestützten Rechenzentren von 2023 bis 2030 fast versechsfachen – von 29 auf 166 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.
Die EU-Kommission kündigte indes jüngst eine KI-Kontinent-Strategie an, die eine Verdreifachung der Rechenzentrumskapazitäten vorsieht.
Die europäische NGO Beyond Fossil Fuels warnt deshalb vor einer Beschleunigung dieser Entwicklungen. Der hohe Energiebedarf der Rechenzentren Europas gefährde die angestrebte Klimaneutralität, da der Ausbau der erneuerbaren Energien hier nicht mithalten könne.
Gasausstieg statt Gas für KI
Wenn die benötigte Energie stattdessen fossil erzeugt wird, ist das fatal: Die Betriebsdauer von Gaskraftwerken etwa beträgt 25 bis 40 Jahre. Wer also heute baut, schreibt fossile Abhängigkeiten bis in die 2050er-Jahre fest. Auch eine häufig von Industrie und Politik vorgebrachte spätere potenzielle Umstellung auf ebenfalls fossilen „blauen Wasserstoff“ bringt wegen hoher vorgelagerte Emissionen aus Produktion und Transport keine Besserung.
Die Umstellung auf durch erneuerbare Energieträger erzeugten „grünen Wasserstoff“ ist zweifelhaft, denn dieser wird absehbar nur in sehr geringen Mengen verfügbar sein. Hinzu kommt, dass die Verbrennung von Wasserstoff zur Stromerzeugung äußerst ineffizient ist.
Unter dem Strich bedeutet der Bau neuer Gaskraftwerke also eine langfristige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Dabei muss die EU bereits bis 2035 aus fossilem Gas aussteigen, um das 1,5 °C-Limit einzuhalten.
Statt die rasante Entwicklung der Stromnachfrage zum Anlass für mehr Einsparmaßnahmen sowie massive Investitionen in Speichertechnologien, Netzausbau und Effizienz zu nutzen, setzt die Bundesregierung aktuell – ganz im Sinne der fossilen Industrie – auf Vollgas.
Das Wirtschaftsministerium unter Katherina Reiche, Ex-Cheflobbyistin des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) und Ex-CEO des Strom- und Gasnetzbetreibers Westenergie, plant zurzeit die Ausschreibung von 20 Gigawatt neuer Gaskraftwerkskapazität bis 2030. Offizielle Begründung: die Absicherung der Energiewende. Ein denkbarer weiterer Grund: die Förderung von Big Tech.
KI als Klimaretter?
Open-AI-Chef Sam Altman verharmlost den hohen Energieverbrauch generativer KI durch Rechenzentren immer wieder mit Argumenten wie: KI werde selbst eine Lösung für den Klimawandel finden oder der Nutzen der KI übersteige ihre ökologischen Risiken. Für beide Aussagen gibt es aus heutiger Sicht keine Belege.
Bei spezifischen KI-Anwendungen in kontroversen Bereichen wie der fossilen Industrie ist der gesamtgesellschaftliche Nutzen ohnehin mehr als fraglich, die Profiteure jedoch eindeutig. So kooperiert Microsoft beispielsweise seit längerem mit dem US-amerikanischen Öl- und Gaskonzern ExxonMobil zur Optimierung der Ölförderung mittels KI.
Erst seit kurzem unterstützt Microsoft auch den deutschen Konzern Uniper etwa bei der KI-gestützten Steuerung fossiler Kraftwerke. Zu befürchten ist, dass solche KI-Projekte dem Klimaschutz nicht helfen, sondern höhere Profitmargen ermöglichen und letztlich noch mehr Anreiz für fossile Projekte bieten.
Auf der anderen Seite fordern Open-Source-Initiativen wie Small-Scale AI oder Projekte wie Green AI Effizienz und Bedarfsgerechtigkeit statt Wachstumslogik um jeden Preis. Schon seit Jahren gibt es vielfältige sinnvolle Anwendungsfälle für KI-Modelle, von denen der Umwelt- und Klimaschutz profitiert. Dabei handelt es sich selten um große generative Sprachmodelle, sondern um kleine Berechnungen mit vergleichsweise überschaubarem Energiebedarf, um beispielsweise Umwelt-, Verkehrs- oder Energiedaten auszuwerten.
