Künstliche Intelligenz
Oberlandesgericht: E-Mail-Anbieter muss keine Auskunft über Bestandsdaten geben
Ein E-Mail-Hosting-Service wie Google ist nicht dazu verpflichtet, Auskunft über die persönlichen Daten seiner Nutzer zu erteilen. Das gilt selbst dann, wenn ihm zurechenbare E-Mail-Adressen für die Veröffentlichung rechtswidriger Inhalte auf einer anderen Plattform genutzt wurden. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München in einem jetzt veröffentlichten Beschluss vom 26. August klargestellt (Az.: 18 W 677/25 Pre e). Dabei hat es die Entscheidung der Vorinstanz, des Landgerichts München I, vom Februar aufgehoben (Az.: 25 O 9210/24).
In dem Fall wurde ein deutsches Unternehmen aus der Automobilbranche auf einer Online-Plattform, auf der aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Bewerber und Lehrlinge europaweit Arbeitgeberbewertungen abgeben können, in mehreren Beiträgen unter Aufhängern wie „Außen hui innen pfui“ negativ dargestellt. Laut der Kölner Kanzlei LHR Rechtsanwälte handelt es sich dabei um Kununu.
Das Automobilunternehmen sah darin unwahre Tatsachenbehauptungen enthalten und vermutete Straftatbestände wie üble Nachrede oder Verleumdung. Das Unternehmen verlangte von der Plattform Auskunft über die Verfasser der Bewertungen. Diese gab als einzige Information die E-Mail-Adressen der Verfasser heraus, da sie keine weiteren Bestandsdaten gespeichert habe.
Um an die persönlichen Informationen der Ersteller der umstrittenen Beiträge – insbesondere Name und Anschrift – zu gelangen, wandte sich die Firma an den E-Mail-Hosting-Service, der diese E-Mail-Adressen bereitstellte. Es handle sich um den Betreiber des Dienstes „G…mail“.com, ließ das Landgericht in seinem ursprünglichen Beschluss durchblicken. LHR nennt Google als Provider. Der US-Konzern weigerte sich aber, die Daten herauszugeben.
Keine „Kettenauskunft“
Nachdem das Münchener Landgericht den E-Mail-Dienst zur Herausgabe der Daten verpflichtet hatte, legte Google erfolgreich Beschwerde beim OLG ein: dieses wies den Antrag auf Auskunft zurück. Die höhere Instanz stellte in ihrem Beschluss klar, dass das Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz (TDDDG) – und damit die Grundlage, auf die sich die klagende Firma berief – auf den E-Mail-Anbieter nicht anwendbar ist. Die entscheidende rechtliche Abgrenzung liegt demnach zwischen digitalen Diensten wie Foren, Bewertungsplattformen und sozialen Netzwerke auf der einen sowie Telekommunikationsdiensten wie Telefonie, Chat und E-Mail-Diensten auf der anderen Seite.
Das OLG ordnete den E-Mail-Provider als interpersonellen Kommunikationsdienst ein, der in den Geltungsbereich des Telekommunikationsgesetzes (TKG) fällt. Während das TDDDG unter bestimmten Umständen eine Pflicht zur umstrittenen Bestandsdatenauskunft für digitale Dienste vorsieht, bestehen für Telekommunikationsdienste andere Regelungen. Gemäß Paragraf 174 TKG existiert eine Auskunftspflicht zwar gegenüber Behörden wie der Polizei oder Staatsanwaltschaft, jedoch nicht gegenüber Privatpersonen oder Unternehmen.
Zudem betonte das OLG München, dass Google nicht direkt an der Rechtsverletzung in Form der negativen Bewertungen beteiligt war. Die schädlichen Inhalte seien nicht auf Webseiten des Providers, sondern auf der separaten Bewertungsplattform verbreitet worden. Das OLG arbeitete hier heraus, dass auch das TDDDG eine „Kettenauskunft“ von einem Dienst zum nächsten – also hier von dem Bewertungsportal zum E-Mail-Service – nicht vorsehe. Der Gesetzgeber habe im TDDDG klargestellt, dass nur derjenige Dienstanbieter zur Auskunft verpflichtet sei, dessen Dienst direkt für die Rechtsverletzung genutzt wurde.
