Datenschutz & Sicherheit

Medienaufsicht: Pornofilter für Betriebssysteme kommt


Anbieter von Betriebssystemen wie Apple, Google oder Microsoft müssen demnächst sicherstellen, dass diese mit einer „Jugendschutzvorrichtung“ ausgestattet sind. Das sieht eine Novelle des Jugendmedienschutzstaatsvertrags (JMStV) vor, die von den Bundesländern verabschiedet wurde. Das Parlament von Brandenburg hatte am Mittwoch als letztes Bundesland den Weg dafür freigemacht.

Laut der Reform sollen Spielekonsolen, Smartphone, Smart-TVs und andere Geräte, die „Zugang zu Telemedien ermöglichen“, bereits auf der untersten Software-Ebene einen Filter bieten, der dafür sorgt, dass etwa der Weg zu Pornoseiten versperrt bleibt.

Eltern sollen diesen Schutzmodus mit nur einem Klick aktivieren können und dabei auch das Alter der Kinder einstellen können. Der Vertrag bezeichnet das als „One-Button-Lösung“. Anschließend sollen Browser auf dem Gerät nur noch verfügbar sein, wenn sie über „eine gesicherte Suchfunktion“ verfügen. Was das ist, wird im Text nicht näher definiert. Auch für Apps gilt, dass sie der Altersangabe entsprechen müssen.

Umstrittene Novelle

Die neuen Regeln treten am 1. Dezember 2027 in Kraft und gelten nur für Geräte, die neu in den Handel kommen. Alte Geräte, für die keine Softwareupdates mehr bereitgestellt werden, sind davon ausgenommen. Für Geräte, die bereits produziert werden, gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren ab Bekanntgabe der neuen Regeln.

Auf die umstrittene Novelle hatten sich die Ministerpräsidenten der Länder bereits vor einem Jahr geeinigt. Tech-Konzerne wie Google und Microsoft wehrten sich gegen die Auflagen und verwiesen darauf, dass sie bereits Lösungen für den Jugendschutz anböten. Die neuen Vorschriften würden zu vielen rechtlichen und technischen Problemen führen. Auch Verbände wie die Free Software Foundation kritisierten die Pläne. Es sei etwa unklar, wie Anbieter von freier Software die Vorgaben umsetzen sollten.

Geldhahn abdrehen, Domains sperren

Zusätzlich zu den Jugendschutzfiltern bekommt die Jugendmedienaufsicht zwei weitere Werkzeuge an die Hand, um Betreiber von Pornoseiten unter Druck zu setzen. Die erste gilt der Sperre von sogenannten Ausweichdomains. Hintergrund ist der Kampf der deutschen Medienaufsicht gegen Pornoseiten, die sich weigern, das Alter ihrer Nutzer*innen zu kontrollieren. Die Medienaufsicht will diese Alterskontrollen gemäß deutschem Recht erzwingen und lässt die Seiten widerspenstiger Betreiber sperren. Internetprovider wie die Telekom müssen dann verhindern, dass ihre Kund*innen die Seiten aufrufen können.

In der Vergangenheit hatte diese Methode wenig Erfolg. XHamster und Pornhub haben einfach binnen kürzester Zeit alternative Domains eingerichtet, ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem die Behörde immer einen Schritt hinterher war. Mit der Novelle gilt, dass die Medienaufsicht in Zukunft auch für diese neuen Domains Netzsperren schneller anordnen darf – ohne gesondertes Verfahren.

Das zweite Werkzeug richtet sich gegen Zahlungsdienstleister und soll den Geldfluss an Pornoseiten kappen. Die jeweils zuständige Landesmedienanstalt darf nun etwa Visa oder Paypal anweisen, keine Zahlungen mehr für bestimmte Seiten abzuwickeln, wenn diese „unzulässige Angebote“ zeigen.

EU-Kommission vs. deutsche Medienaufsicht

Kritiker*innen weisen darauf hin, dass diese Maßnahmen wenig bringen, wenn es damit geht, Jugendliche von Pornoseiten fernzuhalten. So lassen sich Netzsperren mit wenigen Klicks umgehen, zum Beispiel durch VPN-Dienste, die vorgeben, eine Seite aus einem anderen Land aufzurufen. Der Download solcher Software steigt in allen Regionen rasant an, in denen Pornoseiten entweder gesperrt sind oder Alterskontrollen einführen – zuletzt etwa in Großbritannien.

Verpflichtende Alterskontrollen, wie die Medienaufsicht sie zudem vorschreiben will, würden außerdem bedeuten, dass alle Nutzer*innen von Pornoseiten ihr Alter nachweisen müssten. Die Medienaufsicht empfiehlt dafür etwa, dass die Seiten die Ausweise der Besucher*innen kontrollieren oder das Alter per biometrischer Gesichtserkennen schätzen sollen.

Einer der größten Anbieter, Pornhub, wehrt sich aktuell vor Gericht gegen die aus Deutschland angeordneten Netzsperre. Betreiber Aylo ist auf dem Standpunkt, dass nicht die Medienaufsicht, sondern die EU-Kommission für Pornhub zuständig sei. Die gesetzliche Grundlage dafür ist das Gesetz über digitale Dienste (DSA). Als EU-Verordnung habe es Vorrang gegenüber nationalen Gesetzen wie dem JMStV.

Auch der DSA sieht vor, dass Anbieter von Pornoseiten mehr für den Schutz von Minderjährigen tun müssen, er schreibt dafür aber keine verpflichtenden Alterskontrollen vor, sondern verpflichtet Anbieter lediglich dazu, “Risiken” für den Jugendschutz selbst einzuschätzen und zu minimieren. Derzeit designiert die EU-Kommission mehrere Pornoseiten zudem als „Sehr Große Online-Plattform“ und sieht damit striktere Auflagen für sie vor.



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