Aber auch wenn diese Datenauswertung das Monitoring, die Steuerung und Prognosen vereinfacht, kann die Technologie ambitionierte politische Entscheidungen nicht ersetzen: Gute Daten zu Verkehrsströmen sind noch keine Mobilitätswende und Prognosen zum Sterben der Korallenriffe kein ambitionierter Meeresschutz.
Suffizienz statt Superintelligenz
Zoom-Out zum Big Picture: Die Pläne der Bundesregierung Deutschland zur KI-Nation zu machen, stehen auf wackligen Füßen: Es ist mehr als fraglich, ob die Hoffnung auf KI als Wirtschaftswunder Realität wird. Sicher ist jedoch, dass der Hype hohe Kosten hat.
Global regen sich bereits Proteste gegen Hyperscale-Rechenzentren – zuletzt verklagten beispielsweise Umweltorganisationen in der US-Metropole Memphis Elon Musks Unternehmen xAI, weil die Gasturbinen des dortigen Rechenzentrums die Luft stark verschmutzen.
Auch in Deutschland und Europa gibt es Proteste von Umweltgruppen, beispielsweise gegen ein geplantes Microsoft-Rechenzentrum im Rheinischen Braunkohlerevier.
Wir brauchen einen grundlegend neuen Ansatz: Wer Energie mit KI verbraucht, muss den dafür nötigen Ökostrom selbst erzeugen. Eine Verpflichtung zur zusätzlichen Produktion erneuerbarer Energie für KI-Betreiber wäre ein wichtiger Schritt, um Verdrängungseffekte zu vermeiden. Denn aktuell wird produzierter grüner Strom oft nicht zusätzlich bereitgestellt, sondern anderen Sektoren entzogen – mit verheerenden Klimaeffekten.
Statt unreflektiert den KI-Hype mit fossilem Strom zu bedienen, müssen Bundesregierung und Unternehmen Lösungen finden, die sich dem klimagerechten Umbau der Volkswirtschaften unterordnen. Denn fossil erzeugter Strom ist NI – nicht intelligent.
Friederike Hildebrandt ist Ökonomin, beschäftigt sich mit Klima- und Stadtpolitik und koordiniert das „Bits & Bäume“-Bündnis. Das Bündnis hat Anfang des Jahres Forderungen zu Digitalisierung und Nachhaltigkeit vorgelegt und wird auf dem diesjährigen System Change Camp einen Vortrag zu Rechenzentrumsausbau & Klimagerechtigkeit halten.
Moritz Leiner ist Sozialwissenschaftler und organisiert bei der Umwelt- und Menschrechtsorganisation urgewald Kampagnen zu deutschen Energie- und Finanzkonzernen. Auf urgewalds öffentlich zugänglicher Industriedatenbank „Global Oil and Gas Exit List“ spielen neue Gaskraftwerksprojekte für Datenzentren eine zunehmende Rolle. Moritz nimmt hierzu gerne Hinweise entgegen.
Datenschutz & Sicherheit
Neuer NPM-Großangriff: Selbst-vermehrende Malware infiziert Dutzende Pakete
Verschiedene IT-Sicherheitsunternehmen warnen vor neuen Angriffen auf das npm-Ökosystem rund um node.js. Mehrere Dutzend Pakete (mindestens 40, in einem Bericht gar an die 150) sind mit einer Malware infiziert, die geheime Daten stiehlt und über einen Webhook ausleitet. Zudem repliziert sich die Schadsoftware selbsttätig – und ist somit ein Wurm.
npm, der Node Package Manager, kommt nicht zur Ruhe. Nachdem erst kürzlich unbekannte Angreifer die Zugangsdaten eines prominenten Entwicklers abgephisht und manipulierte Pakete eingeschleust hatten, hat die Verteilstation für node.js-Bibliotheken nun mit einem ausgewachsenen Wurm zu kämpfen.
Wie StepSecurity und Socket übereinstimmend berichten, befindet sich unter den kompromittierten Paketen auch @ctrl/tinycolor
, das etwa zwei Millionen Mal pro Woche heruntergeladen wird. Auch etwa ein Dutzend weitere Pakete des Entwicklers @ctrl
sind betroffen, einige der Nativescript-Community und wie Aikido auflistet, sogar solche des Security-Unternehmens Crowdstrike.
