Datenschutz & Sicherheit
„Es geht um die Freiheit“
Péter und Kata schieben sich durch die Menge vor dem Rathaus. Schon jetzt um 14 Uhr ist fast kein Durchkommen mehr am Ausgangspunkt der Budapest Pride, die von der Polizei verboten wurde. Auf Péters Schultern sitzt seine Tochter, sie hat kleine Regenbogen auf die Wangen gemalt. „Wir sind hier, um zu protestieren; wir sind hier, weil wir uns schämen. Für meine Tochter ist das einfach eine Party“, sagt er. Anderthalb Stunden sind sie angereist, um heute hier zu sein.
Ein Schild hält Péter nicht. Ein Kind mitbringen auf eine Veranstaltung, die verboten wurde, weil sie vermeintlich Kinder gefährde: Das ist für ihn politisches Statement genug. Über die Begründung, mit der die ungarische Regierung die Pride verboten hat, sagt Péter: „Das ist Quark. Heute geht es um etwas anderes. Es geht um die Freiheit.“
„Freiheit und Liebe können nicht verboten werden!“ So steht es auf Ungarisch und Englisch auf den Bannern und Plakaten, die rund um das Rathaus hängen. Von den Störaktionen, die Neonazis hier angekündigt hatten, ist nichts zu sehen. Stattdessen schwenken Menschen Regenbogenflaggen, auch die Transflagge in türkis-weiß-rosa, manchmal zusammen mit der ungarischen Flagge. Die Stimmung ist ausgelassen, aus den Lautsprechern eines Lastwagens schallt Techno.
Es geht um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie

Seit 30 Jahren findet die Pride in Budapest statt, aber dieses Jahr ist alles anders. Die Pride ist zu einem Showdown geworden. Es geht hier nicht mehr nur um die Rechte queerer Menschen, sondern um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Und um die Frage, wer sich durchsetzen wird.
Auf der einen Seite steht die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán, die zunehmend autoritär regiert. Sie hat die Pride mit einem neuem Gesetz Mitte März faktisch verboten. Auf die Teilnahme steht ein Ordnungsgeld von bis zu 500 Euro. Teilnehmer*innen können von der Polizei auch per Gesichtserkennung identifiziert werden.
Auf der anderen Seite steht der grüne, oppositionelle Bürgermeister von Budapest, Gergely Karácsony. Er hatte sich dem Verbot widersetzt und die Pride, nachdem die Polizei die Demonstration verboten hatte, als eigene Veranstaltung der Stadt ausgerichtet, gemeinsam mit den Veranstaltern Szivárvány Alapitvány (Regenbogen-Stiftung). Heute läuft er in der ersten Reihe mit, flankiert von EU-Abgeordneten und Vertreter*innen von Menschenrechtsorganisationen, die ebenfalls angereist sind.
„Auf welcher Grundlage glaubt irgendjemand in einer Demokratie, er dürfe Versammlungen von Bürgern, die ihm nicht gefallen, einschränken?“, hatte Karácsony gesagt. Ein „Freiheitsfest“ sei die Parade am Samstag.
Am Ende werden nach Schätzungen fast 200.000 Menschen seiner Einladung folgen. Eine Watsche für Viktor Orbán und seine Politik der Ausgrenzung. Neben Menschen in regenbogenfarbenen Kleidern und Shirts laufen deswegen viele, die man sonst nicht auf einer Pride vermutet hätte: Ältere mit Fischerhut und Poloshirt, Renter*innen in beiger Funktionskleidung.
„Dieses Jahr musste es sein“
Max hat sich neben einem Lastwagen in den Schatten gestellt. Mehr als eine Stunde schon steht die Menge in der prallen Nachmittagssonne. Von dem mit Ballons geschmückten Lastwagen dröhnt Techno, dahinter tanzen die Menschen, schwenken ausgelassen ihre Fahnen.
