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Kölner Philharmonie erhält neue visuelle Identität


Zum Amtsantritt von Ewa Bogusz-Moore als Intendantin präsentiert sich die Kölner Philharmonie mit einer neuen visuellen Identität. Das neue Design spiegele wider, wofür die Philharmonie stehe: Energie, Offenheit und den Mut, Neues zu gestalten.

Die Kölner Philharmonie ist ein im Herzen Kölns gelegenes Konzerthaus, das im Jahr 1986 eröffnet wurde. Das Gebäude liegt im Kulturensemble am Rhein zwischen Dom und Museum Ludwig. Der Saal bietet rund 2.000 Plätze und ist für seine herausragende Akustik bekannt. Betreiber ist die KölnMusik GmbH. Neben dem Gürzenich-Orchester Köln treten hier internationale Orchester, Solisten und Ensembles verschiedener Musikrichtungen auf.

Neue Intendantin der Kölner Philharmonie, wie auch neue Geschäftsführerin von KölnMusik, ist seit Anfang August die ausgebildete Cellistin und Kulturmanagerin Ewa Bogusz-Moore. Die Kölner Philharmonie sei „mehr als ein Konzertsaal“, so ihr Credo. „Wir wollen noch stärker in die Stadtgesellschaft hineinwirken, weiter neue Zielgruppen ansprechen und dabei den emotionalen Aspekt des Live-Erlebnisses Konzert betonen“, erklärt Bogusz-Moore.

 Kölner Philharmonie Logo – vorher und nachher – vorher und nachher, Bildquelle: Kölner Philharmonie, Bildmontage: dt

Das ursprüngliche Logo der Kölner Philharmonie, das eine von der Architektur und den Sitzreihen abgeleitete Bildmarke zeigt, in Köln auch als „Pilzkopf“-Logo bekannt, wurde 1986 zeitgleich mit Eröffnung des Konzertsaals lanciert. Ab den 2000er-Jahren wurde das Erscheinungsbild von Hauser Lacour (Frankfurt a.M.) betreut, und das Logo überarbeitet (andere Schriftart / Verringerung der konzentrisch angeordneten Kreise).

Nach fast 40 Jahren erhält die Kölner Philharmonie eine neue Bildmarke – ein K. Dessen ungewöhnliche, gewundene Strichführung sei inspiriert von alten Handschriften und gotischer Frakturschrift, zudem verweise es in einer modernen Interpretation auf Köln: „Wir sind genauso lebendig, widersprüchlich, aufregend, kreativ, emotional und ausdrucksstark
wie Köln“, erläutert Ewa Bogusz-Moore. „Gleichzeitig sind wir klar, zeitgemäß und schnörkellos in Qualität, Relevanz, Glaubwürdigkeit, Dialog, Partnerschaften und unserer Vision für die Zukunft der Musik.“

Die neue visuelle Identität, die seitens der Philharmonie als zeitlos elegant, verspielt und warm pulsierend zugleich beschrieben wird, ist in Zusammenarbeit mit MetaDesign (Berlin) entstanden. Für den vor wenigen Wochen erfolgten Relaunch des Webauftritts zeichnet MIR MEDIA (Köln) verantwortlich.

Kommentar

Von einer gewissen Begeisterung für Schnörkel kann sich die Kölner Philharmonie nicht wirklich freisprechen. Denn als was soll man die im K dargestellten Krümmungen / Biegungen bezeichnen, wenn nicht als Schnörkel!? Von wegen „wir sind schnörkellos“.