Der Schadcode nutzt „TruffleHog“, um interessante Daten zu erschnüffeln, etwa API-Credentials und Zugangsdaten für GitHub sowie die Clouds von Google und Amazon. Er erstellt dann GitHub-Repositories und -Workflows und exfiltriert seine Beute über einen Webhook auf der Domain webhook.site
. Und er hat offenbar die Fähigkeit, sich selbst zu replizieren, indem er weitere Pakete infiziert und trojanisierte Paketversionen hochlädt.
Unklar ist noch, wo der Angriff begann – einen klaren „Patient Null“ nennen die drei analysierenden Unternehmen nicht. Auch sind die Urheber der Attacke nicht bekannt, möglicherweise sind es dieselben wie beim letzten Angriff.
Gottgleicher npm-Wurm?
Kurios: Die Angreifer sind offenbar Science-Fiction-Fans. Die Wurmkomponente ihrer Malware legt ein GitHub-Repository namens „Shai-Hulud“ sowie entsprechende Workflows an. „Shai-Hulud“, ursprünglich Arabisch für „Ding der Unsterblichkeit“, ist der Name der monumentalen Sandwürmer in Frank Herberts Epos „Dune“. Die Einwohner des Wüstenplaneten verehren die Sandwürmer als gottgleich.
Die Sandwürmer in „Dune“
(Bild: Warner Bros. Pictures)
JavaScript-Entwickler und insbesondere die Verwalter von auf npm gehosteten Paketen sollten größte Vorsicht walten lassen und die umfangreiche Liste infizierter Pakete konsultieren. Wer in eigenen Projekten infizierte Versionen vorfindet, sollte diese unmittelbar löschen, alle Zugangskennungen ändern, Tokens invalidieren und in eigenen GitHub-Repositories aufräumen. In StepSecuritys Blogeintrag finden sich detaillierte Handreichungen.
(cku)
Datenschutz & Sicherheit
Patchstatus unklar: Angreifer attackieren Fertigungsmanagementtool DELMIA Apriso
Durch eine „kritische“ Sicherheitslücke in DELMIA Apriso kann Schadcode schlüpfen und Computer schädigen.
DELMIA Apriso ist eine Manufacturing-Operations-Management-Software (MOM) und ein Manufacturing Execution System (MES), das auch hierzulande unter anderem im Automobilbereich genutzt wird. Darüber werden etwa globale Produktionsabläufe gesteuert. Es ist davon auszugehen, dass eine erfolgreiche Attacke für Firmen weitreichende Folgen haben kann.
Hintergründe
Der Anbieter der Software, Dassault Systèmes, erwähnte die Sicherheitslücke (CVE-2025-5086 „kritisch„) bereits im Juni dieses Jahres in einer äußerst knapp formulierten Warnmeldung. Daraus geht hervor, dass entfernte Angreifer Schadcode in diversen Releases aus den Jahren 2020 bis einschließlich 2025 ausführen können. Aufgrund der kritischen Einstufung ist davon auszugehen, dass Angreifer nicht authentifiziert sein müssen, um Attacken einzuleiten
Anfang September warnte nun ein Sicherheitsforscher des SANS-Institut Internet Strom Center in einem Beitrag vor Exploitversuchen. Ihm zufolge versenden Angreifer SOAP-Requests mit Schadcode an verwundbare Instanzen. Was Angreifer konkret nach erfolgreichen Attacken anstellen, ist zurzeit unklar.
Mittlerweile warnt auch die US-Sicherheitsbehörde CISA vor Angriffen. In welchem Umfang die Attacken ablaufen, ist derzeit nicht bekannt. Unklar bleibt auch, ob es einen Sicherheitspatch gibt. Das geht weder aus der offiziellen Warnmeldung, noch aus den Warnungen des Sicherheitsforschers und der CISA hervor. heise security steht in Kontakt mit dem Softwareanbieter und wartet derzeit auf ein Feedback zum Sicherheitspatch. Wir aktualisieren die Meldung, wenn uns konkrete Informationen vorliegen.