Max ist nicht das erste Mal auf der Pride, er hat schon mal als Freiwilliger das Absperrband für den Laster seiner Freunde getragen, die oben auf der Ladefläche Techno für die Menschen spielen. Seine Freunde vom Techno-Label Mühely kommen schon seit Jahren mit ihrem Laster auf die Pride, sagt Max. Auch Max hat ein Label für elektronische Musik. Gemeinsam haben sie eine Compilation gemacht, erzählt er: „Pride or Die“. Die Erlöse gehen an die Regenbogen-Stiftung, die die Pride ausrichtet.
Die letzten Jahre war er nicht dabei. „Aber dieses Jahr musste das sein“, sagt er. Die Regierung habe mit ihrem Gesetz für eine neue Eskalation gesorgt.
Der Zug läuft los, die Menschen johlen. Ein Mann mit dunkelblauer Schirmmütze stützt sich beim Laufen auf Wanderstöcken ab. Er kommt nur mühsam vorwärts im dichten Zug von Menschen, der sich vom Rathaus zwischen den Budapester Prachtbauten hindurchschiebt. Über die vierspurige Straße, auf der sonst Doppeldeckerbusse und Autos fahren strömen Teilnehmer*innen dicht an dicht.
Seit 15 Jahren hat er nicht mehr demonstriert, sagt ein anderer Mann, der seinen Namen nicht nennen will. Jetzt aber ist er hier, 150 Kilometer sei er heute gefahren, denn es geht um die Versammlungsfreiheit. „Ich kann es nicht ausstehen, wenn eine Gruppe von Menschen zum Sündenbock gemacht wird“, sagt er. Und: „Ich freue mich, dass hier so viele normale junge Menschen sind“.

Polizei darf filmen und Menschen mit Gesichtserkennung identifizieren
Auf dem mit dürrem Gras bewachsenen Mittelstreifen steht ein halbes Dutzend Polizisten in dunkelblauer Uniform. Einer hält eine Kamera an einem Stab und filmt die vorbeilaufende Menge aus unmittelbarer Nähe. Ein Demonstrant mit Bart und Käppi stellt sich direkt vor sie, seine Begleiterin macht ein Foto.
Haru läuft an den Polizisten vorbei, die Augen und Stirn sind mit einer Art lila Supernova geschminkt. „Ich bin hier um mich wohlzufühlen und zu feiern“, sagt Haru. Dass die Polizei filmt, sei ganz normal, das sei bei allen Demonstrationen so. Das Make-up trägt Haru nicht, um sich zu tarnen. „So sehe ich eigentlich jeden Tag aus.“
Andere in der Menge tragen weiße und dunkle Kreise, Dreiecke und Balken über Augen, Nase und Stirn. Eine Gesichtsbemalung, die verhindern sollen, dass ihre Gesichter von den Systemen der Polizei erkannt werden. Vermummung auf einer Demonstration ist in Ungarn verboten, Schminke ist erlaubt.

Die Polizei bleibt den Nachmittag über sehr zurückhaltend. Die internationale Aufmerksamkeit ist groß, aus ganz Europa sind Kamerateams angereist. Viktor Orbán will wohl um jeden Preis vermeiden, dass Bilder von Polizist*innen um die Welt gehen, die auf die Pride einprügeln. „Ungarn ist ein zivilisiertes Land“, hatte er am Tag davor verkündet. „Wir verletzen uns nicht gegenseitig.“

Auch die angekündigten Gegendemonstrationen der Rechtsextremen sind an diesem Tag aus der Menge heraus kaum wahrzunehmen. Ein paar Menschen mit weißen Holzkreuzen und Bibeln stehen am Straßenrand. Begleitet werden sie von Polizisten oder den freiwilligen Ordner*innen der Pride. Es bleibt friedlich.
Rechtsextreme blockieren Route mit Genehmigung der Polizei
„Ausgrenzung ist kein Kinderschutz“, steht auf dem Schild, das Miklos trägt, darunter ein Regenbogen. Miklos ist hier als Vertreter der Organisation Szülöi hang (elterliche Stimme), die sich für bessere Bildung in Ungarns Schulen einsetzt. Dieses Verbot, um Kinder zu schützen? „Das ist Unsinn, eine Lüge“, sagt er.

