Datenschutz & Sicherheit

Österreichs Regierung beschließt Bundestrojaner für Messenger-Überwachung


„Die Überwachung verschlüsselter Nachrichten soll durch Installation eines Programms in dem zu überwachenden Computersystem erfolgen, welches ausschließlich gesendete, übermittelte, oder empfangene Nachrichten entweder vor der Verschlüsselung oder nach Entschlüsselung ausleitet.“ Dieses Amtsdeutsch beschreibt den offiziellen Plan der österreichischen Bundesregierung, Malware zu kaufen und zur Überwachung von Bürgern einzusetzen, die keiner Straftat verdächtig sind – wenn andere Ermittlungsmaßnahmen aussichtslos erscheinen.

Auf die entsprechende Novelle des Spionagegesetzes SNG (Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz), des Sicherheitspolizeigesetzes, des Telekommunikationsgesetzes 2021 und weiterer Normen haben sich die Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und NEOS am Mittwoch geeinigt. Im vorangegangenen öffentlichen Begutachtungsverfahren ist eine Flut ablehnender Stellungnahmen zu den Vorhaben eingelangt. Ausspioniert werden sollen nicht nur verschlüsselte Nachrichten, sondern auch unverschlüsselte Nachrichten und Informationen, also sonst gespeicherte Daten.

Die Regierung verfolgt laut offiziellen Dokumenten zwei Ziele: Erstens „Vorbeugung bestimmter, besonders schwerwiegender verfassungsgefährdender Angriffe“, die mit zehn Jahren oder längerer Haft bedroht sind, oder wenn es zur Spionageabwehr erforderlich ist. Und zweitens die Überwachung verschlüsselter Nachrichten. Nicht erforderlich ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist.

Dennoch werden auch Dritte verpflichtet, heimlich an der Überwachung mitzuwirken. Als die Volksrepublik China solche Verpflichtungen privater Stellen einführte, hagelte es in westlichen Ländern Kritik. Im Falle Österreichs werden private Unternehmen rund 2,5 Millionen Euro pro Jahr zur Unterstützung der Überwachungsmaßnahmen aufwenden müssen, schätzt die Regierung – denn Netzbetreibern sowie Betreibern von Messengerdiensten sollen nur 80 Prozent ihres Aufwandes ersetzt werden.

Das Innenministerium geht davon aus, jährlich etwa 30-mal die Ausspähung unverschlüsselter Nachrichten zu beantragen, und 5- bis 15-mal die Überwachung verschlüsselter Nachrichten. Erst wenn in einem Kalenderjahr 30-mal tatsächlich verschlüsselte Nachrichten ausgespäht werden, muss der Innenminister den ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten des Nationalrates informieren. (Der Nationalrat ist die direkt gewählte Kammer des österreichischen Parlaments, Anmerkung.)

Die neuen Methoden zum Ausspionieren von Nachrichten und Informationen müssen jeweils im Einzelfall vom Bundesverwaltungsgericht genehmigt werden. Am Verfahren beteiligt wird auch ein im Innenministerium selbst angesiedelter Rechtsschutzbeauftragter. Dieser erhält zunächst drei Werktage Zeit, sich zu einem Antrag zu äußern. Dann wird ein Senat aus drei Richtern des Bundesverwaltungsgerichts befasst. In dringlichen Fällen kann auch ein einzelner Richter die Genehmigung erteilen, wofür ein Richterjournaldienst rund um die Uhr eingeführt wird.

Die Gefährdung von Beichtgeheimnis, Redaktionsgeheimnis oder Anwaltsgeheimnis darf das Verwaltungsgericht nur genehmigen, wenn das verhältnismäßig erscheint. Die Arztverschwiegenheit wird auf diese Weise nur im psychischen Bereich geschützt, also bei Psychiatern, Psychologen, Psychotherapeuten, Bewährungshelfern, eingetragenen Mediatoren sowie anerkannten Einrichtungen zu psychosozialer Beratung und Betreuung.



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