Künstliche Intelligenz
Iran weitgehend offline | heise online
Der Iran ist am Mittwoch weitgehend offline gegangen. Laut Netblocks ist die Zahl der beobachteten Verbindungen auf einen einstelligen Prozentsatz gefallen. Auch der Cloudflare Radar zeigt, dass der beobachtete iranische Datenverkehr Mittwochnachmittag auf einstellige Prozentsätze des historischen Maximums wie des Vergleichswertes von sieben Tagen zuvor gefallen ist.
Im Sensorsystem RIPE Atlas scheint von gut 100 jüngst aktiven Messstellen im Iran nur ein halbes Dutzend als erreichbar auf. Im iranischen Fernsehen hat eine Regierungssprecherin bestätigt, dass es sich bei der Internetsperre um eine absichtliche Maßnahme handelt, um IT-Attacken „des Feindes“ zu verunmöglichen. Der Iran und Israel sind derzeit aktiv im Krieg. Israel bombardiert den Iran mit dem Ziel, den Bau von Atombomben zu verhindern; der Iran beschießt Israel zur Vergeltung mit Raketen.
Die Regierungsvertreterin sprach jedoch nicht von einer Abschaltung der Internetverbindungen, sondern von deren Verlangsamung. Seit dem jüngsten Ausbruch der Kampfhandlungen hat es mehrfach Schwankungen der Internetanbindung der islamischen Republik gegeben, wobei SSH-Verbindungen oft noch möglich waren. Der dafür übliche Port 22 ist inzwischen auch gesperrt. Die Lage kann sich jederzeit ändern.
Die Iranerin bat darum, keine „unverifizierten Nachrichten oder Bilder zu veröffentlichen, die provokativ sind oder Gewalt suggerieren“. Dazu passt auch die Internetabschaltung: Nicht nur verhindert sie IT-Angriffe von außen weitgehend, sie erschwert auch die zeitnahe Verbreitung von Bildern aus dem Inland, sei es von Bombenschäden oder von iranischen Raketenabschüssen oder Militärtransporten. Beides kann wertvolle Information für die nächsten Angriffe auf den Iran sein, wie auch Motivation für Revolutionäre im Inland.
Sprecherin: „Warn-SMS ignorieren“
Offenbar versucht Israel, die Zivilbevölkerung des Iran vor den Bomben und Flugdrohnen zu warnen. SMS-Nachrichten rufen die Empfänger zu Evakuierungen auf. Die iranische Regierungssprecherin hielt ihre Landsleute in der Fernsehansprache jedoch dazu an, diese Mitteilungen zu ignorieren. Es handle sich um „psychologische Kriegsführung“. Zudem bestätigte sie, dass die iranische Börse geschlossen ist und bis zur Rückkehr von Stabilität und Frieden auch geschlossen bleibe.
Der Iran hat mehr als 90 Millionen Einwohner und zählt damit zu den 20 bevölkerungsreichsten Staaten der Welt. Mit mehr als 1,6 Millionen Quadratkilometern ist das Land rund 4,6-mal so groß wie Deutschland. Der Satellitenbetreiber Starlink hat seinen Internetzugangsdienst für das Gebiet des Iran aktiviert, zum Ärger der iranischen Regierung. Sie hat Starlink keine Lizenz erteilt und erachtet den Betrieb als illegal. Einfuhr der erforderlichen Hardware ist verboten, die Bezahlung der Starlink-Gebühren aus dem Iran heraus schwierig.
Eine sich als pro-israelische ausgebende Gruppe hat sich zu IT-Angriffen auf eine iranische Bank sowie eine iranische Kryptowährungsbörse bekannt; als Motiv gibt die Gruppe an, die Umgehung internationaler Sanktionen zu bekämpfen. Die Systeme der Bank sollen gestört worden sein. Bei der Kryptowährungsbörse wurden laut Chainalasys Kryptowährungseinheiten im Gegenwert von mehr als 90 Millionen Dollar abgezogen, allerdings nicht gestohlen, sondern vernichtet.
(ds)