Datenschutz & Sicherheit

Melonis Überwachungsskandal weitet sich aus


Der Hacking-Skandal der Meloni-Regierung in Italien weitet sich aus. Laut IT-Forscher:innen des kanadischen Citizen Lab wurden die Geräte von zwei weiteren Journalisten „mit hoher Sicherheit“ durch die Spionagesoftware „Graphite“ angegriffen. Die Software stammt von der US-israelischen Firma Paragon Solutions.

Italien hatte den Einsatz der Software gegen zwei Aktivist:innen zuletzt in einem parlamentarischen Ausschuss (PDF) eingeräumt. Laut einem Bericht des Guardian habe der Ausschuss allerdings nicht feststellen können, wer hinter der Attacke auf den Investigativjournalisten Francesco Cancellato steckt. Seine Nachrichtenseite namens Fanpage.it berichtet immer wieder kritisch über die Meloni-Regierung.

Auch im neuen Fall, den das Citizen Lab nun aufgedeckt hat, ist mit Ciro Pellegrino ein weiterer investigativer Journalist von Fanpage.it ins Visier der Angreifer geraten. Zudem ist laut Citizen Lab ein „prominenter europäischer Journalist“ betroffen; er möchte allerdings anonym bleiben. Beide wurden laut den Sicherheitsforscher:innen vom selben Paragon-Betreiber attackiert.

Die Meloni-Regierung reagierte nicht auf eine Anfrage des Guardian, wer hinter den Angriffen stecke.

Italien will offenbar keine Aufklärung

Das Hacking-Unternehmen Paragon hatte zuletzt gegenüber der israelischen Zeitung Haaretz kritisiert, dass die italienische Regierung das Angebot des Unternehmens zur Aufklärung des Falles abgelehnt habe. „Das Unternehmen hat sowohl der italienischen Regierung als auch dem Parlament eine Möglichkeit angeboten, um festzustellen, ob sein System unter Verstoß gegen italienisches Recht und die Vertragsbedingungen gegen den Journalisten eingesetzt wurde“, heißt es in der Erklärung gegenüber Haaretz. Da die italienischen Behörden sich gegen diese Lösung entschieden hätten, habe Paragon seine Verträge in Italien gekündigt.


Dem US-Magazin TechCrunch zufolge ist das ein ungewöhnlicher Vorgang: Zum ersten Mal habe ein Anbieter von Spionagesoftware öffentlich bekannt gegeben, sich nach Berichten über missbräuchlichen Einsatz von einem bestimmten Kunden zu trennen. Paragon Solutions, das auch mit der umstrittenen US-Grenz- und Zollbehörde ICE zusammenarbeitet, versucht sich offenbar als verantwortungsbewusster Player in der Branche zu positionieren.

Laut einem Guardian-Bericht soll Paragon Solutions schon im Februar den Vertrag mit der italienischen Regierung gekündigt haben, nachdem Journalisten und Aktivist:innen attackiert wurden. Dem parlamentarischen Ausschuss zufolge sei die Software in den Jahren 2023 und 2024 unter bestimmten Umständen und mit Genehmigung eines Staatsanwalts eingesetzt worden. Als Gründe für den Einsatz galten demnach die Suche nach Flüchtigen, Ermittlungen zu Terrorismus, organisierter Kriminalität, Kraftstoffschmuggel und Spionageabwehr. Die Aktivist:innen habe man wegen „irregulärer Migration“ überwacht, nicht wegen ihres Einsatzes für Menschenrechte.

Amnesty International: „Gefährliches Signal“

Die internationale Organisation für digitale Freiheitsrechte, Access Now, fordert: Paragon Solutions solle untersuchen und offenlegen, wer den Journalisten Francesco Cancellato ins Visier genommen hat. Die italienische Regierung solle alle internen Unterlagen zu den bestätigten Fällen freigeben. Journalist:innen sollten gemäß EU-Gesetzen geschützt werden; Spionagesoftware sollte nicht gegen Akteur:innen der Zivilgesellschaft eingesetzt werden.

Auch die Organisation für Menschenrechte, Amnesty International, hat sich zu Wort gemeldet. Sie fordert die italienischen Behörden dazu auf, alle Details der gezielten Operationen offenzulegen und den Opfern Wege zur Wiedergutmachung zu ebnen. „Wenn Regierungen nicht angemessen auf glaubwürdige Vorwürfe von Überwachungsmissbrauch reagieren, senden sie ein gefährliches Signal, dass Straflosigkeit die Norm ist.“

Zu den Fällen und dem Thema ist laut Guardian am 16. Juni eine Debatte im Europäischen Parlament angesetzt.



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