Lutherbibel Kalligraphie
Kalligraphie der Lutherbibel, 1929, Privilegierte Württembergische Bibelanstalt Stuttgart

Schnörkel, um hier einmal ein Lanze für kunstvoll miteinander verwobene Linien zu brechen, sind keinesfalls mit ungeschicktem Gekritzel gleichzusetzen, sind keine unnütze, überflüssige Spielerei. Innerhalb der Kalligraphie sind die mit großer Handfertigkeit ausgeübten, fein ziselierten An- und Abstriche von Lettern seit Jahrhunderten ein ausdrucksstarkes Stilmittel. Wie etwa in der Lutherbibel (Abb. links), welche auch die gotische Frakturschrift enthält, auf die seitens der Kölner Philharmonie als Inspiration verwiesen wird. Filigran geschwungene Linien formen Schleife um Schleife um Schleife. Was es bei dieser Art verzierender visueller Gestaltung zu bedenken gilt: auch Dekoration ist eine Funktion, dient einem bestimmten Zweck. Im Kontext der Lutherbibel etwa erzeugen die kalligraphischen Schnörkel und ausladenden Schweife einen Ausdruck von Erhabenheit, Würde und Festlichkeit. Die Form folgt also der Funktion – sie ist festlich.

So wie das spiralförmig gewundene Ende des Halses einer Geige, Bratsche, eines Cellos oder eines Kontrabass – die Schnecke, auch als Schnörkel bezeichnet –, Ausdruck besonderer Kunstfertigkeit ist und dem Instrument ein festliches, nobles und hochwertiges Aussehen verleiht. Beschaffenheit und Aussehen der Volute (von lateinisch volutum „das Gerollte“) geben dem Instrument Glanz, Charakter und Identität.

Innerhalb der Musik bestimmt die Phrasierung – gleichfalls eine Form der Verzierung – maßgeblich die Ausdruckskraft und Eingängigkeit einer Melodie. Auch die Musik ist reich an schwungvollen Verzierungen, sei es die klassische, und noch mehr der Jazz. Was sich sogar sprachlich niederschlägt, wie die Genre-Bezeichnung „Swing“ verdeutlicht. Wir spüren Schwung also mit allen Sinnen. Und diese geradezu körperliche Erfahrung drückt sich auch in der Musik, im Design, in der Architektur und in anderen schöpferischen Disziplinen aus.

Auch die K-Bildmarke der Kölner Philharmonie hat eine schwungvolle Verzierung. Und sie vermittelt ebenfalls Festlichkeit, zumindest solitär dargestellt. In kleiner Darstellungsgröße, eingebunden in der Wortmarke, geht die Bildmarke ein wenig unter. Die Form ist abstrakt, unspezifisch. Die Linienführung bleibt vage, deutet eine Schnecke, ein Schallloch, eine Stimmgabel oder vielleicht auch einen vom Wind aufgeworfenen Schal lediglich an. Ein Zeichen, das vielfältige Assoziationsräume eröffnet – im Gegensatz zum bisherigen Logo, welches ganz konkret und in erster Linie auf die Architektur und den Konzertsaal verweist.

Beide Logos, das vor knapp 40 Jahren eingeführte (in späteren Jahren modifizierte) wie auch das neu geschaffene, erfüllen ihren Zweck, sind funktional, vermitteln Ästhetik und stiften Identität. Und beide Zeichen passen jeweils auch zu einem Konzerthaus, wie ich meine. Der große Unterschied liegt im Grad der Konkretisierung. Konkrete Zeichen können wir leichter und schneller verarbeiten. Zeichen, die zunächst unkonkret sind, erfordern von uns im Zuge der Perzeption mehr Aufwand. Was ein Grund dafür ist, weshalb wir uns als Menschen so schwer tun ein neues Design respektive das Neue an sich anzunehmen.

Das Unkonkrete fordert uns heraus, erzeugt inneren Widerstand. Ich empfinde die unkonkrete, mit Schnörkel und Schleifen versehene spielerisch anmutende Form als ungemein spannend, eben WEIL das Zeichen herausfordert. Die Interpretation, dies ist in der Musik nicht anders als im Design, ist ganz uns selbst überlassen.

Eine Anmerkung zur handwerklichen Qualität des neuen Zeichens sei mir erlaubt. Gerade da die K-Bildmarke in sehr großen Abbildungsgrößen als prägendes wiederkehrendes Gestaltungselement im neuen Corporate Design Verwendung findet, wäre hier etwas mehr Liebe fürs Detail angebracht gewesen. Zumindest ich nehme die Radien der Bögen als unrhythmisch, teils als unharmonisch war. Würde die Schnecke einer Geige derartige Knicke und Stufen aufweisen, würde man diese gewiss dem Geigenbauer zur Revision und Überarbeitung zurückgeben.

