Künstliche Intelligenz

Kommentar: Schluss mit der zweigeteilten Welt bei Apple


Als Apple-User genieße ich in Europa besondere Freiheiten: Ich darf Apps nicht nur über den App Store beziehen, sondern auch über alternative Marktplätze. Die EU will mit dem Digital Markets Act (DMA) für mehr Wettbewerb sorgen und Apples Monopolstellung brechen. Um Umsatzverluste muss sich der Konzern aber kaum sorgen – denn große App-Store-Alternativen gibt es bislang nicht.

Für uns EU-Bürger gelten noch weitere Sonderregeln. Wir dürfen sogar Apps wie Nachrichten oder Safari vom Gerät löschen und somit vollständig durch Konkurrenten ersetzen. Außerdem fordern mich iOS und iPadOS aktiv zur Wahl des Standardbrowsers auf. In Wahrheit erweckt dieser Dialog jedoch nur den Anschein echter Wahlfreiheit: Unter der Haube nutzt jeder iOS-Browser weiterhin Apples WebKit-Engine für die Darstellung der Inhalte. Chrome, Firefox & Co. sind lediglich eine Art Safari im neuen Gewand – und bleiben blasse Schatten ihrer Desktop-Versionen. Auf dem Mac hingegen hielt Apple derartige Einschränkungen nie für nötig.

Dabei dürfen Browseranbieter in der EU seit über einem Jahr eigene Engines einsetzen. Trotzdem fehlen immer noch echte Alternativen für iPhone und iPad. Apple ist hierbei nicht unschuldig, denn für den Rest der Welt halten sie am WebKit-Zwang fest. Wer einen eigenständigen Browser für iOS/iPadOS anbieten will, müsste eine separate Version nur für die EU pflegen – für weniger als zehn Prozent des weltweiten App-Store-Marktes. Dass Entwickler diesen Aufwand scheuen, ist schon allein wirtschaftlich nachvollziehbar. So fehlt weiterhin ein wichtiger Baustein für das iPad als vollwertigen Desktop-Ersatz. Vor allem einige Business-Webanwendungen funktionieren mit WebKit einfach nicht.

Apple sollte die künstliche Zweiteilung der Welt endlich aufgeben. Die EU hat die Basis für mehr Freiheit geschaffen – die Kalifornier könnten sie problemlos global ausrollen. Dann könnten Entwickler ihre Anwendungen ohne verwirrend fragmentierte Vorgaben oder technische Sonderwege wieder weltweit anbieten. Auch Apple selbst würde profitieren, wenn sie keine komplexen Weichen mehr für diverse Regionen in ihre Systeme einbauen und pflegen müssten.




Wolfgang Kreutz ist seit 2013 Redakteur bei Mac & i. Der gelernte Mediengestalter ist ein Mann der Praxis, Tool-Junkie sowie Workflow-Optimierer. Vom C64 mit Basic und Assembler geprägt, erleichtert er sich heute die Arbeit durch Skripte in verschiedenen Sprachen. Unter macOS bevorzugt er AppleScript und Shell-Skripte, erkundet aber auch Apples Kurzbefehle.

Dieser Kommentar erschien zuerst als Editorial in Mac & i 4/2025 – jetzt frisch am Kiosk und versandkostenfrei im heise shop.


(wre)



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