Datenschutz & Sicherheit
Niemand soll durch einen Algorithmus gefeuert werden

Die Abgeordneten des Ausschusses für Arbeit und Soziales im EU-Parlament fordern, dass finale Entscheidungen über Einstellungen, Kündigungen oder Vertragsverlängerungen, Gehaltsänderungen oder Disziplinarmaßnahmen immer von einem Menschen getroffen werden. Niemand soll durch einen Algorithmus gefeuert werden, sagte der Berichterstatter Andrzej Buła von der EVP. Er bezeichnete den Berichtsvorschlag des Ausschusses als „ausgewogen“, da er sowohl Unternehmen als auch Beschäftigten zugutekomme. Arbeitgeber sollen weiterhin frei entscheiden können, welche Systeme sie nutzen. Arbeitnehmer:innen bekämen damit das Recht auf Datenschutz und Information.
Beschäftigte sollen sich etwa algorithmische Entscheidungen erklären lassen können. Außerdem sollen sie erfahren, wie entsprechende Systeme eingesetzt werden, welche Daten diese über sie sammeln und wie die menschliche Aufsicht garantiert wird, die es für alle Entscheidungen durch algorithmische Systeme geben soll. Der Ausschuss will zudem, dass Arbeitnehmer:innen zum Umgang mit diesen Systemen geschult werden.
Verbot von Verarbeitung mancher Daten
Darüber hinaus soll die Verarbeitung von gewissen Datenkategorien verboten werden. Dazu zählen psychische und emotionale Zustände, private Kommunikation und der Aufenthaltsort außerhalb der Arbeitszeit. Daten über gewerkschaftliches Engagement und kollektive Verhandlungen sollen ebenso tabu sein.
Der Antrag wurde im Ausschuss mit 41 Stimmen angenommen, bei 6 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen. Das EU-Parlament wird in seiner Sitzung Mitte Dezember über den Ausschussvorschlag abstimmen. Anschließend hat die EU-Kommission drei Monate Zeit zu reagieren: Sie kann das Parlament entweder über die geplanten nächsten Schritte informieren oder erklären, warum sie keine entsprechende Gesetzesinitiative einleitet.
Auf Nachfrage von netzpolitik.org erklärte Kommissionssprecher Thomas Regnier am Dienstag, dass der AI Act bereits Beschäftigte schütze. Beispielsweise sei dadurch verboten, dass Arbeitgeber Systeme zur Emotionserkennung einsetzen. Das gehört zu den verbotenen Anwendungen von KI, die bereits seit Inkrafttreten der Verordnung gelten.
AI Act reicht nicht aus
Im Oktober wurde zu dem Thema eine Studie veröffentlicht, die der Ausschuss in Auftrag gegeben hatte. Darin heißt es, dass der AI Act diese Art von Systemen als risikoreiche KI-Systeme einstuft, wenn sie am Arbeitsplatz eingesetzt werden. Das zieht Verpflichtungen in Bezug auf Transparenz, menschliche Aufsicht und Konformitätsbewertungen nach sich. Jedoch gebe es Lücken. Etwa seien Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, Verzerrungen in Algorithmen zu erkennen und zu mindern, die Arbeitnehmer:innen diskriminieren könnten.
Außerdem müssen laut der EU-Verordnung Betroffene zwar über automatisierte oder KI-gestützte Entscheidungen informiert werden. Es gibt jedoch keine Regelung, dass manche Entscheidungen ausschließlich von Menschen getroffen werden dürfen, so wie es die Abgeordneten fordern. Weiterhin stütze sich der AI Act in der Umsetzung auf Marktüberwachungsbehörden, nicht auf Behörden für den Schutz von Grundrechten. Auch schaffe der AI Act keine spezifischen Datenschutzrechte für den Arbeitsplatz.
Die Studie verweist zudem auf die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit von 2024, die ähnliche Aspekte behandelt. Sie gilt jedoch nur für Plattformbeschäftigte. Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, dass die bestehenden Regelungen einen gewissen Basisschutz bieten, aber kein kohärentes Regelwerk spezifisch für den Arbeitsplatz beinhalten.