Die Pride schade Kindern nicht. Was sehr wohl schade, seien all die Probleme, mit denen sich die Regierung nicht beschäftigt: fehlende Aufklärung in der Schule, die schlechte Finanzierung des Bildungssystems, der Mangel an Kinderärzt*innen. Statt diese Probleme zu lösen, verbreite die Regierung Lügen.
Die Menge läuft jetzt auf die Elisabeth-Brücke zu, die weißen Drahtseile der Brücke heben sich gegen den tiefblauen Himmel ab. Die Menschen stehen nach vorne und hinten soweit der Blick reicht. Auf der anderen Seite in Buda hat jemand ein pinkes Dreieck von einer Terrasse des Gellért-Bergs entrollt, ehemals Kennzeichnung der Nazis für Homosexuelle, jetzt Zeichen des queeren Stolzes. Das Dreieck flattert im Wind, der am Donauufer für Abkühlung sorgt.
Die rechtsextreme Partei Mi Hazánk hat die Freiheitsbrücke blockiert, die ursprünglich auf der Route der Pride lag – mit Genehmigung der Polizei. Diese hat eine angemeldete Demonstration der Rechtsextremen auf der Brücke erlaubt, die Pride hingegen als illegale Veranstaltung verboten.
Wo die Pride auf das Donauufer abbiegt und an der Freiheitsbrücke vorbei kommt, stehen besonders viele Polizist*innen. Es ist fast sieben Uhr abends, aber noch immer strömen die Menschen einfach weiter. Auf der anderen Straßenseite im Schatten des Berges steht ein Dutzend Rechtsextremer in schwarzer Kleidung, umstellt von der Polizei.
„Warum probiert ihr es nicht einfach mal aus?“ ruft einer ausgelassen zu ihnen rüber.
Datenschutz & Sicherheit
Bundestag muss Gesetz zur Cybersicherheit nachbessern
Ende 2022 hat die EU die zweite „Richtlinie über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau“ beschlossen, die NIS-2-Richtlinie. Die Umsetzung der EU-Richtlinie in Deutschland dauert nun schon über zwei Jahre an. Sie wird wohl frühestens zum dritten Jahrestag im Winter gelingen.
Vor einem Jahr startete die letzte Bundesregierung mit dem „NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz“. Experten kritisierten den Entwurf. Wegen dem Ende der Ampel-Regierung wurde er nicht beschlossen.
Im Oktober 2024 lief die Umsetzungsfrist der EU ab. Die EU-Kommission eröffnete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Im Mai forderte sie erneut eine Umsetzung binnen zwei Monaten. Auch diese Frist ist längst verstrichen.
Höchste Zeit, das Tempo zu erhöhen. Die Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Claudia Plattner, hofft auf eine Umsetzung bis Anfang 2026. Solange die derzeitige Regierung stabil bleibt, ist das (noch) zu schaffen.
Vor zwei Wochen hat das Bundeskabinett ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Allerdings weist der „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der NIS-2-Richtlinie und zur Regelung wesentlicher Grundzüge des Informationssicherheitsmanagements in der Bundesverwaltung“ nach wie vor erheblichen Nachbesserungsbedarf auf, dem sich hoffentlich der Bundestag noch widmet.
Steigende Cyberbedrohungen
Die zweite NIS-Richtlinie soll gegenüber ihrer Vorgängerin von 2016 mehr Einrichtungen erfassen, konkretere Vorgaben machen und die Umsetzung in den EU-Mitgliedstaaten stärker harmonisieren. Außerdem soll sie die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten fördern und darauf hinwirken, dass die nationalen Cybersicherheitsbehörden mehr Ressourcen erhalten. Kurz: Was die erste NIS-Richtlinie begann, sollte die NIS-2-Richtlinie erreichen.