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Kulturkampft im US-Außenministerium? › PAGE online


Es kommt nicht oft vor, dass Schrift für solche Wellen sorgt. Doch seit US-Außenminister Marco Rubio ankündigte, die Calibri durch die Times New Roman zu ersetzen, wird weltweit darüber diskutiert. Wir haben Typedesigner:innen und Foundrys gefragt, was sie von der Entscheidung halten – typografisch und politisch.

Kulturkampft im US-Außenministerium? › PAGE online

Im Januar 2023 hatte das US-Außenministerium unter Joe Biden und mit Antony J. Blinken aus Außenminister die Verwendung der Calibri eingeführt. Um ein leichteres und barrierefreies Lesen zu ermöglichen und zudem Technologien wie Bildschirmreader zu unterstützen, die Menschen mit Sehschwächen oder Legasthenie unterstützen.

Anfang Dezember verkündete der jetzige Außenminister Marco Rubio, dass die Umstellung auf Calibri nichts gebracht hätte, »außer einer Verschlechterung der offiziellen Korrespondenz der Abteilung« und wies unter dem Betreff »Return to Tradition« an: »Times New Roman 14-Point Font Required for All Department Paper«.

Seither steht das Telefon des niederländischen Typografen Lucas de Groot, der die Calibri in den frühen 2000ern zeichnete, nicht mehr still. Zudem widmete alleine die New York Times dem Thema bisher drei Artikel und wird weltweit darüber diskutiert.

Wir haben bei Typedesigner:innen und Foundrys aus Deutschland, Großbritannien und den USA nachgefragt, was sie von der Entscheidung halten.

Weder professionell noch effizient

Unter ihnen: Jakob Runge und Natalie Rauch von den TypeMates, deren herrlich exzentrische Gregory Poster wir zuletzt vorgestellt haben.

Jakob Runge: »Willkommen im Kulturkampf. Mit der Umstellung der Schriftart des US-Außenministeriums entbrennt eine Debatte und zack fertig: Ressourcen werden gebunden, um sich über das Für und Wider von ideologisch motivierten Entscheidungen zu unterhalten, statt sich mit wirklich wichtigen oder schwierig zu lösenden Themen auseinanderzusetzen. Das funktioniert wunderbar, und weil es diesmal um das Thema Schrift geht, sind die Knöpfe bei uns allen hier im Artikel gedrückt.

Den Impuls, per Rollback zurück zur Vergangenheit zu ziehen, ohne sich konstruktiv weiterzuentwickeln, kann ich in der politischen Strategie nachvollziehen. Im Ergebnis ist er aber weder professionell noch effizient: Schon nach weniger als drei Jahren Dokumente und Templates erneut umzustellen, kostet Ressourcen. Wäre das US-Außenministerium eine Marke, würde man erstmal abwägen, was das Re-Branding an Folgekosten nach sich zieht, und evaluieren, ob die neue Schrift den Aufwand wert ist.

Spoiler: Das ist sie kaum. Lucas de Groots Calibri ist spezifisch für das Lesen am Bildschirm entwickelt worden, da kann die Times New Roman als Digitalisierung einer Zeitungsschrift für Print nicht mithalten – sie ist schlichtweg zu fein im Strichstärkenkontrast und zerbricht schnell. Aus meiner Sicht ist auch die hohe Barrierefreiheit kein Argument gegen die Schrift; ganz sicher gibt es genug anti-woke Menschen mit visuellen Beeinträchtigungen, die sich über eine gute Leserlichkeit freuen.