(des)
Datenschutz & Sicherheit
Das gefährliche Geschäft mit Standortdaten geht weiter
Exakte Standortdaten von Millionen Handys weltweit lassen sich einfach online kaufen. Datenhändler verschleudern sie sogar als Gratis-Kostprobe. Bereits diese kostenlosen Datensätze sind so umfangreich, dass sich damit Massenüberwachung betreiben lässt. Das haben unsere bisherigen Recherchen zu den Databroker Files mit dem Bayerischen Rundfunk gezeigt. Aus den Daten lassen sich teils detaillierte Bewegungsprofile ablesen, sogar von Soldat*innen oder Politiker*innen.
Wer Kontakt zu Händlern, also Databrokern sucht, wird auf dem Online-Marktplatz eines Berliner Unternehmens fündig: Datarade.ai. Der Marktplatz verkauft die Daten zwar nicht selbst, verkuppelt aber Anbieter und Interessierte. Das funktioniert ähnlich wie Amazon, nur eben für Datensätze. Für erfolgreiche Deals streicht der Marktplatz eine Provision ein.
Vermittelt über Datarade haben nicht nur wir sensible Handy-Standortdaten von Databrokern erhalten, sondern auch Journalist*innen aus den Niederlanden, der Schweiz und Belgien, und zwar unabhängig voneinander. Das hat im Jahr 2023 geklappt, im Jahr 2024 – und trotz der kritischen Berichterstattung in zahlreichen Medien war es auch noch 2025 möglich.
Das Problem: Der Handel mit derart detaillierten Handy-Standortdaten ist nach Einschätzung von Fachleuten nicht mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar. Zudem haben Bundestagsabgeordnete wie Konstantin von Notz (Grüne) oder Roderich Kiesewetter (CDU) bereits vergangenes Jahr vor einer Gefahr für die nationale Sicherheit gewarnt.
Datarade wollte „alle zumutbaren Anstrengungen“ unternehmen
Und was tut Datarade? Noch vor gut einem Jahr hatte uns der Berliner Marktplatz mitgeteilt, man nehme die von unseren Recherchen ausgelösten, öffentlichen Bedenken „sehr ernst“. Die Angebote auf der Plattform prüfe das Unternehmen zwar nicht einzeln. „Eine Verpflichtung zur proaktiven Sichtung sämtlicher Inhalte auf mögliche Rechtsverletzungen ist weder praktisch möglich noch gesetzlich geboten.“ Dennoch unternehme Datarade „alle zumutbaren Anstrengungen, um rechtswidrige Inhalte auf der Plattform von Vornherein zu verhindern“.
Ein Jahr später haben wir uns nochmal auf dem Marktplatz umgeschaut. Unsere neue Recherche weckt Zweifel daran, dass Datarade „alle zumutbaren Anstrengungen“ unternimmt. So preiste Datarade in einem eigenen, redaktionellen Beitrag selbst Handy-Standortdaten an, schrieb über die daraus ablesbaren, sehr genauen Bewegungsmuster – und empfahl passende Händler. Als wir per Presseanfrage mehr zu der Seite erfahren wollten, wurde sie offline genommen.
Bereits 2024 warnte die damals kurz vor ihrem Amtsantritt stehende Bundesdatenschutzbeauftragte, Louisa Specht-Riemenschneider, vor einer Regulierungslücke. Auch die zuständige Berliner Datenschutzbeauftragte sah ein Problem: Solange ein Marktplatz die Daten nicht selbst verarbeitet, sondern nur Kontakte zwischen Käufern und Verkäufern herstellt, habe sie keine Handhabe. Verantwortlich nach der DSGVO sei nur jemand, der selbst auch Daten verarbeitet.
Unter Datenschützer*innen gibt es in dieser Frage keine Einigkeit. Das Netzwerk Datenschutzexpertise etwa kam in einem Gutachten aus dem Frühjahr 2025 zu dem Schluss, dass die DSGVO hier sehr wohl anwendbar sei. Um verantwortlich zu sein, müsse ein Datenmarktplatz nicht notwendigerweise selbst in Besitz der Daten sein. Oft sei der Handel mit personenbezogenen Daten sogar strafbar, weshalb nicht nur Datenschutzbehörden, sondern auch Staatsanwaltschaften handeln müssten.
Passiert ist so etwas bisher nicht. Auf Datarade preisen Händler weiterhin ihre Handy-Standortdaten an. In Datarade selbst steckt sogar Geld vom deutschen Staat, und zwar mehr als bisher angenommen. Dazu später mehr.
