Digital Business & Startups
Habt mehr Mut zu Corporate Venture Capital!
#Gastbeitrag
Die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft hängt von KI ab. Doch wer wettbewerbsfähig bleiben will, muss jetzt handeln. CVC bietet Unternehmen die Chance, sich frühzeitig an der Spitze der technologischen Entwicklung zu positionieren. Ein Gastbeitrag von John Lange.
Deutschland diskutiert viel über Künstliche Intelligenz (KI), aber investiert zu wenig. Während in den USA, China und zunehmend auch im Mittleren Osten Milliarden in KI-Innovationen fließen, herrscht hierzulande noch Zurückhaltung. Da ist nicht nur der Staat gefragt. Auch die private Wirtschaft steht im globalen Vergleich nach wie vor auf der Bremse. Vor allem beim Thema Corporate Venture Capital (CVC), also den Beteiligungen etablierter Unternehmen an Startups, verschenken deutsche Unternehmen wertvolle Chancen. Dabei ist CVC einer der wirkungsvollsten Hebel, um neue Technologien, Geschäftsmodelle und Talente frühzeitig zu erschließen und so die eigene Zukunftsfähigkeit zu sichern. Auch für Startups lohnt sich das Modell, denn sie überleben häufiger, skalieren schneller und gewinnen leichter Zugang zu Kunden.
CVC als Innovationstreiber – international längst Standard
In den USA ist Corporate Venture Capital längst fester Bestandteil der Innovationsstrategie großer Konzerne. Google Ventures, Intel Capital oder Salesforce Ventures investieren jährlich in hunderte Startups und sichern sich damit frühzeitig den Zugang zu bahnbrechenden Technologien. Studien zeigen: Unternehmen mit aktiven CVC-Einheiten wachsen schneller, sind innovationsstärker und resilienter gegenüber Marktumbrüchen.
In Deutschland dagegen zögern viele Unternehmen. Zwar existieren auch hierzulande einige bekannte CVC-Einheiten – etwa von Bosch, BMW oder der Deutschen Telekom – doch gemessen am wirtschaftlichen Gewicht des Landes bleibt die Zahl aktiver Corporate-Investoren gering. Besonders im Mittelstand, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, wird CVC noch immer als riskant oder “fremd” wahrgenommen. Dabei wäre gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um gegenzusteuern, weil der Innovationsdruck gerade im Bereich KI groß ist.
KI als strategischer Wendepunkt
Kaum eine Technologie verändert Wirtschaft und Gesellschaft derzeit so tiefgreifend wie die Künstliche Intelligenz. Sie automatisiert Prozesse, verbessert Produkte und Services und eröffnet neue Geschäftsmodelle. Doch während Unternehmen wie Microsoft oder Google KI längst in jedes Produkt integrieren und viele von ihnen dedizierte Fonds für KI aufgelegt haben, befindet sich Deutschland noch im Rückstand – sowohl bei der Nutzung als auch bei den Investitionen.
Die Ursachen liegen sowohl im fehlenden Bewusstsein, als auch in der Umsetzung. Viele Unternehmen unterschätzen sowohl die Bedeutung von KI für ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit als auch CVC als Innovationstreiber. Und sie verfügen nicht über die Strukturen, die Kompetenz und die Geschwindigkeit, um selbst Innovationsführer zu werden. Genau hier kann CVC den Unterschied machen: Durch strategische Beteiligungen an KI-Startups können Unternehmen sofort Zugang zu Technologien, Daten und Talenten erhalten, ohne erst jahrelang eigene Entwicklungsabteilungen aufbauen zu müssen.
Mehr Kooperation statt Einzelkampf
Doch nur wenige Unternehmen können sich eigene KI-Investment-Fonds, wie es einige der großen US-amerikanischen und japanischen Technologie-Unternehmen vormachen, leisten. Gerade in der aktuell konjunkturell schwierigen Lage sind die Mittel begrenzt. Und: CVC ist kein einfaches Geschäft. Die Vergangenheit zeigt, dass es für Unternehmen einzeln schwer ist, als Corporate Investor auch finanziell erfolgreich zu sein. Denn dafür braucht es viel Kapital, Erfahrung und Netzwerk.
