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Kein Tag X bei Kupferabschaltung: DSL-Ende im Jahr 2030 ist ein Mythos
Bereits 2030 sollen die Kupfernetze und damit auch die DSL-Anschlüsse abgeschaltet werden, suggerierten zuletzt Berichte von Medien wie der Bild, die sich auf eine Zielvorgabe der EU-Kommission berufen haben. Netzbetreiber entwarnen aber, der Breitbandverband Breko spricht von einem Mythos.
„Es wird in Deutschland keinen Tag X geben“, sagt Breko-Geschäftsführer Stephan Albers bei einem Pressegespräch. Von heute auf morgen würde man die Kupfernetze nicht abschalten, niemand wolle etwa am 1. Januar 2031 den Stecker ziehen.
DSL-Abschaltung gibt es nur, wenn Alternativen vorhanden sind
Wie der Prozess abläuft, ist ohnehin rechtlich geregelt. Das konkrete Vorgehen in der Praxis ist noch strittig, Vorschläge dazu hat die Bundesnetzagentur Ende April in einem Impulspapier gemacht. Im Kern heißt das: Die Telekom darf das Kupfernetz in einem Gebiet nur dann abschalten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind – es muss also eine ausreichende Anzahl an Glasfaseranschlüssen existieren und die Haushalte mit DSL müssen ausreichend Zeit haben, um auf Alternativen umzusteigen. Wichtig an diesem Punkt ist: Es geht jeweils um einzelne Gebiete. So etwas wie eine deutschlandweite Abschaltung wird es nicht geben.
Wenn die Abschaltung losgeht, haben Haushalte ohnehin viel Zeit, um zu reagieren. Zwölf Monate ist die Mindestfrist. Laut Sven Knapp, Leiter des Breko-Hauptstadtbüros, dürfte es aber im Schnitt deutlich länger dauern. Je nach Größe des Gebiets können es 18 bis 36 Monate sein. „Verbraucherinnen und Verbraucher haben sehr viel Zeit, sich um eine entsprechende Alternative zu kümmern“, so Knapp. Niemand werde also plötzlich ohne Internetanschluss dastehen.
Zwangsweise muss zudem niemand auf Glasfaser umsteigen. Wer so einen Anschluss nicht will, kann etwa auch einen Kabelanschluss oder einen Satellitenanschluss nutzen. Was aber klar ist: Wer möglichst lange bei DSL bleiben will, muss sich ab einem gewissen Punkt trotzdem um Alternativen kümmern. Wer aktuell bei Vorabvermarktungen direkt auf Glasfaser wechselt, bekommt den Anschluss in der Regel umsonst. Denkbar wäre, dass es in einer Übergangsphase nochmals solche Angebote gibt, so Knapp.
EU-Kommission nennt 2030 lediglich als Ziel
Dass die EU-Kommission das Jahr 2030 als Ziel genannt hat, ist zwar korrekt. Allerdings taucht das Datum in keinem Gesetz auf, sondern ist nur Teil eines Diskussionspapiers, wie auch die Telekom in einem Blog-Beitrag anmerkt. Warnungen vor einem von der EU-Kommission gezwungenen DSL-Ende in 2030 sind also vor allem Hysterie.
Konkretere Vorgaben nötig
Wann die ersten Kupfer-Abschaltungen losgehen, lässt sich jetzt noch nicht sagen. Denn aktuell entscheidet die Telekom, wann erstmals ein Kupfernetz abgeschaltet wird. Angesichts des fortschreitenden Glasfaserausbaus rückt dieser Tag näher. Daher fordert der Breko seit geraumer Zeit, dass es verbindliche Vorgaben geben muss. Die Sorge ist, dass die Telekom sich Vorteile verschafft. Der Konzern könnte in eigenen Glasfaserausbaugebieten frühzeitig die Kupfernetze abschalten, um Haushalte auf die neue Infrastruktur wechseln zu lassen, während man sich in Ausbaugebieten der Wettbewerber mehr Zeit lässt. Diese hätten dann länger mit einer Kupfer-Konkurrenz zu kämpfen.
- Von Kupfer- zum Glasfasernetz: Vorteile für Telekom durch taktisches Abschalten der Kupfernetze
Der Breko fordert daher erneut, dass man eine Regelung findet, die Anreize für die Telekom setzt, Wettbewerber nicht diskriminiert und verbraucherfreundlich ist. Das sei Aufgabe der Bundesnetzagentur, von der man mehr Gestaltungswillen erwarte. In seiner jetzigen Form helfe das kürzlich vorgelegte Impulspapier nicht weiter. Ebenso müsse die Bundesregierung bei den rechtlichen Vorgaben nachschärfen. „Wir brauchen die Politik“, sagt Sven Knapp.
Spanien will schon in diesem Jahr Kupfer abschalten
Andere Länder könnten ein Vorbild sein. „Man muss das Rad nicht neu erfinden“, sagt Breko-Geschäftsführer Albers. Er verweist etwa auf Spanien, Schweden und Frankreich, die bereits deutlich weiter sind. Laut dem FTTH Council Europe plant Spanien die Abschaltung noch in diesem Jahr, Schweden hat 2026 als Termin anvisiert.
Von so einem Stichtag ist Deutschland noch weit entfernt. Um zu starten, sei es aber etwa nicht nötig, auf eine flächendeckende Glasfaserabdeckung zu warten. Spanien hat beispielsweise schon 2015 angefangen, erste Kupferverteiler abzuschalten, sagt Albers. Und damals gab es in Spanien auch keine Vollversorgung.