Auf Anfrage entfernte Datarade Angebote für Handystandortdaten
Nach unseren Veröffentlichungen im Jahr 2024 hatte Datarade ein Angebot für Handystandortdaten des US-Datenhändler Datastream Group offline genommen. Hierzu schrieb das Unternehmen: „Vorsorglich haben wir die betreffenden Inhalte des Datenanbieters in Bezug auf Standortdaten von unserer Plattform entfernt, bis weitere Erkenntnisse in der Angelegenheit vorliegen.“
Davon unberührt waren jedoch ähnliche Angebote von anderen Datenhändlern. Auch nach Veröffentlichung der Recherchen präsentierte Datarade Angebote von ähnlichen Datensätzen. Suchte man etwa Anfang September dieses Jahres auf Datarade nach Angeboten mit Geo-Koordinaten und mobilen Werbe-IDs, erhielt man rund 50 Ergebnisse. Grenzte man die Suche weiter ein auf Daten aus Deutschland, waren es noch 15 Treffer.
Über ein Online-Formular können Nutzer*innen verdächtige Inhalte melden. Genau das haben wir ausprobiert. Für eine solche Meldung müssen Nutzer*innen Namen und E-Mail-Adresse angeben. Um das Ergebnis nicht zu verfälschen, hat ein Kollege ohne erkennbare Verbindung zu netzpolitik.org diese Meldungen vorgenommen. Es handelte sich um insgesamt fünf Angebote von Handystandortdaten aus Deutschland oder der EU. Das Ergebnis: Die Angebote waren weniger als zwei Wochen nach Eingang der Meldungen offline.
Auf Presseanfrage teilt Datarade mit: „Die Produkt-Listungen wurden vorsorglich offline genommen, um den Hinweisen nachzugehen.“ Man gebe den Anbietern nun die Möglichkeit, Stellung zu beziehen.
So preist Datarade selbst Handy-Standortdaten an
Hatte Datarade vor unseren Meldungen wirklich keine Kenntnis über diese Angebote? Zumindest einen Überblick dürfte Datarade gehabt haben. Es gab nämlich die bereits erwähnte von Datarade selbst bereitgestellte Infoseite mit dem Titel „Was sind Handy-Standortdaten“ (im Original: „What is Mobile Location Data?“), die nach unserer Presseanfrage offline genommen wurde.
Auf dieser Seite beschrieb ein Datarade-Mitarbeiter im Detail, wie solche Datensätze aufgebaut sind: mit GPS-Koordinaten und individueller Werbe-ID, der sogenannten MAID („mobile advertising ID“). Vorschaufenster auf der Seite präsentieren mehrere passende Angebote von Datenhändlern, etwa als „Ausgewählte Datensets“. Anhand kleiner Flaggen-Emojis in den Angeboten ließ sich ablesen, woher die Daten kommen, auch mehrere Deutschland-Flaggen waren zu sehen.
Übersetzt aus dem Englischen stand auf der Infoseite, viele Datensätze böten eine hohe GPS-Genauigkeit, „wodurch sichergestellt wird, dass die von Ihnen erhaltenen Daten den realen Standorten und Bewegungsmustern sehr genau entsprechen“. Einige Datensätze würden sogar eine Präzision von unter 19 Metern erreichen, „was besonders nützlich sein kann, wenn Sie sehr detaillierte Einblicke benötigen“.
An einer anderen Stelle der Infoseite hieß es: „Manche Menschen fühlen sich möglicherweise unwohl dabei, wenn ihre Standortdaten gesammelt und für kommerzielle Zwecke verwendet werden.“ Das ist korrekt, wie die Reaktionen auf unsere Recherchen zeigen. Eine Betroffene sagte zum Beispiel im Gespräch mit netzpolitik.org:
Von mir wurden mehrere Standortdaten in meinem Kiez erfasst. Das ganze macht mich etwas sprachlos und schockiert mich. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass das in diesem Ausmaß möglich ist.