Maßgeblich trägt der erweiterte Anwendungsbereich zu diesem Ziel bei: Künftig sollen statt 8.000 Einrichtungen knapp 30.000 Unternehmen erfasst sein. Die NIS-2-Richtlinie reguliert also nicht einzelne Sektoren, sondern visiert einen weitreichenden Wirtschaftsschutz an. Dabei differenziert sie zwischen wesentlichen Einrichtungen, die strengeren Anforderungen unterliegen, und wichtigen Einrichtungen verschiedener Sektoren.
Zweierlei Maß für Unternehmen und Staat
Nicht nur Bundesregierung und Gesetzgebung, sondern auch die Wirtschaft muss sich dem Thema NIS-2-Umsetzung widmen. Das BSI beginnt bereits jetzt, Unternehmen zu beraten, und bietet beispielsweise eine Orientierungshilfe zur Betroffenheitsprüfung an.
Dies täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass die zögerliche Umsetzung der NIS-2-Richtlinie in Unternehmen vor allem durch die verspätete gesetzgeberische Umsetzung bedingt ist. Hier beginnt bereits die erste Scheinheiligkeit: Während die Politik nicht in die Gänge kommt, sollten Unternehmen ihre Hausaufgaben idealerweise noch vor Beschluss des NIS-2-Umsetzungsgesetzes erledigt haben.
Die zweite Scheinheiligkeit liegt in der – breit diskutierten und kritisierten – Ausnahme der Bundesverwaltung vom Pflichtenprogramm der NIS-2-Richtlinie: Unternehmen treffen von Registrierungs- und Meldepflichten bis hin zu einem Maßnahmenkatalog mit zehn Punkten zahlreiche Anforderungen.
Die Bundesverwaltung muss dagegen im Grundsatz nur (vom BSI noch auszuarbeitende) Mindeststandards erfüllen. Lediglich das Bundeskanzleramt und die Bundesministerien müssen zusätzlich die BSI-Standards sowie das IT-Grundschutz-Kompendium einhalten.
Ob der Grund hierfür in den knappen Haushaltsmitteln liegt oder der bisherigen Verschleppung des Themas IT-Sicherheit in Bundesbehörden, ist unklar. Spätestens der Bericht des Bundesrechnungshofs sollte die Bundesregierung eigentlich motivieren, Cybersicherheit konsequent umzusetzen.
Endlich ein CISO Bund?
Diese Mängel vermag auch nicht das Portfolio neuer Rollen und Ämter auf Bundesebene zu kaschieren: Künftig soll es eine(n) Informationssicherheitsbeauftragte(n) der Bundesverwaltung geben, die/der für die IT-Sicherheitsprozesse verantwortlich ist. Ebenso soll jedes einzelne Ressort eine(n) Informationssicherheitsbeauftragte(n) erhalten – sowie für wesentliche Digitalisierungsvorhaben und Kommunikationsinfrastrukturen.
Dieses „Gewimmel“ erfordert Koordination, und zwar durch eine(n) Koordinator(in) für Informationssicherheit. Der Gesetzesentwurf schweigt zu den Aufgaben und Kompetenzen dieses Amts; die Gesetzesbegründung stellt klar, dass hiermit (endlich) „CISO Bund“ eingeführt werde. Alles Übrige soll dann ein Kabinettsbeschluss regeln. Wichtig sei nur, dass „die Funktion möglichst unabhängig organisiert“ werde. Eine gute Lösung wäre es, den CISO Bund dem BSI beziehungsweise dessen Präsidentin zu übertragen.
Prekäre Stellung des BSI
Damit lässt sich gleich zum nächsten, bislang unbefriedigend gelösten Problem überleiten: die Abhängigkeit des BSI von Weisungen des Bundesinnenministeriums, dem beispielsweise auch die Nachrichtendienste und andere Sicherheitsbehörden unterfallen. Dieses Thema ist ein alter Hut und schon seit der Errichtung des BSI wiederholt problematisiert worden.
