KI-Cover statt Kreativität zum 150. Geburtstag von Thomas Mann › PAGE online
Den 150. Geburtstag von Thomas Mann feiert der traditionsreiche S. Fischer Verlag mit sieben neu aufgelegten Werken. Der Schönheitsfehler: deren Cover generierte Kosmos Design mit KI. Die Begründung der Kreativen dafür ist so irritierend wie die Qualität der Motive.
»Originalverlag« nennt sich S.Fischer stolz, wenn es um die Jubiläumsreihe zum 150. Geburtstag von Thomas Mann geht, einem der wichtigsten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.
Eine schöne Idee, aus diesem Anlass sieben Werke als Taschenbücher neu designt aufzulegen. Und das von Kosmos Design aus Münster, einer Agentur, die schon mehrere Cover für den S. Fischer Verlag gestaltet hat.
Dass die Jubiläums-Cover mithilfe von Midjourney entstanden sind, damit gehen Verlag und Agentur ganz offen um. Auf der S. Fischer Website ist sogar ein Gespräch darüber abgedruckt.
Doch das irritiert. Genauso wie die Qualität der Cover selbst. Und sorgt für einen Unmut.
Leidige kreative Arbeit
»Wir müssen reden« hieß es zuerst auf dem BookTok-Kanal br-literally des Bayerischen Rundfunks. Auch dort stieß die Begründung der Kreativen auf.
Sie sagen, es wäre eine große Herausforderung gewesen, die passenden Motive für die zahlreichen (Anm. sieben!) Ausgaben der Thomas-Mann-Reihe zu finden, die sehr spezifische, detailreiche Situationen aus den jeweiligen Geschichten darstellen und zugleich einen stilistischen Zusammenhang erkennen lassen.
Aber ist nicht genau das die Aufgabe von Kreativen? Und die Bildrecherche, nicht wichtiger Teil des kreativen Prozesses? Oder ist das nicht der Moment, in dem man als Agentur zum Beispiel einen Illustrator oder eine Illustratorin engagiert? Davon gibt es wirklich genug hervorragende.
Gleichzeitig handelt es sich bei den Büchern um Klassiker wie »Der Zauberberg«, »Die Buddenbrooks«, »Der Tod in Venedig«, um »Doktor Faustus« oder »Tonio Kröger«.
Einfallslos – und surreal
Und was für eine Covergestaltung ist bei der Arbeit mit KI schließlich herausgekommen? Auf jeden Fall etwas ziemlich Einfallsloses: Die Buddenbrooks wurden an die Küste gestellt, am Zauberberg ein paar Liegestühle aufgeklappt und der Tod in Venedig lauert in einer blutleeren Szenerie mit Kanal und Gondel und einer Architektur, die von de Chirico zu stammen scheint.
Hat Midjourney bei den Surrealisten und ihren Vorläufern geklaut? Lässt sich auch so erklären, dass die Liegestühle am Zauberberg eine wirklich befremdliche Anzahl von Beinen haben? Soll das auf das Surreale bei Thomas Mann hinweisen, dass es bei ihm natürlich nie gab?
Der Journalist Quentin Lichtblau hat zudem auf Substack das, im Verhältnis zum Klavier, viel zu große Metronom auf dem Cover zu »Doktor Faustus« ausgemacht und ein wirklich seltsames Fotoapparat-Objekt auf »Zur Verteidigung der Demokratie«.
Das kam also bei dem KI-Prozess heraus, von dem Kosmos Design sagt, dass darin viel Eigenleistung stecke, »sogar mehr qualitative Eigenleistung als bei einer herkömmlichen Bildrecherche«.
Alles klar!
Was haltet ihr von der Gestaltung und der Aufregung darum?
Und wen es interessiert: Das gesamte Gespräch gibt es hier.
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