Eine bewusste Gesetzeslücke
Das OLG erkannte ferner, dass diese Einordnung eine rechtliche Schutzlücke schafft: Wenn eine Plattform keine weiteren Daten als eine E-Mail-Adresse hat, kann das Opfer einer Verleumdung keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Verfasser durchsetzen. Das Gericht stellte jedoch klar, dass dieser Hohlraum nicht durch eine anlasslose Ausweitung der Auskunftspflicht auf andere Dienstleister geschlossen werden dürfe. Es verwies auf geplante Gesetzesänderungen, die eine solche Lücke durch die erweiterte Auskunftspflicht über IP-Adressen schließen sollen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Da der Beschluss von grundlegender Bedeutung für die rechtliche Abgrenzung von Online-Diensten ist und eine höchstrichterliche Klärung bisher aussteht, hat das OLG die Rechtsbeschwerde zugelassen. Damit ist der Weg prinzipiell frei für ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH).
(vbr)
Künstliche Intelligenz
Kommentar zum Totalausfall bei AWS: Nichts gelernt in den letzten 30 Jahren
Vielleicht wollten Sie ja einem Kollegen eine Signal-Nachricht schreiben, bei Ring nachschauen, was gerade in Ihrer Garageneinfahrt los ist oder ein Meeting per Zoom veranstalten. Menschen im Vereinigten Königreich wollten womöglich ihre Steuererklärung abgeben oder ihre Sprachkenntnisse per Duolingo aufbessern. In allen Fällen war die Antwort dieselbe: „Leider nein“. Denn bei AWS hat es ordentlich gescheppert – und tatsächliche wie selbst ernannte Experten überschlagen sich seither mit Superlativen, was den technischen wie finanziellen Schaden angeht. Klar ist: Der Ausfall bei den Amazon Web Services (AWS), der eigentlich nur einzelne AWS-Regionen betraf, hat weltweit für riesiges Aufsehen und für große IT-Probleme gesorgt.
Weiterlesen nach der Anzeige
Martin Gerhard Loschwitz ist freier Journalist und beackert regelmäßig Themen wie OpenStack, Kubernetes und Ceph.
Dabei lässt sich die Situation eigentlich relativ nüchtern beschreiben. AWS ist ein normaler Anbieter von IT-Infrastruktur und mithin denselben Gesetzmäßigkeiten unterworfen, mit denen es jeder Administrator bei On-Premises-Setups genauso zu tun hat. Geht ein Standort offline, oder in diesem Falle eine AWS-Region, sind dessen Dienste nicht länger verfügbar. Dass gerade in größeren Umgebungen standortübergreifende Redundanz ein Thema ist, wissen Admins seit mindestens 30 Jahren. Dass gefühlt die halbe Welt offline geht, weil sich bei AWS Sand im Getriebe einzelner Regionen befindet, spricht insofern eher nicht für die Industrie. Offensichtlich hat man sich vielerorts viel zu sehr darauf verlassen, AWS würde schon nicht offline gehen.
Will man sich gegen ein solches Szenario absichern, braucht man Redundanz auf allen Ebenen seines Setups. AWS bietet diese Möglichkeit durchaus. Ihre technische Umsetzung allerdings ist komplex – und günstig ist der Spaß auch nicht gerade. Es ist legitim, bewusst auf diese Form der Redundanz zu verzichten und das Risiko eines Ausfalls zu tragen. Katzenjammer, wenn ebendieses Szenario dann tatsächlich mal eintritt, ist allerdings fehl am Platz.
Multi-Cloud-Szenarien helfen nicht
Mein LinkedIn-Stream ist seit vorgestern voll von Beiträgen findiger Consultants, die Kapital aus der Situation schlagen wollen und Multi-Cloud-Szenarien zur Conditio sine qua non moderner IT-Infrastruktur erklären. Der Ansatz ist also offensichtlich nicht ganz falsch: Denn unabhängig von einzelnen Anbietern ist man eben nur dann, wenn man die eigene IT in der Cloud auf verschiedene Säulen verteilt. Aber: Das Gros der Proponenten von Multi-Cloud-Setups springt als Tiger und landet als Bettvorleger. Denn als Alternative zu AWS preisen sie allen Ernstes Microsoft Azure oder die Google-Cloud an. Zumindest aus europäischer Sicht ist das nachgerade grotesk.
Man kann auf das AWS-Desaster nämlich auch durch eine andere Brille schauen: Das Ereignis war nicht weniger als ein Vorgeschmack auf das Unheil, das Europa droht, wenn Dienste von AWS, Azure oder Google noch mehr zum politischen Spielball verkommen als ohnehin schon. Kann ein Land wie das Vereinigte Königreich seine Steuern nicht mehr erheben, weil zentrale IT nicht mehr funktioniert, ist das für das Land nicht weniger als eine Gefährdung seiner Existenz.