Ungeachtet der verschiedenen denkbaren Modelle ist entscheidend, ob das BSI in der Lage ist, transparent, nachvollziehbar und nach fachlicher Kompetenz zu handeln. Das NIS-2-Umsetzungsgesetz hätte die Aufgaben des BSI anpassen können, um klarzustellen, dass das BSI nicht auf Weisung des Bundesinnenministeriums wider der Förderung von Cybersicherheit handelt. Insbesondere eine explizite Pflicht des BSI, gemeldete Schwachstellen an den jeweiligen Hersteller weiterzugeben, würde das Vertrauen in die Behörde stärken.
EU systematisiert, Deutschland verwirrt
Doch nicht nur die Grundsatzentscheidungen des Gesetzesentwurfs enttäuschen. Die EU bemüht sich, seit der Cybersicherheitsverordnung ein kohärentes Begriffsgerüst für das Cybersicherheitsrecht zu entwerfen. Das reicht von einer einheitlichen Cybersicherheitsdefinition bis hin zu einem einheitlichen Verständnis von Schwachstellen.
Dieses Unterfangen konterkariert die Bundesregierung in ihrem Entwurf wiederholt. So verwendet der Entwurf unter anderem die Begriffe „Informationssicherheit“, „Netz- und Informationssicherheit“, „IT-Sicherheit“ und „Cybersicherheit“. Die Neuordnung des BSI-Gesetzes wäre eine Chance gewesen, auch inhaltlich Systematik herzustellen.
Zudem macht sie aus wesentlichen Einrichtungen jetzt „besonders wichtige“ Einrichtungen – wohl, weil sie die Bezeichnungen „wesentlich“ und „wichtig“ für irreführend hielt. Ob diese Bedenken berechtigt sind, ist Ansichtssache, verdeutlicht die „Wesentlichkeit“ doch die Bedeutung bestimmter Einrichtungen und Dienste für unsere Gesellschaft – ganz nach dem Sinngehalt kritischer Infrastrukturen. Jedenfalls sprengt dieser deutsche Sonderweg die EU-rechtliche Systembildung auf nicht gerade sprachgewandte Weise.
Auch die Einführung der „kritischen Anlagen“ weicht vom europäischen Konzept ab und stiftet gemeinsam mit den „kritischen Komponenten“ und „kritischen Dienstleistungen“ Verwirrung. Denn die NIS-2-Richtlinie löst sich vom Begriff der „Kritischen Infrastrukturen“, um die Cybersicherheit in der gesamten EU an Schlüsselstellen zu stärken.
Kritikwürdig ist allgemein die fehlende Systematisierungsleistung dieser Gesetzes-Novelle: Weder der allgemeine Aufbau des Gesetzentwurfs noch beispielsweise die Reihenfolge der Aufgaben des BSI wirken durchdacht. Das Bundesinnenministerium hätte mehr Struktur schaffen können – auch, um die Praktikabilität zu erhöhen.
Auch der Maßnahmenkatalog, den besonders wichtige und wichtige Einrichtungen erfüllen müssen, ist sowohl irreführend, weil er zu falscher Sicherheit verleiht, als auch nicht auf alle Einrichtungen gleichermaßen anwendbar. Der Verweis auf den Stand der Technik wäre hier zielführender und in der Praxis deutlich besser gestaltbar gewesen.
Weg aus der Regulierung
Hinzu kommen die „vernachlässigbaren“ Geschäftstätigkeiten: Sofern die Geschäftstätigkeiten, die den durch die NIS-2-Richtlinie regulierten Einrichtungsarten entsprechen, insgesamt nur eine deutlich untergeordnete Rolle spielen, entfallen die Pflichten zu mehr Cybersicherheit.
Dieser Passus öffnet Unternehmen daher einen Weg aus der Regulierung – bei bislang unklarer Definition von Grenzen und Maßstäben ebenjener vernachlässigbaren Geschäftstätigkeiten. Zugleich verfehlt Deutschland mit derlei Vorstößen das eigentlich angestrebte Ziel der Mindestharmonisierung durch die NIS-2-Richtlinie.
Wesentliche Fragen unbeantwortet
Enttäuschend ist nicht zuletzt auch, dass das NIS-2-Umsetzungsgesetz einigen wichtigen, vieldiskutierten Fragen ausweicht, die schon seit mehreren Jahren den Kern der nationalen Cybersicherheitsdebatte ausmachen.