Lediglich in ihrer Wirkung bietet die Times New Roman für Marco Rubio einen ernsthaft argumentativen Vorteil: Ihre Serifen verleihen ihr einen weniger informellen, umso mehr staatstragenden Charakter. Diesen Effekt hätte jedoch zum Beispiel die Constantia besser einlösen können – sie stammt sogar aus derselben Microsoft-ClearType-Font-Collection und bietet ähnliche Vorteile wie die Calibri

Natalie Rauch: »Inklusion ist keine Ideologie oder Modeerscheinung, sondern eine menschliche und gesellschaftliche Pflicht. Es geht um Gleichberechtigung und um ethisch wie praktisch notwendige gesellschaftliche Teilhabe. Barrierefreiheit ist universell und umfasst funktionale Verbesserungen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und reale Nachteile ausgleichen: Gute Leserlichkeit erhöht die Nutzbarkeit für alle. Die Entscheidung zum Schriftwechsel ist ideologisch und nicht fachlich begründet, denn Barrierefreiheit sollte der Mindeststandard verantwortungsvollen Handelns sein.«

 

Lenkt von anderen Entscheidungen ab

Aus New York hat sich die Schweizer Typedesignerin Nina Stössinger gemeldet, die dort seit vielen Jahren lebt und für die bekannte Foundry Frere-Jones Type arbeitet, die gerade ihr 10-jähriges Jubiläum feierte. Und die im November die Schrift Edgar launchte, die auf eindrucksvolle Weise gleich mehrere Geschichten erzählt.

Nina Stössinger: »Die Entscheidung der Regierung, wieder zu Times New Roman zurückzukehren, ist weder hilfreich noch überraschend. Ich kann mir vorstellen, dass die Times von einigen Laien als Ausdruck altmodischer Autorität angesehen wird. Aber sie wurde auch für den Zeitungsdruck entwickelt und ihre digitale Version ist weder für kleine Schriftgrößen noch für Bildschirme besonders gut geeignet und ist weniger augenschonend ist als die benutzerfreundliche, digital native Bildschirmschrift Calibri. Das wissen wir alles. Aber die Aufmerksamkeit, die diese kleine Entscheidung erhält, ist wirklich unverhältnismäßig, und wir sollten uns dagegen wehren, dass sie die Aufmerksamkeit von den wesentlicheren politischen Entscheidungen ablenkt, die sie verdienen.«

 

Staatstragender, aber …

Gerade erst haben die neueste Schrift von Identity Letters, der Boutique Foundry von Moritz Kleinsorge vorgestellt. Die Flink Slab, die einmal mehr Kleinsorges Credo »Typography is not just words. It’s identity« unterstreicht. Die perfekt ausgebaute Allrounder Grotesk und Allrounder Grotesk Mono hingegen nutzen wir im PAGE Magazin.

Moritz Kleinsorge: »Times New Roman wurde als behördliche Schrift des US-Außenministeriums vor etwa zwei Jahren durch Calibri ersetzt. Wenn ich mich richtig erinnere, war das damals medial nur eine Randnotiz. Im Vergleich dazu ist der Wechsel zurück zur Times New Roman in jeder Tageszeitung ein großes Thema.

Gestalterisch ist die Times New Roman seriöser und wirkt vielleicht staatstragender als die Calibri mit ihren abgerundeten, weichen Strichenden. Leserlicher ist Times New Roman dagegen nicht. Hier liegt in meinen Augen das Problem. Gerade Behörden sollten eine Schrift verwenden, die von so vielen Menschen wie möglich ohne Probleme gelesen werden kann. Das ist bei Calibri eher der Fall als bei Times New Roman.

Statt der Times New Roman hätte man vielleicht sogar die bereits 2018 von der US-Regierung entwickelte Public Sans in Erwägung ziehen können.«

 

In vielerlei Hinsicht ein Rückschritt

In Stuttgart führt der Typedesigner und Art Director Julien Fincker seine Fincker Font Cuisine. In ihr entstand gerade die Marblis, eine moderne und persönliche Interpretation des klassischen Grotesk-Schrift-Genres – und eine Alternative zur omnipräsenten Helvetica sozusagen.