Wenn in Krankenhäusern buchstäblich das Licht ausgeht, weil Energieversorger und Netzbetreiber von Diensten US-amerikanischer Anbieter abhängig sind und diese nicht mehr zur Verfügung stehen, ist das eine Katastrophe. Und wenn Behörden nicht länger kommunizieren können, weil die US-Regierung den Zugang zu Microsoft 365 aus politischen Gründen sperrt, ist das ein Debakel im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und die Sicherheit. Sie brauchen einen Krankenwagen? Donald Trump sagt nein. Schade, Schokolade!
Weiterlesen nach der Anzeige
Alibi-Debatte
Der ganze Vorgang ist archetypisch für die seit Jahrzehnten völlig ohne Not stattfindende politische Selbstverzwergung Europas. Lächerliche Konstrukte wie „Datentreuhänderschaft“ und pseudo-souveräne Clouds der großen Anbieter lullen die Europäerinnen und Europäer in ein Gefühl von Sicherheit, wo de facto längst höchste Eile geboten ist, um wirklich souveräne europäische Alternativen zu schaffen. Noch jedes Versprechen, das Microsoft, Google & Co. im Hinblick auf die angebliche Sicherheit und Verfügbarkeit europäischer Daten auf Servern amerikanischer Anbieter in Europa gegeben haben, mussten sie irgendwann kleinlaut kassieren.
Hochnotpeinlich musste ein Repräsentant Microsofts vor einem Untersuchungsausschuss des französischen Parlaments zugeben, dass man letztlich gegen den langen Arm der US-Regierung nichts tun könne. Und wie weit her es mit der Sicherheit der deutschen Delos-Cloud mit Microsofts Software wirklich ist, hat erst kürzlich das Innenministerium Baden-Württembergs zu Protokoll gegeben: gar nicht nämlich. Das in Deutschland manchmal etwas überstrapazierte Thema des Datenschutzes spielt dabei wie beschrieben noch gar nicht die zentrale Rolle. Der AWS-Ausfall zeigt stattdessen, dass das plötzliche Wegfallen zentraler Dienste von US-Hyperscalern zum Zusammenbruch von Teilen der öffentlichen Infrastruktur führt. Da beruhigt es ungemein, dass die Bundeswehr sich in einem akuten Anfall völliger geistiger Umnachtung erst kürzlich dazu entschieden hat, ihre In-House-Cloud mit tatkräftiger Unterstützung Googles zu bauen. Es sind offensichtlich alle verrückt geworden.
Wer als Politiker dabei ernsthaft bezweifelt, die aktuelle US-Regierung könne AWS, Azure und Google als politisches Druckmittel einsetzen, belügt sich selbst und die Öffentlichkeit. Denn rote Linien gibt es für die zweite Trump-Administration ganz offensichtlich nicht. Erlaubt ist, was dem eigenen Vorteil dient, das hat Trump ein ums andere Mal klar unter Beweis gestellt. Längst ist es fünf nach zwölf aus europäischer Sicht, was souveräne Alternativen zu den großen US-Tech-Giganten betrifft. Kommt man in Europa nicht langsam aus dem Quark, war der AWS-Ausfall nur ein laues Lüftchen verglichen mit dem, was die alte Welt absehbar erwartet.
Sag mir, wo die Admins sind
Ach, und übrigens: „Ausschließlich on Premises“ ist nicht die Lösung des Problems, auch und gerade nicht für Europa. Bei aller Kritik am Prinzip des Cloud-Computings kommt man nämlich nicht umhin, dessen Vorteile anzuerkennen. Es ist objektiv hilfreich für Behörden und Firmen und Organisationen, wenn sie kritische IT-Infrastruktur nicht selbst betreiben müssen, sondern sich bei einem Anbieter dafür einmieten können.
Schließlich fehlt mindestens eine ganze Generation von Systemadministratoren. Denn die Industrie hat in den vergangenen 20 Jahren lieber vorrangig Entwickler ausgebildet, um das nächste europäische Einhorn zu schaffen. Und in völliger Ignoranz der Tatsache, dass dieses Einhorn dann auch jemand betreiben muss. Die „Economy of Scale“ der Cloud mit hohem Automationsgrad hilft dabei, IT (auch in Europa) in der Breite absehbar überhaupt betreibbar zu halten. Doch müssen die Europäer endlich lernen, digital auf eigenen Beinen zu stehen. Der perfekte Zeitpunkt dafür wäre vor 20 Jahren gewesen. Der nächstbessere Zeitpunkt ist genau jetzt.
