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So wurde Flats for Friendz vom Instagram-Projekt zum Startup


So wurde Flats for Friendz vom Instagram-Projekt zum Startup

Alexander Weiss (o. l.) mit seinem FlatsforFriendz-Team
Alexander Weiss

Ein WG-Zimmer im grundsanierten Altbau-Traum in zentraler Lage, die Morgensonne im Schlafzimmer, das Abendrot auf dem Balkon – und das Ganze für gerade einmal 400  Euro? Wer schon mal ein WG-Zimmer gesucht hat, weiß: Das ist in etwa so realistisch wie ein Topf mit Gold am Ende des Regenbogens.

Denn wer heute in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München eine Wohnung sucht, braucht mehr als nur Glück – er braucht starke Nerven. Fake-Anzeigen, dubiose Bedingungen und völlig überlaufene Plattformen lassen Wohnungssuchende oft in einer Melange aus Hoffnung und Misstrauen zurück. Genau da setzte Flats for Friendz-Gründer Alexander Weiss an – zunächst ganz spontan, aus einem persönlichen Frust heraus.

Das war vielleicht eine der richtig guten Ideen, die ich in den letzten Jahren hatte.

Während seines Bachelors beobachtete er, wie Menschen verzweifelt ihre Wohnungsgesuche in Instagram-Stories posteten – nur um festzustellen, dass sie nach 24 Stunden wieder verschwunden waren. „Das hat mich genervt“, sagt Weiss als Gründerszene ihn in einem Co-Working-Space in Berlin Mitte trifft. Programmieren konnte er nicht, ein eigenes Netzwerk bauen auch nicht – also nahm er das, was ohnehin existierte: Instagram. „Das war vielleicht eine der richtig guten und wichtigen Ideen, die ich in den letzten Jahren hatte.“

So ging es los, später wurden die Storie-Highlights mit Fußball-Wappen der jeweiligen Stadt ersetzt.
Alexander Weiss

So startete er 2020 eine einfache Insta-Seite mit einem selbstgebauten Template für den Freundeskreis: ausfüllen, markieren, posten. „Wir hatten städtespezifische Story-Highlights – Bremen, Hamburg, München, Berlin – und speicherten dort die Wohnungsposts. So blieben sie länger als 24 Stunden sichtbar.“ Das war der erste Schritt. Der zweite war fast noch wichtiger: Die Leute klickten auf die Profile und stellten fest: „Ah, das ist Nina – ich kenne sie zwar nicht, aber wir haben zehn gemeinsame Kontakte.“ Vertrauen entstand – dort, wo auf klassischen Plattformen oft nur Anonymität herrscht.

Fünf Jahre lang wuchs Flats for Friendz (kurz: FFF) organisch, getragen von Reposts und einem digitalen Archiv. Seit vergangenem Jahr ist daraus ein richtiges Unternehmen geworden – mit eigener App, Team und klarer Vision.

Das erste Template von Flats for Friendz.

Plattformen wie WG-gesucht haben ein strukturelles Vertrauensproblem

Mit FFF geht der Gründer gezielt gegen die Unsicherheit vor, die viele Menschen bei der Wohnungssuche auf klassischen Plattformen erleben – besonders junge Frauen. „Das Hauptproblem ist die Mischung aus Anonymität und Verzweiflung. Das ist ein idealer Nährboden für Betrug und Übergriffe.“

FlatsforFriendz-Gründer Alexander Weiss

FFF setzt deshalb auf Sichtbarkeit: Mehr als die Hälfte der Nutzer verlinken ihr Instagram-Profil, treten mit Klarnamen, Bild und vernetzt in Erscheinung. Jede Anmeldung muss per SMS bestätigt werden – ein höheres Sicherheitslevel als bei reinen E-Mail-Accounts.

„In sechs Monaten hatten wir nur drei bis vier gemeldete Vorfälle, und die haben wir radikal behandelt. Ich prüfe jede einzelne Meldung persönlich“, sagt der Gründer. Perspektivisch plant er eine zusätzliche Verifizierung per Ausweis.