Und der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz (Grüne) sagte 2024 mit Blick auf den Handel mit Handy-Standortdaten: „Diese Daten dürfen in der Form nicht erhoben und dann auch nicht verkauft werden.“ Dass etwas passieren müsse, stehe für ihn völlig außer Frage. „In diesem konkreten Fall widerspricht das den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland.“
Warum Handel mit Standortdaten fast immer DSGVO-widrig ist
Auf potenzielle Bedenken beim Handel von Handy-Standortdaten ging die Datarade-Infoseite selbst ein. Dort hieß es auf Englisch:
Es gibt mehrere verbreitete Missverständnisse über mobile Standortdaten, darunter die Annahme, dass sie immer genau seien und dass man damit Personen ohne deren Wissen oder Zustimmung verfolgen könne. In Wirklichkeit kann die Genauigkeit mobiler Standortdaten je nach Qualität der Datenquelle und der verwendeten Technologie variieren. Darüber hinaus ist das Sammeln und Nutzen von Standortdaten ohne Zustimmung sowohl illegal als auch unethisch.
Drei Aspekte an diesem Zitat verdienen besondere Aufmerksamkeit: Es ist erstens korrekt, dass Handy-Standortdaten nicht immer genau sind. Unsere Recherchen haben gezeigt, dass Händler auch ungenaue Standortdaten verbreiten.
Es ist zweitens allerdings kein „Missverständnis“, dass sich mit diesen Daten „Personen ohne deren Wissen oder Zustimmung verfolgen“ lassen. Gemeinsam mit unseren Recherche-Partnern konnten wir in mehreren Fällen sogar Angehörige von Geheimdiensten und Regierungen vom Arbeitsplatz bis hin zu ihren Privatwohnungen tracken. Die Kolleg*innen aus Norwegen konnten sogar einen verdutzten Grindr-Nutzer zuhause besuchen, der nicht geoutet werden wollte.
Mehrere Betroffene sagten uns im Gespräch, ihnen sei nicht bewusst, einer solchen Art von Tracking zugestimmt zu haben. Zum Beispiel Hedi aus Bayern, die sagte:
Es ist beklemmend, wenn ich mir das so anschaue; die Punkte, wo ich war. Das geht niemandem was an. Und ich habe das ja nicht freigegeben.
Drittens ist der Handel mit Standortdaten nach Ansicht von Datenschutzbehörden und anderen Fachleuten oftmals selbst mit Einwilligung nicht von der DSGVO gedeckt. So werden die Daten zum einen oft angeblich nur für Werbezwecke erhoben; der Handel stellt also eine verbotene Änderung des Verarbeitungszwecks dar. Zum anderen fehlt es an Transparenz, denn Menschen müssten bei der Einwilligung umfassend informiert werden, an wen Händler Daten weitergeben. Deshalb sind die Einwilligungen oft unwirksam.
Datarade – geschickte Geschäfte im Graubereich
Hinzu kommt, dass sich aus Standortdaten oft sensible Informationen ableiten lassen, zum Beispiel über Besuche in spezialisierten Kliniken, bei Parteien und Gewerkschaften oder in religiösen Gebäuden. Solche Informationen sind durch die DSGVO besonders geschützt.
Die Beobachtungen auf dem Marktplatz Datarade werfen Fragen auf. Wieso hat die Plattform auf einer selbst verfassten Infoseite Angebote mit GPS-Daten angepriesen, die realen „Bewegungsmustern sehr genau entsprechen“ – nahm solche Angebote allerdings nach der Meldung durch einen Nutzer wieder offline?
Wir haben Datarade per Presseanfrage auf die Infoseite angesprochen. Wenig später war sie offline. „Wir nehmen Ihren Hinweis zum Anlass, die Kategorie-Seite redaktionell zu überprüfen und vorsorglich offline zu nehmen“, teilt das Unternehmen mit.
Diese Anstrengungen unternimmt Datarade nach eigenen Angaben
Datarade legt Wert darauf, zu betonen, selbst kein Datenanbieter zu sein, „sondern ein Verzeichnis von Datenanbietern und deren Produktkatalogen“. Weiter schreibt die Pressestelle auf unsere Fragen: „Datarade verurteilt jedweden rechtswidrigen Handel mit Daten und setzt sich für einen rechtskonformen Austausch von Daten ein.“
Demnach dürften sich auf Datarade nur registrierte Unternehmen anmelden. Anbieter würden sich vertraglich dazu verpflichten, nur rechtskonforme „Inhalte auf Datarade zu veröffentlichen“. Sie würden „angehalten“, ihre Datenschutz-Richtlinien zu verlinken und die Konformität mit Datenschutzbestimmungen zu bestätigen. Auf jeder Produktseite gebe es einen Link zum Melden von Inhalten; den Meldungen gehe man dem Digitale-Dienste-Gesetz entsprechend nach.