Julien Fincker: »Einerseits freut es mich, dass das Thema Schrift in den Fokus gerückt wird. Andererseits wäre mir ein weniger polarisierender Anlass doch lieber gewesen. Times New Roman vs. Calibri – the ultimate font battle – Wahnsinn, größer geht es nicht. Dass tatsächlich zwei Schriften zum ideologisch-politischen Kampfmittel auserkoren werden, zeigt deutlich, dass es absolut Zeit wird, wieder zu einem sachlichen Diskurs zu kommen, frei von starker Emotionalisierung und Polarisierung.

Ganz sachlich betrachtet ist die Times New Roman eine sehr klassische Serifen-Schrift, sehr formell, eher etwas altmodisch und konservativ. Die Calibri hingegen ist eine eher moderne, offen gestaltete serifenlose Schrift, die eine verbesserte Lesbarkeit vorweist, insbesondere für Personen mit Beeinträchtigung.

Aus genau diesem Grunde wurde sie auch seit etwa zwei Jahren eingesetzt. Die Rückkehr zur Times New Roman ist also in vielerlei Hinsicht ein Rückschritt. Ob das ganze Thema jedoch eine solch große politische Debatte auslösen sollte, sei mal dahingestellt. Nicht fraglich ist dabei aber auch, dass es bei der ganzen Diskussion eigentlich überhaupt nicht um die Schriften geht.

 

Choose your font wisely!

Kreativ-Direktoren und Typo-Exterten Tom Hoßfeld und Livius Dietzel, haben nicht nur das Berliner Designstudio LIT mitgegründet, sondern auch die Foundry Fuego Type, die, mit einem scharfen Fokus auf Branding, vor drei Wochen live ging.

Tom Hoßfeld und Livius Dietzel: »Die Entscheidung, zur Times New Roman zurückzukehren, ist absolut »On Brand« und reiht sich nahtlos in die Entscheidungen der derzeitigen US-Regierung ein. Einen Schritt zurückgehen, nachdem zuvor einer in die richtige Richtung gemacht wurde. Hard Times.

Hier werden »Würde und Professionalität« oder die »Rückkehr zur Tradition« über Barrierefreiheit, Funktionalität und Accessibility gestellt. Ein traditionsbewusster, formeller Auftritt obsiegt über fortschrittliches und soziales Denken. Natürlich lässt sich bei der Calibri über Geschmack streiten, aber alleine die Absicht die dahintersteckte, sich für eine maximal barrierefreie und funktionale Schrift zu entscheiden war die richtige.

Vor allem aber wird hier deutlich, welch ideologische Dimension Schrift haben kann – oder wie sie zum Werkzeug einer Ideologie gemacht wird. Dabei offenbart sich auch eine klischeehafte Denkweise: »Serife = Tradition, Würde und Professionalität. Und Serife ist dann eben die Times.« Hätte man diesen Gedanken konsequent zu Ende geführt, wären mit Sicherheit typografische Lösungen gefunden worden, die sowohl diese traditionellen Werte als auch die Funktionalität und eine bessere Anwendung über alle digitalen Touchpoints hinweg gewährleistet hätten.

Was lernen wir daraus? Typografie ist immer ein Statement und kommuniziert mit. Sie kann Botschaften verstärken oder abschwächen, Innovationskraft oder Rückwärtsgewandtheit signalisieren. Wir sollten den Einfluss und die Tragweite einer typografischen Entscheidung also nicht unterschätzen. So choose your font wisely!«

 

Typografie als Stellvertreter für Werte

Die Foundry The Northern Block ist bekannt für radikale Projekte wie die Mynor-B und auch für ihre enge Verbindung zu Kunst und Kultur, durch die dann Schriften wie die Lintel Next entstehen, die den Stil des legendären finnischen Architekten Alvar Aalto zitiert.

