Datenschutz & Sicherheit

Mehr Überwachung, weniger Kontrolle, erschwerte Auskünfte


Die schwarz-rote Koalition von Berlin will den Landesverfassungsschutz mit mehr Überwachungsbefugnissen ausstatten. Gleichzeitig sollen Transparenz, Kontrolle und Auskunftsrechte zurückgefahren werden. Das geht aus einem Gesetzentwurf (PDF) hervor, der am 26. Mai veröffentlicht und heute in Erster Lesung im Abgeordnetenhaus behandelt wurde. Gegenüber dem alten Gesetz sind deutliche grundrechtliche Verschlechterungen zu erwarten.

Beim aktuellen Gesetzentwurf geht es unter anderem um die Ausweitung der Wohnraumüberwachung. So sollen Wohnräume in Zukunft einfacher überwacht werden dürfen. So ist die Passage des alten Gesetzes, dass diese Form der Überwachung nur zur „Spionageabwehr und des gewaltbereiten politischen Extremismus“ erfolgen darf, gestrichen worden, genauso wie der Zusatz, dass diese Maßnahme nur „im Einzelfall“ erfolgen darf.

Staatstrojaner für den Landesgeheimdienst

Zudem will Schwarz-Rot nun dem Verfassungsschutz die weitreichendste Form des Staatstrojaners, die „Online-Durchsuchung“, sogar ohne explizite Zustimmung der G10-Kommission ermöglichen. Laut dem Gesetzesentwurf soll der Einsatz von Staatstrojanern „zur Abwehr einer konkretisierten Gefahr für ein besonders bedeutendes Rechtsgut“ möglich sein.

Außerdem sollen weitere Befugnisse, wie das Ausleuchten finanzieller Strukturen in Zukunft mit niedrigerer Eingriffsschwelle möglich sein. Bisher musste eine Gefahr für Leib und Leben bestehen, damit sich der Verfassungsschutz Konten und Ähnliches anschauen konnte. Zudem möchte die Landesregierung den Zugriff auf Bestandsdaten erleichtern, also Informationen bei Telekommunikationsanbietern, wem beispielsweise welcher Anschluss gehört.


Auskunftsrecht wird erschwert

Beschränkt werden soll mit der Gesetzesnovelle das Auskunftsrecht für Betroffene. Bislang konnten Menschen beim Berliner Verfassungsschutz einfach anfragen, ob zu ihrem Namen Informationen vorliegen. Hier möchte die Landesregierung eine Hürde einbauen, indem Menschen nun sowohl auf einen „konkreten Sachverhalt“ hinweisen, sowie auch ein „berechtigtes Interesse“ darlegen müssen. Diese neue Erfordernis dürfte Menschen abschrecken, da sie fürchten könnten, dass sie sich mit der Nennung eines konkreten Sachverhalts selbst gegenüber dem Inlandsgeheimdienst belasten oder Verdacht auf sich ziehen könnten.

Die Abgeordnete June Tomiak, die bei den Berliner Grünen das Thema bearbeitet, kritisiert das Gesetzesvorhaben gegenüber netzpolitik.org. Das Gesetz reize „alle möglichen Befugnisse maximal aus, während die Transparenzpflichten auf einem gesetzlich vorgesehen Minimum bleiben und die parlamentarische Kontrolle ausgehöhlt wird.“

„Kaum begrenzbarer Zugriff auf Computer und Handys“

Die Grünen sehen zudem kritisch, dass zukünftig Entscheidungen wie zum Beispiel zu Online-Durchsuchungen nicht durch die G10-Kommission getroffen werden sollen. „Diese parlamentarische Kontrolle halten wir für unverzichtbar. Es ist für mich völlig unverständlich, warum hier von der bisherigen guten Praxis abgewichen werden soll“, so Tomiak weiter.

Niklas Schrader, der innenpolitische Sprecher der Linken kritisiert gegenüber netzpolitik.org, dass die Befugnisse erweitert werden sollen, obwohl der Berliner Verfassungsschutz in den letzten Jahren immer wieder durch Missstände aufgefallen sei. „Vor allem die Online-Durchsuchung ermöglicht den kaum begrenzbaren Zugriff auf Computer und Handys und untergräbt zugleich die Sicherheit von informationstechnischen Geräten.“ Gerade bei einer Behörde, deren Kontrolle überhaupt nur eingeschränkt möglich ist, sei das nicht zu verantworten.



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