Beispielsweise lässt der Entwurf ungeklärt, ob das BSI gemeldete Schwachstellen zurückbehalten und an Sicherheitsbehörden weitergeben darf, damit diese etwa Online-Durchsuchungen oder Quellen-Telekommunikationsüberwachung durchführen, das heißt per „Staatstrojaner“ IT-Systeme überwachen können. Die Weitergabe von gemeldeten Schwachstellen untersagt der Gesetzesentwurf nicht.
Dabei hat das Bundesverfassungsgericht der Gesetzgebung aufgegeben, bei der Geheimhaltung und Verwendung von Zero-Day-Schwachstellen (dem Hersteller unbekannte Schwachstellen) zu regeln, inwiefern der Ermittlungserfolg mit dem Interesse der Allgemeinheit an der Benachrichtigung der Hersteller und Behebung von Schwachstellen abzuwiegen ist (sogenanntes Schwachstellen-Management).
Bedauerlich ist vor allem, dass die Zurückbehaltung von Zero-Day-Schwachstellen zu nachrichtendienstlichen und Strafverfolgungszwecken nicht ausgeschlossen ist. Und es ist ungünstig, dass die Regierung nicht wenigstens die Umstände und Maßstäbe für die Geheimhaltung von Schwachstellen regelt.
Auch der bislang noch unklare Plan zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen bewirkt, dass die Neuregelung des BSI-Gesetzes wohl bald Nachbesserungen erfordert. Denn ein ganzheitlicher Regulierungsansatz, der den Schutz vor physischen Gefahren und hybriden Bedrohungen mitdenkt, ist nach wie vor nicht gegeben, obwohl eigentlich in diesen Zeiten unbedingt erforderlich.
Die kommenden Wochen sind entscheidend
Der NIS-2-Umsetzungsentwurf für Deutschland wird in den nächsten Wochen bestimmen, wie sich das Thema Cybersicherheit hierzulande entwickeln wird: Werden alle Einrichtungen – Unternehmen wie Behörden – ihre Resilienz stärken oder werden Pflichten abgeschwächt und das Sicherheitsniveau systemisch gesenkt?
Die Politik sieht, dass Cybersicherheit Geld kostet. Ein Mangel an Cybersicherheit kostet aber ebenso – von Ransomware-Zahlungen bis hin zur Bewältigung von Cyberangriffen, zum Beispiel durch Arbeitsstunden und Kosten für neue IT-Systeme. Und nie war die Zeit günstiger als jetzt, um in die Cybersicherheit zu investieren.
Dennis-Kenji Kipker ist Research Director am Cyberintelligence Institute und Mitglied des Vorstands der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz in Berlin.
Carolin Kemper ist Forschungsreferentin am Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung.
Datenschutz & Sicherheit
Betrügerische Werbung: Meta unterbindet nur zögerlich
Ein wunder Punkt bei Online-Werbung sind etwa oftmals betrügerische Anpreisungen von vermeintlich sicheren Geldanlagen, bei denen die kriminellen Drahtzieher auf Namen und Gesichter prominenter Mitbürger setzen. Einige der Unternehmen, die diese Werbung ausspielen, reagieren jedoch nur langsam auf die Meldung derartiger Betrugsversuche. Insbesondere Meta fällt hier negativ auf, wie das Unternehmen Leakshield festgestellt hat.
Das Softwareunternehmen sucht für seine Kunden unter anderem nach betrügerischer Werbung in sozialen Netzwerken und versucht, deren Löschung zu veranlassen. Solche Werbeanzeigen sind auf diversen Plattformen von großen Playern platziert, etwa auch bei Google. Besonders perfide: Die einzelnen geschalteten Werbebilder sind jeweils nur wenige Stunden geschaltet – in der offiziellen Meta Ads Library lässt sich nachvollziehen, dass diese Werbungen lediglich eine bis zwölf Stunden aktiv gesetzt sind – und werden in rascher Folge ersetzt. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, schnell entdeckt und frühzeitig blockiert zu werden, jedoch gelingt dies Unternehmen mit spezialisierten Tools.
