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Digital Networks Act: Verbraucherschützer warnen vor Netzgebühren in der EU
Bis Ende 2025 will die EU-Kommission einen Entwurf für den Digital Networks Act (DNA) vorlegen, der den Telekommunikationsmarkt neu regeln soll. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt nun vor Netzgebühren, die im Rahmen des Regelwerks eingeführt werden können.
Bei den Netzgebühren handelt es sich um Gelder, die Internetdienste an die Netzbetreiber zahlen sollen. Der auch als Datenmaut bekannten Vorschlag fordert TK-Konzerne wie etwa die Deutsche Telekom seit Jahren. Das Argument: Wenn Tech-Konzerne wie Google (YouTube), Netflix und Amazon (Prime) einen Großteil des Datenverkehrs verursachen und damit Rekordgewinne einfahren, sollten die Unternehmen an den Einkünften beteiligt werden, die viel in die Infrastruktur investieren.
Bürgerrechtler lehnen den Vorstoß allerdings ab. Befürchtet wird ein Nachteil für kleinere Dienste, ein Bezahlsystem für Daten würde die Netzneutralität untergraben.
Sorge vor „Netzgebühren durch die Hintertür“
Diesen Punkt greift der vzbv nun in einer Stellungnahme (PDF) auf. Interessierte Gruppen hatten bis zum 11. Juli Zeit, um sich bei der EU-Kommission zum Digital Networks Act zu äußern. Die Kritik des vzbv zielt nun insbesondere auf den Streitbeilegungsmechanismus für Telekommunikationsunternehmen und Inhalteanbieter, den die EU-Kommission einführen will. Netzgebühren könnten bei diesem Verfahren ein Schlichtungsvorschlag sein, sollte es zum Streit kommen.
„Das wäre der erste Schritt hin zur Abschaffung der Netzneutralität. Aus Verbrauchersicht wäre das höchst problematisch“, sagt Lina Ehrig, Leiterin des Teams Digitales und Medien im Verbraucherzentrale Bundesverband. Kleinere Marktteilnehmer könnten leiden, wenn nicht mehr alle Daten gleichbehandelt werden. Die Konsequenz wäre dann weniger Auswahl und höhere Preise für Verbraucher.
Netzgebühren, die über eine Hintertür-Regelung wie den Streitbeilegungsmechanismus eingeführt werden, sind nur ein Kritikpunkt des vzbv. Ebenso fordert dieser, Verbraucherrechte zu erhalten und den Umstellungsprozess von alten Kupferkabeln auf moderne Glasfaserinfrastruktur im Sinne der Verbraucher zu regulieren. Der Prozess müsse transparent sein, freiwillig erfolgen und dürfe nicht zu erheblichen Preissteigerungen führen.
VATM warnt vor lockerer Telekom-Regulierung
Eine Stellungnahme folgte auch von weiteren Verbänden, dazu zählt etwa der VATM. Der Provider-Verband warnt, die Ex-ante-Regulierung für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht zu lockern. Diese Vorgaben regeln, wie ehemalige Monopolisten wie die Deutsche Telekom mit Wettbewerbern umgehen müssen. „Die dringend notwendige Entbürokratisierung europäischer Vorgaben darf ganz sicher nicht bei der Regulierung marktbeherrschender Unternehmen ansetzen“, sagt VATM-Geschäftsführer Frederic Ufer. Das käme de facto einer Deregulierung gleich, die den Wettbewerb schwäche und damit den Glasfaserausbau ausbremse.
Was sich die Telekom vorstellt, schilderte unter anderem der Konzernboss Tim Höttges bei einer MWC-Keynote im Februar. Dort sprach er sich für eine Konsolidierung des europäischen TK-Marktes aus. Nötig wären ein einheitlicher Binnenmarkt und weniger Netzbetreiber, die dafür mehr Schlagkraft hätten.
Darüber hinaus forderte er Netzgebühren und einen Bürokratieabbau. Laut Höttges hat es die Telekom mit 270 Regulierungsbehörden aus verschiedenen Bereichen wie Telekommunikation, Medien, Cybersicherheit und Datenschutz. Zusätzlich sprach er sich für klare Regeln aus, die etwa Aspekte wie das Network Slicing bei 5G betreffen.
Solche Vorgaben könnten dann auch die Regelungen zu Peering-Abkommen betreffen. Bei diesen streitet sich die Telekom aktuell mit Meta.
Entwurf für neues TK-Regelwerk noch in diesem Jahr
Wie viele der Forderungen die EU-Kommission in den Digital Networks Act (DNA) übersetzt, lässt sich nicht abschätzen. Thierry Breton galt lange als einflussreicher Fürsprecher der großen Netzbetreiber, er ist nun aber nicht mehr in der EU-Kommission vertreten.
Bis zum 11. Juli lief die Frist für die Stellungnahme, nun wertet die EU-Kommission diese aus. Bis zum Jahresende will man den Entwurf für den Digital Networks Act vorlegen, über den dann auch der Rat der EU sowie das EU-Parlament beraten.