Gerade im Bereich KI bietet sich ein neues Modell für CVC an: gemeinsame Corporate-Venture-Fonds, in denen mehrere Unternehmen ihre Ressourcen und Expertise bündeln. So entsteht nicht nur Risikostreuung, sondern auch ein starkes Ökosystem aus Kapital, Marktzugang und Know-how. Unternehmerische KI-Fonds, die gezielt mit Corporates zusammenarbeiten, sind ein Beispiel, wie das funktionieren kann: Hier investieren Unternehmen indirekt gemeinsam in vielversprechende KI-Startups, erhalten Einblicke in neue Technologien und können diese gezielt in ihre Geschäftsprozesse integrieren.
Diese Art von “Collaborative CVC” ist besonders attraktiv für Mittelständler, die allein oft nicht die Mittel oder Strukturen haben, um Startups systematisch zu identifizieren und zu begleiten. Durch gemeinsame Fonds oder Plattformen können sie Teil eines größeren Innovationsnetzwerks werden – mit professionellem Management und direktem Zugang zu relevanten Startups.
CVC lässt auch KI Startups schneller skalieren
Für KI-Startups ist der Zugang zu Corporate-Investoren ebenso wertvoll wie das Kapital selbst. Startups brauchen reale Daten, Pilotprojekte und Branchen-Know-how, um ihre Lösungen zu trainieren und zu skalieren. Kooperationen mit Industriepartnern beschleunigen diese Entwicklung enorm. Gleichzeitig profitieren Unternehmen von der Agilität und Innovationskraft der Startups – eine Win-Win-Situation, wenn sie richtig gestaltet wird.
Besonders wirkungsvoll sind Modelle, die Partner-, Build- und Invest-Strategien kombinieren:
Partner: Unternehmen setzen direkt Lösungen von Startups ein oder entwickeln gemeinsam neue Produkte – schnell, pragmatisch und mit direktem Mehrwert.
Build: Corporates gründen selbst neue KI-Unternehmen oder arbeiten mit Venture Buildern zusammen, um Ideen effizient zu testen und auszugründen.
Invest: Über CVC-Beteiligungen oder Fonds sichern sich Unternehmen langfristig Zugang zu Technologien und potenziellen Übernahmekandidaten – ohne operative Budgets zu belasten.
Die größte Wirkung entsteht, wenn diese Strategien intelligent verknüpft werden. So kann ein Unternehmen zunächst als Pilotkunde einsteigen, später in ein Startup investieren und es bei Erfolg sogar übernehmen. Das schafft nachhaltige Innovationspfade und strategische Kontrolle über Schlüsseltechnologien.
Fazit: Mehr Mut zur offenen Innovation und gemeinsamen Investments in KI
Die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft hängt von KI ab. Doch wer wettbewerbsfähig bleiben will, muss jetzt handeln. CVC bietet Unternehmen die Chance, sich frühzeitig an der Spitze der technologischen Entwicklung zu positionieren, während Startups Zugang zu Kapital, Kunden und Daten erhalten. Während die großen Tech-Konzerne weltweit KI-Startups in Serie auf kaufen, droht Deutschland den Anschluss zu verlieren. Deutschland braucht mehr Kooperation, mehr Wagnis, mehr CVC. Denn Innovation entsteht nicht durch Abwarten, sondern durch mutiges Handeln.
Über den Autor
John Lange ist einer der erfahrensten Experten für Corporate Venture Capital (CVC) in Deutschland. Er ist Gründungspartner des Risikokapitalfonds AI.FUND, der das Ziel hat die Potenziale von Künstlicher Intelligenz (KI) für unternehmerische Investoren zu erschließen. Zudem ist er Mitgründer des Startup-Accelerators AI.STARTUP.HUB und arbeitet eng mit dem europaweit führenden KI-Netzwerks AI.GROUP zusammen. Davor verantwortete Lange über 13 Jahre lang die Startup- Investment-Aktivitäten von Axel Springer, die Treiber für die als Best Practise geltende digitale Transformation des Unternehmens waren. Anschließend beriet er mit der Peer2Peer-Beratung Axel Springer hy andere Unternehmen in CVC- Strategien und gründete den CVC Circle Hamburg. Bereits vor 25 Jahren brachte Dr. John Lange mit dem Softwareunternehmen Intershop eines der ersten global agierenden deutschen Scale-ups an die Börse.
Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.