Senior Type Designer Tasos Varipatis: Aus typografischer Sicht wurden die Calibri und Times New Roman entwickelt, um ganz unterschiedliche Probleme zu lösen. Die Calibri wurde speziell für die Verwendung auf modernen Bildschirmen entworfen, mit offenen Formen, sorgfältigen Abständen und für Screens optimierten Details, die eine konsistente Darstellung bei kleinen Schriftgrößen und auf Standard-Bürobildschirmen ermöglichen. Die Times New Roman wurde ursprünglich für den Zeitungsdruck entwickelt, wo Tinte, Papier und Spaltenökonomie im Vordergrund standen und nicht die digitale Klarheit.

Während Serifenschriften auf modernen, hochauflösenden Bildschirmen sicherlich gut funktionieren, hat die Times New Roman in ihrer weit verbreiteten digitalen Form klare Einschränkungen, darunter einen sehr begrenzten Gewichtsbereich sowie Probleme mit dem Abstand und der Konsistenz, die nur mit geschickter typografischer Bearbeitung überwunden werden können. In diesem Sinne geht es nicht wirklich um Professionalität oder Lesbarkeit allein. Es geht darum, was von der Schriftart erwartet wird.

Das Aufschlussreichste an dieser Umstellung ist daher eher symbolischer als rein funktionaler Natur. Die Wahl der Schriftart auf institutioneller Ebene ist selten neutral. Serifen- und serifenlose Schriftarten sind mit tief verwurzelten kulturellen Assoziationen verbunden, wie Tradition versus Modernität, Autorität versus Zugänglichkeit und Beständigkeit versus Anpassungsfähigkeit. Schriftarten vermitteln auch Bedeutungen und rufen bei den Lesern Gefühle hervor. Es ist erstaunlich, wie Menschen durch die einfachen Formen von Buchstaben Emotionen vermitteln können. In diesem Fall fühlt sich die Rückkehr zu Times New Roman weniger wie eine Reaktion auf die heutigen Lesebedingungen an, sondern eher wie eine Geste der historischen Kontinuität und wahrgenommenen Seriosität. Typografie wird zu einem Stellvertreter für Werte, wobei visuelle Vertrautheit und Tradition Vorrang vor den praktischen Realitäten haben, wie und wo Text heute überwiegend gelesen wird. Dies erinnert daran, dass es bei Typografie nicht nur um Buchstaben geht, sondern auch um Wahrnehmung, Emotionen und die Signale, die sie an ihr Publikum sendet.«

 



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Sprüche, die alle Kreative kennen als Kalender › PAGE online


Als die Hamburger Designerin Chris Campe ihre Follower:innen fragte, welche Kommentare sie als Kreative immer wieder zu hören bekommen, war die Resonanz überwältigend. Erst entstand daraus eine Installation – und jetzt ein so farbenfroher wie amüsanter Kalender im schönsten Lettering.

Sprüche, die alle Kreative kennen als Kalender › PAGE online

Ganze zehn Seiten mit Kommentaren kamen zusammen, nachdem die Designerin Chris Campe ihre Follower:innen fragte, was sie sich immer wieder anhören müssen, weil sie kreativ arbeiten.

Nicht nur die Resonanz war überwältigend, sondern auch die Sprüche waren es. Und oft musste man dafür wahrscheinlich noch nicht einmal zum Familienfest fahren, um sie zu hören.

»Willst du nicht mal was Richtiges arbeiten?«, »Wenn ich doch nur dein Talent hätte!«, »Und davon kannst du leben?« ist nur einige davon – und sie hallen nach.

Deshalb hat Chris Campe, die auch bekannt für ihr packendes Lettering ist, sie zu einer »Kommentarballade« verdichtet, wie sie es nennt und diese beim diesjährigen German Creative Economy Summit als Installation gezeigt hat. Natürlich war auch dort das Echo groß. Schließlich kennen (zu) viele Kreative diese nervtötenden, manchmal auch deprimierenden oder verletzenden Sprüche.

Nicht ärgern, sondern lachen

Zeit also, sie sich zu eigen zu machen, sie wegzulachen – und darüberzustehen. Oder sich damit zu trösten, dass andere Kreative sie auch hören und man nicht allein ist.

