Datenschutz & Sicherheit
Messenger Signal wird Deutschland verlassen, wenn Chatkontrolle kommt
Der beliebte sichere Messenger Signal hat angekündigt, dass er Deutschland und Europa verlassen wird, wenn die Chatkontrolle kommt und sich keine Wege ergeben, sich dieser anlasslosen Massenüberwachung der privaten Kommunikation zu verweigern. Das hat Signal-Chefin Meredith Whittaker gegenüber der dpa gesagt, wie Tagesschau und Heise berichten. Es deutet sich an, dass eine Entscheidung über die Chatkontrolle am 14. Oktober fallen könnte – und die Position der Bundesregierung ist dabei entscheidend.
„Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, entweder die Integrität unserer Verschlüsselung und unsere Datenschutzgarantien zu untergraben oder Europa zu verlassen, würden wir leider die Entscheidung treffen, den Markt zu verlassen“, sagte Meredith Whittaker der Nachrichtenagentur dpa.
Bei der so genannten Chatkontrolle geht es um eine EU-Verordnung, die sich gegen die Verbreitung von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs (sogenannte Kinderpornografie) richten soll. Sie wird seit drei Jahren kontrovers in der EU verhandelt, weil die Verordnung Vorschriften enthält, die Messenger wie WhatsApp, Signal, Threema oder Telegram verpflichten sollen, die Dateien aller Menschen auf deren Smartphones und Endgeräten ohne jeden Verdacht zu durchsuchen.
Chatkontrolle als Bedrohung für Privatsphäre und Demokratie
Dieses Durchleuchten von Dateien würde dazu führen, dass eine verschlüsselte und sichere Kommunikation für niemanden mehr möglich ist, weil die Dateien schon vor der eigentlichen Verschlüsselung angeschaut werden können. Die komplette IT-Fachwelt, führende Sicherheitsforscher, Wissenschaftler:innen aus aller Welt sowie zivilgesellschaftliche Organisationen aller Art lehnen daher die Chatkontrolle als Bedrohung für die Demokratie vehement ab. Das Suchen nach Inhalten ist technisch nicht auf bestimmte Inhalte zu begrenzen, sondern könnte in wenigen Handgriffen auch auf politisch missliebige Inhalte ausgeweitet werden.
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Signal-Chefin Whittaker sagte der dpa, dass ihr Messenger niemals die Integrität seiner Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergraben werde. „Sie garantiert die Privatsphäre von Millionen und Abermillionen von Menschen auf der ganzen Welt, oft auch in lebensbedrohlichen Situationen.“ Signal lehne deshalb die Chatkontrolle ab. „Es ist bedauerlich, dass Politiker weiterhin einer Art magischem Denken verfallen, das davon ausgeht, dass man eine Hintertür schaffen kann, auf die nur die Guten Zugriff haben.“
Bundesregierung mauert
Während der Ampel-Regierung war die Ablehnung der Chatkontrolle nach anfänglichen Unstimmigkeiten mit dem Innenministerium relativ sicher. Das hat sich mit der neuen schwarz-roten Regierung geändert.
Die neue Bundesregierung, aber auch das beteiligte Innenministerium, das Justizministerium und der Digitalminister machen derzeit keine Aussagen, wie sie zur Chatkontrolle stehen und wie Deutschland am 14. Oktober im EU-Rat stimmen wird. Eine Entscheidung in der Bundesregierung soll in den nächsten Tagen fallen.