Wir wollten wissen, in welchem Ausmaß Datarade am mutmaßlich illegalen Geschäft mit Handy-Standortdaten mitverdient. Genauer gesagt: Wie viel Provision Datarade in den letzten drei Jahren durch über den Marktplatz vermittelte Deals mit Handy-Standortdaten erhalten hat. Diese Frage hat uns das Unternehmen nicht beantwortet. Stattdessen verwies die Pressestelle auf den allgemein gehaltenen Jahresabschluss, nach dem wir nicht gefragt hatten.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Recherche gibt es auf Datarade noch immer mehrere Angebote für Handy-Standortdaten, die mit individuellen Werbe-IDs verknüpft sind. Sie lassen sich kinderleicht über die Suchfunktion auf der Plattform finden. Damit Datarade sie offline nimmt, müsste sie wohl erst jemand von außerhalb aktiv melden – und den Marktplatz regelmäßig auf neue Angebote prüfen.
Wir erinnern uns: Datarade unternimmt nach eigener Aussage „alle zumutbaren Anstrengungen, um rechtswidrige Inhalte auf der Plattform von Vornherein zu verhindern“.
So will Datarade neue Händler auf den Marktplatz locken
Im Zuge unserer Recherchen hatten wir uns auch selbst als potenzieller Anbieter für Ortsdaten bei Datarade registriert. Dafür haben wir eine E-Mail-Adresse mit Pseudonym genutzt – und nichts weiter unternommen. Seitdem erhalten wir regelmäßig E-Mails von Datarade. Daraus lässt sich ableiten, welche Mühen die Plattform unternimmt, um aktiv neue Datenhändler für sich zu gewinnen.
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Mehrfach versuchte Datarade etwa, ein persönliches Gespräch mit uns – dem vermeintlich neuen Händler – zu vereinbaren. „Lass mich wissen, wenn du Daten zum Verkauf hast, dann können wir darüber nachdenken, sie auf den größten Datenmarktplätzen zu monetarisieren“, hieß es auf Englisch.
Es folgten weitere E-Mails von Datarade. Darunter eine, die versuchte, uns mit der Aussicht auf Umsatz zu locken. Demnach sollten wir lernen, wie ein anderer Anbieter von Standortdaten „Kunden in neuen Märkten erreicht hat“. Das Marktvolumen, also der Umsatz aller Akteur*innen am Markt, liege demnach bei 93 Millionen Euro.
Auch Tutorials erreichten uns. Sie handelten davon, wie wir unser Angebot für Datarade optimieren können. Demnach sollten wir unseren Produktkatalog per ChatGPT ausformulieren lassen. Einen passenden Prompt lieferte die Plattform gleich mit. Auf unserem Anbieterprofil sollte der Hinweis auf DSGVO-Compliance nicht fehlen, riet ein anderes Tutorial.
In den Datenmarktplatz floss mehr Steuergeld als bisher angenommen
Bereits 2024 konnten wir berichten, dass in Datarade auch Steuergeld steckt. Inzwischen wissen wir: Es ist noch mehr Geld als bisher bekannt.
Zunächst hatte der Datenmarktplatz im Jahr 2019 ein Investment in Höhe von einer Million Euro aus dem „High-Tech Gründerfonds“ (HTGF) erhalten. Das ist ein zentrales Instrument der deutschen Start-up-Förderung. Mehr als die Hälfte des 320 Millionen Euro schweren Fonds stammt vom Bundeswirtschaftsministerium, 170 Millionen Euro.
Darüber hinaus schoss der HTGF allerdings vier Jahre später weitere knapp 500.000 Euro in das Unternehmen. Der Anlass war eine Runde zur Anschlussfinanzierung. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der damaligen Linken-Abgeordneten Martina Renner aus dem Jahr 2024 hervor.
Abgeordnete kritisieren Staatsgeld für Datenmarktplatz
Wir haben das Dokument mit einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erhalten, jedoch zunächst in einer fast vollständig geschwärzten Variante. Das Wirtschaftsministerium hatte die Antwort des damaligen Staatssekretärs als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Erst nachdem wir Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt hatten, gab das Ministerium die Antwort für die Öffentlichkeit frei.