Die Skizzen für den Kalender hat Chris Campe, die sonst sehr genau und vor allem in schwarz-weiß arbeitet, zügig auf dem iPad gezeichnet, hat nicht viel korrigiert und sie stattdessen leuchtend bunt koloriert.

Locker und ein wenig schräg sollte das Lettering aussehen, ganz so wie die Sprüche selbst es sind, die oft unbedacht herausgehauen werden.

Entstanden ist der Kalender mit der Designplattform selekkt, wo man »Willst du nicht mal etwas Richtiges arbeiten?« bestellen kann – und das Jahr über dann daran erinnert wird, dass man nicht allein ist, man getröstet wird – und zum Lachen gebracht.

Chris Campe: »Willst du nicht mal etwas Richtiges arbeiten?«, Wandkalender mit Spiralbindung, 14 Seiten, einseitig und hochwertig auf 300g Chromosulfatkarton gedruckt, Sonderformat (148 x 250 mm), 19,90 Euro

  

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Aus Fédération Internationale de Gymnastique wird World Gymnastics


Die Fédération Internationale de Gymnastique (FIG), der weltweite Dachverband für alle Turnarten, präsentiert sich mit neuer Markenidentität. Im Zuge einer umfassenden Neuausrichtung ändert der Verband seinen Namen und sein visuelles Erscheinungsbild.

Die FIG ist die älteste noch existierende internationale Sportföderation. Sitz des 1881 in Lüttich, Belgien, gegründeten Verbands ist heute Lausanne, Schweiz. Die FIG organisiert Weltmeisterschaften, fördert die Entwicklung des Turnens und ist maßgeblich für die olympischen Wettkämpfe verantwortlich.

Wie der Verband vor wenigen Tagen auf seiner Website mitgeteilt hat, tritt dieser künftig unter dem Namen World Gymnastics in Erscheinung. Die Umbenennung und ein damit verbundenes Rebranding markiere einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung des Verbands.

Auszug der Pressemeldung

„World Gymnastics repräsentiert unsere Mission klar und zielgerichtet“, erklärt Morinari Watanabe, Präsident von World Gymnastics. „Der Name unterstreicht unsere Rolle als globales Zentrum für Athleten, Trainer, Fans und Partner. Diese Veränderung geht weit über ein Rebranding hinaus. Sie ist ein Versprechen, den Sport weiterzuentwickeln und den Zugang zum Turnen weltweit zu erweitern.“

Die visuelle Identität einschließlich des Verbandslogos wurden komplett neu gestaltet. Das Rebranding erfolge nach intensiven Beratungen mit Athleten, Mitgliedsverbänden, Fans und globalen Partnern, in denen klare Prioritäten definiert wurden: Stärkung der Sichtbarkeit und des Schutzes der Athleten, Verbesserung des Fan-Engagements und des Veranstaltungserlebnisses, Ausweitung der globalen Teilnahme, Klarstellung der Wege in allen Disziplinen.

World Gymnastics Logo – vorher und nachher, Bildquelle: World Gymnastics, Bildmontage: dt
World Gymnastics Logo – vorher und nachher, Bildquelle: World Gymnastics, Bildmontage: dt

Anstelle einer blauen Globusdarstellung samt eingebetteter „FIG“-Wortmarke fungiert künftig ein multicolores, Band-ähnliches grafisches Zeichen als Markenabsender. Das an ein Gymnastikband erinnernde geschwungene Zeichen stellt die Buchstaben „WG“ in abstrahierter Weise dar und beinhaltet, als Abstrich im G, eine vereinfachte menschliche Figur.

Die neue visuelle Identität von World Gymnastics betone, so der Verband, Bewegung und Einheit und stelle den Charakter des Sports wie auch den Athleten in den Mittelpunkt. „Die acht Disziplinmarken integrieren diese Kernelemente mit jeweils eigenen künstlerischen Stilen, die von der Persönlichkeit und dem Publikum der jeweiligen Disziplin inspiriert sind“.