()
Künstliche Intelligenz
Amateurfunk: Ein Einblick in das faszinierende Hobby
Ein Funkgerät, eine Antenne und die ganze Welt als Gesprächspartner: Das ist Amateurfunk. Während für die meisten Kommunikation heute über Smartphone oder Internet läuft, greifen Funkamateure noch immer zu Mikrofon, Morsetaste oder Rechner, um Signale in die Atmosphäre zu schicken.
In unserem Beitrag begleiten wir zwei Funkamateure, die zeigen, wie vielseitig dieses Hobby ist. Vom klassischen Sprechfunk bis hin zu digitalen Betriebsarten. Der Amateurfunk verbindet Technik, Physik und eine weltweite Community. Dabei geht es nicht nur ums Reden, sondern ums Experimentieren, Lernen und Entdecken.
Was treibt Menschen dazu, in ihrer Freizeit Funkwellen um die halbe Welt zu schicken? Und welche Technik steckt eigentlich dahinter? Wir werfen einen Blick in diese Welt in Form einer Reportage als Videobeitrag.
Das war die Leseprobe unseres heise-Plus-Artikels „Amateurfunk: Ein Einblick in das faszinierende Hobby“.
Mit einem heise-Plus-Abo können Sie den ganzen Artikel lesen.
Künstliche Intelligenz
Strava lässt Klage gegen Garmin fallen
Strava nimmt seine Klage gegen Garmin zurück: Die Fitnessplattform hat das zuständige Gericht mit einem kurzen Schreiben darüber informiert, berichtet DC Rainmaker. Warum es zu dieser Entscheidung kam, ist unklar. Die Patentverletzungsklage hatte Strava erst vor wenigen Wochen eingereicht.
Weiterlesen nach der Anzeige
Laut dem Branchenexperten DC Rainmaker hat Garmin nie öffentlich oder gegenüber dem Gericht auf die Strava-Klage reagiert. Das lege nahe, dass sich beide Parteien außerhalb des Gerichts geeinigt haben. Eigentlich ist das keine Überraschung: Garmin und Strava arbeiten seit Jahren zusammen. Uhren und Fitnessarmbänder von Garmin nutzen Tracking-Funktionen, die von Strava entwickelt und betrieben werden.
Klage für viele überraschend
Die Klage kam daher für viele überraschend. Strava verlangte von Garmin, den Verkauf seiner Fitnesstracker einzustellen, was im Umkehrschluss das Geschäft von Strava empfindlich hätte schädigen können. Segments sind vordefinierte Strecken mit Rangliste, auf denen sich Athleten miteinander messen können. Besonders bei den Heatmaps war Stravas Klage fragwürdig: Garmin bot eine vergleichbare Funktion schon jahrelang an, bevor Strava ein Patent auf seine eigene Implementierung zugesprochen bekam.
Abseits der eigentlichen Klage versuchte Strava zusätzlich, in der Fitness-Community Stimmung gegen Garmin zu machen. In einem Reddit-Post begründete Stravas Chief Product Officer Matt Salazar die Klage mit neuen Developer-Richtlinien, die Garmin im Sommer implementiert hatte. Demnach müsste Strava bei seinen Diensten unter anderem Logos von Garmin einblenden. Vorherige Verhandlungen mit Garmin seien gescheitert.
Ob Strava durch die Klage nun einen Verhandlungserfolg erzielen konnte oder zum Schluss gekommen ist, mit dem juristischen Vorgehen nur wenig Aussicht auf Erfolg zu haben, ist offen. Bislang hat sich die Firma nicht zur Einstellung der Klage geäußert.
(dahe)
-
UX/UI & Webdesignvor 2 Monaten
Der ultimative Guide für eine unvergessliche Customer Experience
-
UX/UI & Webdesignvor 2 Monaten
Adobe Firefly Boards › PAGE online
-
Social Mediavor 2 Monaten
Relatable, relevant, viral? Wer heute auf Social Media zum Vorbild wird – und warum das für Marken (k)eine gute Nachricht ist
-
Entwicklung & Codevor 2 Monaten
Posit stellt Positron vor: Neue IDE für Data Science mit Python und R
-
Entwicklung & Codevor 2 Monaten
EventSourcingDB 1.1 bietet flexiblere Konsistenzsteuerung und signierte Events
-
UX/UI & Webdesignvor 1 Monat
Fake It Untlil You Make It? Trifft diese Kampagne den Nerv der Zeit? › PAGE online
-
UX/UI & Webdesignvor 4 Tagen
Illustrierte Reise nach New York City › PAGE online
-
Apps & Mobile Entwicklungvor 3 Monaten
Firefox-Update 141.0: KI-gestützte Tab‑Gruppen und Einheitenumrechner kommen