Das Ministerium betont darin erneut, dass es „auf die Investmententscheidungen des HTGF keinen Einfluss“ nehme. Jedoch seien „Investitionen in Unternehmen, die Aktivitäten in Verbindung mit Cybercrime verfolgen“, gemäß „der Ausschlussliste des HTGF ausgeschlossen.“ Als solche könne das Geschäftsmodell von Datarade nicht betrachtet werden, da die Plattform lediglich Kontakte zwischen Datenanbietern und Interessierten herstelle. „Das Zustandekommen eines Vertrags und der Austausch von Daten läuft grundsätzlich vollständig außerhalb der Plattform.“
SPD sieht „erheblichen Handlungsbedarf“, CDU bleibt unkonkret
Wie viel Verantwortung sollen Datenmarktplätze dafür tragen, wenn Datenhändler dort die Standortdaten von Millionen Menschen verschleudern? Einen Vorschlag hierzu hatte die heutige Bundesdatenschutzbeauftragte bereits im vergangen Jahr: Der deutsche Gesetzgeber könnte die Reform des Bundesdatenschutzgesetzes nutzen, um das Geschäft von Datenmarktplätzen zu regeln. Die Reform war zunächst für 2024 geplant gewesen, fiel aber dem vorzeitigen Aus der Ampel-Koalition zum Opfer.
Auch die neue Koalition aus Union und SPD will den Datenschutz reformieren. Im Fokus stand zwar bisher ein Rückbau von Regulierung – aber gerade bei Datenmarktplätzen sehen Politiker*innen mehrerer Parteien Probleme.
„Auch wenn im Koalitionsvertrag keine konkrete Aussage dazu vereinbart wurde, so sehen wir mit Blick auf die Databroker-Files-Recherchen nicht allein aus datenschutzrechtlicher Sicht, sondern auch aus sicherheitspolitischer Perspektive erheblichen Handlungsbedarf“, schreibt uns etwa Johannes Schätzl, der digitalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag. Er werde „diese Thematik in den anstehenden Verhandlungen selbstverständlich auch ansprechen und konkrete Vorschläge einbringen“. Es sei allerdings noch offen, ob es in der Koalition eine Zustimmung für entsprechende Gesetzesänderungen gibt.
Der Koalitionspartner, die Union, hält sich auf Anfrage von netzpoiltik.org bedeckt. Ralph Brinkhaus, Sprecher für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, lässt auf unsere sechs Fragen zur anstehenden Datenschutzreform lediglich verlauten: „Wir arbeiten an den von Ihnen genannten Punkten.“
Grüne und Linke machen Druck
Die Grünen-Digitalpolitiker Lukas Benner und Konstantin von Notz sehen im fehlenden Plan der Regierungskoalition beim Datenhandel ein Beispiel für deren Datenschutzpolitik. Während Union und SPD sich „verfassungsrechtlich hochumstrittene Vorhaben“ wie die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung vorgenommen hätten, fehle auf ihrer Agenda die Lösung der „anhaltenden und zunehmenden Problematik der Databroker“.
Die grüne Bundestagsfraktion halte „eine gesetzliche Einschränkung dieser Praktiken für dringend geboten – übrigens auch mit Blick auf den Schutz unserer Sicherheitsbehörden und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Das Innenministerium müsse sich endlich der Thematik widmen.
Grundsätzlicher wird bei dem Thema Donata Vogtschmidt, digitalpolitische Sprecherin der Linkspartei. Sie wolle „Geschäftsmodellen, die auf personalisierter Onlinewerbung basieren, insgesamt den Kampf ansagen“. Vogtschmidts Vorschlag, um das Problem an der Wurzel zu lösen: Im Gesetz über digitale Dienste (DSA) der Europäischen Union ist bereits ein Verbot personalisierter Werbung für Minderjährige vorgesehen. Dieses Verbot sollte auf alle Nutzenden ausgeweitet werden, denn „so ließe sich kommerzieller Datenhandel wirklich eindämmen“.
Unterdessen könnte auch die EU aktiv werden. Sie will mit dem kommenden Digital Fairness Act Lücken für Verbraucher*innen im Netz schließen. Bis 24. Oktober können Interessierte Ideen einreichen, in welchen Bereichen sie Handlungsbedarf sehen.
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