Neben dem neuen Namen und der neuen Markenidentität präsentiert World Gymnastics zudem acht eigenständige Disziplinmarken (Abb. unten). Jede einzelne wurde speziell entwickelt, um die Identität, Sichtbarkeit und das Wachstum der verschiedenen Disziplinen des Sports zu fördern.

World Gymnastics Brand Design Discipline – Woman's Artistic, Quelle: World Gymnastics

Die Disziplinmarken für Breitensportturnen, Kunstturnen der Männer, Kunstturnen der Frauen, Rhythmische Sportgymnastik, Trampolin & Tumbling, Akrobatik, Aerobic und Parkour werden in den kommenden Wochen vorgestellt. „World Gymnastics ist erst der Anfang einer umfassenderen Transformation“, so Watanabe. „Unsere neuen Disziplinmarken bieten unserer gesamten Community – Athleten, Fans, Trainer, Kampfrichter und Partner – eine stärkere Plattform, um sich zu präsentieren, weiterzuentwickeln und zu vernetzen.“

Zeitnah soll die neue Markenidentität schrittweise auf allen Kommunikationsplattformen von World Gymnastics eingeführt werden, so der Verband. Die Website des Verbands wurde bereits relauncht. Anstelle der bisherigen Domain fig-gymnastics.com nutzt der Verband nunmehr gymnastics.sport als zentrale digitale Plattform.

Kommentar

Ein W, ein G, eine nach vorne (oder wahlweise nach hinten) springende menschliche Figur, die durch ein grün-rot-violett-blau-türkis-oranges Band miteinander verbunden sind. Klingt kompliziert, ist im Visuellen tatsächlich auch hochkomplex. Für ein Logo, von dem erwartet wird, dass es merkfähig ist, ist dies ziemlich viel Inhalt. Simpel ist dieses Zeichen jedenfalls nicht. Einfachheit ist bei einem Logo ganz sicherlich ein zentrales Kriterium, doch nicht das einzige.

In Zeiten von Microsofts Fluent-Design und Apples Liquid Glass sind Glossy Look und/oder Farbverläufe wieder schwer angesagt, nicht nur in Illustrationen, sondern auch/selbst in UI-Funktionselementen und Logos. Die Nullerjahre sind zurück, könnte man sagen (siehe dt-Beitrag Immer mehr Logos mit Farbverläufen). Stilmerkmale wie Farbverläufe, Dimensionalität und Materialität (Oberflächentexturen) sollen dazu beitragen, so die Intention, die jeweilige Marke emotional aufzuladen.

Dass das neue Logodesign mehr im hier und jetzt und optisch ansprechender ist als das bisherige Logo mit Globusdarstellung, werden selbst überzeugte Puristen anerkennen müssen. Derart krasse Logoredesigns sieht man heute eher selten. Doch die Revolution ist nachvollziehbar, denn das alte Logo wirkt als sei es in einer Dekade entstanden, als es die Disziplin Corporate Design in dieser Form noch nicht gab, wie der Logoabsender eines Import-Export-Handelsunternehmens zu Zeiten des Kalten Krieges.

Das neugeschaffene Zeichen ist eigenständig (genug), zeitgemäß respektive zeitgenössisch und zu 100 Prozent zur Marke und zum Kontext passend. Trotz der vielschichtigen inhaltlichen Aufladung ist die Grundform relativ einfach. Ein maximal dynamisches, mit positiver Energie geladenes Zeichen. Es ist kein Zufall, dass der europäische Turndachverband (Union Européenne de Gymnastique) für sein vor fünf Jahren eingeführtes Logo eine ähnliche Formgestalt gewählt hat, oder TotalEnergies, ein mit Erdöl und Erdgas handelndes Energieunternehmen, eine ähnliche multicolore Farbgestaltung. Auch in der einfarbigen Logoversion, in schwarz oder in weiß, quasi der Logodesign-Lackmustest, funktioniert das Zeichen, bleibt die Lesart (W, G, Figur) weitestgehend unverändert. Auch daran ist die Qualität der Logogestaltung ablesbar.

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