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Ist das die Rettung oder schon der Untergang?
Es war ein Tabu, so undenkbar wie der Tausch von Trikots zwischen Bayern München und Borussia Dortmund nach einem Champions-League-Finale: Mercedes und BMW, jahrzehntelang Rivalen, rücken zusammen. Was wie eine Schlagzeile aus einer Parallelwelt klingt, ist plötzlich Realität – und erzählt viel über die tektonischen Verschiebungen in der globalen Autoindustrie.
Bei Mercedes stottert der Motor
Lange galt das Elektroauto als Heilserwartung. Milliardeninvestitionen, große Ankündigungen, ein Ende des Verbrenners, das als Zäsur inszeniert wurde. Doch der Plan gerät ins Stocken. Der Absatz von E-Autos bleibt in Europa hinter den Erwartungen zurück, staatliche Kaufprämien laufen aus, die Ladeinfrastruktur wächst schleppend.
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Die Folge: Werksschließungen stehen im Raum, VW droht mit Stellenabbau, Mercedes und BMW melden sinkende Verkaufszahlen. Besonders schmerzhaft: Während die deutschen Premiumhersteller straucheln, rollt in China eine Subventionswelle, die E-Autos wie am Fließband hervorbringt. Branchenprimus BYD verkaufte 2024 über sieben Millionen Stromer. Zum Vergleich: Mercedes brachte es auf nicht einmal 200.000.
Stern trifft Propeller
Nun also das Undenkbare: Kooperation statt Konkurrenz. Laut Manager Magazin soll ab 2027 ein Teil der Mercedes-Flotte mit BMW-Vierzylindern ausgestattet werden – wahlweise mit oder ohne Plug-in-Hybridmodul. Für Mercedes fast ein Upgrade: Statt Renault- oder Geely-Motoren, die bisher in kleineren Modellen verbaut wurden, wandert künftig Premiumtechnik aus München nach Stuttgart.
Hinter dieser Annäherung steckt keine Romantik, sondern pure Notwendigkeit. Mercedes hat in den vergangenen Jahren unter CEO Ola Källenius konsequent auf Elektromobilität gesetzt – zu konsequent, wie Kritiker sagen. Milliarden flossen in Batterie- und Plattformentwicklungen, gleichzeitig wurden erfahrene Motoreningenieure frühzeitig in den Ruhestand geschickt. BMW wählte dagegen eine andere Strategie: Parallelbetrieb. Elektro, Hybrid, Verbrenner – eine kostenintensive, aber flexiblere Lösung.
Traditionsmarken im globalen Schachspiel
Das Ergebnis: Während viele Kunden in Deutschland und den USA weiter auf Verbrenner setzen, hat BMW noch etwas im Angebot. Mercedes dagegen steht unter Druck, die Lücke mit fremder Technik zu schließen.
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Dass es so weit kommt, verweist auf die veränderten Machtachsen der Branche. Teile von Mercedes gehören längst chinesischen Investoren wie Geely oder der Beijing Automotive Group. Auch BMW ist in China stark engagiert – allerdings als Produzent und Exporteur, weniger als Beteiligungsobjekt.
Eine echte Fusion der beiden deutschen Hersteller gilt aktuell als ausgeschlossen. Doch die Geschichte lehrt, dass solche Szenarien nicht unmöglich sind: In den 1950er Jahren stand BMW kurz vor der Übernahme durch Daimler-Benz – damals hätte der Stern den Propeller geschluckt. Heute könnte sich das Verhältnis umkehren.
Die größte Bewährungsprobe
Die deutsche Autoindustrie steht vor der wohl größten Transformation seit ihrer Erfindung. Der Wettbewerb wird längst nicht mehr zwischen Stuttgart, Wolfsburg und München ausgetragen, sondern zwischen Europa, den USA und China. Und während Tesla auf Reichweite und Software setzt, sichern sich BYD & Co. durch massive staatliche Förderung globale Marktanteile.
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Im Angesicht dieser Kräfte wirkt das Zusammenrücken von Mercedes und BMW weniger wie eine freiwillige Kooperation, sondern eher wie ein Pakt zur Selbstverteidigung. „Stern plus Propeller“ – noch klingt es nach Science-Fiction. Doch schon bald könnte es das letzte Kapitel einer jahrzehntelangen Rivalität einläuten.