Künstliche Intelligenz
Interne Chats der DB: „Zug fällt zur Verbesserung der Statistik aus“
Ein Zug der ausfällt, kann sich nicht mehr verspäten: Offenbar eine Strategie, die bei der DB für eine bessere Pünktlichkeitsstatistik gefahren wird. So ist es zumindest in Nachrichten eines DB-internen Chats zu lesen, die dem Spiegel vorliegen. Jetzt räumt die DB ein: Die Chatnachrichten sind echt. Doch der Hintergrund sei ein anderer.
„Zug fällt zur Verbesserung der Statistik ab Köln aus“, war hier laut dem Bericht Anfang September zu lesen, als ein stark verspäteter ICE plötzlich in Köln endete – während die Bahn betroffene Fahrgäste wissen ließ, es handele sich um einen „kurzfristigen Personalausfall“. Bei einem anderen ICE mit Verspätung, der ebenfalls ungeplant in Köln endete, war in dem besagten Chat auch so eine Nachricht zu lesen. Sinn dieser Praxis soll sein, dass Zugausfälle nicht in der betrieblichen Pünktlichkeitsstatistik berücksichtigt werden.
Nur 60 Prozent der Züge pünktlich
Sie erfasst die Haltepunkte der Züge, die diese mit einer Verspätung von mindestens sechs Minuten erreichen. Im vergangenen Monat waren lediglich knapp 60 Prozent der Fernzüge pünktlich unterwegs. Ausgefallene Züge gehen nicht in diese Quote ein, bei Teilausfällen nur die Strecke, die der Zug bereits zurückgelegt hat.
Dagegen berücksichtigt werden sie bei der sogenannten Reisendenpünktlichkeit. Sie wird monatlich erhoben und misst den Anteil der Reisenden, die im jeweiligen Zeitraum pünktlich am Ziel ihrer Reise ankamen. Als pünktlich gilt ein Reisender bis zu einer Verzögerung von maximal 14 Minuten und 59 Sekunden. Im August lag diese Quote bei knapp 67 Prozent. Zugausfälle werden dabei berücksichtigt.
Erst Ausfall, dann Leerfahrt
In Fällen wie den beiden vorliegenden lasse die Bahn die Züge danach oft leer durch die Gegend fahren, schreibt das Magazin unter Berufung auf einen ranghohen Mitarbeiter aus der DB-Disposition. In einem der beiden Fälle wurde der leere Zug demnach von einem anderen ICE an seinen eigentlichen Zielbahnhof gezogen.
Die Bahn räumte die Vorgänge ein. Bei dem Chat handele es sich um eine interne Plattform namens „BetriebLive“. „Über diese Plattform findet Austausch im Chat-Format statt, nicht jedoch Statistik-Erfassung.“ Die von einem Mitarbeiter gewählte Formulierung sei falsch. „Mit ihm ist bereits Kontakt aufgenommen worden“, hieß es. Warum der Mitarbeiter aber davon ausging, die Züge fielen zur Verbesserung der Statistik aus, sagte das Unternehmen nicht. Zu den Leerfahrten erklärt die Bahn, es seien „Überführungsfahrten“ und „fester Bestandteil des Eisenbahnbetriebs“. So solle sichergestellt werden, dass die Züge da sind, wo sie gebraucht werden.
Bei den vom Spiegel recherchierten Fällen sei es darum gegangen, auch die Verspätungen für andere Züge gering zu halten, äußert sich die Bahn in dem Spiegel-Bericht. „Daher ist es in beiden Fällen sinnvoll gewesen, die von Ihnen angesprochene dispositive Maßnahme umzusetzen“. Bei beiden Zügen hätten zudem „direkte und aufnahmefähige Alternativverbindungen“ bestanden, was „die Grundvoraussetzung für eine solche Maßnahme“ sei.
(nen)