Organisches Wachstum statt Rendite-Hoffnung

Finanziert wurde FFF durch „Family and Friends“-Investoren – also Menschen aus dem Umfeld, die an die Idee glauben und keinen zehnfachen Exit nach zwei Jahren erwarten, so Weiss. „Ich habe früher in einem Unternehmen gearbeitet, in dem wir unter brutalem Wachstumsdruck standen. Heute ist mir wichtiger, dass wir vielleicht etwas langsamer, dafür nachhaltiger wachsen.“

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Exit? Denkbar, aber kein Ziel

Die Frage nach einem Exit beantwortet Weiss offen, aber gelassen. „Natürlich denke ich darüber nach – dafür wird man als Gründer oft kritisiert. Aber der Gedankengang ist gesund.“ Verkaufen möchte er aktuell nicht. Vielmehr sieht er in der Marke, im Geschäftsmodell und im adressierten Problem noch großes Potenzial.

„Wenn irgendwann jemand kommt, der unsere Vision teilt und mit uns schneller wachsen kann, schaue ich mir das an. Aber ich stehe nicht morgens auf, um die Firma für einen Exit zu optimieren.“

Gründen ganz allein

Als Solo-Gründer erlebt er täglich, was es heißt, alle Fäden selbst in der Hand zu halten. „In der Anfangszeit eines Startups geht es vor allem ums Überleben – „you don’t want to die“. Diese Phase hätten sie nun hinter sich. Dennoch bleibt Gründen ein täglicher Umgang mit Unsicherheiten. „Man hat nie alle Daten. Am Ende braucht man Bauchgefühl, Erfahrung sowie qualitative und quantitative Information.“

Ohne Co-Founder bleibe alles an ihm hängen – was auch belastend sein kann. „Gerade das letzte Jahr war herausfordernd. Es gibt natürlich Tage, da geht es mir nicht besonders gut. Aber ich bin ehrlich und mutig genug, das auch meinem Team zu sagen.“

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Heute gehe er bewusster mit seiner Zeit um. „Ich bin nur einmal 29. Wenn ein guter Freund heiratet oder Junggesellenabschied feiert, fahre ich hin. Letztes Jahr wäre das undenkbar gewesen. Jetzt nehme ich mir auch bewusst Zeit dafür. Denn nur, wenn ich mich gut fühle und gesund bin, kann ich meiner Aufgabe als Gründer gerecht werden.“

Auch fürs Team sei das entscheidend: „Die Leute investieren hier das Wertvollste, was sie haben – ihre Zeit. Sie wollen keinen Gründer mit Augenringen, der nach drei durchgearbeiteten Nächten keinen klaren Satz mehr rausbringt. Klar, das kann mal passieren – aber es darf nicht zur Kultur werden.“

Vom Insta-Template zur echten Plattform

Noch immer wird FFF oft auf seinen Ursprung als Instagram-Template reduziert. „Viele sagen: ‚Ach, ihr seid doch dieses Insta-Template.‘ Das zeigt unsere größte Herausforderung: den Mindshift zur App zu schaffen.“ Viele Fragen ihn immer noch, ob er das eigentlich Vollzeit mache, dabei arbeiten inzwischen sieben Personen in dem Startup.

Das hörte sich zu Beginn noch anders an.

Wohnungen, Weihnachten, Wirkung

Besonders berührend war für den Gründer eine Nachricht aus München. Eine spanische Nutzerin schrieb ihm, dass sie nach monatelanger Wohnungssuche über FFF endlich fündig geworden war – und Weihnachten dort mit ihrer Familie feiern konnte.

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„Sie hat uns ein Bild geschickt, wie sie zusammen im Wohnzimmer sitzen. Ganz ehrlich: Solche Momente bedeuten mir alles. Da denkt man sich: All der Wahnsinn, den wir hier in Berlin-Mitte in einem Co-Working-Space bei Hafermilch veranstalten, hat am Ende doch echten Impact.“

Gründen braucht Zeit

Was ihn antreibt, ist nicht die Vision vom schnellen Markt-Durchbruch – sondern die Lösung eines konkreten Problems. „Ich wollte nicht auf einer PowerPoint-Folie ein Marktpotenzial ausrechnen. Ich wollte ein echtes Problem lösen – das, was mich persönlich gestört hat.“

Anfangs habe er nur wenige Minuten am Tag investiert. „Aber ich bin einfach drangeblieben.“ Für ihn ist klar: „Du kannst dir alles ausrechnen – von zehn Millionen bis drei Milliarden Euro. Aber darum geht’s nicht. Es geht darum, loszulegen.“



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