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Sammelklage: Amazon wird von VZ Sachsen auf Milliarden verklagt
Die Verbraucherzentrale (VZ) Sachsen strebt gegen Amazon eine Sammelklage an. Hintergrund ist das Anfang 2024 geänderte Abomodell von Prime Video, das auch für zahlende Kunden Werbung vorsieht. Die VZ Sachsen argumentiert, dass in diesem Zuge auch die Streaming-Qualität abgesenkt wurde und sieht darin einen Klagegrund.
Standards abgesenkt
Konkret geht es der VZ Sachsen nicht darum, dass Zusatzkosten für ein werbefreies Abo eingeführt wurden, dagegen lasse sich nichts unternehmen. Aber im gleichen Atemzug sei die Streaming-Qualität für alle Kunden abgesenkt worden, die beim Abo mit Werbung geblieben sind. Und genau hierfür sei keine Zustimmung der Kunden eingeholt worden. Dass der Preis gleich blieb, obwohl die Leistung abgesenkt wurde, betrachtet die VZ Sachsen als unfair und strebt deswegen eine Sammelklage an. Die Klage selber ist nicht neu. Mittlerweile geht es aber um konkrete Summen.
Kein Dolby Vision und Dolby Atmos mehr
Die VZ Sachsen geht in der Ankündigung nicht darauf ein, welche „deutlich verschlechterte Qualität von Bild und Ton“ sie meint. Gemeint sein dürfte aber das Streichen von Dolby Vision und Dolby Atmos für das Abo mit Werbung. Gänzlich ohne HDR müssen Nutzer von Amazon Prime Video mit Werbung allerdings nicht auskommen. Im werbefinanzierten Abo ist weiterhin HDR10 inbegriffen, außerdem stehen Anwendern nach wie vor die 4K-Auflösung und Dolby Digital 5.1 zur Verfügung.
Laut der Verbraucherzentrale haben sich bereits mehr als 126.000 Amazon-Prime-Video-Kunden der Sammelklage angeschlossen. Da es in Deutschland aber geschätzt 17 Millionen Prime-Kunden gibt, wünscht sich die Verbraucherzentrale Sachsen eine noch höhere Beteiligung.
Anmeldung leicht gemacht
Zur Sammelklage kann sich jeder Prime-Video-Kunde anmelden, sofern der Account vor dem 5. Februar 2024 bestand. Die Anmeldung ist kostenlos und erfolgt auf der Seite des Justizministeriums. Auf ihrer Webseite stellt die VZ Sachsen eine Ausfüllhilfe mit Mustertext zur Verfügung.
Folgen des Urteils
Die VZ Sachsen geht davon aus, dass Amazon mit dem auf Werbung basierten Abo 1,8 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat beziehungsweise machen wird. Bei der Sammelklage handelt es sich daher um eine sogenannte Gewinnabschöpfungsklage. Sollte die VZ Sachsen den Rechtsstreit gewinnen, würde der erzielte Gewinn zu einem gewissen Teil unter den an der Sammelklage beteiligten Personen aufgeteilt werden. Wie hoch die Entschädigung pro Prime-Kunde ausfällt, legt das Gericht fest. Der übrige Betrag geht an die Bundesrepublik Deutschland. Das heißt, dass je mehr Kunden sich der Sammelklage anschließen, desto weniger Geld landet am Ende beim Fiskus.
Ob die Gewinne aus der Werbung wirklich 1,8 Milliarden Euro oder vielleicht sogar mehr betragen, muss vor Gericht geklärt werden. Aktuell handelt es sich nur um eine Schätzung der VZ Sachsen.
Was ist eigentlich eine „Sammelklage“?
Eine Sammelklage im deutschen Recht bezeichnet verschiedene Instrumente, mit denen die Ansprüche vieler Betroffener gebündelt durchgesetzt werden können. Ziel ist es, Rechtseffizienz und Kostenersparnis zu erreichen, indem ähnliche Forderungen zusammen verhandelt werden, statt viele parallel verlaufende Einzelklagen zu führen.
Die Sammelklage im klassischen Sinne gibt es hingegen nicht. Gemeint ist damit entweder die Musterfeststellungsklage, bei der ein Grundsatzurteil gefällt wird, auf dessen Basis Kläger dann aber selbst ihr Recht einfordern müssen. Oder man spricht von einer sogenannten Abhilfeklage, wie im vorliegenden Fall. Die Abhilfeklage ermöglicht es Verbraucherverbänden, konkrete Leistungen wie Schadensersatz für die Betroffenen zu erstreiten.
Die Musterfeststellungsklage gibt es erst seit 2018 im deutschen Recht. Das prominenteste Beispiel für diese Arte der Sammelklage war die Klage gegen Volkswagen nach der Diesel-Abgas-Affäre. Die Abhilfeklage wurde erst 2023 eingeführt. Auch hier gibt es mit Vodafone bereits einen Fall, der mediale Aufmerksamkeit erregt hat.