Kaffee trinken mit Christoph Niemann › PAGE online
Im C/O Berlin gibt es die beste Fotografie der Stadt und seinen Besuch sollte man unbedingt mit einem Stopp im hauseigenen Café verbinden: Dort nimmt man jetzt unter einer Arbeit des Illustrators Christoph Niemann Platz – und die erzählt auf ganz besondere Weise von Fotografie.
Wem ist schon aufgefallen, dass einem im C/O Berlin gerade nicht nur drei spannende Ausstellungen erwarten, darunter die Arbeiten der Magnum-Fotografinnen, sondern sich auch das Café Bark im neuen Look zeigt.
Und das mit einer Artistc Intervention, wie sie dort schon seit zehn Jahren stattfinden – und zum 25. Geburtstag des C/O Berlin wurde dazu der bekannte Illustrator Christoph Niemann eingeladen.
Natürlich stellt er auf seine ganz eigene Weise einen Bezug zu dem Ort her. Und geht dabei zurück in die Anfänge der Fotografie: zur Heliografie, dem ersten Verfahren, das dauerhafte Bilder erzeugen konnten. Und diese entstanden in einem aufwändigen Prozess, in dem eine Zinnplatte mit Asphalt beschichtet und mit Sonnenlicht belichtet wurde und schließlich mit einer Mischung aus Lavendelöl und Petroleum »entwickelt«.
Das Verfahren wurde von dem Künstler Joseph Nicéphore Niépce entwickelt, dessen Heliografie eines gedeckten Tisches von 1822 zu den frühesten erhaltenen fotografischen Arbeiten gehört.
Interpretiert hat Christoph Niemann das historische Vorbild nicht nur in Illustrationen, die wie in einem Close-up an verschiedene Elemente einer gedeckten Tafel heranzoomen und sie gleichzeitig zeitgemäß aktualisieren.
Er hat auch eine besondere Technik gewählt, um seine Arbeit umzusetzen. Und das als Wandteppich, der in Zusammenarbeit mit der Textildesign-Professorin Veronika Aumann von der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, entstand.
Das Prinzip der Fotografie wird dabei in das Weben übersetzt und Helligkeit und Tiefe der analogen, historischen Bild-Entstehungsverfahren, durch die Dichte und den Rhythmus heller und dunkler Fäden erzeugt.
Das ist nicht nur inhaltlich eindrucksvoll, sondern auch visuell. Man sollte unbedingt an der gesamten Arbeit entlanggehen, um zu sehen, wie an manchen Stellen eine Dreidimensionalität entsteht, wie Fäden heraushängen und wie bestimmte Motive betont werden. Und wie, durch vier angebrachte, separate Leinwände, Motive noch mal auf ganz eigene Weise in den Raum treten.
Bis Herbst 2026 ist Christoph Niemanns »Premier Plat«, Vorspeise oder Erster Gang, wie er die Arbeit genannt hat, im Café Brak im C/O Berlin zu erleben.
Und es ist nicht die einzige räumliche Installation, die von dem Illustrator in Berlin zu sehen ist. Man könnte quasi auf eine kleine Tour gehen.
Vom Bahnhof Zoo gegenüber des C/O Berlin zur U-Bahnhof Wannsee fahren, für die Christoph Niemann ein 31 Meter langes Fliesenmosaik gestaltet hat. Und dann zum Abendessen vielleicht ins Restaurant des Berliner Ensembles? Dort hat der Illustrator die Wände mit den alten Bühnenpaneelen gestaltet, in denen die Schweißtropfen und Schreie von Tausenden Schauspieler:innen stecken.