Wenn eine Meldung so einer Werbung als betrügerisch erfolgt, sollte diese also rasch entfernt werden. Sonst laufen diejenigen, die sie angezeigt bekommen, Gefahr, Opfer der Betrugsmasche zu werden.
Langsame Löschung trotz verlässlicher Meldungen
Insbesondere, wenn es sich um verlässliche Berichte handelt, die sich etwa mit einer sehr hohen Takedown-Quote durchaus belegen lassen, sollten Plattformen, die solche Werbung schalten, schnell reagieren. Anders als etwa bei Google dauert es bei Meta / Facebook jedoch im Median etwa 12 Tage, bis Scam-Werbung mit Frank Thelen gelöscht wird. Missbrauchen die Kriminellen den Namen und das Antlitz von Dirk Müller, sind es noch 4 Tage (Median), bis die Werbung von Meta verschwindet Wohlgemerkt, sie ist dann bereits ohnehin nicht mehr aktiv geschaltet.
Nicht nachvollziehbar ist dabei, dass die MD5-Checksummen der Werbebilder nach einer Sperrung nicht gefiltert werden. Die wiederholen sich, merkt Leakshield gegenüber heise online an, auch bei später geschalteter Scam-Werbung.
Hier gibt es offenbar noch deutlichen Nachholbedarf seitens Meta. Andere Marktbegleiter zeigen, dass das schneller und kundenfreundlicher geht.
(dmk)
Datenschutz & Sicherheit
Sicherheitspatches: Cisco schließt Angriffspunkte in Firewalls
Der Netzwerkausrüster Cisco schließt mit Sicherheitsupdates verschiedene Schwachstellen in seinen Firewalls und dazugehöriger Software. Nach erfolgreichen Attacken auf die Lecks können Angreifer Geräte im schlimmsten Fall vollständig kompromittieren. Auch wenn es derzeit noch keine Berichte zu laufenden Attacken gibt, sollten Admins mit dem Patchen nicht zu lange zögern.
Einbruch in Netzwerke möglich
Als am gefährlichsten gilt eine „kritische“ Sicherheitslücke (CVE-2025-20265) mit Höchstwertung (CVSS Score 10 von 10). Sie betrifft das Secure Firewall Management Center. Die Schwachstelle findet sich der Warnmeldung zufolge in der Art der Implementierung des Authentifizierungsstandards RADIUS. Systeme sind Cisco zufolge aber nur verwundbar, wenn für das Webmanagementinterface RADIUS und/oder SSH-Management aktiv sind.
Weil Nutzereingaben bei der Authentifizierung nicht ausreichend überprüft werden, können Angreifer mit bestimmten Anfragen an der Lücke ansetzen und nach einer erfolgreichen Attacke Befehle mit hohen Nutzerrechten ausführen. Aufgrund der kritischen Einstufung und der zentralen Rolle einer Managementlösung ist davon auszugehen, dass Angreifer so Netzwerke kompromittieren können.
Kunden mit Supportvertrag sollen das Sicherheitsupdate automatisch erhalten. Wer eine solche Option nicht gebucht hat, muss in der Warnmeldung einige Angaben machen, um den Patch zu bekommen.
DoS-Attacken
Viele weitere Schwachstellen sind mit dem Bedrohungsgrad „hoch“ eingestuft. In den meisten Fällen können Angreifer DoS-Zustände herbeiführen, was Abstürze auslöst (etwa CVE-2025-20222). Weiterführende Informationen zu den Lücken und Sicherheitsupdates finden Admins in den unterhalb dieser Meldung verlinkten Warnmeldungen.
Liste nach Bedrohungsgrad absteigend sortiert:
Im Juli musste Cisco Sicherheitsmeldungen zu kritischen Schwachstellen in der Cisco Identity Services Engine anpassen. Updates für die kritischen Sicherheitslecks standen zwar bereit, allerdings wurden sie kurz nach Bekanntwerden auch im Internet attackiert.
(des)
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